Oedenburger Zeitung, 1884. Oktober (Jahrgang 17, nr. 226-252)

1884-10-09 / nr. 233

EEE GEERFIFTRETTEHFRER a­a a ae EEE EEETER EN RR _Donnerstag, 9. Oktober 1884. XV. Jahrgang. Oedenburger Zeitung. (Bormals · .,Oedenburger Nachrichten«.) Organ für Vokttikwsandeg Industrie und Landwirthschaft dann für sozialeznteregen überhaupt L Natio­»Dem Fortschritt zu­ Ehr’—Bedrückten zur Wehr’-Der Wahrh­it eine Gasse.« Az. 233 Dass isttecheint täglichJ mit Ausasme des auf einen S­onn= oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations:Preise: Für Loco: Ganzjährig 9 fl., Salsjäbrig 5 fl., Vierteljährig 4.52 fl. 50 fl, Monatlich 1 fl. Für Auswärts: Ganzjährig 12 A, Halbfährig 7 fl., Biertej­­ahrı . jährig Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations- und Infertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. Administration, erlag und Inseratenaufnahme: Suchdrukerei­­, Romtvalter , Sohn, Grabenrunde 121, wo Einzelne Nummern Rollen 5 Kreuzer. 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Ein Volk, 06 e8 nun mehr oder minder zis vilifirt sei, ob seine Ansprüche einfach oder raffi­­nirt beschaffen wären, ob e8 an der Politik, wie namentlich die ungarische Nation, warmen Antheil nimmt oder, wie etwa die Untertanen des Padi­­shah, gleichgiltig den Staatswagen rollen zusieht, gleichviel wohin er treibt, jedes Volk, ohne Aus­­nahme, will natürlich zunächst seinen materiellen­­ Unterhalt gedecht wissen und nebenbei, wenn’ die Forderungen des Magens befriedigt sind, auch dem Geiste Zerstreuung, dem Gemüthe Anregung dar­­bieten künnen ; furz, e8 will sein „Panem et cir­­censes“ Haben, widrigenfalls es sich — je nach seinem Charakter — mehr oder minder heftig ge­­gen die bestehenden Bustände empört. Wie steht es Heutzutage bei uns mit dem „panem“ ? € i, so ungünstig al möglich! Während unser Getreide nahezu entwerthet ist, stehen die Schadpfeise auf unveränderter, ziemlich ansehn­­licher Höhe. Unsere Brodfrucht reifte auf den ge­­segneten Zriften unseres Aderlandes im legtver­­floffenen Sommer so üppig, dag — wollte man si dieselbe als allegorische Figur personifizirt vor«­­stellen­­— man die „Abundancia“ des leider so frühzeitig seinem genialen künstlerischen Wirken entrissenen Hans Mafart, in all ihrer fülligen Schönheit, vor sich sähe, während nichte« destoweniger die Dimension der Brode durchaus auf sein gutes Erntejahr hinweiset. Dieses Mitverhältnis zwischen Frucht­ und Gebäcpfeifen ist umso auffallender, als wir nit etwa unsere Zerealien­en masse exportiren, son­­dern im Gegentheile selber verzehren müssen, weil der ausländische Markt schon von den asiatischen und überseeischen Ländern aus, mit Sorn und Weizen überschwem­mt ist, uns daher sein Abjag­­gebiet bietet. Ebenso wie uns geht es auch unsern gemeinsamen Reichsgenossen jenseits der Leitha. Auch ihnen werden Mahlprodukte zu festen billigen Preisen offerirt, allein auf die Bäder nimmt­ diese Erfgeinung seinen merkbaren Einfluß, wenigstens seinen zu Gunsten der Konsumenten: „Man bade noch immer Sipfel, so winzig ah! find die, wie das bewußte Züpferl, das Z­üpferl auf dem „Y." Und das hat au zur Folge gehabt, daß der Bür­­germeister von Wien den dortigen Magistrat auf dieses Mißverhältnis und auch auf das zwiscen den Engros- und den Detail-Sleichpreisen aufmerk­­sam machte. Er beauftragte ihn, den Ursachen dieser Preisunterschiede nachzuforshen und auf Mittel zu finden und sie mit aller Beschleunigung vorzuscla­­gen, welche eine Büderwohlfeilung der wichtigsten Lebensmittel möglich machen. Man darf ss nun namentlich von einer Aktion betreff6 der Gebäd­­preise leider nicht viel versprechen. Wir wissen kaum ein Mittel, welches die Bäder zu einer ange­­messenen Preisreduktion veranlassen könnte. Und, warum? Weil die Erzeugungstosten nämlich die Regie im Allgemeinen, d. h. die Steuern, Arbeitslöhne, Miethzinse und die Bedürf­­nisse der Herren Bäder selber, zu be sind und — wenn das Korn auch noch so üppig im die Halme flhießt, nit reduzirt werden können. Ein Mittel freilich gäbe es, wenigstend für das ganz­ arme­ Volk billigeres Brod herzustellen, indem­ man, vieleicht auf Kosten der Kommune, große, nur mäßigen oder auch gar feinen Gewinn suchende Brod- und Gebäderzeugungsanstalten ers­richtet, welche Qualität und Preis der Waare regu­­liren helfen würden. Aber unsere Stadtvertretungen haben in der Regel viel wichtigere (!) Dinge zu thun: Sie haben z. B. Altessisten und Offiziale zu wählen, sich wechselseitig (wenn auch um des Kaisers Bart), im­ „G’sheidtreden“ zu überbieten, als das ihnen noch Zeit­ bliebe, auf Mittel zur Herabdrückung der Bistualienpreise zu finden. Die­dee der Errichtung­ von Kommunalsprod- oder Sleifhhallen würde zweifellos als undurchführbar verworfen werden. Der Magistrat Bleibt fi­cn überall glei. Eigentlich Unternehmungsgeist besigt­­ er blutwenig. Spark­affen, Leihämter und Zentral-Lebensmittelhallen (eine Art kommunaler „Konsumvereine“), zu trei­en und in eigene Verwaltung zu nehmen, hält er für Utopien und man könnte ihm alles Andere eher­ vorschlagen, als derlei einfache Auskunftsmittel der Selbsthilfe zum Besten des kleinen Mannes. Also mit „panem“ steht er schlecht, wie mit „eircenses ?“. Da schon etwas besser: Herr von Tiga sorgt wenigstens für die Unterhaltung der Politiker. Er hat uns, bereits, und zwar erst vor ganz kurzer Zeit, zu beweisen versucht (wir leit­­artifelten exit gestern darüber), daß Liberalis­­mus und Konservativ mit eigentlich Eines und Dasselbe seien und von dieser wirklich auf in ernster Zeit erheiternden Doftrine ausgehend, regiert er Liberal(!), indem er sein Autofratens zum fonservirt. Die Freiheit will TZiga damit­­ hügen, daß er Alles, was gegen ihn eiserner Faust niederhält. fi erklärt, mit Nun­ja, die Franzosen an der Schwelle des 18. in das 19. Jahrhundert haben auch die Gleich­heit dadurch hergestellt, daß sie die Höher strebenden Köpfe einfach abhalten und die Brübderlichkeit haben sie ebenfalls in’s praftische Leben mit der Plünderung Derer gefet, die Etwas hatten zum DBeften Siener, die sans eulotte waren. Es kommt nur auf die Art der­ Auffassung der Dinge an. Tipa ist so gründli liberal, daß er eben, der nicht daran glauben will... einsperren lassen wird. Die Zustände in Ungarn verspiegen immer heiterer zu werden. Brod wird zwar immer weniger und theurer, aber für Unterhaltung sorgt schon ausgiebig der gese­­gebtende Körper und seine, dem Herrn und Meister Tipa treugehorsamste Majorität. M.­­ Sur zn­­ deuilfelon. Bom „selig fein“! Novelle von Hermance Potier, IV. (Fortlegung ) Raddrnd verboten. Hedwig hätte so gerne die Pflege ihrer Mutter übernommen, doch diese sträubte si förmlich dagegen und sagte, sie wolle geistlichen Krost und Fürsprache. Die Verblendung dieses Weibes ging so weit, daß sie sei, sterbend, die füge, wonnige Nähe eines Kindes abwies und sich von fremden Händen Yas­chung reichen ließ, wo eine andere Mutter der Blid ihrer Tochter allein s­chen stärkt. Doe Frau Christine Hardiberg hatte ihre Kinder nie geliebt, sie wußte nichts von dem Zauber, der berauschend ein Mutterherz erfüllt, sie ahnte nichts von den Wundern, die naive blaue Aeuglein, ein rosiges Münden erschliegen künnen. Ihre Kinder waren ihr von jeher eine Last und in ihrem Gedeihen und Wachen sah sie nur das Nahen ihres Lebensherbstes. Das ist gerade das höchste Glüd der Frau, das sie im Welfen und Ersterben, ihre Kinder blühen ficht, ficht, wie allgemah der Trieb fich tofiger färbt, wie er langsam, fahre Knospe wird, wie sie sich wieder unbewußt öffnet und staunend das zarte, süße Haupt erhebt. Die Frau hat ein Doppelleben im Leben ...·jhx.ercindert,·» wen Sie erblickt sich felbst ihm ihnen, sie wird wieder jung, sie fühlt ihre Liebe mit und die Blät­­ter, die der Krone ihrer Schönheit entfallen, sie sieht sie neu erblühen, an­ ihren Kindern. Und doppelt elend ist darum das Weib, das einsam wallt durch dieses Lebens Pilgerfahrt, weil sie dahinsticht und zu Arche wird, ohne daß ihr Lenz Früchte getragen hätte, weil er verflog und sie si nicht errettete, ald den Folterfnecht, die Erinnerung — ihr Herbst naht und ihr Winter und sie darf seinen zweiten Lenz erwarten, sie hat ja feine Knospen, die erwacen könnten ! Und Frau Christine hatte welche und ließ sie wachsen, wie das Kraut am Wege, ungehegt und ungeliebt. War es ein Wunder dann, wenn ihr Sohn gleichgiltig und selten an ihr Lager trat, wenn er nur deshalb zu ihr kam, weil seine Schristenpflicht es ihm gebot ? Nicht Liebe, nein, das Pflichtgefühl trieb ihn zu ihr, denn, sagte er si selbst, sie ist Deine Mutter und wir sollen Vater und Mutter ehren — die Religion will es so. Sie will es, auf daß es uns wohlergehe, was aber gerade dienert, die zu ehren sind, zu unserem Elende auf Erden thun, das fragt sein Heiliges Buch! Bella war über die hinausgeschobene Hochzeit durchgaus nit unglücklic. „Die Trauung wird zwar gottvoll amüsant werden“ meinte sie, aber ich kann mich so auch unterhalten und besser noh! Ein brummiger Ges­tahl kommt früh genug !“ Sie machte sich überhaupt nicht viel Vor­­­­­­stellung von der Würde, meisn der Ehe ertheilt werde und sie hatte fein bloße Ahnung von den Pflichten einer Gattin. Sie date, ihr Gemahl würde nach wie vor der nachgiebige, zärtliche Kourmacher bleiben, wie alle Bräutigam und wenn nicht — „dann gebe ich augenblickch durch, Mama!“ war ihre stete Antwort, wenn sie von dieser gefragt wurde. Frau von Helle seufzte und wagte nicht, ihr das Ungebührlich eines derartigen Gedankens zu ver­weifen. Emanuel brachte seine ganze freie Zeit bei seiner Braut zu, doc war diese jeit sehr sorglich be­­mossen, da er tagsüber ununterbrochen mit seinem Vater bei den Büchern saß und die beiden Män­­­ner erschienen bei Tifhe, mit düsteren, ernsten Mienen, nahmen schweigend ihr Mahl ein und eil­­ten wieder ans Geschäft. Hedwig wäre ganz verlassen gewesen, da ihre getreue Ruth Fam pünktlich zu ihr, zerstreute und beschäftigte sie und ließ nit ab, für Roderich zu sprechen. Sie redete ihr für mich Liebe in’S­cherz für den jungen Mann und dieser ahnte er gar nit was für einen gewandten und schönen Anwalt er habe. — Roderich hatte eine tiefe, innige Neigung für Hedwig gefaßt. Er wußte den stolzen, schönen Charakter Hedwigs hoc zu hagen und daß sie seine Hand ausgeschlagen hatte, schmerzte ihn zwar sehl, dog fühlte er das „Warum“ und es verminderte nicht seine Liebe zu ihr. (Sortregung folgt.) die ihr durch das Safra­­­­ ?.»«— 4

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