Oedenburger Zeitung, 1882. April (Jahrgang 15, nr. 76-100)

1882-04-08 / nr. 82

Tägnsxxx2sgs««« RN“ EFT . Sn - FRE a : keinen Srohsinn entgegenbringen können, weil sie gar nicht zu fafsen vermögen, wie ein menschen­­würdiges Dasein gestaltet sein müsse. — — Das ist der Schlamm der G­esellschaft, den die Privilegirten auf dem Gewissen haben, weil ihn­en, aus deren Neiden vornämlic die Gewalthaber genommen werden. Alles höher geht, als die wahrhafte Erziehung und Bil­dung der Maffen zu Menschen, denn die vers­cchierten Massen dienen ihnen ja weit leichter als Mauerbrecher gegen die Errungenschaften der Neuzeit. Denkende Menschen können sie nit pranden. Und darin gipfelt denn an das Bünd­­nng aller Privilegirten zur Unter­brüdung und zur Berdummung oder zu­r Dumms­erhaltung des Volfes. — „Manus manum lavat !" Aus einem möglichst unwissenden Volke, dem man höchstens Simultanschulen bewil­­ligt, Fan man herrliche „Gottesstreiter“ erziehen, die beispielsweise das Judent­­­um vernichten Reifen (vide Rußland 2c. 2c.), einem stumpfs­­innigen Pöbel fan man immer neue Steuern auflegen, ohne daß es zu murren wagt, und fol Ken Erdenklöffen, folchem Schlamm wird auch noch heute die Rakaienschaft der sieben- und neuns­­ zadigen Krone: besiger imponiren.: Das ist die manum Bedeutung de­s manus moderne lavat!! — Wer übrigens nicht mit uns ist, der möge wider­uns sein. Da uns das Evangelium der Osterwoche nichts Anderes bedeutet, als daß Christus der Herr aus Liebe für Alle, zuvörderst aber aus Liebe zu den­­ Armen in den Tod gegangen ist. Diejenigen je­­de, welche jenes Evangelium anders auslegen, sind tausendmal ärger al die Pharisäer mit­sammt dem neutestamentarischen Pilatus zusammengenom­­men, denn sie wollen das Bei der Kucht­­schaft für ewige Zeiten fortdauern sehen, weil in ihren Gehirnen bei „manus manum lavat“ zum Dogma geworden ist und jedes Atem von Menscenliebe schon längst aus dem versteinerten ‚Herzen verdrängt hat. RETTEN ».». IN« s?«..­« — q, i ...X jogialistischen Tendenzen hinneigt, jeder anisem­itis­cchen Bewegung sie aber durchaus abhold gefinine zeigt ! J « Der neueste Antisemiten - Schwindel in Vesterreich.*) der Negierer gelitten. (A. F.) Der Bet­gleich hat si der Anti­­semiten-Schwindel über die Staaten Mittel-Europas verbreitet und vornämlich jene Schichten der Be­­völkerung ergriffen, welche [cheinbar unter dem Drude der semitischen Nage Jahrelang zu leiden hatten. Wir sagen absichtlich [ scheinbar, denn in­ Wirklichkeit hat die arbeitende Bevölkerung nicht duch die Semiten, sondern durch die Verkehrtheiten Und gerade Dd Diese haben in den legten Jahren alles Mögliche gethan, um den Haß, der sie recht eigentlich treffen sollte, weil er ihnen gebührte, auf die in vieler Hin­­sicht fruglos dastehenden Juden zu lenken. . Sehen wir zu­vorderst von den in dieser Woche zuwien stattgehabten En­unziationen einer brutalen und irregieleiteten Menge ab,un­d prüfen wir partei­­los die Voerehrungen­,welche die Regierer zum «,,Wohle«der Regierten getroffen,so finden wir, daß eben­ jene Staatsk­eisen schon seit Lan­gem einen tiefempfundenen Haß gegen das „Temitische Kapital" zur Schau trugen und in diesem Haffe Alles b­aten, um jene verwahrloste Maffe, melde zum Denen zu faul, zur Selbsterkenntniß nut reif genug, als Keil in das Semitentribum zu treiben. Zuerst ward der Börse der Krieg erklärt, dann die Zinsenfreiheit geschmälert und schlieglic dem Heinen Gewerbestand so lange vorgepredigt, was an dem schlechten Geschäftsgange einzig und allein die AYubden schuld seien, bis jene einfachen Hand­ werfer, die Tag um Tag mit der Sorge des Lebens zu kämpfen hatten, schließlich wirklich glaubten, die Urssache ihres Ruine sei nicht auf den Konto der “ „so ungemein vorsorglichen Regierung“, sondern auf jenes der Juden zu fegen. Und bei diesem Punkte einmal angelangt, kann es denn wohl auch nicht Wunder nehmen, daß sich eben jene Steingewerbes treibenden sofort nach jenen Fleischtöpfen des Mittels­alters zurücksehnten, welche die Regierungsmamelusen in dem schreiendsten Farben als das Non plus ultra allen Glüdes hinzumalen verstanden. „Nieder mit den Juden und Ho der Zunft zwang!" Das war die liebliche Parole, welche zuerst in Deutschland und dann in Oesterreich aus­­gegeben wurde. Und diese Phrase klingt im der Regierer Ohren so melodiös, daß sie fehler vor Wonne vergeben, wenn das antisemitische Geheul die Lüfte erzittern macht. Wir müssen nun vor Allem daran erinnern, da in Ungarn total andere Verhältnisse als in Oesterreich vorhanden sind, mithin muß man an die jüngsten Vorkommnisse in Wien an einen ganz anderen Maßstab legen, als ihn sonst die Bewohner Transleithaniens für turbulente Szenen in Bollsversammlungen in Bereitschaft haben. In Ungarn konnte, weil alle Parteien eine gewisse politische Reife befiken, der Antisemitismus seinen rechten Boden gewinnen, mithin sich auch nicht zu einigermaßen lebensfähiger Blüte entfalten. Ferner sind in Ungarn der Adel, wie die Hierarchie von ganz anderen Tendenzen erfüllt, als, Gott sei’s gefragt, es in den Österreichischen Landen der Fall ist. Und das ist der schwermwiegendste Grund, daß diesfeits der Leitha, in Oesterreich, nun urs­plöglich antisemitische Tendenzen sich nit nur ans Tageslicht drängen, sondern sozusagen auf die Straße verpflangen, während bis vor zwei Jahren all’ diese eselhaften Enunziationen und dieser un» versöh­nliche Haß gegen die Semiten einzig und allein nur in den katholis­­chen Gesellenvereinen, in den Mi­ Haceld- und Severinusbruderschaften gepflegt wurden und sich dort fundgaben. Mithin möge unsere Behauptung, „daß an dem Haffe gegen „die Juden in Oesterreich, wie er sich jegt hinter „einander in einigen Handwerkerversammlungen „Landgidt, vornämlich die ultramontanen „Bestrebungen und Lehren in Defter­­„weih schuld find“, Niemand auf den ungarischen Priesterstand beziehen. Darauf mußte vor Allem hingewiesen werden, bevor über Dinge berichtet wird, die nit todtge­­schwiegen werden können, nit siber­­gangen werden dürfen, weil sich Jedem mit Gewalt die Ueberzeugung aufdrängt, dag fehon seit Langem in „höheren Kreisen“ gegen die Juden mit aller Energie agitirt wird. Wenn man so einer Antisemiten-Versammlung (wie sie jeit dreimal Hinter­einander in Wien statt­­gefunden haben und von der die legte, welche unter der Firma „Versammlung christlicher Gewerbetreibender“ in den Sälen „zu den drei Engeln" tagte, wegen kolossalen Skandale aufgelöst werden mußte) anwohnt und die M­eden mit anhört, welche diese Sendlinge der verscie­­denen „katholischen Kasinos" Wiens halten, so vernimmt man nur das Echo von all den schönen Speeds, welche die glaubensstarken PB, Greuter, Lienbacher, die Liechtensteins, Hohenwarts, Clams u.­­. w. im Abgeordnetenhause gehalten. Ganz die­­selben Schlagwörter, ganz dieselben Daten, ganz dieselbe „christliche Liebe“ und „ZXoleranz.« Und da lernt man dann auch den wahren Werth jener „Volksvertreter“ kennen, die mit ihren Phrasen von Bollsbeglüdung im Abgeordnetenhause herum» warfen und sich nun an die Spike der — — Ai­ tisemitenbewegung stellen, nämlich die Kronnwetters, Schönerer u. s. w. Weil diese Herren im Weiche­­rathe mit ihren Anträgen selbst von den „Män­­ner der Linken“ im Stiche gelassen wurden, da diese die Politik jener „Koryphäen“ durchschauten, schleigen sie sich mun unter die „Fatholischen Kafis­nomänner*“, um für sich Stimmung zu machen und vielleicht auf d­iese Art in die Höhe zu kommen, ein Zi­elhen, Yemb­en oder Ordenshändchen zu erhalten. — Das einzig Erfreuliche bei der ganzen Sache ist nur, daß die Arbeiter, und vornämlich der Gesellenstand, den man neuester Zeit mit Vorliebe sozialistischer Tendenzen beschuldigte — (denn Hilf was helfen kann !) ganz energisch gegen seine reudigen Schafe, die sich „D Wolfsvertreter” zu nennen nicht entblöden, aufgetreten sind. Während die katholi­­schen Rasinomänner die Neden ihrer Herren mit Beifallsgeheul begleiteten, protestirten jene Hand»­werfegesellen dagegen mit energischen „Pfuis!" und ließen sich nicht im Mindesten einflind­ern, es als eine Schande hinzustellen, in der heutigen Zeit gegen die “Juden aufzutreten. „Die Regierung „it an der Nord und dem Elende fuld, nicht die „Juden !“ demonstrirte einer dieser Gesellen mit erhobener Stimme. „Die Freiheit im politischen­­ und religiösen Leben wollen sie uns nehmen, das „mit wir wieder Knechte und Sklaven der Pfaffen “und des Adels werben sollen. Und deshalb will „und auch der Lienbacher mit aller Gewalt die „Säule wegnehmen, nur seine Bildung, seine „Freiheit, dafür aber Hunger und Steuer. Die „Suden sind unsere Frem­de, unsere Allis “arten; die Suden.. .. .« Hier unterbrach der Negierungskommis fär den Medner, und zwar unter folosfalen Bravogeheul der Antisemiten und der Sendlinge der bewußten Kasinog. — — Wir wollen es an dieser Probe genug sein lassen, da sie hinreichend zeigt, welche Strömun­­gen in Oesterreich jegt von oben herab­ bes­­änstigt werden. Zrog alledem glauben wir aber, daß es nicht gelingen wird, dem „prote­girten Antisemitenschwindel“ eine größere Ausdehnung zu geben, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil das Gros der Arbei­­­­ter in Wien gegebenen Falle vielleicht zu Vom Lage, . O Bom Allerhöchsten Hofe. Ihre Majestäten der König und die Königin vollzogen am­ Grindon­­nerstag im der f. f. Hofburg zu Wien persönlich die Ceremonie der Fußwaichung an 12 Greifen und 12 Greisinnen, im Deisein des Kronprinzenpaares, der Erzherzöge, Hofwürdenträger, Sternkreuzordensdamen und einer großen Anzahl geladener Säfte. Wie immer, erhielten die zur Tußwaschung zugelassenen Armen 30 Silberlinge (Viertelguldenstüce) einen ganzen Korb voll Speisen und Wein von der Hoftafel. ·· Abends versügte sich Se..Majestät der König zu einem kurzen Jagdausflug nach Reichenau,sn««o Allerhöchst derselben Anethähneschoß.—Wiei­ir bereits gemeldet haben,werden zuverläß ithre Maje­stäten der König und die Königin in Triest zur Er­­öffnung der dortigen Ausstellung erwartet. Das Ab­­steigequartier wird im Schlosse Mivandare genom­­men werden. DIR, O Abgeordnetenwahlen. Im Maros-Rudager Wahlbezirk, dessen bisheriger Abgeordneter, © &za Bethlen das­ Mandat niedergelegt hat, gedenkt die Unabhängigkeits-Partei — wie „Függetl.“ berichtet — dem Kandidaten der liberalen Partei Alerius Milga den Grafen Zdenko Knebelsberg als Abgeordneten- Kandidaten entgegenzustellen. — Der Abgeordnete des Syöngyds-Pataer Wahlbezirkes, Bartholomäus Kapap wurde zum Waffenstuhl-Präsidenten des Heveser Kos­mitate erwählt, und hat, da er die Wahl annimmt, sein Abgeordneten-Mandat niedergelegt. 3 ° O Ein Jäger an den Stönig. Ein Jäger im Szellfer Lande hat am 24. d. M. an den König folgendes Telegramm gerichtet: „An Seine Majestät dranz Josef I., König von Ungarn in Wien, Jh, Anton Hußár aus Gyurgybskijfalu (Esiter Komitat) habe ein Paar heurige Bärenjungen aus ihrer Höhle geholt, nachdem ich früher deren Mutter erlegt. Das schöne Fell der Iegteren, sowie die beiden lebensfähigen Jungen habe ich­­m. Majestät gewidmet und bin mit unterthänigster Erfurt bereit, dieselben auf allerhöch­­sten Befehl persönlic­h nach ihrem Bestimmungsorte zu bringen.“­­ O Bodesfafl. In Wien ist am 5. d. die Schwiegermutter des österr. Handelsministers Freiherrn v. Pino, Baronin Josefine Schenk v. Noging, geb. Gräfin Khevenhüller, im Alter von 77 Jahren gestorben. Baronin Schrend war seit Februar 1876 verwitwet.­­ Das Königl. ung. Aderbauministerium berichtet über den Saatenstand in Ungarn zu Anfang des Monate April wie folgt: Die Saaten sind in allen Theilen des Landes schön, an mehreren Orten ausgezeichnet. Schwächer stehen die Saaten nur in einzelnen Bezirken der Komitate Baranya, Bereg, Efil und Temes. Weizen und Noggen sind im Allgemeinen schön, besonders Weizen ist in den Komitaten­ Bihar, Zemplin und Bas ausgezeichnet, nur in den Komitaten Beles, Temes und Zala Hagen die Landwirthe über nfeltenschäden . Neps litt an mehreren Orten hauptfählig in dem süd­­lichen Theile des Alföld duch Frost. Anderwärts, so im Oedenburger S Komitate verursachten Yıfelten größeren Schaden. Die Aussaat vom Frühjahrsgetreide ist größtentheils beendet. Der Kartoffell-, Rüben- somie Mais-Anbau und die Arbeiten in Weingärten sind in Angriff genommen, die Obst-Ernte würde ungemein ergiebig ausfallen, wenn nicht die Fröste in den Morgenstunden den überreichen Blüthenflor vernieteten. . Hier in und um Dedenburg hat bereits der Reif in den Frühlingsstunden, die meisten Obstbäume stark beschädigt, ja die Aprilosen fast zu Grunde gerichtet. “= Wir erfügen Höfiäft jene geehrten Abonnenten, deren Abonnement mit Ende März zu Ende ging, dasselbe gefäh­gst erneu­­ern zu wollen. 2 * Die „Flußmwaldung." Am Donnerstage in der Chorwoche (Gründonnerstag) wird in der kath. Kirche nach Schluß des feierlichen Hochamtes, bei dem nach Abfingen des „Cloria“ der Örodenslang bis zum „Sloria“ des Charsamstages verstummt, die Ceremonie der Fußwalhung (Perilapium oder Mandatum genannt) nach dem­­ Beispiele des Heilandes, welcher ‚feinen Jüns­tern die Füße wurd, an 12 Armen der Gemeinde vorgenommen. Auch­ hier in Oedenburg wird nach althergebrachtem Gebrauche in der St .Michalisstadt­­pfarrkirche diese Funktion vollzogen, welche wegen ihrer­­ sinnreichen Bedeutung (die Liebe der Kirche Jesu zu den Armen und der Reinheit der Herzen ‚soll dur) diesen Art der Demüthigung von Seite der­­ juße Wien, 6. April 1882. *) Unter Verantwortung des Heran Korrespondenten, Lokal-Beitung. Lokalnotizen. i ?

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