Oedenburger Zeitung, 1888. Juni (Jahrgang 21, nr. 126-149)
1888-06-02 / nr. 126
\ ns Ordenbungerzeitung « s EIN-mah-,,9edenburger Nachrichten«) Grün für Politik, Landel, Industrie und Landwirthschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. „Dem Fortschritt zur Ehr! — Vebrüchten zur Wehr” — Der Wahrheit eine Gaffe “ Motto: ; ’ tr, Monatlich 1 ft. Für AUnstwärtt: Sanstährig 12 fl., vergtie 7 fl., vierteljährig 3 fl. 50 h Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme von Redaktion portofrei einzusenden. bie Bvatt, Pränumerationd- und IRISHOHSGCHUNEEN, find and a — Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonne oder Feiertan folgenden Tages. ‘ Für Loco: ganzjährig 9, Halbjährig 5 fl., Vierteljährig PY Pränumerations-Xreife: | · Administration, erlag und Inseratenaufnahme: Suchbruderin. Nomwalter & Sohn, Grabenrunde 11. a ED Einzelne Nummern Rotten 5 Kreuzer. Inserate vermitteln: In: Wien: Hafenstein , Vogler, Wallfischgasse 10, A. Oppelit, ı., Stubenbastei 2, Heinric Schalet, Wollzeile 12, N. Moffe, Seilerstätte 2, M. Dates, 1, Rie- Millafe 12, Su Budappeit: Saulus Gy. Dorotheagafse 11, teop. Lang, Gisellaplag 3, A. ®. Goldberger, Servitenplaß 3. Infersions:Sebübßren: 5 fr. für die eins, 10 fr, für die zweis, 15 fr. für die Dreis, 20 fr. für die vierspaltige und 25 fr. für Die durchlaufende Petitzeile FSELUNDE der Stempelgebühr von 30 fr. Bei mehrmaliger Einschaltung bedeutender Rabatt. . Wie stehen wir ? Dedenburg, 1. Juni. Der Botschafter der österreichisch-ungarischen Monarchie in Paris, Graf 90908, und der Vertreter der Französischen Republik am Wiener Hofe,Herr Decrais, sind nicht angewiesen worden, ihre Bälle zu verlangen ; die beiden Herren werden auf ihren Bosten verbleiben, um nach wie vor für die Aufrechthaltung der guten Beziehungen zwischen den beiden Neichen Sorge zu tragen ; ku wird weder, der Repräsentant Frankreichs in unserer Mitte in der Lage sein, über Die er überlegte Rede des ungarischen Minister-Präsidenten Stolo- Be Tiha in offizieller Form Aufklärungen wegen seiner, gegen die Bekeeidung der Pariser Weltausstellung gemachten Bemerkungen zu verlangen, noch wird Graf DUy08 in Paris sich diesfalls zu äußern haben. Der durch die Rede Tipa’s hervorgerufene Zwischenfall wird nicht zu einem Notenwechsel oder zur diplomatischen Verhandlungen führen; die in Wien wie im Paris bestehende ernste Absicht, seine weiteren Mißverständnisse entstehen zu lassen, gibt die Gewähr dafür, daß die Angelegenheit binnen Kurzem ihre Erledigung gefunden haben wird. Ein freundschaftlicher Ideenaustausch zwischen almserem Minister des Aeußern, Grafen Kalhofy und dem Botschafter Decrais wird in ausreichender Weise die Beziehungen klarstellen, in denen sich © Dsterreich und Frankreich zueinander befinden. Teogdem, daß die Angelegenheit aller Wahr- Scheinlichkeit nach ruhig und unschädlich verlaufen wird, hat Tipa dennoch einen argen Mißgriff gemacht, denn entweder sah er die Vage ernst, dann war 8 thöricht, Pa A Ungarn, das vorläufig nur einen end, di. Nußland hat, noch einen zweiten al nämlich Stanfreid zu schaffen, oder Tipa hält die Situation für Ungefahr, um so war es eine AT den Krieg an die Wand zu malen und eben dadurch die Zustände zu verschärfen. Frankreich würde gezwiß, wenn er momentan fühnte, die unverdienten Ausfälle des ungarischen Ministerpräsidenten , daß in Paris die ungarische Flagge nicht respeftirt werden würde, daß Oesterreich-Ungarn unloyal handelt die 1889er Weltausstellung zu beiceidenzc., mit Nepressalien beantworten, aber die dortigen Bolitifee — flüger als Koloman Tipa — fragen ich: „Wie stehen wir?“ und die Antiwort lautet: „Frankreich muß jegt seine Leidenschaften im Zaume halten“ und auf diese Weise ist, ohngeachtet der aufreizenden Haltung des ungarischen Ministerpräsidenten der Friede für dieses Jahr gesichert. Deutschland ist diesfalls unberechenbare Zwischenfälle natürlich nicht mit in das Staffül gezogen unbedingt entscheidend ; so lange Fürst Bismarck 8 nicht will, fann es seine Macht in Europa risieren, seine politischen Sreije zu stören, denn dies hieße die Macht des südeuropäischen Bundes leichtsinnig herausfordern. D Frieden it ein Muß selbst für diejenigen ee die dem Kriege krampfhaft zusteuern möchten. Schon darum — schreibt diesbezüglich das Tgbl.“ — muß er vorderhand beim Frieden bleiben, weil die Idee einer russisch - französischen Allianz nahezu in Nichts zerronnen ist. Der Wille des Garen it allerdings ein sehr wanfelmüthiger und läßt sich nicht nach verläßlichen Gelegen D definiren, aber wenigstens für dieses Jahr scheint der russische Kaiser entschlossen, seine Störung der gegenwärtigen Beziehungen der Nationen untereinander anzustiften. Die rufstische Staat strnft etwaige Niederlage der mosfowitischen Heere auf dem Schlachtfelde dem Gzazismus noc) weniger furchtbar wäre,als die Erschütterungen, die im Innern des Reiches selbst während eines siegreichen Seldzuges unfehlbar eintreten würden. Der Ban flavismus, der Nihilismus und wie sonst noch all thronfeindlichen Prinzipien heißen, würden ihre Thätigkeit erst recht entfalten, wenn die Armee anderweitig beschäftigt it und so kann momentan der russische Staat kaum daran denken auf der Balkanhalbinsel oder im Galizien durch irgendeine bedenkliche Ueberraschung Europa in Aufregung zu verlegen. 8 wird Frieden bleiben, denn auch der Graf will den Frieden. Der Frieden Europas ist gesichert durch die großen Armeen des mitteleuropäischen Bündnisses. Der Frieden ist verbürgt, ohne daß auf die Mitwirkung Frankreichs,und ohne daß auf die Stimmungen innerhalb der französischen Nation irgendwie Rücksicht genommen würde. Man hat den Frieden ohne Frankreich. Das it da neue Moment in dem gegenwärtigen Zustande. Eine Nation mit einer großen Vergangenheit und mit den größten Verdiensten um die allgemeine Zivilisation wird mehr und mehr zurücgedrängt, mehr und mehr von der europäischen Politik ausgeschlossen. Frankreich hat sich schon in bedenklicheren Lagen befunden, man denke an die Zeit der europäischen Kriege, an die Schredenslage während der großen Revolution und an die Immune nach der Satulation von Bari. Man diente an die Tage, w die Feuerfänlen als fester Gruß der Serbien Kommune in Mitte von Paris aufloderten.Wiederholt im Laufe der Jahrhunderte wurde der Plan geschmiedet, Frankreich gänzlich zu unterjochen. Sost it Frankreich ruhig und erfreut ich eines großen materiellen Grackes. Durch jenen Reichthum und namentlich durch die Art und Weise, wie dieser Reichthum vertheilt ist, überragt er alle ah Nationen. Die Küäfte des Friedens gedeihen, ein wohlgerüstetes Heer und eine starre Flotte stehen der Republik zur Verfügung und Frankreich) beherrscht weiche und mächtige Kolonien, und in mren sind, weiß, daß eine i m Feuilleton, Marion. ‚Original- Roman von Marie Romant. Nachodrud verboten. (Fortsebung.) Er hatte diese Worte mit ruhigem Ernst gesprochen und schritt nun, eine Szene fürchtend, die erzn derhüten bemüht war, der Thüre zu. Er wußte ja, daß die Gensdarmerie zur Genüge instrukrt war. Er trat also aus dem Saal, überschritt den Korridor und postirte sich an einer dem Ausgange nahe gelegenen Thüre, um Zeuge zu sein, die, nachdem eine wild aufschäumende Rebellion im Saale besiegt worden, die kleine Gesellschaft der Reihe nach von Sergeanten aus dem Hause geleitet und dem im geringer Entfernung gelegenen Kommissariat zugeführt ward. Von allen, die so von der Hand der Gerechtigkeit ergriffen worden, hatte Zola den Anfang gemacht. Der Kommissär war von dem Verhältnis der Streolin, von ihrer Unkenntnis der Französischener Sprache, zur Genüge unterrichtet gewesen und hatte, ihre Dummbheit für sich wügend, den Eintritt gewagt. Hola hatte Miene gezeigt, Spektakel anzuheben, aber man hatte sie sans facons aufs Kommissariat gebracht. So war die Wohnung Fouquet bis auf weiteres von Bewohnerinnen und Gästen, leer gemacht. Der Kommissär legte noch Beschlag auf die Rouilette, welches sich als ein Kabinettftüd an Geschmack und verborgener Kunst präsentirte. Dann verschloß er die Thüren, legte ein Siegel vor das Schlüsselloch des Eingangs und begab sich zurüc auf sein Bureau, um dem Präfekten ohne Zögern die Meldung zu machen, von welchem Erfolge seine Thätigkeit in der heutigen Nacht gefrönt worden war. XV. Dan bracht sich nicht in den beengenden Verhältnissen kleiner Provinzstädte zu befinden, um zu erleben, daß eine Begebenheit, wie die polizeiliche Schließung einer in der Elite der Gesellschaft sprichwörtlich , bekannten Spielhölle Staub in die Luft wirft; auch in Waris fan e3 ‚geschehen, daß ein solches, zahlreiche Familien aus den Distinguirten Streifen Schmähende Ereigiß wie ein Lauffeuer von Mund zu Mund geht. Nicht vierunndzwanzig Stunden verflossen, so bildete die Schließung des Salons Fouquet die cause celebre der hohen und reichen Gesellschaft der Seinestadt. Obgleich Niemand von allen ein bestimmtes Detail über die Begebenheit wußte, raunte man sich die abenteuerlichsten Erzählungen in die Ohren ; auch berichtete man mit spöttelnder Miene, welcher Same, dem Adel und der Geldaristokratie, enger, duch Der Vorfall, befreit worden war. + =“ ’ Auf der Polizeipräfektur ging man unterdessen mit reger Begliffenheit den Einzelnheiten des aufgedeckten Verbrechens nach. Sämmtliche in Haft genommene Personen waren bei hereinbrechenden Tage nach der Gefangenabtheilung der Präfektur transportirt worden, ‚wo sie, ein jeder getrennt von dem andern, eingesperrt “wurden, bis zu ihrer Bernehmung, weipertine ihrem Ausweis von dem Nichter geschritten ward. Er hatte nicht geringes Aufsehen erregt, als Nanette in ihrer Schlepprobe aus schaumfarbenem Sammt und Atlas, mit Birsichblüten garnirt und mit Epekteine, durchwoben, geführt von Sergeanten, die Storridore der Gefängnißabtheilung passirte. Sie würde vielleicht vor Scham erlegen sein, wäre sie eine weniger Schuldige gewesen; was ich als starre Entschlossenheit bei ihr zeigte, war das Bewußtsein völliger Vernichtung für alle Zeit. Sobald der Tag angebrochen gewesen, hatte ein Polizeihauptmann, begleitet vom Kommissär und drei Sergeanten, eine eingehende ENG Der Fouquetischen Wohnung veranlaßt, er hatte des Erstaunens sein Ende gefunden über die märchenhafte Pracht, welche die vom Staat mit Gnadengehalt versehene Witwe in ihren Näumten entfaltete, aber seine Entrüstung war auf Die Spibe gestiegen, als im Boudoir der Damen in jenem eisernen Schranz, den Mutter und Tochter stets wie ein unzertrennliches Kleinod beleüteten, ein Vermögen von nahezu fünf Viertel Millionen Frank in Gold und indie ausländischen zehn gefunden ward. Alle Details der Borgefundenen waren nach wenigen Stunden schon zur Kenntniß der obersten Behörde gebracht. Der Polizeiratd Marle, dem die Bernehmung der Gefangenen, sowie die protofollarische Aufstellung der Einzelheiten des Verbrechens überwiesen worden, glaubte im Interesse der kleinen Gesellschaft von neunzehn Aristokraten und Bonzvivants, die beim Spiel “attrapirt worden, nicht unrecht zu handeln, wenn er die Vorführung der Herren nach Kräften beeilte. ersta ‚Folgt. ) ur ”r ER an 2.2 Dial Knebel ki Sr SR