Oedenburger Zeitung, 1920. März (Jahrgang 52, nr. 50-74)

1920-03-31 / nr. 74

F­M-»« anf Bringender Aufruf an da gesamte Publikum! Mit Rücksicht darauf, daß die Preißregu­­lierungskom­mission infolge eines Kleinen Bez­­­­iehens (man vergaß seinerzeit einen Präses zu u­­nd ich gegenüber jeden liebergriff der Geschäftsleute | absolut paflin zeigt, leiten wir eine Aktion zur­­ Konsumentenselbsthilfe ein und bitten um die ernennen) vollkommen unfähig weitgehendste Hinterfragung all jener, die ob dieser noch nie dagewesenen Sorglosigkeit der Behörden bereits seit längerer Zeit verbittert sind. Wir organisieren eine separate Abteilung, welche sich mit den wegen Verweigerung der Annahme des Prostgeldes, Erhöhung der Ber­­ranfepreise seit der Notenabstem­pelung einlaufen­­den Anzeigen befaßt, um diese in entsprechender Form täglich der Polizei zu übermitteln. Wir ersuhhen nun alle erbitterte Konsumenten, jeden einzelnen solchen Fall mit genauer Angabe der wuchernden Firma und möglichst rasch Schrift­­li bekanntzugeben. Wir werden dan Sorge tragen, daß Dieser himmelschreiende Skandal der völligen Schußlosigkeit der S Konsumenten gegenüber dem­ Produzenten auch dann ein jähes Ehe nehme, wenn D­ieser­­ vom Leiten des Munizipiums auch weiter ohne Schamröte recht gerne geduldet werden würde. Jüch selbst ist Feind ein jeder Kons­­ument,der es versäumt,nicht durch Einsen­­jendung von Angaben über die verbotenen Ge­­schäftsplatti­en Einzelner zur Schwarzen Liste der kommenden Bodykotten und zur exemplari­­schen Niederwerfung die Gelichterd der MPreistreiber » Banknotenspeku­­lanten. Wir werden überall und in jedem Falle die P­olizei auf die eingehendste Art und Weise unterftagen, damit die seit zwei Wochen erschienene Verordnung über Auslegung des Betrugsparagraphen in Fällen von Verweigerung der Annahme geleglicher Zahlungs­­­­mittel möglichst rasch in Anwendung komme. Eine Frage an den Magistrat der Stadt Oedenburg. Ist ein Hoher M­agistrat geneigt, dafür­­ Sorge zu tragen, daß eine aktionsfähige Preis­­regulierungskommilston ihr Amt sofort antrete und den asiatischen Unfug auf dem Dedenburger Warenmarkte abschaffe? Aktion gegen die Nichtaunahme des Postgeldes. | | vr. Diiene Fragen. ersus protzsüchtiger Noblesse gerne Sıager einmal nannte man Fragen, wie viele, um die es sich handelt, Gewissensfragen. , Die Heute darf man jedoch mit dem Begriffe von Gewissen nicht kommen, ohne für einen naiven Menschen mit vor einflutlichen Vorstellungen gehalten zu werden, der noch nicht weiß, Daß man in einer Zeit Lebt, in welcher ein berühmt geb­srdener Ausspruch Goethes in einer mo­­­ernisierten For das Stichwort der bürger­­lien Tugend geworden ist: „Nur Zumpe sind beigeiden — nur Zumde Haben Gewissen!“ Die Umkehrung der Begriffe hat nämlich bereits auch auf das Gebiet von „anständig“ und „unanständig“ hinübergegriffen. Sonst wäre es sich nicht denkbar, daß­­ man den Belegern von vollständig obituren in ihrer Entstehung unaufgeklärten Kriegs- und Nachkriegsvermögen nui allerlei Hochachtung umgibt, speziell wenn etwas „springen läßt“, wenn er nur weit über ihn siehende Menschen senil vor sich herum: triegßen sieht. Offene Fragen sind in dem Sinne, wie wir es meinen dem verhörlichen Fragen ver­­wandt: man erwartet seine offene Antwort auf sie, Sondern wendet sich nur an die in­­neren Instinkte derer, die sich für ihre Lösung interessieren sollten. In erster Linie an den Selbsterhaltungstrieb und an die Furcht vor der öffentlichen Blamage und wie sonst al jene Unannehmlichkeiten heißen, welche durch a5 dichte Fell 5bi3 an die nervenführende Shit dringen. Eine solche offene Frage ist der Wirkungskreis der Preisregulierungdton: wissen. &3­st ganz und gar unbegreiflich, wo was fi Diele Kommisstion die kostbare Zeit vertreibt. Vielleicht werden die Breite für aus Zahl 2526 bestimmt; sicheres hierüber ist­­ nicht zu erfahren — nur eines steht fest, daß die Kommission zum Schuße des SKonsumenten feinen kleinen Finger rührte. Mer find demm Mitglieder Ddieser fleißiger, rührigen und pflichteifrigen Kommission ? Wer it denn der Prüfe? — Dieder sollte man am Ende gar vergesssen haben, einen Bräled, das notwendige Requisit jeder Halbivegd reputier­­lichen Kommission zu ernennen? Unmöglich wäre Died nicht, denn die Pareissteigerung schreit ja erst seit ganz:ganz kurzer Zeit nach Regelung. Exit jecd Jahre. In so kurzer Zeit kann man natürlich nicht mit jünglinghafter Oberflächlichkeit die richtige Wahl der Person treffen, notabene in Zeiten, wo alle Parteien mit lebenswichtigen parteipolitischen Fragen beschäftigt sind. Die Konsumenten müssen eben etwas mehr Geduld aufbringen. Nach unseren Informationen aus ganz zuverlässiger Duelle können wir versichern, daß sofort nach Beendigung des Parteikaders alle freie Präjentiellen ganz gewiß belegt werden. Nur der Termin des Parteihaderendes ist noch nicht genau festgelegt. Aber nur Geduld! Ein­mal nimmt alles ein Ende, auch der über­­flüssigste V­arteihader. Nur Geduld! Sonst wird und am Ende die Preißregulierungs­­kommission strafweise ganz entzogen, dann haben wir überhaupt feine und dann künnen nur wir selbst und gestohlen werden. Eine zweite offene Frage wäre, ob man beabsichtige, durch die weitere Duldung der obwaltenden Verhältnisse alle Mittelständler zu Schieber, Schleichhändler und Schmuggler zu veredeln. Wenn das der Fall sein sollte, so schlagen wir vor, dies öffentlich verkünden zu lassen, damit die bei einzelnen noc vor­­handenen Rudimente von Anstandsgefühl möge Licht rasch abgefrogen werden und endlich dieser­­ unmoderne Begriff aus der menschligen Ge­­fehlschaft gänzlich verbannt werden käme. Eine dritte offene Frage: Warum mehren sich die Einbruchdiebstähle von Tag zu Tag, warum werden sogar angebaute treibende Kar­­toffel aus dem Boden geholt und warum wählt überall die Unsicherheit so rapid? €&3 it Doch nicht zu denken, daß in vielen glän­­zenden Zeiten des umwehrlichen Merdiensteg gerade Diese kleinen Diebereien, welche alle zusammen gegen einen einzigen Zehn­­millionenschmuggel wie eine sinnliche Naivität erscheinen — es ist doch nicht zu denken, daß jemand aus Not — stehlen geht, wenn er das Schmuggeln gehen könnte oder sonst aus dem Knochenmarke anderer Beute ein ersprießliches Lümmchen noch über das tägliche Brot oder besser gejagt, Milch und Honigbret hinaus verdienen können. Eine vierte ähnliche Frage wäre, wie m­an heute als „zurücgebliebener Anständiger“ mit Familie an einem monatlichen Einkommen von 1500 bis 2000 Kronen leben kann. Viel­­leicht versuchr es einmal irgendeine Finanz oder vollswirtschaftliche Kapazität einen Monat lang und erstattet dann Bericht hierüber. Wir haben ja eine große Anzahl solcher äußerst tüchtigen Männer; das meint man von Tag zu Tag intensiver. Nur so fort! Wir werden es auf diesem Wege noch herrlich weit bringen. An das Munizipium der Stadt Oedenburg. 9. SE un np­on Bon der Kommision für die Zeitung und Heber­­wartung der Abstempelung der Banknoten der Oeferr.:ungar. Bank. Verordnung des ungar. Ministeriums Zahl 2528/12 M. ©. x1. Der im 8­2 der Verordnung des Mini­­steriums vom 17. März 1920, Zahl 1790/1920 M. €., festgelegte Termin für die Einlieferung der 10., 20:, 25», 50:, 100:, 200:, 1000- und 10.000: Kronen-Banknoten der Defterr.-Ungar. Bank wird die 3. April 1920 verlängert. 82. Diese Verordnung tritt am Tage der Be­­­lautbarung in Kraft. Budapest,·am 25.März 1920. Alexander Simonyi Semadtmmp. Ministerpräsident. N ,­­­­EHRE Kran & Rena­mer © En Cal­varen © MEBBR DNA © BEISATRE: WERE BREG­ER Als besteingeführte, altrenommierte Gifenhandlung 694 empfehlen sich Sh­eerih Lang’s Nachfolger Depesburg. Grabenrunde 6%. Telephon 114. N­OH Hu. 13 pn ER ENENE: ©» NEAR HABEN 1 WR I Dat 0 Nefeiberasan © Ser CP Senilleton. Rauhreif. Eine Alltagsgeschichte Von­ »Ich liebedicht«­—sagte leidenschaftlich querneti Winterabend der blutjunge,bild­­hübsche Großkaufm­annssohn Rudolf Hagen in seinercarconwohnung zur kleinen Lou,die schmeichelnd bei ihm­ saß und ausgelassen seinen Scheitel in unordnung brachte. Au­f den ernsten,überzeugten Aklang seiner Worte huschte ein unm­utiger Schatten über den klaren Spiegel ihrer großen Katzenaugen, sie­ hielt mit dem Spiele ein und zuckte halb belustigt,halb verächtlich ihre vollen Schultern, sie indnd Däm­merlicht der Stube durch den feinen Blusenstoffreig hineinleuchteten. .,Du liebst nii also,kleiner Rolf!So sagst du es wertigsten6.Gott wie belustigend, ssß ich nicht lachel-Sieh’st du,jetzt hast du mir dies­use Freude am Hier sein genomm­en. Sie konntest du mir denn­ nur so lügen.Wir saßen so nettbei semmeln wie zwei gute­­ Kameraden, so unbesünmtert, frei und unab­­hängig, Durch das Erlebnis einer Spanne Zeit vereint und dan­n wieder jeder für sich. Wie konntest du Bubi so schlimm sein und mir so hinterlistig kommen. Du und mich lieben, die kleine Lou, die niemand achtet und jeder nur als Spielzeug gern sieht, um sie dann weg­­zumerfen. Wie komme ich dazu, daß du meine­ Gefühle haben willst. Meine Gesellschaft halt vu ja, begnüge dich damit und sümmiere dich weiter um mein Schicsal nit. Es ist ja wahr, für di ist es die Stimmung einer Stunde, die dein Blut in unverantwortliches Wallen bringt, für mich ein Tag in diesem so en so herrlichen und so kalten Leben mehr.” „Sprich nicht so Lou, das Leben ist so Thon, du bist jung, auch dein Herz muß fühlen können, Du mußt den Zauber spüren, der in meinen Deliden siegt, die Stimmen hören, die im mir Sehnsuchts­chwer erwacen und dich Klagend suc­hen. Die Sühne, die mich in Träume hüllt, wenn deine Sterne Har und ruhig auf mir ruhen. Die Jugend, die demütig an der Schwelle deines Herzens steht und ihre­­ Rechte begehrt, die heilig ist und dir die erste Liebe eines Die Stimmung der Stunde, Du mußt mi Lieben Sünglings bringt, fönnen!“ 2on Saß zusam­mengelauert beim Ranıi und hörte ihn, den Bli der schönen Augen nachdenklich im die jeinigen heftend, weit ver­­ächtlich zuhenden Mundwinkeln an. " ,,Sprich dich nur aus kleiner Mann,du kleiner Selbstbetrüger m­it dem­ Kriserfimc Du bist zwar viel zu jung, um verständig zu sein und mich zu verstehen, jedoch mit ich dir eine Geschichte jagen, damit du nicht fs leicht­­fertig mit der Liebe umgehst und sie Dir für DBessere wie ich bin aufhebst. Komm nur her zu mir, hier ist fein warm, lege deinen Kopf in meinen Schoß, schließe hübsch brav die Augen zu umb die kleine Lou wird Rolf ein Märchen aus ver­­gangenen Zeiten erzählen.“ Rudolf folgte etwas beshamt der Auf­­forderung, strebte sich auf dem W­ärenfell vor dem Kamin aus, bettete seinen Lodenkopf in ihren weichen Schoß und schloß die Augen. * * * (Bortfegung folgt.) ·

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