Pannonia, 1879 (nr. 2-148)

1879-02-14 / nr. 20

Seite 2 Kaschau, Freitag „PANNONIA“ 14. Februar 1879. Nr. 20 5000 Zulus sind getödtet. Die englische Colonne wurde aufs gerieben ; sie verlor an Zodten 60 Offiziere und 500 Mann. Natal ist ernstlich bedroht. Der General-Gouverneur der Kap: Colonie verlangte Verstärkung aus England. Dieser Schlag ist umso fühlbarer, als es vieler Wochen bedarf, bevor England Verstärkungen nah der Südküste von Afrika werfen kann, um den begangenen Fehler wieder gut zu machen und die Niederlage im Kaffernlande auszuwegen. Das ist der Fluch der Annexions-Politik. Vor Kurzem hat England ohne jeden Retstitel die kleine Trans­vaal-Republik annectirt, der es heute die neuesten Verwirlungen zu danken hat, und es zeigt sich jekt, um wie viel zweckmäßig er jene kluge Politik der lezten Jahrzehnte war, in deren Verfolgung England Colonien aufgab, anstatt sich in allen fünf Welttheilen erdrü­­hende Lasten aufzuhalten. Der alte Disraeli hat die Ehre Englands ziemlich leicht­­fertig auf den verschiedensten Orten der Erdkugel engagirt, er hat in Cypern, in Kleinasien, in Afghanistan und am Cap der guten Hoffnung schwere Verantwortungen übernommen, und das „Sedan im Kaffernlande" beweist, daß soll' ein gefähr­­liches Spiel nicht immer so gut ausgeht, wie im Khyberpasse und am Hindukusch. An und für sich hat die neueste Niederlage Englands al­­lerdings nur eine Schlappe zu bedeuten, allein diese Schlappe wirft ein so grelles Licht auf die abenteuerlich kühne, man könnte sagen cäsarische Politik des gegenwärtigen Cabinets, daß sie möglicher­weise den Sturz des Ministeriums Disraeli nach sich ziehen wird ! Tageswenigfeiten. Neue Postanweisungs-Blankete.] Sobald die jegt im inländischen Postverkehre­ in Gebrauc­h stehenden, mit einer Briefmarke versehenen Postanweisungs-Blankete ausgehen, werden Postanweisungs-Blankete neuer Form ausgegeben werden, welche mit keiner Briefmarke versehen sind. Diese neuen Post­­anweisungs-Blankete sind bei den kön. Postämtern das Stüd a Y. kr. zu bekommen. Die nach dem angewiesenen Geldbetrag entfallende Postgebühr ist in Briefmarken zu entrichten, welche an der auf dem neuen Anweisungs-Blanket bezeichneten Stelle aufzukleben sind. [Des Winters Herrstaft] ist nun, wie's scheint, gebrochen. Der sc­harfe Nord hat aufgehört zu blasen und der alle Südwest ist wieder in seine Rechte getreten. Da haben un mit einem Male alle Schnee- und Eisfreuden ein jähes Ende genommen und alle Schrecen des Thauwetters sind über usere Stadt hereingebrochen. Nun wird man kein abendliches Eisfest mehr feiern wollen. Der helle Winterjubel ist verstummt, ad wo vor Kurzem noch Jüngling und Jungfrau auf der ges­­omnen Fläche sich tummelten, da befindet sich bereits eine große Süße. Inzwischen hat nun auch der Regengott sein Werk ieder begonnen. Es tröpft und tröpfelt nicht bloß vom Dache, ndern auch hie und da aus den Wolken, fast lauwarm s<on, if die sich nach und nach ermunternde Erde. „Der heilige Strus hat große Wäsche !" pflegt in solchen Fällen der Volks­­und zu sagen und dann ist's wohl mit einem einzigen nassen ige­sser, nicht abgemacht. Auf den Fluren aber siert das Scnee­­und mehr und mehr weicht die lezte Spur des weißen Ehentuches, mit welchem die Felder bede>t­ waren. Uner­­iüdlich werden die Landwege, ein eller Schlamm überzieht Aeder und die Erde, der das lichte Winterkleid vom Leibe raschen wird, hüllt sich in ein fahles schmußiges Gewand, ihr und draußen so die harte Eiskruste sich erweicht und der ihling fortfährt, mit seine Rechte zu führen, dem Winter den unerquiklichen Kampf sieht es in den Strassen der Stadt un­freundlicher aus. Kommen mußte der Jammer freilich , aber daß er so bald hereimbrechen würde, viel früher noch, die Abfuhr­wagen des Magistraths die Schneemassen davon­­agen, hatte man vieleicht nicht erwartet. Nun treten wir Kothe und opfern unsere besten Winterstiefel dem Gotte, wem es gefiel, Solches über uns zu verhängen. Die Sonne, die vielleicht Trost bringen könnte, läßt sich leider nicht er­sehen. Wie lange dies so anhalten wird, ist ein Räthsel, welches die bestem Köpfe nicht lösen können. Das sind aber wo nicht die größten Leiden, welche die erverwandlung mit sich führt. Wie wenn unsere Flüsse die zugeführten Thaumassen wild gemac­ht worden und als ide Ströme uns mit Vernichtung bedrohten ? Da sollte es wohl so wer werden, das Ungethüm zu bezwingen, die vom tel der Leidenschaft Ergriffenen von Großmanns sucht Be­­en sich Blähenden und Schwellenden in das alte Bett des Gehorsams zurückzudrängen. Hoffentlich werden uns die Götter diesmal hievor bewahren. Ja, wir hoffen, daß wir diesmal ungefährdet in den Sommer gelangen werden. Die Frühlingssonne wird kommen und alle die Thränen trocknen, welche der Himmel vergossen. Und wenn wir die Krisis bestanden, wenn der Ausgleich herge­­stellt ist und der harte Kampf des Lenzes mit dem Winter ge­­endet, dann werden wir uns freuen, daß wir der Sandfluth entronnen. [Fröbelgarten-Tanzkränz­en.] In der er­­sten Hälfte des nächsten Monates veranstaltet der hiesige Fröbel­­gartenverein in seinen eigenen Localitäten eines jener geschlossenen Tanzkränzchen, welche durch die liebenswürdige Bedienung seitens der Ausstußdamen, durc Gemüthlichkeit u. s. w. dem Publi­­cum bereits vortheilhaft bekannt sind und auf welche wir dem­­nach im Vorhinein aufmerksam zu machen uns erlauben. [Einladung] Die p. t. Actionäre der Kassauer Sparcassa werden hiemit zu der am 15. März i. J., Nach­­mittags 3 Uhr, im Locale der Anstalt abzuhaltenden 34. or­­dentlichen General-Versammlung durch den Directionsrath höf­­lichst eingeladen. Gegenstände der Verhandlung : 1. Berict des Directionsrathes über das abgelaufene Geschäftsjahr 1878. 2. Bericht des Rec­hnungs-Revisions-Comite's und Fest­­stellung der Bilanz. 3. Beschlußfassung über die Verwendung des Erträgnisses. 4. Verhandlung über die Meodification der 88, 52, 53, 63 der Gesellschafts-Statuten. 5. Wahl des Direclionsrathes. 6. Wahl des Aufsichtsrathes. 7. Wahl der Authenticatoren des Generalversammlungs- Protocolles. [Reihensäemas<ine.] Eingedenk der Thatsache, daß der rasche Aufschwung in allen Zweigen unseres socialen Lebens an ein bedeutend höheres Gewicht auf die Boden-Pro­­duction legte, gestaltete sich unsere Fabrikation in landwirth­­schaftlichen Maschinen in eben solchem Maße zu einer beinahe unglaublichen Höhe. Es kann nicht die Aufgabe der Presse sein, still zu s­wei­­gen, wenn es gilt, unserer heimischen Industrie, speciell einzelnen hervorragenden Fabriken, welche durch solide Gebahrung, haupt­­sächlig aber ihrer Leistungsfähigkeit wegen das Emporium ge­­genüber anderen erreichten, die Anerkennung öffentlich auszu­­sprechen und durch jeweilige Notiznahme ihrer Erzeugnisse der­­selben im Allgemeinen den verdienten Werth beizumessen. Eine solcher Etablissement ist die C8ermelyvölgyer landwirths<aftliche Maschinenfabrik, deren Erz­ugnisse sich weit über die Gauen unserer engeren Heimath Bahn gebrochen, deren Leistungsfähigkeit im landwirths<afft­­lihhen Maschinen-Wesen ebenso bekannt ist, als ihr solides Ge­bahren. Was uns diese Notiz zu schreiben Veranlassung gab, ist eine Collection von Anerkennungsschreiben über Reihensäema­­schinen, in welcher wir bei Gelegenheit eines Besuches in den großartigen Fabriksräumen zufälliger Weise Einsicht nahmen, ferner ein kleines Circular, über eben dieselben Reihensäemaschi­­nen, welches unserer heutigen Nummer beigelegt ist und dessen Inhalt wir unseren Lesern bestens empfehlen. [Sonderbare Friedensrichter.] Der Wirths­­häuser D. Mandel hatte vorgestern mit einem Fleischselher aus Újfalu wegen eines abgeschlossenen Kaufes Streit, so daß der Letztere sich entfernte, um Klage zu führen. Nach einiger Zeit kehrte er jedoch in Begleitung zweier Herren zurüc, von denen der eine sich als Richter, der andere als Amtsdiener ausgab. Herr Mandel führte die Männer vom Gerichte in ein Extrazimmer, wo förmlich Protocoll aufgenommen wurde. Die Parteien wurden verhört, und schon sollte das Ur­­theil gesprochen werden, als der Wirthshäuser sich pröglich an­­ders besinnend, gegen die vermeintliche Behörde einige grobe Aeußerungen sich Der Richter erlaubte, wurde anfangs über diese Mißachtung so aufgebracht, daß er Polizei requiriren wollte, bald besann er sich aber eines Besseren und erklärte, daß der Wirthshäuser im Nechte sei und der klägerische Fleischselcher die Gerichtskosten zu bezahlen habe. Dieser bezahlte hierauf 40 kr. und so gingen Alle ihres Weges. Nun sah der schlaue Mandel ein, daß irgend ein Schalt ihn zum Besten haben wollte, daß der angebliche Richter irgend ein Hocstappler sein müsse und so erstattete er die Anzeige. Hoffentlich werden wir bald in der Lage sein, den Namen des aadern Richters zu erfahren, der so höflich ist, die Parteien zu besuchen, anstatt dieselben zu fi zu bitten.­­ [Ein Wechsel über 225 fl.,] acceptirt von Heinrich Müller, Verwalter in Szina, ausgestellt am 22. Jänner 1879, 3 Monate Laufzeit, wurde gefunden, und erliegt beim Stadt­­hauptmannamte. [In V­erlust gerathen] ist dieser Tage „eine gol­­dene Remontoir-Damenuhr sammt Kette im Werthe von 200 fl. ö. W. Die Uhr hat einen einfachen Dedel ohne besondere Verzierung. Die Kette hat an beiden Enden Haken zur Be­­festigung am Gürtel und ist an derselben ein goldenes ovales Medaillon befestigt, welches schwarz emaillirt und mit einer erhabenen Figur, sowie mit 4 Perlen geschmückt ist. Da es möglich ist, daß dieser Gegenstand gestohlen wurde, werden die Herren Juweliere, sowie die Verlagäimter ersucht, vorkommenden Falles die hiesige Polizeibehörde zu verständigen. [Ueber Ballmoden von 1879] schreibt man der „N. F. Presse: Wir dürfen einen Schritt zum Bessern im Reiche der Mode verzeichnen — allerdings konnte es kaum mehr schlimmer werden. Oder durften die Damenroben noch verengert, die Schleppen verlängert, die Lasten des aufgethürmten falschen Haares vergrößert werden ? Neues aber mußte der Toiletten- Geießentwurf pro Carneval 1879 um jeden Preis bringen — im Schlimmen gings nict mehr — was lag da näher, als einen Berfuch im Guten zu mac­hen ? Der muthigste Schritt, welchen die Mode auf dem neu betretenden Pfade der Tugend nach vorwärts gethan, ist die vollständige, dur<greifende Um­­gestaltung der weiblichen Frisur. Bei der modernsten Frisur wird das Haar nicht mehr über der Stirn in schwindelnde Höhen enpotoupirt, sondern glatt oder in leichten Wellen an den Schäfen gescheitelt und rügwärts in zierlichen Zöpfen aufgestelt, die zumeist ein Cupido- Pfeil zusammenhält, oder es wird in einen dem caprioiöfesten Köpfen einen gewissen Anstrich von Classicität verleihenden griechiscen Knoten verschlungen. Diese Art der Anordnung bringt die vorzüglich­en Eigenschaften wirklich schönen Haares, Geschmeidigkeit und Glanz, zur vollen Geltung und verhilft zugleich einer anmuthigen Kopfform zu ihrem Rechte, denn auf diesen da so vornehmen und edlen Reiz hatte die Frauenwelt während des Chignon-Regiments freiwillig verzichtet, indem sie eine die natürliche Modellirung des Hauptes unter di­en Wul­­sten verbergende Kopfunform adoptirt hatte. Auf unseren Elite­­bällen zeigt es sich nun, daß die Natur die Damen alle weit besser kleidet, als es vorher die Kunst trotz alles Raffinements zu Stande gebracht. Entsprechend dem reduci­ten Umfange der Frisur ist auch der moderne Blumenschmut. Keine Garten-Varterres, keine Bachantinnen-Kränze mehr ! Ein einziger Blüthenzweig wird dur das Haar geflochten und die duftende, lebende Blume hat immer den Vorzug. Ge­­wiß ist's ein Anbl­ voll poetischen Reizes, wenn Jugend zu Jugend, Schönheit zu Schönheit fi gesellt ; darum sieht auch zu einem blühenden Mädchengesichte nichts scöner, als die na­­türliche Blume im natürlichen Haar. Zu allen Zeiten haben bei heiteren Festen nicht allein die Frauen, auch die Vertreter des starken Geschlechtes als beliebteste Zierde für ihr eigenes J< Blumen verwendet. Der verweich­­lichte vornehme Römer liebte es dereinst, sich beim festlichen Gelage einen Kranz von frischen Rosen in die mit tausenderlei kostbaren Specereien und Oelen reich gesalbten Kosten zu drücken. Dem anspruchslosen Elegant der Neuzeit genügt ein Bouquet­­chen, mit welchem er nur sein Haupt — wo oft die Poden fehlen — sondern blos das bescheidene Knopflos seines Salon­­frades s<müdt. Einen viel weiteren Spielraum als der männliche Frak, bietet natürlich die weibliche Ballrobe der Blumenverzierung, und auch in der diesjährigen Carnevalssaison spielen die farbige Blüthe und das dunkle Laub ihre bevorzugten Rollen bei jeder eleganten Balltoilette. Do< werden dieselben blos als anmuthi­­ger Schmut betrachtet. Sie sind nur mehr Selbstzwei, wie sie es in der vorjährigen Saison­ thatsächlich waren, wo manche den Sügungen einer excentrischen Mode allzu gewissenhaft hul­­digende Damen ambulanten Blumenausstellungen einer Gar­­tenbaugesellschaft täuschend ähnlich sahen. Aber auf sonst noch darf der lange zurückgefeßte gute Geschmack sekt, da er noch wieder einige Berücksichtigung findet, der Mode, die es an löblichen Vorsätzen nicht fehlen läßt, dank­­bar sein. Am meisten Ursache jedoc haben hiezu die jugendlichen Tänzerinnen. Nun sind sie all jenen Strapazen, wie folge nur ein starker Jugendmuth bisher zu überwinden vermochte, glück­­lich enthoben. Jene Movedamen, welche ihre Freude daran Heim und treue Freunde finden werde, die sie beschützten. Fräulein Nareissa staute ihrer Thränen Fluth und sah 'oß an. „Das aber erwartete ich von Dir, Joseph", sagte ie. „Bon mir ?" „Gewiß. An wen sonst sollte ich mit dem­ klammern­dem tiefen Leid “" Aber Herr Pierce schüttelte bedenklich den Kopf. „Habe ich einmal an dergleichen gedacht“, sprach er, „indeß schlichen Gedanken sind flüchtig und wandelbar, Fräu­­te Alles hier auf Erden." Und das wagst Du mir zu sagen!" fuhr Nareiffa auf. merce aber hatte sich bereits zur nächsten Thüre hinaus­­(8­er Tags darauf wieder Courage gewonnen hatte, 18 der Verstorbenen zum Zwecke einiger Anordnungen des Leichenbegängnisses zu betreten, traf er hier den walt Herrn Sharp in Gesellschaft von Fräulein Page, „in einer gewissen Angelegenheit um eine sofortige Un­ 3 bat", zun welcher Angelegenheit ?" fragte Joseph gravitätisch, je nun, um kurz zu sein — diese Dame hier beabsich­ Klage wegen gebrochenen Heiratsversprechens gegen­­leiten." eiratheversprechen ?" wiederholte Herr Joseph. „Darf 1, mit welchem Rechte — auf welche Beweise hin ?" je habe ich hier", verfeßte Fräulein Page triumphirend, — jeden Brief, den er mir geschrieben hat", und "hr so kostbare Cass:tte empor. )", entgegnete Pierce, „wenn Sie wirklich solche Briefe und diese sind von mir, so genügt dies allerdings vor hie­­ch aber bin bereit, eidlich zu erhärten, daß ie nicht einen einzigen, von mir geschriebenen Brief­­ im Stande ist." ‚ öffnen Sie das Kästchen, Herr Sharp", rief Nar­­­­fi über fold’ unerhörte Reiheit, „und sehen Sie, eugnen kann, daß dies seine Briefe sind!" Cassette ward aufgeschlossen und eine Anzahl mit B." bezeichneter, sorgfältig datirter und numerirter kam zum Vorschein. Dem einen derselben entnahm Jage einen Brief, der zwar eine Postmarke, die keine Adresse zeigte. Hastig öffnete sie ihn, starrte auf die leeren Seiten, erbrach einen zweiten, einen dritten und sank dann, hy­­sterisch s<lutzend, auf das Sopha. „Nun, Fräulein — wo sind die Briefe ?" fragte Herr Joseph höhnisch und machte wann, als er keine Antwort erhielt, daß er fortkam, indem er vor si hinbrummte: „Das hätten wir richtig besorgt !" Zwei Tage später fand die Beerdigung statt. Nac der Bestimmung der Dahingeschiedenen sollte das Testament unmit­­telbar nach derselben Formel eröffnet und verlesen werden, und zwar in Gegenwart sämmtlicher Leidtragenden. So hatte sich denn eine ver zahlreiche Versammlung ein­gestellt, denn Alle wollten gern sehen, welches Gesicht der glück­­liche Erbe einerseits und die enttäuschte Gesellschafterin anderer­­seits machen werde. Auch Alice Dale war zugegen, ein hübsches, sittsames Mädchen im ärmlichen Alpakakleide, das seinen s<war­­zen Strohhut mit ein wenig Krepp garnirt hatte. Ihr Herz hatte ihr gesagt, daß sie der einzigen Schwester ihrer geliebten Diutter die lezte Ehre erweisen müsse, gleichviel wie lieblos jene an ihnen gehandelt hatte. Was Fräulein Page und Herrn Pierce betrifft, auf welche alle Augen gerichtet waren, so war sowohl ihr Anzug wie ihr Betragen erbaulich anzusehen. Beide trugen die tiefste Trauer. Herr Joseph hatte sich ganze Ellen Krepp an Hut und Arm befestigt, und sein Antlig zeigte Trauer und stumme Resignation. Fräulein Narcissa sah sehr blaß aus, hatte die Lippen zusam­­mengepreßt und die scharfen Augen meist boshaft auf Herrn Pierce geheftet, der vorsichtig ihren Bliz vermied. Todtenstille entstand in der Versammlung, als Herr Ket- Hum sich langsam erhob, die Brille auffegte und mit großer Feierlichkeit das Siegel des wichtigen­ Dokuments erbra<. Man konnte eine Stechnadel zur Erde falien hören, als jezt der Ad­­vocat mit gewichtiger Miene bedachtsam das knitternde Papier entfaltete. Einen Augenblic sah er das Blatt an, welches er offen vor si hinhielt ; dann wendete er es um und betrachtete die andere Seite. Dann bekehrte er das Oberste zu unterst und starrte es mit sprachlosem Erstaunen an. „Da muß — hm — da muß ein Irrthum obwalten", sagte er schließlich zu seinem neben ihm stehenden Com­­pagnon, „Durchaus nicht", erwiderte dieser Herr. „Es ist dasselbe Papier, welches Sie am Todestage der Madame Rawlings in hr eisernes Spinde eingeschlossen haben." „Aber es steht doch nichts darauf“, fuhr Herr Ketchum fort. „Es ist allerdings dasselbe Papier — ich erkenne es an einem bestimmten Zeichen wieder — allein was ist denn mit der Schrift passirt ?" Dabei hielt er es entfaltet vor sich hin. Alle sahen, daß es nur ein leeres Blatt war. Und indem so Alle einander anstarnten, bemerkten Alle auch fast gleichzeitig, daß Herr Pierce sich von seinem Sitz erhoben hatte und geisterbleich dastand, die förmlig aus ihren Höhlungen tretenden Augen stier auf das verhängnißvolle Papier gerichtet, als sei dies irgend ein gräß­­liches Gespenst. „Wo — wo =" stammelte er heiser, mit der zitternden Hand auf das Document deutend, „wo haben Sie die — die Tinte her, womit Sie dies schrieben ?" vocat „Die Tinte = warten Sie einmal", antwortete der Ad­­fic) besinnend, — „richtig, jekt fällt es mir ein: Ic­h nahm sie von Ihrem Pult —". Herr Pierce stieß einen halbunterdrü>ten Verzweiflungs­­schrei aus. „Das Fläschchen muß hier stehen geblieben sein", setze Herr Kethhum hinzu und sah Herrn Pierce dabei scharf an. nd, dies ist es —". Jemand aus der Versammlung hatte ihm in diesem Au­­genblicke eine kleine schwarze Flasche eingehändigt, die mit „Extra­­feine Tinte“ bezeichnet war. Herr Joseph Pierce riß ihm dieselbe aus der Hand, rog daran, warf sie zur Erde und stürzte mit einem Wuthgeheul aus dem Saale. Nie in seinem Leben vermochte er wieder der so sower gefransten, aber so sc­hrei sie gerächten Narcissa Page in die Augen zu sehen. „So wäre also dennoch Fräulein Alice Dale, als nächste Blutsverwandte, die alleinige Erbin !" raunte si­eie Ver­­sammlung zu, sobald die erste Aufregung sich gelegt hatte. Und in ganz B-- war Niemand, der sich, Herrn Pierce und Fräu­­lein Page natürlich ausgenommen, nicht herzlich über diesen Ausgang gefreut hätte, m. wiren u ZA FPB

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