Oedenburger Zeitung, 1883. Oktober (Jahrgang 16, nr. 224-249)
1883-10-18 / nr. 238
undes, der nur dadurch zu fiberbrüchen möglich gist, daß das gegenwärtige Negime denselben ausfüllt, nämlich in ihn gestürzt wird. Ueber eine derartige Situation können seine glänzenden Festlichkeiten hinnwegtäuschen ; über ein solches Negierungsgebahren weisen feine offiziellen Negierungsberichte, seine begeisterten Eiljenrufe, seine golpftragenden Diagnoten uniformen den Weg zur Rettung aus dem Chaos, und über eine derartige Korruption, wie sie sich in den höheren Gesellshafts-, Staats- und Negierungstreifen breit macht, hebt seine Ovation, fein verständnißinniges Lächeln hinweg. Heute unterdrücken die ungarischen Patrioten noch mit Gewalt die in ihnen totende, vollauf berechtigte Unzufriedenheit, um die Szegediner Terte nit zu stören. Aber sobald diese verrauscht sein werden, muß ein Appell an das ganze Land, an das ganze Volk erfolgen, damit das nicht erst näher zu bezeichnende verderbliche Regime um jeden Preis gestürzt und wo gerettet werde, was irgend zu retten ist. Dieser Appell, davon sind wir in tiefster Seele überzeugt, wird in allen Reihen der wahren Ungarn ein donnerndes Echo finden. Dem Tage. "Die Zubelsage des wieder erstandenen SHjegedin. 1. Schon um 5 Uhr Früh ist Seine Majestät der König am 16. d. aufgestanden, hat sodann die Depeschen der inzwischen eingetroffenen Couriere erledigt und sich hierauf um 8 Uhr mit FZM. Mondel, OM. Popp, FMEL Rosenberg, dem Grafen Orsini, dem Bürgermeister Palffy, dem Stadthauptmann Szluha, Koloman und Ludwig Tipa und Yofai nach dem festlich geschmückten Alföld-Bahnhof begeben, von wo der Monarch mittelst Separatzuges zum Wächterhaus Nr. 110 fuhr, von da begab er derselbe mittelst Wagens nach Afotzhalom, wo er von der tiefig herbeigeströmten Landbevölkerung enthusiastisch begrüßt wurde. Der illustre Landesvater besichtigte eingehend die Forstwart- und Aderbauschule, über deren Einrichtung er fi lobend aussprach, verweilte längere Zeit und trat sodann die Radfahrt nach Szegedin an. Zu bemerken ist, daß bei der Radfahrt von Afotthalom die Hofwagen einen andern Weg einschlugen und auf demselbden das Bahnwächterhaus Nr. 114 erreichten, wo Halt gemacht wurde. Hier begrüßte der Präsident der Aderbaus undndustriesesellsshaft Yosef Esit den König erfurchtsvollst. Auf dem ganzen Landwege aber konnte der Monarch überall die Resultate einer gedeihlich betriebenen, fleißigen Landwirthschaft sehen. Se. Majestät und die Begleitung bestiegen hier noch vor festgestellter Zeit wieder den Zug. Jm Horgos, wo auf der Radfahrt sein Aufenthalt beabsichtigt war, standen noch immer auf beiden Seiten des Bahnkörpers Knaben und Mädchen mit Zähnen und Blumen und hörten nit auf, Elfen zu rufen. Das Boot empfing den König mit so stürmischen und begeisterten Zurufen, daß Se. Majestät den Zug wieder halten ließ, ausstieg und an den Schullehrer und einige Andere in leutseligster Weise Fragen richtete. Es war »ein herzerquidender Anblick, den König zwischen den kleinen, jubelnden Schülern zu sehen. Bald fegte sich der Zug wieder in Bewegung und traf noch vor zwölf Uhr wieder in Szegedin ein. Um 1 Uhr fand die Eröffnung der Somogyi- Bibliothek im Beisein zahlreicher Schriftsteller und Gelehrten, darunter Zokai, Bulgty, Löw, Sarkas, Szaf, Hunfalvy, Szabados, statt. Der Monarch verweilte eine halbe Stunde, besichtigte alle Räume eingehend, wobei der Bibliothekar Reisamer als Cicerone fungirte. Hierauf erfolgte der Besuch aller Schulen, der öffentlichen Institute und Kirchen. Ludwig Tifa war stets an der Seite des Königs. Ueberall erwarteten große Menschenmengen Allerhöchst denselben, ihn mit stürmischen Eiljenrufen empfangend. — Seine Majestät besichtigte auch die Schußarbeiten der Sövenyhaza-Szegediner Entwässerungs-Gesellschaft, wobei Bürgermeister Balffy (Präsident) und Rende (Regierungs-Kommissär) als Führer fungirten. Der König äußerte sie Lobend über die solide Ausführung der schwierigen Dammbauten. Op Bom Allerhöchsten Hofe. Ihre E. u. f. ‚ Hoheiten Kronprinz Rudolf und Kronprinzessin Stefanie werden am 28. d. M. von Larenburg in die Wiener Hofburg übersiedeln und die Appartements beziehen, die früher vom Erzherzog Franz Karl bewohnt wurden. Der Tag der Rückkehr des Kronprinzenpaares nach Prag ist noch nicht endgültig festgestellt. Allerhöcfte Auszeichnungen. Seine Majestät der König hat dem Professor an er Debrezimner landwirtschaftlichen Lehranstalt Josef Rottler in Anerkennung seiner in dieser Eigenschaft entwicelten eifrigen Thätigfeit das Ritterkreuz des Franz-Josef-DOrdens verliehen. — Der mit Titel und Charakter eines Hofrathes bekleidete Sektionsrath im gem. Ministerium des Reußern Karl Hader erhielt das Ritterkreug des Leopold-Dordens, und der mit Titel und Charakter eines Sektionsrathes bekleidete Hofund Ministerial-Sekretär in demselben Ministerium Franz Matscheklo den Orden der Eisernen Krone dritter Klasse tarfrei. — Ferner geruhte Seine Majestät den Statthaltereirath und Bezirkshauptmann in St. Pölten, Karl Spohn, als Ritter des Ordens der eisernen Krone 3. Klasse in Gemäßheit der Ordens-Statuten in den Ritterstand zu erheben, — und dem Ministerialsekretär im Aderbauministerium, Friedrich Freiherr v. Trauttenberg, in Anerkennung seiner vorzügligen Dienstleistung das Ritterkreuz des Franz Yosef-ordens zu verleihen. O &roanische Errungenschaften () in Agram wurden am 16. Oktober 9 Uhr früh vom Finanzgebäude in der Dundulics-Kaffe, sowie von jenem in der Oberstadt in Gegenwart des Regierungskommissars Hervoics und einer Kompagnie Militär, unter kringendem Spiel einer Mislitärkapelle. Die Doppelsprachigen Wappenschilder abgenommen und durch neue ohne Aufschrift erregt. oO Für Stellenwerber. E83 wurde soeben der Konkurs für die Primar-Arztstele am Fön, ung. Landesfrankenhaufe zu Preßburg eröffnet. Termin 10. November 1. %. Gesuche sind an die Direktion daselbst zu richten ; ferner ist zu belegen die Steueramts-Offizial-Stelle beim 1. Steueramte in Groß-Tapolcsany, Termin 20. Dezember. 1. %. Gesuche sind an die Finanzdirektion gleic falls in Bregburg zu richten. Die neueste Nationalbank. Nun bekommt auch Serbien eine Nationalbank. Eine Konferenz der angesehensten Belgrader Kaufleute beschloß definitiv, am 15. Oktober alten Stil mit der Zeichnung der National-Aktien zu beginnen. Gleichzeitig wurde ein Komite bestelt, welches die Modalitäten der Zeichnung bestellen sol. O Ein Advokatentag. Iu ungarischen Advokatentreffen ist für das Frühjahr die Einberufung einer Landes-Advokaten-Konerrenz zu dem Zweckk beabsichtigt, damit nicht nur wichtige justizielle Reformen urgirt werden, sondern damit insbesondere die Landes-Organisation des Advokatenstandes auf ständiger und freier Vereinigungs-Basis erfolge. O Mukhtar Yalda in Wien. Der türkische Feldmarsgall Ghazr Mukhtar Balda, auf der Reise von Berlin nach Konstantinopel begriffen, ist am Dienstag in Wien eingetroffen, trügerischen“ Juden, erst seit Kenntnis erhalten haben. Er, der Eigenthümer de „Süggetengeg“! Und [olche Herren haben die Stirne, gegen den angeblichen Schwindel, gegen die lästerliche Uebervortheilung, welche die Israeliten so schwunghaft betreiben sollen, mit Wort und Feder in geharnischtester Form aufzutreten. Lole Herren, die mit patriotischen Gaben für ins Elend gerathene Landesfinder ihre eigenen Zafchen füllen, wagen es, der ihrer Meinung nach der die Juden so tief herabgekragten Moral zu ihrer Reinheit verhelfen zu wollen. Hoffentlich wird sich diese, unsere Journalistis tief erniedrigende Angelegenheit denn doc bei der gerichtlichen Untersuchung in einer Weise Hären lassen, dag man die Gebrüder Berhovay, wenn nicht ganz freisprechen, doch wenigstens entschuldigen künne. Syebenfalls bäten sie gut, zunächst vor eigener Thüre zu fehren, wie sie den Mist vor den Judenhäusern so konsequent zum Gegenstande ihrer heftigsten Ausfälle machen. — Arrr, ein anderes Bild! In den nferatenspalten der „Wiener Zeitung“ las man folgende merkwürdige Notiz: „Hilferuf an einen hohen Adel! Unterzeichneter, ein armer adeliger Familienvater von drei unmündigen Indern, der seine Stelle durch Krankheit verloren hat, und infolge dessen sich mit seiner Familie im größten Elend befindet, bittet einen hohen Adel, sich seiner und seiner Familie anzunehmen und ihn durch schnelle Hilfe zu retten und vor dem Zusgeundegehen zu bewahren. Gyula von Andraffy de Kraszna-Horka." Zu wiederholten Malen haben die Journale die Frage ventilirt, warum denn unser hoher Adel seinen Unterstüßungsfond für verarmte Standesgenossen und Leben ruft? Unsere Aristokraten, welche de Unsummen am Totalisateur verspielen oder einer Maitreffe oft ihr ganzes Vermögen opfern, wäre es doch ein leichtes, ein derartiges Institut zu gründen. Der Adel sollte doch dem „Bürgerpad“ mit leuchtenden Beispiele vorangehen. PP. Korrespondenz. (Die neuesten Skandale.) Budapest, 16. Oktober. Also der „Függetlengeg“ — dieses extremste aller antisemitischen Organe — hat von den ihm anvertrauten wohlthlätigen Spenden für die Esängo-Magyaren pe 2700 fl. nur 500 fl. abgeführt und den Rest per 2200 fl. für Nedaktionsbedürfnisse verwendet. Allerdings redet sich Herr Julius Berhbovay, der Abgeordnete und igenthümer des genannten Blattes, damit aus, daß er bloß darum, weil die Csango-Affaire nicht vollständig ins Neine gebracht worden sein, „vorläufig” das Geld bei fi deponirt und sogar mit atterzent verzinst habe, während die Banfen nur vier Perzent Antressen gewährt haben würden, daß er ferner sei jeden Augenblick beweitei, die zurückbehaltene Summe ihrer eigentlichen, von den Spendern beabsichtigten Bestimmung zuzuführen, und daß er endlich für das „eigenmächtige" Gebahren seines Bruders Yudwig, der den „Függetlensig“ administrirt und die fragliche Summe nu gleich vollständig abgeführt habe, jede Responsabilität ablehnen müsse. Das find Alex sehr „faule” Ausreden, denn die Spenden flogen bereits im Mai ein, damals hat Herr Yudwig Berhhovay es für gut befunden, 500 fl. davon für die Csängo’s abzuliefern; (bis zum darauf folgenden Oktober, also ein volles halbes Jahr darnach) führte er aber immer stillschweigend die abgängigen 2200 fl. in der Woministrations-Kafja, angeblich zu Nug und Frommen der Ksänge (männlich gegen acht Perzent Zinsen) für Zeitungszwecke duch und von dieser offenkundigen Malversation will sein, das Bolt im Reichstage vertretender Bruder Julius, der tapfere, unentwegte S Kämpe gegen die „be- EEEEN Aus den Komitaten. Kroisbad, 16. Oktober. Attentat auf offener Landstraße) Am legten Samstag fuhr der bhiefige Bädermeister aus seinem Weingarten dem Orte zu. Auf der Fahrt dahin fiel ihm ein Kroisbacher Aufaffe in die Zügel des Pferdes und hielt das Gefährt fest, indem die drei Söhne des Anfallenden auf den, am Wagen figenden Bäder zueilten, denselben derh schlugen und sich damit nicht begnügend, den Mithandelten aufzu stahen; denn einer der Attentäter zog das ZTaschenmesser und brachte dem wehrlosen Bäder mehrere Stichwunden bei. Nach volldragter That liegen sie den Wagen, vespeftive das Pferd weiter ziehen. An der darauffolgenden Nacht, d. i. zwischen Samstag und Sonntag, kamen im Bädergeschäfte unbekannt gebliebene Leute zu dem Badstubenfenster des verwundeten Bäders und verlangten von seinem Gehilfen, daß er ihnen Kipfeln hinauswerfen möge. Derselbe verweigerte dies, indem er den sonderbaren Kunden erklärte, daß das Gebäc in den Morgenstunden im Gewölbe zum Verkaufe gelangen werde, wo sie si welches holen können. Die ungestümen Forderer stiegen hierauf gegen den Gehilfen Drohungen aus, indem sie ihm ankündigten, er werde kommenden Abends seines Lebens auf der Wafse nicht sicher sein. Wenn fon der Kroisbacher Nichter in seiner Gemeinde selber die Ruhe nicht herzustellen vermag, so möge er es dem Hrn. Stuhlrichter anzeigen, damit dieser energische Weißregeln ergreife. Umso mehr thut er fest für die Kroisbacher und deren umliegenden Nachbarsgemeinden dringend Noth, die erforderlichen Sicherheitsmaßregeln nicht zu unterlassen, weil sonst die fremden Käufer von Maishe und Wein, soferne sie von ähnlichen Anfällen Hören, die gefährlichen DOrtschaften meiden und anderwärts ihre Einkäufe bewertstelligen werden. Segedin, 17. Oktober. Den Glanzpunkt aller Seftlifeiten bildete der gestrige Festball im Theater. Was Südungarn an Intelligenz und Nerdhthum befigt, war hier vertreten. Ueber 1500 Einladungen waren ergangen; der Saal war gepfropft. Der Frad verlor sich unter den brillanten Magnaten- Kostümen und sternbejäeten Uniformen. Die Logen waren von einem elegant gekleideten Damen-Publikum belegt. Um Halb 9 Uhr erschien der König in Husaren-Uniform, wurde vom Orcester mit der Bollshymne und vom Publikum mit nit enden ,wollenden Elfenrufen empfangen. Seine Majestät, in Begleitung von Koloman und Ludwig s Telegramme. « e .. i .«..«..»»Ye « BE NE £ ie u 20,