Oedenburger Zeitung, 1885. November (Jahrgang 18, nr. 251-275)

1885-11-21 / nr. 268

RESET ZELLEN NET ERENEREILEEN U Samflag, 21. November 1885. h ui DU pn BAkeI XVIH. Sahrgang Sedenburger3 ©­eilung (vormals „Bedenburger Nachrichten“) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortbegritt zur Ehr? — Behrüdten zur Wehr? — Der Wahrheit eine Gaffe.” a Lie ——= - nn a # « « »f« 3 2 t F­Rz 5 F 4 su deinistratiamyetlag und Instratknnufnnljmu HuchdruklikrkiC.Romwalterä Sohm Grabkinund kirzt 08 Blatt erigeint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn- oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations:Preise: Für Loeo: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 5 fl., Vierteljährig 2 ft. 50 Tr., Monatlich 1 fl. · fürAuswärts:Ganzjährig 12 ft.,Halbjähr­ig 7 fl.,Viertel­­­jährigst 50kr. Inferate vermitteln: In Wien: Hafenstein , Vogler, Balls­ttichgasse 10,A.Oppelfl.­,Stubenbastei 2, Heinrich Silek i., Wollzeile 12, R. Pioffe, Seilerstätte 2, M. Dutes, ie­mergafse 12. Sin Budapest: Saulus Gn. Dorotheagaffe 11, Leop Yang, Gisellaplag 3, A. B. Goldberger, Bervitenplaß $, Inferfions,Sebüßren: 5 fr. für die eins, 10 Tr. für die zweis, 15 Mr. für die dreis, .­ Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme · « 20 Ir. für die vierspaltige und 25 Ir. für die durchlaufende Son Iuferaten, Pränumerations- und Impertionsgebühren, sind BE Einzelne Nummern Rotten 5 Srwyr. ua , Petitzeile erchufive der Stempelgebühr von 30 kr. um die Redaktion portofrei einzusenden. Bei mehrmaliger Einshhaltung bedeutender Nabatt == = 2 A En 3 Kaiser Wilhelm’s Thronrede. Oedenburg, 20. November. Die Thronrede, mit welcher am lechten Donnerstag der deutsche Neichstagd Dur den Für­­sten Bismard, in Vertretung Seiner Majestät, da Allerhöcjst dieselbe durch leichtes Unmahlsein an’3 Zim­­mer gefesselt ist, eröffnet wurde, wird als bedeutsamste und autoritativste Kundgebung über die durch die Ereig­­nisse im Orient geschaffene Lage in ganz Europa einen tiefen Eindruck machen und die Hoffnungen der Friedensfreunde wesentlich erhöhen. Der zuversichtliche Ton, in welchem die Erwartung ausgesprochen wird, daß es den Mächten gelingen werde, „den für jede von ihnen gleich werthvollen Frieden Europas zu sichern“, laßt kaum einem Zweifel darüber Raum, daß die Differenzen, welche in der seäten Zeit im Nam­e der Mächte aufgetaucht waren, als beigelegt­ betrachtet werden künnen. Insbesondere scheint es, daß Eng­­land fn den Vorschlägen der übrigen Kabinette ak­komodirt und der Widerherstellung des status quo ante unter dem Vorbehalte der Ausschließung von Zwangsmaßregeln zugestimmt habe, wie aus folgendem Passus der Thronrede hervorschm­mert : „Das Deutsche Reich­ erfreut sich Friedlicher und freundschaftlicher Beziehungen zu allen auswärtigen Regierungen. Se. Majestät der Kaiser hegt die zuversichtliche Hoffe­nung, daß die Kämpfe der Balkanstaaten untereinander den Frieden der europäischen Mächte nicht türen werden und daß es den Mächten, welche den für jede von ihnen gleich werthvollen Frie­­den Europas vor sieben Jahren dur­ ihre Verträge besiegelt haben, auch gelingen werde, diesen Verträgen die Achtung der durch sie zur Selbstständigkeit beru­­fenen Bolfsjstämme im Balkangebiete zu sichern. Se­i zu den Bweden des Reiches zu verwenden, bleiben Majestät der Schaffer ist von dem Vertrauen beseelt, daß Gottes Segen den bisher erfolgreichen Bestrebun­­gen unserer Politik zur Erhaltung des europäis­­chen Frieden auch die Zukunft nicht fehlen werde.” Man sieht, daß nicht nur Zuversicht auf einen ruhigen Verlauf bei Lösung der Balkanwirren aus der Botschaft des deutschen Kaisers an sein B Wolf spricht, sondern daß auch eine sehr deutlich klingende Mahnung für die einen Donaufürsten darin ent­halten ist, fi) dem Willen Europa’, zu unterordnen ; darauf ist auch der Hinweis zu deuten, daß die Duo­­dezkönige den Berliner Signatarmächten ihre Selbst­­ständigkeit zu danken haben. 3 sei also an ihnen fi) mit dem Erreichten zufrieden zu geben und ihre Ationsluft einzudämmen. Zahlen aber müssen die Unterthanen des deutschen Kaisers, ebenso wie die Völker Oesterreich- Ungarns, mit jedem Jahre mehr So heißt es denn auch in der legten Deutschen Reichsthronrede wie folgt: Die Sorge für die Sicherheit des Reic­es und für die Befestigung und Entwicklung, seiner Einrich­­tungen, veranlagt die verbündeten Regierungen, auf dem Geleite des Heereswesens, der Kriegsmarine und der Fürsorge für die bisher unverforgten Invaliden, leider eine Erhö­­hung der bisherigen Leistungen bei Ihnen in Antrag zu bringen. In den erheblich gesteigerten Leber­­meinungen aus den finanziellen Ergebnissen unseres verbesserten Zolltarifes und des Gesetes über die Reichsstempelabgaben werden die Bundesstaaten die Mittel zur Deckung ihrer Mehr­­leistungen an das Reich finden. In Folge der Noth­­mendigkeit, die vom Reich gewährten Mittel wiederum aber eigene Bedürfnisse der Bundesstaaten unbefriedigt und es liegt dem Reiche die Aufgabe ob, auf dem nur ihm zugänglichen Gebiete der indirekten Verbrauchsbesteuerung weitere Ein­­nahmequellen zu eröffnen. Demgemäß ist die baldige Einbringung eines Gefeges zur Reform der Zuderbesteuerung in Aussicht genommen, da die Schwierigkeiten, welche während der legten Session dieser als dringlich erkannten Reform, mit Rüksicht auf die Lage der betheiligten Industrie und Landwirthschaft, entgegenstanden, nicht mehr in derselben Stärke vor­ liegen und durch eine Verzögerung der Reform eher wieder verschärft werden konnten. Auch in Betreff der Branntweinsteuer sind zu gleichem Zweckk Vorlagen in Vorbereitung, über welche zunächst die Verständigung unter den verbündeten Regierungen here­zustellen ist. In Uebereinstimmung mit dem wiederholt und feierlich fundgegebenen Absichten Se. Majestät des Kaisers rechnen die verbündeten Regierungen auch diesmal auf ihre Mitwirkung für die schrittweise Weiterführung der in Angriff genommenen sozialen Reformmertes Dank dem verständnisvollen Entgegenkommen der betheiligten Kreise ist es möglich gewesen, vom 6. Juli 1884 und zum Theile auch die Novelle vom 28. Mai d. J. riischen Vorarbeiten bereit, am 1. Oktober d. Y. in Wirksamkeit treten zu lassen. folgung des beschrittenen Weges wird ihnen der in der vorigen Session unerledigt gebliebene Entwurf eines Gefeges über die Ausdehnung der Unfall­­versicherung auf die Arbeiter der Bande und Sorstwirthschaft mit einigen Renderungen wieder vorgelegt werden, durch welche einer Anzahl von Bors­chlägen Ihrer zur Borberathung des Entwurfes ges 2 das Unfallversicherungsgeieg nach Abschluß der organisato­ In planmäßiger Bor­ deuilfeton. Tragödie eines Königlichen S­prößfings — auf Sofer Deux de la Roserie. (Deutsche Ueberlegung eines Driginal-Feuilletons des „Budapesti Hirlap“)*­ Sn Purpur und Glanz geboren zu werden, — nahezu drei Menschenalter hindurch mit Ehren und unter Arbeit zu durchleben, ein langes Leben hindurch für die Sünden Anderer als Märtyrer zu büßen, und endlich als Bettler im Elende zu ster­­ben, — dies ist das 2008 jenes unglücklichen Ges­chöpfes, dessen Namen ich oder diese Zeilen gesetzt abe. 2 Seine Geburt het ein Dunkel, seine Er­­ziehung ist geheimnißvoll, sein Leben ist zugleich traurig und auch romantisch, was ich aber hier er­­zählen werde, ist seine Romantik, sondern eine wahre Geschichte, welche ich theils auf Grund von Dokumenten, theild auf Grund der eigenen Er­­zählung des DBetreffenden, dem Leer mittheile. Möglich, daß viele an der Wahrheit dieser Zeilen zweifeln werden, ich bin jedoch der Meinung, daß sich Manche auch für den Gegenstand interes­­siren werden, ja es ist sogar möglich, daß ich dur meine Zeilen einem ungläckigen Alten in seinen legten Tagen Linderung seiner Leiden verschaffe. Den Namen Paul Sofer Deux de la Ro­­serie fennen Wenige in Dedenburg, und es küm­­mert sich Niemand besonders um ihn. So mancher wird den nahezu T0jährigen alten Dean bemerkt haben, der jedesmal um die Mittagszeit pünktlich an der Klosterpforte der Ursulinerinen erscheint, um das, von den gutherzigen Schweitern huldrei gespendete Mittagsmahl in sein Zöpfchen aufzu­­nehmen, und fi­eben so stil und wertlos wie er genommen, wieder in seine Wohnung zu verfügen. Er verspeist dasselbe nicht dort mit den Andern, er spricht und zauft mit Niemanden, sondern er nimmt das Almosen mit einer Art stolzen Selbst­­bewußtseind entgegen, und ehrt wieder heim. Und dieser Mann, um den fi Heute Nies­mand fünmert, war einst ein schmuder proprer Soldat von den schönsten Hoffnungen befeelt, und von dem Bemwußtsein erfüllt, aus königlichem Geblüte Herzustammen, als Enkel des Königs Karl X von Frank­­reich! So habe diesen Mann mit seinem eigen­­thümlichen Aeußeren oft betrachtet, bis ich ihn endlich selbst angesprochen und ersucht habe, mir etwas aus seiner Vergangenheit mitzutheilen. Er sah mich zweifelnd an, aber als ich ihn in seiner Muttersprache amnvedete, wurde er zutraus­licher und in der Konversation lebhafter. „Ja mein Herr — sagte er — ich bin der» jenige der er offen und mit reinem Gewissen be­­haupten darf, der Enkel des Königs Karl X. und der Bruder des elenden Grafen Chambord zu sein, dem ih­m eine heutige Lage zu verdanken habe. Heute glaubt mir dies Niemand, und böswillige Leuge treiben no ihren Spott mit mir, aber es wird no einen Mann auf der Welt geben, denn ih­m eine Vergangenheit nicht vergeblich offenbaren werde, und dessen Huld und Gnade sich auch auf mich, hilflosen Greiß erstreben wird ; hr gesalbter Herr­er und Kriegsherr, der mir ein Vaterland gegeben und mi vom Hungertode errettet hat. An ihn Habe ich mich auch jet um eine gnädige Audienz gewendet, und ich weiß, daß er mir dies selbe gewähren wird." Einige Wochen nach dieser Besprechung führte er mich in seine­ Heimat, wo er mir freudig er­­zählte, daß ihm Se. Majestät der König Audienz­a und seine Bitte um Unterfrügung erhört abe. Er zeigte mir jegt seine Dokumente und theilte mir all’ Dasjenige mit was ihm die M­nir­e gue nicht gestattet hat, nachzuweisen. Und nun möge seine Lebensgeschichte sprechen : Die Zeit seiner Geburt ist ungewiß, er selbst jet dieselbe auf die Zeit der Leipziger Völker­schlacht, aber laut Militär-Grundbuch ist er im Jahre 1817 in Paris, im Palais auf dem Ben­­dome-Plat geboren, wo er indes, nur ein paar Jahre Hindurch erzogen wurde, weil ihn die an­­deren Prinzen nit unter­ sich litten. Von Hier brachte man ihn in einen Land­­aufenthalt in der Nähe von Paris, wo er bis zu seinem 14. Jahre erzogen wurde. Seine Eltern durfte er nie kennen lernen, erst im Meannesalter erfuhr er, daß jene Dame wie er als „dame noire“ nannte, und die stets so gut mit ihm war, die er für seine Beine hielt, seine Mutter Sofefine Deur de la Roserie war. Diese war es, die ihn al Kind am meisten liebte, an ihrer Brust nährte er si, sie war die Einzige, die ihn in der Einsamkeit seines Land­­aufenthaltes besuchte, und die ihn nach Frankfurt­ am Main zu einem vornehmen Herrn brachte, da­­­­mit ihm dieser das sei, was ihm das Gefeg­nis gegeben hatte. — ein Bater ! *) „Budapesti Hirlap“ bringt in seiner vorigen Samstagnummer ein Feuilleton de Herrn Käärpäti Mans, welches unser Leserpublikum insoferne interessiren dürfte, als die Person, von welcher vieles Feuilleton han­­delt, hier in Oedenburg in mehr als bescheidenen DVer- Haltnissen lebt und so ziemlich bekannt sein dürfte. Pe

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