Oedenburger Zeitung, 1889. Oktober (Jahrgang 22, nr. 225-251)

1889-10-09 / nr. 232

„Die Angriffe der Opposition und das Er­­wachen der öffentlichen Meinung zwangen den Mi­­nister-P­räsidenten, sein Kabinet durch weniger un­­populäre Kräfte zu stärken. Die bemerkenswerthafte Reform der neuen Mitglieder des Kabinett zielt darauf ab, eine tausendjährige Institution der Na­­tion umzustürzen. Dies it die Aufhebung der Automie der Komitate Die Ko­­mitats- und Gemeindebeamten sollen fortan von der Regierung, beziehungsweise vom Obergespan ernannt werden. Der legte Schugwall der nationalen Selbst­­­­ständigkeit ist­ von äußerster Gefahr bedroht. Die 48er-Partei ist entschlossen, das bisherige freie Wahlrecht der Komitate aufrechtzuerhalten". Die im vorigen Jahre von mehreren Organen der gemäßigten Opposition registrirten Gerüchte von einer Fusion der Achtundvierziger-Partei mit der gemäßigten O­pposition weit über Jräandyi ganz entschieden zurück. Eine solche Susson verbietet die Vergangen­­heit der Partei, das den Wählern gegebene BVer- Sprechen und die Meannesehre ihrer Mitglieder. Nur in einem Buiffe wollen beide Parteien Schulter an Schulter kämpfen, dort wo sich die Schwerter gegen Tipa und seinen Anhang kreuzen. E.M. A für seine Berson verpflichtete; e) bei jeder Zusammenkunft zwischen Natalie und König Alexan­­der muß der Gouverneur Dr. Dofrcs anwesend sein; d) Natalie muß erklären, daß auch sie d­ie Königinfrage als endgültig beigelegt betrachte. Dem Tage, O Der neue Kommandant der Wiener- Neustädter Militär- Akademie. Seine Maje­­stät hat ven Generalmajor Eduard Succovaty, Kommandanten der 54. Infanterie-Brigade, zum Kommandanten der Militär-Akademie in Wiener-Neustadt und den bisherigen Kom­­mandanten der Militär-Akademie, Obersten Franz Hartmann, zum Kommandanten der 4 Infan­­terie-Brigade ernannt und zugleich anbefohlen, daß diesem der Ausbruch der Allerhöchsten Zufriedenheit für die sehr ersprießlichen Dienste auf dem bisher innegehabten Posten bekanntgegeben werde.­­ “ Aus der diplomaktischen Welt. Der Kaiser-König hat die Enthebung des General­­majors Eduard Ritter Bach von Hanzberg von seiner Verwendung am Militär-Attache bei der Botschaft in Paris und bei der Gesandt­­schaft in Brüssel, mit der Bestimmung zur Ein­­ladung zum Truppendienste angeordnet und dem­­selben bei diesem­ Anlasse das Ritterkreuz des­­ Leopold-­Ordens verliehen; und den Haupt­­mann erster Klasse Geza von Szilvinyi des Generalstabgforps zum Militär-Attache bei der Botschaft in Paris und bei der Gesandtschaft in Brüssel ernannt. Ferner dem österreichischen Staatsangehörigen Karl Mapenauer in Wien die Annahme des ihm verliehenen Bostens eines ‚Konsul‘ in Bern in Wien bewilligt und dem be­­züglichen Bestallungsdiplome desselben das Eregqu­a­­tur­ ertheilt. © Anerkennung des Fürsten von Bul­­­garien. Die „Times“ gibt der Meinung Aus­­druck, daß sich vielleicht die hohe Pforte veran­­laßt sehen künnte, den sedigen Fürsten von Bulgarien anzuerkennen, in welchem Tale der Besuch des D­eutschen Rater in Kon­­stantinopel mehr­ als eine zeremonielle Bedeutung haben würde. Die Lage der Balkanländer hat sich fest derartig verändert, dak die Mächte des Drei­­bundes nicht länger durch Rücksichten auf Rus­­lands Empfindlichkeit gebunden sind, dem Prinzen Ferdinand die Anerkennung zu ver­­weigern. England werde einen derartigen Schritt der Pforte nicht beanstanden, obwohl es nur in­­direkt interessirt ist, stets zögerte, die Initiative zu ergreifen.­­ Die Wahlen in Frankreich. Soeben wird uns das Resultat der Wahlen in den geieß­­gebenden Körper der französischen Republik mit­­getheilt. Die Stichwahlen vom 7. d. haben die Position der Nacifaten bedeutend gestärkt. Ele­­menceau ist mit einer erdrüdenden Majorität gewählt worden, von den 12.000 Wählern jenes Bezirkes haben 10.000 für ihn gestimmt, und auch in Paris sind die Führer der Radikalen, Flogquet, Lodroy und der Minister der öffentlichen Ar­­beiten Yves Guyot, gewählt worden. Daß der Minister Constans seinen Wahlbezirk Toulouse behauptet hat, versteht ich von selbst. Bis jegt sind 175 Wahlen bekannt, davon 126 Republikaner, 20 Monarchisten, 29 Boulangisten. &s stehen noch elf Bezirke aus. Das Endresultat dürfte folgendes sein: 355 bis 360 Republikaner, 50 Boulangisten, der Rest Monarchisten und Bonapartisten­ . Das Ultimatum für die Exkönigin Natalie. Die lesten unabänderlichen Bedingun­­gen, welche die Regierung an die Königin Natalie bezüglich ihrer­­ Zusammenkunft mit König Alaranderstellt, umfassen folgende 4 P­un­te: a) Natalie muß, die Scheidung von Milan unbedingt anerkennen; b) sie darf nur zwei­­mal jährlich, und zwar auf je acht Tage, nach Belgrad kommen, wozu fihb au Milan Aus den Comitaten, SFertö-Hzt.-Miklós, am 6. Oktober. [Orig.­­Korr.] (Diebstahl auf der Straße.) Dieser Tage übersiedelte die Näherin Barbara Grunner aus Eisenstadt hieher. Auf dem Wege hat dieselbe vor dem „Ronggos-Meierhof“ eine kleine Haltstation gemacht, während dieser Zeit wurden vom Wagen herab 9 Pölster, ein­­ brauner Kasten sammt dem darin aufbewahrten Baarbetrag von 11 fl. ent­­wendet.­­ Bittnyed, am 7. Oktober. [ Orig. Korr.] Mahnung zur Vorsicht) Wenn Damen Toi­­lette machen, pflegen sie häufig Stechnadeln in den Mund zu nehmen, um sie beim Anfleiden zu ver­­wenden. In Steigend hat vorgestern eine junge Frau Namens Maria Kiß bei diesem Anlasse im Eifer eine solche Stechnadel verschludt und war sehr erster Gefahr ausgefebht, biß es endlich ärztlichem Beistand gelungen ist durch innere Mittel die Nadel zu entfernen. Allein es wurde schon wiederholt er­­lebt, daß Solche Leichtsinnige Unvorsichtigkeit mit dem Tode gebüßt werden mußte. Stinkenbrunn, am 6. Oktober. [Orig.­­Korr) Regal-Ablösung.) Die Gemeinden Stinkenbrun, Zillingthal und Neufeld, welche zum Stinkenbrunner Bezirksnotariate gehören, haben sich vor kürzester Zeit in Eisenstadt mit dem Staate, betreffs der Schanftaren, über sämmtliche geistige Getränke, pro 1890 resp. 1891—1892 mit fol­­genden Jahrestaren abgefunden: Stinfenbrunn mit 1462 fl. 95 fl., Illingthal mit 1156 fl. 64 Er. und Neufeld mit 1947 fl. Summa: 4566 fl. 59 fl. E85 ist wahrlich eine hohe Summe, und die Hereinbringung der Schanftagen wird erst die Zu­­kunft zeigen, jedoch wäre es für eine jede Gemeinde sehr würsc­enswert, die Vereinbarung mit dem Staate anzunehmen, indem er ja nicht nur für die Ge­meinde selbst, sondern namentlich für den einzelnen Geschäftsmann angenehmer ist, ji mit der Ge­­meinde betreff$ der Zahlungen von Schanftaten auszugleichen, respektive abzufinden. A.W. Güns, 6. Oktober. [Drig.-Korr.] (Er­­nennung des Stadthauptmannes. Mord aus Eifersucht. — Todesfall. — Walferichen.) Obergespan v. Rado6 Hat den pensionirten Oberlieutenant Johann von P­or­­paczy zum Stadthauptmann ernannt. In Gyarmat wurde dieser Tage ein Mord aus Eifersucht verübt. Der Wafenmeister Martin R­ä­­bel unterhielt mit der Gattin des Franz Hirth ein sträfliches Liebesverhältniß. Als der Gemahl hievon Kenntniß erlangte, beschloß er den Störer seines ehelichen Friedens aus dem Leben zu schaffen. ALs Räbel Abends bei seinem Tische saß, feuerte jemand von Außen eine Kugel durch­ Fenster auf ihn und zu Tode getroffen brach Raabel zusammen. Der Verdacht der Thäterschaft lenkte sich sofort auf Hirth, der eingezogen und dem St. Gottharder Bezirk­gerichte eingeliefert wurde. Der pensionirte Waisenstuhl-Reisiger Ignaz Mendely de Sarbogard ist Ende des vorigen Monates im 75. Lebensjahre plöglich gestorben. — Der Kleine Knabe des Kaufmannes Emerik Feigl­­stod in Sarvaar wurde in den lethten Tagen von einem mit Zollwuth behafteten Hunde gebissen. Als­­bald brach an dem bedauernswerthen Knaben die W­ajjerchen aus, in Folge welcher er auch starb. Mattersdorf, am 7. Oktober. [Orig.-Korr.] (Ein Gemeindebeschluß.) Unsere Repräsen­­tanz hat noch im September den allerdings ehr sonderbaren Beschluß gefaßt, daß von der bisherigen G­epflogenheit, — nämlich der Vorschreibung des Schulgeldes per Ehepaar — in Zukunft abgegangen wird — und sehen per 1890 dasselbe auf die direkte Steuer adrepartirt werden sol.­orerst ist der Umstand ins Auge zu fassen, daß die sogenannte Gemeindeschule nur konfessionell ist, und jo­­nach die Vertheilung der Kosten auf den Steuer­­gulden jeder Gerechtigkeitsbasis entbehrt ; jedoch auch im­ Uebrigen werden die interessirten Opponenten schwerwiegende Motive in das Treffen führen, so daß sich Hieraus eine interessante administrative Prinzipienfrage entwickeln dürfte, deren Lösung eine seinerzeit — al auch für andere Gemeinden maß­­gebend, — unseren Lesern berichten werden, r. mag, sondern in­­ demselben binnen kürzerer oder längerer Zeit zu Grunde geht, zeigt sich auch hier in den Landweingärten von Monor und ist dieser in Landstrich ein ebenfalls ehr werthvoller Bezug auf Erhaltung der Rebkultur im imunen Boden. E83 wurde zwar an vielen Orten wo nicht immuner Sand vorhanden auch in dieser Gegend die Reblausinvasion fonstau­rt, jedoch aus jenen Gründen, die nicht unter 75% Duarzgehalt besiten, hat die Neblaus bis jeit noch nicht den mindesten Schaden angerichtet, während in Böden, die mehr humosen Sand und unter 50% Duarzgehalt stehen, die Neblaus ebenfalls ihr Zerstörungswert bereits begonnen hat. Die Ursachen, welche die Immunität dieser Sandböden bedingen, glaubte man in den verschiedenartigsten Eigenschaften des Bodens erkennen zu sollen. Die Einen glaubten der Mangel an Kalk, oder Chlornatrium sowie die geringe wasser­­haltende Kraft sei bedingend für die Immunität, auch die die Beschaffenheit des Flugsandbodens und die darin enthaltenen scharfen Duarzfragmente glaubte man, seien auf die zarthäutigen Leiber der Neb­­läufje verderblich wirkend, wodurch ihnen die Be­­wegung im Duarzsandboden unmöglich werde. Jedenfalls ist die Unangreifbarkeit in der mechanischen und in­ der Hemischen Be­­schaffenheit des Bodens zu suchen, die enganschlie­­ßende, lose Schichtung der Sandfarner, verhindert das Entstehen von Riffen und Sprüngen im Boden, zwischen den Nebelwurzeln und der dieselben um­­gebenden Erdart entstehen feine Zwischenräume, Höhlungen und Spaltungen des­­ Bodens, daher die Lage an dem Fortbewegen gehindert werden­ann. Auf der Versuchsstation zu Iftpantelep wurden probeweise verlaufte Rebwurzeln im immunen Sandboden eingegraben, die Wurzeln stammt den daran haftenden Rebläu­fen w­rrden von dem Sande fest umschloßen, das heißt ganz dicht umfaßt, wonach die Thierchen wohl noch längere Zeit auf den Neb­­wurzeln lebten, ich häuteten, ja auch noch Eier legten, aber nicht von der Stelle ihres Sites fort­­friec­en, si endlich absolut nicht mehr rühren konnten und in Folge der Beschränkung auf einen so engen Raum vollständig ausstarben. Aus den­ älteren beziehungsweise den mächtig erstarrten Nebstöcken, läßt sich schließen, daß hier schon eine langjährige Stätte des Weinbaues vor­­liegt. Die Erziehung der Rebe wird hier auf Kopf und in der denkbar einfachsten Weise ohne Neb­­pfähle vollzogen ; die N Rebstödabstände sind unregel­­mäßig und die Reihen durch Gräben, in welchen vertieft die Rebstöde stehen, marsirt. Der reichliche Traubenanlag und die schön und mehlentwicelten, gut gereiften Früchte, be=­weifen zur Genüge, daß hier auf dem fast ebenen Terrain mit großem Nuben der Weinbau betrieben werden kann. Auch Hier sah ich, jedoch nur versuchsweise verschiedene amerikanische Sorten in jüngeren Leinen, gut gedeihenden Pflanzungen, in Kultur stehen. Zwischen den Weingärten nimmt auch die Kultur von Kern- und Steinobst einen sehr hervorragenden Rang ein; namentlich Nußbäume (Schalenobst) sah ich in ganz mächtigen Stämmen und wo der Nußbaum gut gedeiht ist für die Weinrebe auch ein­ guter Plap. Die Weine sind jedoch sehr leichter Qualität besigen fein charakteristisches Aroma und sind ver­­hältnismäßig auch von geringem S­äuregehalt, sie stellen eine der leichtesten M­ilchweinwaare dar. Sollen und in Hinkunft, in Anbetracht der so rapid um sichgreifenden Reblausverwüstungen nur diese Weinproduktionsstätten übrig bleiben, dann wäre es mit unseren Wein­qualitäten schlecht bestellt, daher muß Alles in Fachkreisen aufgeboten werden, damit uns um jeden Preis die vorzüglichen Gebirgslagen, die das hohe Ansehen des Renomees der ungarischen Weine im großen Welthandel be­­dingen, erhalten bleiben. Paul 8. Better. Oenologischer Weisebericht. Monor, Ende September. Die auffallende Thatsache, daß sich die Phy­­loxera vastatrix in gewissen, sehr viel Quarz ent­­haltenden Sandböden nicht nur nicht zu verbreiten ver- Aallai, Se. Telegramme, Berlin, 8. Oktober. Zu Ehren des Kaisers von Rußland, dessen Ankunft am Frei­­tag erwartet wird, ist für Freitag Abends ene Galavorstellung im Opernhause in Aussicht genommen. Der deutsche Kaiser begab sich gestern Abends um 11 Uhr auf dem Dampfer „Alexandra“ nac Spandau und von dort mittelst Extrazuges nach Kiel, um das heute dort eintreffende englisge Geschhwader zu begrüßen. Petersburg, 9. Oktober. Der Minister des kaiserlichen Hause Woronzow-Darchjow, der Kommandirende des Hauptquartiers General-Adju­­tant v. Richter, der Chef der Militär-Staats­­kanzlei Graf Olifufjemw und dessen Gehilfe Baron Budberg sind gestern (dem Czaren voran) nach Berlin abgereist. ı =

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