Oedenburger Zeitung, 1891. Mai (Jahrgang 24, nr. 99-122)

1891-05-23 / nr. 116

‚ „ Samflag, 23. Mai 1891. Bo nl a ae Ar. 116. Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn- oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations:® Preise: Für Loco: Ganzjährig 10 fl., Halbjährig 5 fl., Vierteljährig 24,50 %r., Monatlich IR. Für Auswärts: Gangätrig, n fl., „yrtejänrig Tfl., Viertel» jährig 3 Alle für das Blatt unter Einem mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations- und Infektionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenken, XXIV. Zahfgang, Oedenburger Zeitung, Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirthschaft, sowie für soziale Interessen. Einzelne Nummern hosten 5 Kreuzer. Buchdenkerri E&, N­omm­alter , Sohn, Grabeneunde 121, 5 fr. für die ein-, 10 fr. für die zwei-, 15 fr. für die Kreis, 20 fr. für die vierspaltige und 25 fr. für die durchlaufende Petit­­zeile evclusive der Stempelgebühr von 30 fr. Bei mehrmaliger Einsehaltung bedeutender Rabatt. Infersions:­Gebühren: Administration, Deriag und Inferatenaufnahme. 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Wir würden es nach den Worten des Dichters ein „trauriges Handwerk“ nennen, wenn es nicht ein loyaler Ast wäre, allein man wird uns zugeben, daß es auch für die betreffenden Organe nicht sonderlich erhebend sein kann, wenn sie von amtswegen Herzen und Nieren ihrer Mit­­bürger zu prüfen haben und ihnen genau nach­­lehnen müssen, wie viel sie für si und ihre­r Fa­­milie Wohnungsmiethe zahlen, wo und mie viel sie täglich speisen, ob sie Unterhaltungen mitmachen und welche, ob und wievielemale die männlichen Glieder der Y Familie das Kaffeehaus besuchen, bei welchem Schneider sie arbeiten lassen und endlich, was muthmaßlich das Geschäft oder der Beruf ein­­tragen kann, dem das Familienhaupt obliegt. Alles das muß die ILöbl. Steuerbemessungs-Kommission herauszutipfeln suchen, um ihm sodann auf Grund dieser Nachforschungen eine Steuer aufzuerlegen, die gerade so hoch ist, daß eine weitere Steigerung seiner Abgaben ihn unfehlbar zum Zusperren seines Geschäftes zwingen würde, wenn er nicht will, daß er vor die Alternative des Bankerottes oder einem „no bedenklicheren(!) Auskunftsmittel gestellt werde. Mein Gott! ein Bischen Luft und ein Bisschen Essen muß man dem Bürger ja doch rafen, und das ist es, was die Lage der Steuer­­bemessung in vielen Fällen zu einer so komplizirten macht; wäre dod nicht der Fall, so würde sich die­­selbe noch viel einfacher und zweckmäßiger gestalten. In andern Ländern, so namentlich in Deutsch­­land, zerbricht man sich seit Langem den Kopf über die Art, in welcher das Steuerwesen in einer den Geboten der Billigkeit und Bernunft entspre­­chenden Weise reformiert werden sol, in einer Weile nämlich, daß Jeder nach seinem wirklichen Können zu den Erfordernissen des Staates beitragen sol und man hat daselbst die möglichste Entlastung des wirthschaftlich Schwachen als oberstes Prinzip aufgestellt. Steuer zahlen soll Jeder nach seinem effektiven Vermögen oder Einkommen; der Unbe­­mittelte sol möglichst wenig, der Arme gar nicht belastet werden. Das ist in Preußen gelegentlich der daselbst im vergangenen Jahre durchgeführten Steuerreform verwirklicht worden. Auch bei und war damals die Rede von einer durchgreifenden Reform des Steuerwesens; allein dann verlief die Geschichte wieder im Sande. Und das ist erklärlich, da man bei uns ein sehr praktisches Prinzip hat, das sich bisher glänzend bewährte und das darin besteht, die Steuerquote jedes Einzelnen bei jeder Bemessung zu erhöhen. Man­ann den bei diesen Kommissionen mit­­wirkenden Vertretern de Bürgerstandes nicht nach­­­sagen, daß sie jenen Theil ihrer Pflicht, welcher darin besteht, die berechtigten Interessen ihrer Mit­­bürger zu wahren, leicht nehmen; allein nicht ihre Schuld ist es, wenn so viele berechtigte Klagen in dieser Beziehung laut werden: das System ist schuld daran, jenes System, wel­­ches den Staatsbürger blos als ein Objekt betrach­­tet, an dem man ohne Rücksicht auf sein wirth­­schaftliches Können den größtmöglichen Vortheil ziehen kann. Den Vortheil für wen? Für den Staat, wie es heißt. Als ob der Staat etwas An­­deres wäre, als die Summe der Bürger desselben. Wie (laut Borschrift, nicht etwa infolge Will­­führ der Steuerbemessungs-Kommission) vorgegangen werden muß, mag ein einziges Beispiel erhellen, das wir dem „Bp. Tgbt.“ entnehmen . Bei der Kommission erscheint ein Geschäfts­­mann, der im vergangenen Jahre 150 Gulden Steuer gezahlt hat. Heuer wird er mit 250 Gul­­den bemessen. Warum? Darum, weil er einfach System ist, jedesmal die Steuer zu erhöhen. Der von der „Erhöhung“ Betroffene ist ganz ent­­fegt über dieselbe; er hat schon die vorjährige­ Steuer schwer zahlen können und jeßt soll die Bürde, die er ohnedies kaum zu ertragen vermochte, noch­ so beträchtlich erhöht werden! Auf sein energisches Protestiren sagt man ihm: „Aber sehen Sie nur, lieber Herr, Sie haben ein gutes Geschäft, ein so und so starke8 P­ersonale, zahlen eine bedeutende Miethe. Sie künnen also schon etwas mehr zahlen als bisher.“ — „Nein, meine Herren — wendet Hagend der Geschäftsmann ein — ich habe heuer, wie meine Bücher auswesen, ein weit geringeres Geschäft gemacht, als im vergangenen Jahre.“ Endlich da der betreffende Bürger beharrlich dabei bleibt, daß er Die neue, ganz unmoti­­virte Erhöhung abs­olut nicht erschwingen künne, wird ihm endlich von der präliminirten Erhöhung 50 Gulden nachgelassen, so daß er nunmehr anstatt 150 Gulden blos 200 Gulden zahlen muß. Der Mann ist durch die lange und peinliche Prozedur so müde und mi­rbe geworden, daß er ohne weiteres Sträuben nachgibt und sr mit dem bitteren Ge­­fühl im Herzen entfernt, daß ihm zwar unrecht geschehen ist, aber eine etwa versuchte Reklamation doch nichts wügen, sondern nur neue Auslagen und Berdruß ihm bereiten würde. Darum muß die Regierung, wenn sie nicht als Bürger des Landes ungefähr so aussaugen will, wie einen Grund und Boden, den man nicht düngt, sondern von dem man stets neue Ernten erzwingen will, mit einem System brechen, das si in andern Staaten längst überlebt hat und daß jede Billigkeit, aber auch jede gesumde Politik r Feuilleton. Ein Mißverständniß. Aus dem Englischen. (Sortregung.) Fanny und L­ouise waren noch Kinder, aber Henriette, obschon ihr no da Haar über Die Schultern fiel und sie ein kurzes Röddchen trug, zählte doch siebzehn Jahre und hatte ein gewisses weibliches, gebieterisches Wesen, das ihr reizend stand. E 3 war stets Henriette, die am meisten zu sagen hatte: — Der Held is in Wirklichkeit nit ganz so wie Du, Barry — nur die breiten Schultern, langen Beine und Arme und die grauen Augen. Und Fräulein Margareth hat dad jegt abgeändert — seine Augen sind im legten Theile braun. — Und er verliebt si, fiel Louise ein. Ich­­ finde nicht, daß er Barry gleiche. Er trat eine Pause ein. Dann feufzte Hen­­­iiette,­ — Ich möchte mich gerne verlieben, sagte sie sentimental. Warum verliebt Du Did nicht, Barry ? Du bist doch alt genug. Barry lachte. — Verliebte Did in Fanny. — Und sehr Reiche, bemerkte L­ouise dazu. — Und nicht Gelehrte, jegte Yan­ng Hinzu. — Und wenn Du Did verliebt Haft, so fomme und erzähle und Alles, lieber Barry, sagte Henriette. Barry stüßte nach Art seiner Schwestern die Ellbogen auf die Knie und blichte mit lachender Miene schweigend zu Boden. Wie wäre es, wenn er diesen Kindern sein Geheimniß mittheilte ? Der Gedanke fiel ihm plaß­­lich ein und erschien ihm gut. . Sie plauderten offenherzig genug mit Yyräu­­fein Margareth und e3 war etwas, was er Miß Margareth gerne zu verstehen gegeben hätte — etwas, daß sie vermuthen sollte. — Wie wäre e8, wenn ich Eu­ ein Geheim­­niß mittheilte? trug er ralchı. — D­­a, erzähle e8? riefen die Mädchen begierig. — Nehmen wir an, fuhr Barry langsam und ein wenig verlegen fort, indem er versuchte, gleich­­giltig zu sprechen, nehmen wir an, daß ich Euch sagte — daß ich verliebt bin. Ale Mädchen drängten sich näher zu ihm. — Barry, ist da8 Dein Ernst? fragte Hen­­riette. — Bolllommen. E&3 trat eine Pause ein, dann fragten alle drei Mädchen allgles: — Ber ist sie? Kennen wir sie, Barry ? — Sa, Ihr rennt sie, erwiderte er etwas ärgerlich, denn er fand dieses Ausfragen peinlicher, als er sich gedacht hatte. Dann stand er auf und nahm mit den Hän­­den in der Tasche eine gleichgiltige­ Stellung an. — Ft fie Hübsch? fragte Henriette. — D ja, sehr, erwiderte Barry schnell. — Groß, Barry? — So groß, als jedes Frauenzimmer sein sollte. — It fie blond, fragte Yannng ? — a, blond, mit Schönem, goldenen Haar, der schönsten Farbe von der Welt. — Und ihre Augen? fragte L­ouise. — Ihre Augen sind blau, sagte Barry. — Gie muß reizend sein, erklärte Henriette nach einigem Nachdenken. — a, sie ist es, stimmte Barry mit Enthu­­siagmus, aber einiger Verlegenheit Hinzu. — Gie ist doc nit geschicht ? fragte Fanny. Wird sie und Tante Anna nicht als ein Muster vorhalten ? — Gie ist das geschic­erte Mädchen auf der Welt, jagte Barry einfach. — So gescich, wie Fräulein Margaret­ ? Henriette war augenscheinlich im Zweifel darüber. — Ganz so, late Barry, ganz so. — Und wann wirst Du Heirathen, Barry? fragte Louise neugierig. Wird es bald sein? Du nimm uns zu Brautjungfern, lieber Barry! — Fa, sagte Barry lächelnd, ich will daran denken. Aber Ihr zieht Eure Schlüffe gar zu rasch, sie konnte mich ja auch ausschlagen. — DD, das ist nicht wahrscheinlich ! Henriette mit Wärme. — Das weiß ich nicht, erwiderte Barry, augenscheinlich von Zweifeln befangen. Ich halte es sogar für sehr wahrscheinlich. Ich bin in meiner Art ein ganz guter Mensch — aber sie mag viel­­leicht seine große Meinung von mir haben. Warum sollte sie e8 auch? Er trat eine düstere Raufe ein. Barry stand mit dem Rüden gegen das Teuer, während Henriette nachdenkend vor ich hinsah. — In dem Roman, sagte sie sinnend, in Fräulein Margareth’s Roman schlägt die Heldin den Helden aus. Dann, ich halte er nicht Hübse­ von ihm, geht er sogleich Hin und nimmt eine Andere, ganz verschiedene, blutarme und einfache, die in ihm verliebt ist. Nehmen wir an, daß sie Dich ausschlägt, wirft Du auch dasselbe t­un ? Barry’3 Augen blinzelten wieder munter. Die Gesichter der Mädchen waren so spekulativ, so ernsthaft, daß ihn sein eigener Ernst verließ. (F­ortlegung folgt.) eine Schöne, sagte erklärte Bi 4 Re

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