Oedenburger Zeitung, 1884. September (Jahrgang 17, nr. 202-225)
1884-09-16 / nr. 213
NEE ftung auf weitere Akquisitionen im Osten, so läge hierin, so weit es sich um das Wesen der Sache handelt, für unsere Monarchie nir nur sein Opfer, sondern er würde, damit nur ausgesprochen, was sich eigentlich von selbst versteht und was die Meinung aller vernünftigen politischen Kreise in Oesterreich-Ungarn durchaus entspricht. Mithin brauchen wir al dazu nut die Intervention des Czaren. Wahrlich wir bringen dem Weltfrieden kein Opfer, wenn wir mit Hand und Mund auf ein weiteres Vorschreiten im Osten verzichten. Allein be kommen wir dazu, gerade Rusland gegenüber in dieser Richtung ein Engagement zu übernehmen und mit welchem Rechte kann Rußland ein solcher von uns verlangen? Sollen wir Rußland ein besonderes Protestoratstet über den Orient zu erlernen und was hätten uns seinerseits dafür zu bieten? Denn daß Rußland sich verpflichten will, den Status quo unserer Machtstelung im Orient zu respekiren, das wäre seine Gegenkonzession, sondern beinahe eine Beleidigung. Wir brauchen eine solche Versicherung von Seite Rußlands nit, erstens, weil wir ihm nit trauen und nach wie vor der Meinung sind, daß sein Nicht wollen — mit oder ohne Beisprechen — nur einen Tag länger dauern würde, al& fein nicht Tönmen — und zweitend, weil ‘wir auch ohne eine solche BVersicherung jeden An ger auf unsere Magtstellung abzumehren wissen “werden. Wir bleiben also bei der naseweisen Frage: Dazu? Nurland Hat uns absolut nichts zu bieten und wenn es einfach seinen internationalen "BVerpflichtungen nachkommt, so ist das kein Ver"dienst, sondern es thut damit seine Schuldigkeit und hat dafür auf besonderen Dank oder auf ir“gendeine Gegenleistung schlechterdings keinen Anspruch ; am wenigsten aber darauf, daß sich unser “Beißgeliebter Monarch auf einen Boden begeben hat, der "von den gefährligen Leidenschaften des "Hofes gegen das Monarentrum unterminitt, ‚gleichsam also auf einen Vulkan verlegt worden ft, dessen Eruptionen den unglücklichen Alexander U. zum Entfegen der Mit- und Nachwelt dahin ‚gerafft Hat. E. M. EEE MENTTE TEETTETTEHER TEEN TEEN TFT, Ungarns jüngster moralischer Gewinn. Oedenburg, 15. September 1884. "Die Ungarische Allgemeine Kreditbank hat ‘am fegten Freitag Namens des N Rothichild-Konsortiums die legte Option auf den Rest der vierperzentigen Goldrente — rund 124 Millionen — ausgeübt; das große, schwierige, wiederholt unterbrochene Werk der Konvertirung unserer jede8 ‚perzentigen in vierperzentigen Mente wird also kurz ‚por dem gefeglich firirten Thoresschluß, Ende 1884, vollendet sein. Ungarn wird duch den Berzentrag feiner Nente nit mehr unter den auf ‚den europäischen Geldmärkten und in der Anschauung ‘der nach Anlage für ihre Ersparnisse ruhenden Kapitalisten schlechtest akkreditirten Staaten vans ‚given, auf welche sich, wie auf verwesende Leider Die Geier, die Wucherer stürzen ; es wird — freilich nur nach dem Zinstage, nut nach dem Kurse seiner Konsolidirten Schuld — neben den finanziell geordneten Ländern stehen. Die Finalisirung der Rentenkonverstion ist zweifellos ‘ein bedeutsamer moralischer Gewinn, den zu leugnen oder auch nur zu verkleinern ,Keinem im Lande beifallen dürfte. Aber zunächst ist „dieser Gewinn mit so unverhältnismäßig großen Opfern erlaubt, wie sein anderer Staat sie für Die S Konversion seiner Obligationen bringen mußte; um 2.200.000 Gulden sinkt die jährlige Zinsenlast für unsere älteste Rentenschuld, und um 145 — von 400 auf 545 — Millionen ist diese Schuld erhöht worden. So lange mit der gegenwärtigen Negierungswirtschaft das professionelle Schulden»machen andauert, wird diese Kapitalserhöhung nur indirekt gefühlt, insoferne die Höhe der Staateshuld Einfluß übt auf die Höhe der für neue Schulden zu entrichtenden Zinsen, eventuell auf den Emissionskurs. ‚Aber der Tag dürfte doch einmal handbrechen, anmelden. Ungarn nir mehr als ‚regelmäßiger Bürger auf den europäischen Märkten erscheint, sondern zur Abtragung seiner Verpfkitungen schreitet, und dann müssen von dem Lander die 145 Millionen mehr abgetragen werden. Vollends wird die Freude an dem errungenen Erfolge durch den Umstand gedämpft, daß der eigentlie und oberste Zweck der Konversion, die Herstellung des Gleichgewites im Budget, verfehlt ist. Welcher Jubel erbraufte aus den Spalten der ministeriellen Presse, als der Vertrag über die Binsenreduktion abgeschlossen war. Wie stolz hob sich die Brust des Finanzministers, und wie zuversichtlich wies er auf das heranbiegende goldene Zeitalter für Ungarn Hin. Unsere Nation wagte, zu hoffen, daß der ministen Barforcejagd die Steuerzahler auch ‘€ Meine Schonzeit für Lestere folgen könnte, Daß die im Drange der Äußersten Noth, bei Schaffung der se3perzentigen Rente duch Koloman SzEL! auferlegten neuen Lasten vielleicht gar ermäßigt werden könnten. Eitle Berheigungen, eitle Hoffnungen Jahrausfahrein wiesen die Voranschläge zum Budget hohe Defizits auf, wurden neue Steuern votirt und alle Lebensbedürfnisse vertheuert und neue Schulden gemacht. Ungarische Papierrente wurde emittirt und die Brnsen der neuen Säulchen treffen den von der Konversion erzielten Zinsengewinn fat auf, das Defizit bleibt und wächt, die neue vierperzentige Rente, im Beginn der Konversion über 80 (Gold) notirt, ist zeitweise unter 70 gefunden und steht heute, trogdem sie um der Konversion willen mächtig pouffirt worden ist, nur 77.2, d. h. ein wenig unter dem &missionskurse vom 19. Mai 1881 und vom 26. März 1884. Wir zahlen that» sählich immer 5’, in Gold am Zinsen für unsere sogenannte vierperzentige Nente, das Opfer an Squid, Kapital und Steueropfer sind demnach vergebend gebracht, in einem Zuge kräftig durchgeführt und von einer sparsamen und das Land schonenden Finanzpolitik begleitet, so hätte die Konversion ein Erfolg, ein Triumph sein können. Bon „zal zu Sal“ durchgeführt, und das in einer Periode fortgelegter Schuldenmacherei, ist sie leider nicht im Stande gewesen, das Ansehen Ungarns zu heben und dessen finanzielle Konsolidirung zu fördern, dagegen hat sie das Land oft genug sehmerzlich seine Abhängigkeit von den großen Finanzmägten fühlen lassen. Diese Möchte begnügen siegt mit einem fehlermäßigen Gewinne, um nur, 110ß der ungünstigen Lage der Geldmärkte, das begonnene Werk innerhalb des stipulirten Termines zu Ende zu bringen. Ob sie dabei vornehmlich von der Rüdsicht auf das eigene Nenomme getrieben werden, 0b sie auch auf die prekäre Lage des Ministeriumes Rüdficht genommen haben ; jedenfalls haben sie dem Kabinet einen unjrägbaren Liebesdienst erwiesen, dessen Kosten Hoffentlich nicht die Nation zu tragen hat. So ist denn mit Schluß der eben abgelaufenen Woche das Werk vollendet worden. Wir begrüßen seine Vollendung mit hoher Genugthuung, aber auch mit dem tiefen Bedauern darüber, daß nur die Konversion gelungen, aber seine der verheißenen und für das Land dringend nothunwendigen Wirtungen der Konversion erzielt sind, daß, nur die Zinsen für die Goldrente, nicht die gesammten Zinsenlasten geringer werden, während Staatssegunden, Steuern und Defizit wachsen. B. T. auf die ETFTETERTRR Dom Tage. In Maria Pia della Grazia, welche ihm neun Kinder hinterließ. Er war 1854 nach dem Tode seines Vaters, des Herzogs Ferdinand Karl II. in dem damals noch souveränen Herzogthum Parma, unter Vormundschaft seiner Mutter Louise zur Regierung gelangt und wurde im Jahre 1859 deportedirt. Prinzessin Maria Anna von Braganza ist eine Schwester der Erzherzogin Maria Theresia, Gemalin des Erzherzogs Karl Ludwig und des früher hier flationirt gewesenen Dragoner-Rittmeisters Dom Miguel von Braganza. Die hohe Braut steht gegenwärtig im 24. Lebensjahre. O Ministerpräsident Bipa ists am 14. d.. Früh, aus Budapest in Wien angekommen, fan« feierte Vormittags längere Zeit mit dem Grafen Kálnoky und wurde sodann von 11 bis 12 Uhr von Sr. Majestät in Audienz empfangen. Der König sprach st auch Tiga gegenüber und befriedigt über die Leistungen der Honvedstruppen bei den Manövern aus. CO Helsverleifung. Durch alle höchste Ents Ihliegung wurde dem Ingenieur und Bauunternehmer Guilbrand v. Gregersen, sowie Dessen ge jeglichen Nachkommen das Präparat „Saägi“ tarfrei dere liehen. Ferner publizirt das !. u. Amtsblatt an eine allerhöchste Entsciegung, durch welche dem Budapester Großhändler Gutmann Fischl, sowie dessen gefeglichen Nachkommen in Anerkennung ihrer auf dem Gebiete des Handels und der Industrie entwickelten gemeinnügigen Thätigkeit der ungarische Adel tarfrei verliehen würde. Die Lieferungsverträge zwisgen dem gemeinsamen Striegsministerium und der Tedet- Industrie, dann der Baummwoll und Leisteriw Industrieedefellfigart (Hegenhart und Komp.) laufen mit Ende des Jahre 1885 ab und sollen, wie offiziös gemeldet wird, nur mehr erneuert werden. Hoffentlich entschließt es das Kriegsministerium, nunmehr die Gewerbetreibenden Ungarns zur freien Konkurrenz zuzulafsen und das bisherige, dem Kriegsärar offenbar schädliche "Monopol einzelner Lieferungs-Konsortien endgiltig zu beseitigen. © Igitationen in Agram. David Starchevich, dessen agitatorische Tätigei in der gegenwärtigen Wahlkampagne eine ganz außergewöhnliche ist, langte nunmehr auch an Kriz, dem bisherigen Wahlbezirt Mistatovnics’ an, proklamitert zu dessen Gegenkandidaten und entjesselte sofort eine fanatische Agitation. Die in Gospicd berhafteten Starchevicsianer wurden wieder freigelassen. Im Agramer I und II. Bezirk ist die Wahlsbewegung eine außerordentlich intensive, einerseits um den früheren Landtags-Präsidenten Kreftics zu stürzen, andererseits um im III. Bezirk die Wahl Anston Starchevics’ durchzufegen. Die Nationalpartei stelte bis auf je, in sämmtichen Wahlbezirken ihre Kandidaten auf, die Unabhängigen kandidiren in 44, die Starchedic dieaner in 48 Bezirken. Kon legieren treten die Führer in 4 bis 5 Wahlbezirken gleichzeitig auf, da Die Partei nicht über geeignete Kandidaten verfügt. Der frühere Banud Graf Pejacsevidh hat die ihm angebotene Kandidatur in Kutjeda angenommen, woselbst dessen einstimmige Wahl gesiert it, Lebensjahre steht, ist seit 1882 Witwer und der Her Raiser König ganz Josef und Kaiser Will Se. Majestät der König hat aus Anlaß der Mrader Manöver der Bevölkerung des Zemejer Komitates für die loyale Gesinnung und den begeisterten Empfang, sowie für die bereitwillige Unterbringung der ausschließlic auf dem Territorium des Temeser Komitates Ton» zentrirten Truppen und über die gute Instandhaltung der Komitatsstraßen und Verkehrsmittel die Allerhönste Befriedigung und Anerkennung ausgesprochen. Hievon hat der Obergespan Orm 68 den Bizegespan, die Stuhlrichter des Komitates und den Oberingenieuer Petrovics verständigt. Das Heifeprogramm Gr. Majestät des Königs zur feierlichen Eröffnung der Arkbergbauhn ist folgendes: Der König verläßt am 18. d.M.,um T Uhr 30 Minuten Abends, mit einem Separat-Hofzug der Westbahn Wien und reist über Salzpurg Wörgl nach Stams, woselbst er am 19. d. M. um 8 Uhr Früh eintrifft, um die Sulpizirung des Tiroler Landesflitgenbataillons vorzunehmen. Um 11 Uhr 45 Min. Mittags erfolgt die Ankunft in Innsbruck. Am 20. d.M., um 8 Uhr Früh wird der Monarch mit Separathofzug die Ambergbahn paffiren, und zwar die Fahrt nach Bregenz unternehmen, woselbst die Ankunft um 3 Uhr Nachmittags erfolgt. Am 21., Abends um 8 Uhr 30 Min. tritt der König die Radreife an und trifft in Schönbrumm Montag, den 22. d. M., Morgens um 4 Uhr, ein. Einönig vom Bolke dekorirt. Der „W. U. 3." meldet man aus Neapel. In Maisland wurde eine Substription eröffnet, um dem König durch die Nation die bürgerliche Tapferkeitsmedaille verleihen zu lassen. oO Hülfliche Beriebung. Auf Schloß Vrohndorf, bei Wiener Neustadt hat ss der Herzog Robert von Parma mit der Prinzessin Maria Anna von Braganza verlobt. Her 309g Robert von Parma, der gegenwärtig im 37. Telegramme, Petersburg, 15. September. Die „Nowosti“ bemerken über die Stierniewicer Entrevue: „Das Endziel derselben ist nir die Beseitigung der laufenden Komplikationen, sondern die S Feitstellung des Friedensprogrammes für fünfzige Zeiten, damit die Staaten si ungehindert den wichtigen inneren Fragen zumenden können". Berlin, 15. September. &8 steht fest, daß bei der Entrevue formelle Beigriffe werden gefaßt werden. Zu diesem Behufe begleiten anl die Sekretäre die Weinister. epael, 15. September. Der König ist gestern nach Rom zurückgereist. Die Bank von Neaspel spendete 310,000 Lire und Prinz Amadeo 50,000 Lire für die Armen. — Eben wurde in den hiesigen Kirchen ein Pastorale des Erzbischofs verlesen, das alle Prozessionen untersagt. Den Sterbenden reichen vier Bischöfe das Viatitum, von 642 Erkrankten starben in den Iegten 24 Stunden 301 Personen ; übrigens ist die Epidemie jegt im Abnehmen. am 15. September. Seit gestern fahren hier Wagen durch die Straßen, um Wäsche und sonstige Gesdienke für Neapel zu sammeln. — Das hiesige Munizipium spendete für Neapel 50,000 Lire. und das Munizipium von Palermo 100,000 Stud Zitronen. — Von der Garnison sterben hier täglich 20 bis 30 Mann. Hkierniewice, 15. September. Das russische Kaiserpaar bewohnt das Barterre des Sgloffes. Im ersten Stock sind die Appartements für