Oedenburger Zeitung, 1883. September (Jahrgang 16, nr. 199-223)

1883-09-16 / nr. 211

Sonntag, 16. September 1883. | xV1. Jahrgang. |­it Oedenburger Reifung, (Vormals „Bedenburger Nachrichten“) Organ für Politik, Kandel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Sortfehritt zur Ehr? — Berrüchten an Wehr’ — Der Wahrheit eine Gaffe.“ jährig . Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit anal­e­ren Inseraten, Pränumerations- und Insertionsgebühren, sind um die Redaktion portofrei einzusenden. Das Blatt ersceint täglich, mit Ausnahme des auf einen­­ Sonn-oder Feiertag folgendenages. Pränumeratioanreise Für Boeo: Langlübrig 9 fl., Hal übrig 5 fl., Bierteljährig Für Auswärts: Ga Inserate vermitteln: In Wien: Hafenstein & Vogler, Wall- Administeasion, erlag und Inseratenaufnahmes | ©, Weineue 13, %srofe,’eckerhäte %, dr, Bates, 1, Wie­mergasse 12. In Budapest: Jaulus GH. Dorotheagasse 11, teop. 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Städtchen Tilsit, welches fon einmal in bdiesem Jahrhunderte, durch die Entrevue der Monarchen von Rußland und Preu­­ßen mit dem französischen Imperator Napoleon L., eine welthistorische Bedeutung erlangt hat, ist aber­­mals zu einer Begegnung der Potentaten des Cza­­ren- und deutschen Reiches ausersehen worden. m Jahre 1806 lag, wie bekannt, Preußen, ein ge­­demüthigter, all seiner Widerstandskraft beraubter Sklave, zu den Füßen des großen Dorfes und wurde von diesem noch weit schlechter als eine französische Erblandsprovinz behandelt. Denn das damalige Preußen wollte Napoleon I. von seinem Heere total ausjfangen und in eine Wüstenei ver­­wandeln lassen, die Bewohner dieses Landes soll­­ten aber durch die französische Soldatessa nicht nur geh­ebelt, sondern auch in Grund und Boden verderbt, nämlich demoralisirt werden. Daß Sol­­des, Groß aller Macht, die damals der faktische Herrscher Europas, nämlich Napoleon, besaß, nicht gelang, hatte wol vornämlich darin seinen Grund, daß der Charakter der Norddeutschen ganz anders veranlagt ist, als jener der in südlicheren Zonen seß­­haften Erdbewohner. Aber an die Geschichte der Entstehung des preußischen Staates, sowie der volfsthümliche Nymbus, welcher die Herrscher aus dem Hohenzollerngeschlechte seit dem „großen Kurs­fürsten" umgibt, und als historische Tradition in allen Kreisen des preußischen Volkes fortlebt, so­­wie endlich der protestantische Glauben mit seinen nüchternen und ernsten Auffassungen des Lebens hatten ihren Theil daran, daß die Maffen des ge­­knechteten Preußens von anno 1806 vor einer De­­moralisation dur die französischen Truppen be­­wahrt blieben. Jene Zeit der tiefsten Erniedrigung des preus­sischen Staates ist aus dem Gedächtnisse der Be­­wohner desselben nicht nur uit entfhmwun­­­den, sondern die Sage hat um die Vorkommnisse der „Zage von Tilsit“ einen Zauber gewoben, der auch heute noch die Altpreußen insbesondere gefan­­gen hält. Daß Solches geschehen, daran ist theils das damalige diktatorische Auftreten Napoleons I. der unglückkichen Königin Louise (Gemah­n Fried­­rich Wilhelm’s III. von Preußen) gegenüber, theils das unnwürdige Benehmen Alexander I. von Ruf­­land — (der jener Zeit zu den lautesten Lobpfei­­fern des großen Dorfen gehörte) — Schuld. Denn diese an Schönheit, Liebreiz und Tugendhaf­­tigkeit alle Fürstinen der damaligen Epoche weit überstrahlende Königin wurde von den Preuß­sen in einer Weise verehrt, die fast an Abgötterei streifte, und deshalb ist es begreiflich, daß die der­­selben seitens der Herrscher Auslands und Frank­­reichs zugefügte Demüthigung von dem Volke tie­­fer und schmerzlicher empfunden wurde, als die ihm doch den französischen Despotismus absichtlich geschlagenen Wunden. Aus der Erniedrigung Preußens und seiner Königin in Tilsit dur) die beiden in Nede stehen­­den Potentaten entsproß jene patriotische Wunder­­blume, welche als W­olfsaufstand gegen die Napoleonische Zwingherrschaft im Jahre 1813 die Welt in Erstaunen verlegte. Das war sein befohlener Enthusiasmus, wel­­cher damals die Ketten brach, sondern ein seiner Manneswürde sich bewußt gewordenes Vort rang sich mit Einem Schlage zur Freiheit empor. Diese Wahrheit ist wol nur noch von Wenigen in Oe­­sterreich, wie Ungarn zur Gänze ernannt und in seiner ganzen Größe erfaßt worden. Und Solches ist begreiflich, wenn man erwägt, daß nur diejeni­­gen, welche die preußische Geschichte zu dirt, also nit Glo8 gelesen haben, e8 zu fassen vermö­­gen, wieso e8 genommen, daß sie in den altpreu­­ßischen Provinzen das Wort mit seinen Herrschern seit dem „großen Kurfürsten“ vollständig identi­­fizirte. Diejenigen nun, welche den Geist jener Ge­­schichte in sich aufgenommen, wissen freilich, daß gerade aus der Amalgamirung des preußischen Wol­­fes mit dem Hohenzollern’schen Fürstengeschlechte — (und vice versa) — all jene Geschehnisse resultiren mußten, welche sich unter den Augen Europas und unter Mitwirkung der günstigsten Verhältnisse, in Preußen seit Friedrich Wilhelm’s IV. Thronbesteigung vollzogen haben. Denn es war eben in jenem patriarchalischen Bündnisse zwischen Herrscher und Volk begründet, daß­ dieser eigen­­thümlich veranlagte, mit einem Fuße im Mittel­­alter, mit dem andern auf Voltaireschem Boden stehende Fürst das V­ersprechen — (m welches sein Vater Friedrich Wilhelm III. im Jahre 1813 ge­­geben, doch die Metternich’schen Einflüsse zu Hal­­ten aber verhindert wurde) — wenigstens theils­weile — (durch die Schaffung des „Vereinigten Landtages“) — zu erfüllen versuchte. Und es war ebenfalls nur ein Resultat jenes Bündnisses, das Friedrich Wilhelm IV., als die Wogen der Reaktion in Oesterreich wie Ungarn alle Freiheit des Volkes Hinwegschwem­mten, dieser König, trug der Manteuffel’schen Infinuationen, wenigstens einen Theil der den Bewohnern Preußens Seuilleton. WERLINNHA. Roman von ® ® (Ale Rechte für den Autor vorbehalten ) (Wortregung:) „Eine Woche werde ich noch hier bleiben müssen, meine geliebte, theure Adrienne”“, schloß der Brief, „es liegen mir no eine Menge, wenngleich sehr untergeordnete Geschäfte ab; auch wollen mir meine Kameraden ein Abschiedsfest geben, mas ie ja nit ausschlagen kann; dann ziehe ich aber den Militärtod aus und fliege, ein freier, durch Feine dienstliche Fesseln mehr gebundener Mann, zu Dir, in Deine Arme, — um nie, nie mehr von Dir zu scheiden. — So vermag das Glück und die Seligkeit dieser Vorstellung immer no nit zu “ faffen und werde mich erst daran gewöhnen müs­­sen, fortan nur in Deiner Abhängigkeit zu stehen, nur Deinen Befehlen gehorchen zu dürfen. Lebe für heute wohl, Du meine süße, über Alles geliebte Adrienne, — wenn Deine lieben Augen auf diesen Zeilen ruhen, werden so wenige Tage dahin­­leihen, bis ich sie lüffen und Dir zuflüstern kann: Emwig, ewig Dein Sünder.“ Das Fest, in welches seine Kameraden dem Scheidenden gaben, trug, wenn an zum Theil von lauter Fröhlichkeit begleitet, dennoch einen unweh­­müthigen Charakter. Sie hatten manchen Strauß zusammen ausgefochten, viele Entbehrungen gemein­­sHaftlich getragen und auch den Raufh ruhmvoll erfahrener Siege mit­einander geworfen; das Schei­­den aus diesem Kreise war für Sander ein ern­­ster, wichtiger Lebensabschnitt, für die Zurückblei­­benden fast gleichbedeutend, als ob der Tod, wie so oft, wieder einen lieben Kameraden aus ihrer Mitte fortgerissen habe. Noch ernster, noch wehmüthiger war für Bey­­len die Stunde, als er sich bei seinen Bargefegten ab­­meldete, sich zum Testen Male mit der Uniform schmücke, die er so lange in Ehren, in Leid und Freude getragen, und nun ablegte, um für immer davon zu scheiden und mit dem bürgerlichen Kleide zu vertauschen. Er kam so ganz anders, fremd, selbst unbeholfen vor, als er sich in demselben bes­tand, — aber das Alles blieben doch nur kurze, von seinem Willen wieder rasch zurückgedrängte Empfindungen... . Fort — fort zu ihr! — ein freier unabhängiger Mann, — zu ihr, um nie, nie mehr von ihr zu scheiden !! Träumerisch, nachdenkend, und doch von einer seltsamen inneren Unruhe bewegt, schritt Adrienne dur die ihr zuge­wiesenen Gemächer. Der kurze Wintertag war der Nacht gewichen; sie hatte es aber kaum bemerkt, daß Solches gefciehen und eben so wenig, wie sich draußen ein Schneesturm erho­­ben, der wie wüthend die zu Eiskrystallen zusam­­mengefrorenen Flächen gegen die hohen Bogenfenster des Kastells trieb. Aber auch daß die Diener, wie an jedem Abende, die Kerzen und Lampen entzündet, daß ferner den Marmorfammnen wohlthuende Wärme entströmte und daß er in Folge helfen, sowie der milden Helle, welche die Lichter verbreiteten, äußerst V. behaglich in den Gemächern war, schien der ununs­terbrochen durch dieselben dahinschreitenden Komtesse kaum bewußt zu sein. Endlich machte die Mündigkeit sich bei dem jungen Mädchen geltend. Sie lieg sich in einen Sig finten. Ihre Füße ruhten auf einem geftietten Fußschemel, ihre Hände riegungslos im Schopfe. Aber im Snmmern tobte es fort. Die seltsamsten Gedanken kamen und gingen. Bald tauchte in matten Umriffen Sandors Bild, bald wieder jenes Devay’8 vor ihrer Seele auf. Da traf Adriennens Bild zufällig das ge­­öffnete Klavier, auf welchem mehrere erst kürzlich von Devay benütze Notenhefte lagen. Dieser Blid reichte Hin, um die ganze Vergangenheit mit all ihren geträumten Zaubern zu verwischen. Nur sein, des Lehrers Bild, hatte in diesem Wugenblicke noch Raum in ihrer Seele. War er doch schon seit län­­gerer Zeit mehr ihr Erzieher, als Syener seiner Böglinge gewesen, hatte er ihr doch auch Monate hindurch. Bis zum gestrigen Tage, Mufii- und Ge­­sang unterrnt ertheilt, ohne daß sich weder ihre Eltern so sonst jemand viel darum gekümmert hätten ; ja die Gräfin hatte einmal sogar bemerkt, daß sich Dreylen gewiß sehr freuen würde, seine Gattin in der Mufik vervollsommet zu finden. . . Adrienne dachte jet also nur an Devay. Dachte sie nur an den Lehrer? Oder vereinigte sich in ihrem Sinne das Bild desselben mit jenem des Sängers und ferner mit demjenigen des Man­­nes von idealer, berühdender Schönheit ? DO sie waren im der­­legten Zeit ehr vertraut mit­einander geworden, so vertraut, daß der ob- Be> Siezu das „Sluftrirte Sonntagsblatt“. ENF a Sander Wiss —.« .­­ «»-»«.·.»-..-.. une N­ i 7 > .« »He­ z» WILL-W.««««-VLTM...«ESI:Z.Z­’. Äms J « se F. Jå I in a 4 i 3 & 5 ;

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