Oedenburger Zeitung, 1888. November (Jahrgang 21, nr. 252-276)

1888-11-21 / nr. 268

ET ET November 185. [XXL Jahrgang­­­er Zeitung. (vormals „Bedenburger Nachrichten“) | Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt.­­ Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr’ — Betrüchten zur Wehr! — Der Wahrheit eine Gaffe.” Administation, Metiog und Inseratenaufnahme: Buchdrukerei­­, Romm­alter & Sohn, Grabenrunde 121. WII Einzelne Nummern Rotten 5 Kreyger. EU Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen onn= oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations:Preise: Für Loco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 5 fl., Vierteljährig 2,02 fl. 50 fl., Monatlich 1 fl. Für Undwärth: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 7 fl., Viertel­­jährig 3 fL 50 tr Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations- und ufertionegebühren, sind­­­­ Inferate vermitteln: In Wien: Hafenstein , Bogler, Wall»­fishhgaffe 10, A. Oppelit, ı., Stubenbastei 2, Heinrich Schalek, 1., Wollzeile 12, R., Moffe, Seilerstätte 2, M. 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Ein radikaler Abgeordneter im geieggebenden Körper, ein sicherer Numa Gilli, glaubt, behauptet und läßt diese seine Behauptung sogar in tausenden gedruc­er Exemplare verbreiten, Kammer Frankreichs eine ansehnliche Menge Geietgeber des Randes säße, welche mit ihrer einflußreichen Stellung unverfroren Schacher treiben, ihr Votum gegen Kaat verkaufen und jenen Gelegentwürfen zum Durchbruche verhelfen, welche ihnen am meisten Geld eintragen. ed Natürlich wurde Numa Gilli dafür nicht unbehelfigt­­ gelassen. Ein gemilter Andrieug, Deputirter, ebenso wie Gilli, fand si duch Lesteren diverte der nämli Käuflichkeit beschuldigt und strengte somit die Verleumdungs- Klage an. Wie aber ein kleines Steinchen, das von einem Berggipfel fi Toslöst, nach­ abwärts rollt und sich im Niedergleiten zur vernichtenden Schnee­­lawine auswächst, so brachte der Prozeß Andrieur gegen Gilli schließlich natürlich bildlich gesprochen — die ganze französische Republik auf die Anklagebank. Gil­li sagte näm­lich,er habe seine Anwürfe nicht geradezu auf Andrieur unternommen, vielleicht ist sogar dieser weniger schuldig, als viele, viele Andere, welche fest in Frankreich regieren; er kenne wohl selber in der Budget -Kommission des französischen Parlamentes über zwanzig Wil­­son’s (der berüchtigte Schwiegersohn des früheren P­räsidenten der Republik, welcher wegen s­chimpf­­lichen Ordensschachers befamntlich) verurtheilt worden ist) und ein namhafter Theil derer, Die das Volf gewählt hat, damit es ihm Gejege gebe, ist — forrumpirt! Die Anschuldigung also, die Andrieur von seinen Schultern zu wälzen gedachte, brennt man um so ärger auf den Schultern der Budget- Kommissions-M­itglieder. Wir künnen natürlich nicht wissen, ob Gilli Necht habe, ob wirklich allerlei Schwindel und Be­­stechlichkeit diese Mitglieder bereichert hat, ob z. B. mit Banama-Ak­ien grober Unfug auf Kosten der Nation getrieben wurde. Aber leider steht die Thatsache fest, daß die Korruption viele Aemter in Stanfreich mit sehr schlimmen Wucherarmen um­­schlingt. Im dieser Beziehung sind die französischen Zustände jeitnach zerfahrener, als unter dem Kaiser­­reich. Wenn nun jedes einzelne Mitglied der Kom­­mission Gilly bei Gericht verklagt und eine Reihe von drastischen P­rozessen entsteht, oder wenn Die Kammer durch ein Ehrenvotum, die getransten Ge­­fühle der Kommissions - Mitglieder in Bausch und Bogen zu fank­en sich bemüht — in jedem Falle wird den Feinden des jebigen Regimes der gefähr­­liche Punkt gegeben sein, von dem aus sie ven Berfuch erneuern künnen, die Nepublis aus den Angeln zu heben. Man weiß es ja: im Rechtsleben der Völker spiegelt sich der Zustand ihrer ganzen politischen, sozialen und moralischen Entwicklung wie im Focus eines Brennspiegels und der in Nimes zur Ver­­handlung gebrachte Prozeß Gilly ist insbesondere ein solcher, der auf die Verhältnisse eines Wol­­fes und namentlich auf den in demselben herrschen­­den öffentlichen Geist ein schärferes Schlaglicht wirft, als­ das die weitläufigsten und gründlichsten Abhandlungen vermöchten. Diese Gerichtaffaire hat dem fett in Frank­­reich herrschenden Negierungssysten unheilbare Wun­­den geschlagen. Der Vertheidiger Gilly’S sagte es offen heraus, daß das bestehende System an Haupt und Gliedern forrumpirt sei, daß das ganze Par­­lament im Solde der Eisenbahngesellschaften stehe und daß diese demselben bereits 14 Millionen be­­zahlt haben; ja er gab auch zur verstehen, daß die Negierung fi am umnlauteren Gebahren betheilige und, um eine V Börsenoperation zu ermöglichen, den Bericht Rousseau’s über den Banamafaral durch vier Tage zurückgehalten habe, ohne denselben zu veröffentlichen. Man kann sich vorstellen, ungeheurere Aufsehen diese schwerwiegenden Anklagen in ganz Frankreich hervorrufen, trogdem oder viel­­mehr weil der Vorfigende des Gerichtshofes, ge­­stüßt auf die Prozeßordnung, den Wahrheitsbeweis nicht zuläßt. Die Feinde der Nepublis werden sich darob in’3 Fäustchen lachen und der Weizen Bou­­langer’3 wird dadurch noch üppiger in die Halme schießen. Die republikanische Staatsform beruht auf Ehrlichkeit und gegenseitigem Vertrauen; eine for­­rumpirte Nepublis ist ein Unding und da Dieselbe jeit in der That als bis in ihr innerstes Mark von der Korruption aufgetreffen ersc­heint, so ist es gar nicht unmöglich, daß sie selbst einem solchen Charlatan und Abenteurer, wie &8 Boulanger ist, der heute in immer weiteren Kreisen Frankreichs als der Mann der Zukunft betrachtet wird, doch a frz oder lang al reife Frucht in den Sch­ritt. B. 08 M. «daßinder · ·· welches Graf Bela Banffy FT. Budapest, 20. November. Der „B. 2.“ bringt uns Die schmerzliche Nachricht von dem am 18. d. erfolgten Hinscheiden des Vizepräsidenten unseres Abgeordnetenhauses, Strafen Bela Bäanffy. Der verewigte bedeutende ungarische Staats­­mann ist auf seiner Belegung Puchta Szt.­Mi­­hályteles in Folge eines alten Magenleidens, das seit zwei Monaten einen akuten Charakter trug, in jenen 57. Lebensjahre gestorben. Sein Vater Nikolaus, war Obersttruchseß, seine Mutter eine geborne Katharina Wesselenyi, er selbst Fam, gewissenhafter und schamhafter kommt selten eine aus der Stadt zurüc, wohl aber­­ machen sie im Gegentheil. Die Meisten kommen mit größerer und inbrünftigerer Andacht zu den Mannsbildern aus­­gerüstet heim. Viele aus ihnen können die Güte und Freundlichkeit und Spaßhaftigkeit des Herren nicht genügsam pfeifen und zeigen auch „Präsen­­ter“ von den Dienstherren auf, während die Frau ein geringeres, ja oft unter aller Kritik schlechtes Beugniß bekommt. Daß solche „verbesserte“ Auflage von Heiraths- Kandidatinen sein Artikel für einen Bauernbraut­­besucher sein können, ist wohl selbstverständlich, ob­­wohl sie sich alljährlich regelmäßig beim Beginn des Falchings zu Hause einfinden und sich auf den Brautmarkt stellen und hartnäßig bis Afscher­­mittwoch auf selben aushalten. Weil nun das­­ „Belfere“, was sie in der Stadt gelernt haben, zur Haufe sein Begehr findet, fehren sie nach vergeb­­lichem Hoffen und Harren wieder in die Stadt zu­­rück und suchen sich dort an den Mann zu bringen. Denen das aus dieser Race und Klasse für die Lebens­dauer nicht gelingt, die liefern dann das größte Material fürs Findelhaus. Diese Lieferung verur­­sacht aber ihren Heimathsgemeinden oft mehr Un­­forten, als ein Kinderasyl, in welchem die kleinen Kinder armer Taglöhner und Bauern während der strengen Arbeitszeit gehütet, gepflegt und vorerzogen werden konnten. Bei ordentlicher Rechtspflege wird der zum Schadenerlag verurteilt, der den Schaden verur In Sachen der Findlingsunfasten aber jacht hat, muß meistens die unschuldige Heimathsgemeinde das festspielige Vergehen Fremder büßen. Da muß oft­­ Feuilleton. Dänerische Klagen und Gedanken. Bon Philipp Laploi. (Fortlegung.) Pfarrer und Lehrer künnen doch auch nicht die „Hopferei“ überwachen und arrangiren! Daher rufe ich mit dem alten Gato. Und des Weiteren beantrage ich . . . · Weg mit den»Münkerln«und ihrem Un­­fuge!Wenn man aber den kleinen und großen Kindern etwas Schädliches und Nichtsnutziges nimmt,muß m­an ihnen etwas Nützlicheres u­nd Braveres dafür geben.Zudem letzteren rechne·ich·z.B. »g­ute Kindertheater«.Ich bin deßhalb mitsenem­ Pfarrer ganz einverstanden,der mit unbeschreibli­­cher Mühe Geduld und Ausdauer den Schulkin­­dern recht schöne geist-und herzveredelnde Scham­spiele eingelernt und sie gerade·in den Faschings·­­taen aufführen hat lassen,ihnen also fü­r die nichtsnutzige»Münkerl«Besseres,Veredelndes und doch auch recht Unterhältliches geboten hat. Derselbige Pfarrer hat auch eine Schu­l-u­nd Volksbibliothek gegründet und eifert Jung und Alt zum Lesen an,und wie es scheint,nicht vergeblic­h, denn er weiß schon nicht mehr genug „Schöne Bü­­cher“ aufzutreiben. Gebe Gott, daß etwas Gutes vom vielen Lesen hängen bleibt. Und wie ich ver­­nommen habe, möchte er auch noch gern in den langen Winterabenden in der Schule Zuslammen­­künfte für die Erwachsenen abhalten, um da­­süb­­liches vorzulesen und vorlesen zu lassen und zu besprechen, ihnen das Nothwendigste und Wissens­­wertheite aus den Zeitungen mitzutheilen, schöne patriotische und sonst edle Lieder mit der Jugend einzulernen, um auf solche Weise das oft in rohe Unsittlichkeit ausartende „zeiergehen“ und nächt­­liche Herumbeulen und Brüllen, wenigstens einzu­­schränken. Auf Solche und ähnliche Weise konnte einiger­­maßen der Weg verrammelt werden, der am Ende ins Findelhaus, ins Spital oder gar ins Zucht­­haus führt und mit einem großen Konto für die Gemeinde ausläuft. Ferner müssen die Eltern, Seelsorger, Lehrer und Richter und wer sonst noch dabei Hand an­­legen kann, dem Zuge junger Leute, besonders weiblichen Geschlechtes, nach­ den großen Städten einen Nach- oder Hemmijchuh anlegen. Denn was halbwegs eine annehmbare Larve und dralle Figur hat, will nach Wien oder Budapest in Dienst, um auch etwas „Besleres“ kennen zu lernen. Das „Beflere“, was sie dort fennen lernen und zum Anstoß und Gelächter der Dorfbewohner nach Hause bringen, besteht oft nur im einem höheren Kamm mit Kugelaufjas, Stirnloden oder Simpel­­fransen, Zazenschürze, Zwidelrof mit Tunique und ausgeschnittenen Schuhen, hie und da ein Sonnen­­schirm. Das sind die gewöhnlichen Errungenschaf­­ten nach Außen, am Futteral. Der Gewinn an Geist und Herz aber, den solche P­ersonen nach Hause bringen, ist nicht einmal Talmigold, wohl aber oft Grünspann. Die Meisten aus ihnen müssen halt so viel lachen über die Sitten und Gebräuche der „dummen Bauern“, darunter sind auch und vor Allen gerechnet ihre Eltern, Ge­­schwister und Freunde. Wie man sagt „Digotter“, ae -.«. ——-—-­­-.,...­­) ee =) - E. # iz Der

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