Pannonia, 1892 (nr. 1-103)

1892-01-14 / nr. 4

"ný 7 RMY Z. „Bop A — »., . wem í | 4 ME DAT: Be WS pob ep Sri bal Erscheint jeden i Kittwoch 1, Sonntag Inserate werden bei Administration der des Mit Blattes und bei allen Annoncen-Expediti­­onen des In- und­ Auslandes jederzeit entgegengenommen». Ganzjährig fl. 6.— Halbjährig „3­= Vierteljährig „1.50 ; Zeitschrift für locale, soziale und industrielle Interessen Oberungarns.­­­­= —— — Nr. 4. Kaschau, Donnerstag, den 14. Jänner. Pränumerations­­preise. Für Kaschau > Ganzjährig fI.5.— Halbjährig „2.50 Vierteljährig „1.25 DOSTERLSEN­TUNG, 6 1892. 9; Zur Ablegatenwahl. Präludium. Wir haben in unserer vorigen Nummer den Buďtritt Eugen Deils von der Candidatur ge­­meldet, ein Ereigniß, welches im Grunde die Folge einer Pression von Seite des Oberge­­spans gewesen und das allgemein eine sehr verschiedenartige Beurtheilung erfuhr. Die Deil-Partei nahm am 10. die Mitthei­­lung von dem Rücktritte ihres Candidaten mit geziemenden Ernste entgegen und ihr Sprecher, Herr Advokat Carl Korányi stellte es demnach jedem Einzelnen frei, des Weiteren nach eige­­nem Ermessen zu handeln. Herr Theodor Sehli­­ger sagte dem Herrn Advokaten Korányi, für dessen warme Anwaltschaft. Aller herzlichsten Dank und die Zukunft wird­­ lehren, was in ihrem Hintergrunde schlummert. An demselben Tage versammelte sich auch die Unabhängig­keitspartei, bei welcher Gele­­hei­ deren Präses Herr Advokat Bulyi ener­­gisc gegen die übliche Beeinträchtigung des Wahlrechtes sein Veto erhob und insbesondere darauf­ hinwies, daß man in der kgl Freistadt Kaschau durc Steuererhöhungen zwar ein Plus von 400 Wahlbürgern, zugleich aber eine An­­zahl von ebenso vielen­ Unzufriedenen, geschaf­­fen habe, welche sich in der Ausübung ihres sdbaften Rechtes von der Regierung durchaus nicht beeinflußen lassen wollen. Ministerpräsi­­dent Graf Szapäry, der jeht sein Gräflein her­­rschi>t, werde wohl bald nurmehr seinen Hut berschiken, wie ihn Gessler in der freien Schweiz aufzupflanzen versucht hat. Nedner empfahl seinen Parteigenossen die Wahl Akos Beöthys zum Ablegaten für Kaschau. Die Ankunft der illustren Gäste. Der Sonntag ließ sich sehr unfreundlich an. Es regnete in Strömen und ohne Unterlaß. Troßdem war es eine Völkerwanderung en miniature, welche sich Nachmittags 4 Uhr auf den Bahnhof hinaus begab, um der Ankunft des Grafen Apponyi anzuwohnen. Die Herren trafen mit dem Brester Zuge um 3 Uhr ein und wurden von dem Partei­präsidenten, kgl. Rath Nicol. v. Piller feierlich begrüßt. Graf Apponyi, beim Anblickk der riesigen Menschen­­menge sichtlich überrascht, dankte in freund­­lichster Weise, bemerkend, daß soeben das Auge des ganzen Landes­ auf Kaschau gerichtet sei. Es erschollen Elsens über Elsens und die Gäste fuhren von vielen ,darunter mehreren 4-spän­­nigen Equipagen gefolgt — zum Hotel Sohalk­­haz, wohin denselben das Publikum durch Die mit Fahnen geschmůhten Straßen voraneilte. Dem Zuge ritt ein Banderium mit Fahnen voran und dieser folgte, mit Abzeichen ge­­schmüht, in dichten Massen die studierende Jugend. ( Akos Beöthy war Tags zuvor hier e­ 1-­getroffen und hatte bereit mehrere Besuche ge­­macht.­ Nun wollte Segliďer in den Saal hinein, welcher die mehr als 1000-köpfige Menge nicht zu fassen vermochte. Es drängten sich troßdem nur mehr hinein, so daß bei diesem gewalt­­samen Vordringen mannigfach Fenster und Thüren bestädigt wurden. Da half kein Ge­­genmittel, wollte der jeder den großen Volks­­tribun hören, einen der glänzendsten Redner auf dem Continente. Und in der That, Graf Ap­­ponyi befikt Alles, was den Redner auszeich­­net: Eine vornehme, imposante Erscheinung, ein sonneres Sprachorgan, Gedankenreichthum und Wortschuß und was die Hauptsache ist: logischer Rede überzeugende Gewalt! Im Festsaale des Hotels richtete Herr Ni­­kol. v. Piller eine Ansprache an das dichtge­­drängte Publikum, welches wohl ins zweite Tausend reichte, setzte den Zweg der Versamm­­lung auseinander und empfahl um 4 Uhr die Entsendung einer Deputation zur Abholung des Grafen Apponyi und Beöthy's. Mit die­­ser ehrenden Mission wurden die Herren­­ Graf Stefan Forgách, Dr. Jos. Senka und Advo­­­kat Stekker betraut. Die illustren Gäste wur­­den bei ihrem Erscheinen mit donnernden, sich immer wieder erneuernden Elfen3 begrüßt und man drängte si von allen Seiten herbei, um den Gefeierten näher zu sein, wobei es ge­­waltig darunter und darüber ging, so daß in Hipe und Drang, zwei Damen ohnmächtig wur­­den. Er wollte gar nicht gelingen, die Thüren zu schließen und der Jubel war ein grenzen­­loser. Endlich um ein Viertel 5 Uhr trat abso­­lute Stille ein. Nun richtete Herr Laurenz Hedry das­ Wort an den ungarischen Demosthenes und bat ihn, sich über den Stand der Dinge zu äußern. Hierauf begrüßte auch Advokat Bulyi, der Prä­­seš der Unabhängigkeitspartei den Grafen auf ehrliche „Waff nbruderschaft“ und seine geistsprühende, humorgewürzte Rede traf viele Nägel auf den Kopf. Jetzt trat Graf Apponyi vor und hielt eine längere Rede, deren Hauptpunkte wir, wie folgt zusammenzufassen versuchen wollen. Burchderst gedachte er der Auflösung des­ Reichstages und ihrer pompe de funebre- Stimmung auf der Rechten, während die Linke den Vorgang mit Humor und Gleichmuth hin­­nehmen konnte. Er nannte unser politisches Wer­ben der letzten 15 Jahre, um «3 nicht eine Lüge heißen zu müssen, ein pure­s Fiction. Die Auflösung des Reichstages war eine Art der Verzweiflung des gegenwärtigen Minister­­präsidenten an seinem Können und Vermögen E3­sche aber auch in dessen Lager wirklich reit traurig aus, während anderseits ein wahrer Heldenmuth dazu gehöre und über­­menschliche Anstrengung heutzutage den Willen der Nation durchzusezen. Wir rühmen uns der Devise des Fortschrittes, aber es ist kein Fort­­schritt im guten Sinne. — Das ganze Par­­teileben der Majorität sei zur Fiction gewor­­den, weil deren Führer weder parlamentarisch noch als Minister­­­­folge erzielt hat ; d­eshalb habe er auch das Vertrauen der Majorität verloren und er sei es nur geworden, weil er Ministerpräsident wurde, wozu er sich ebenso wenig eigne, wenngleich er ein guter Minister des Inneren gewesen. Das ganze Pars lament sei deshalb auf den Kopf gestellt und Graf Szapary, welcher einer Majorität von 144 Stimmen nicht vertraue, größere, persönlich angehauchte sub­e jekt eine Partei zu ge­­winner Zu diesem Behufe müssen Candida­­ten aufgeroyirt werden. Das ist das bekannte System weiland Napoleon III. und deshalb müsse die Opposition gegen diese Bevormun­­dung energisch Front machen und zusammen­­stehen wie ein Mann. Wehe dem, der Zwies­­spalt in ihre Reihen säet! Erniedrigt sich die Nation zu Sklavendien­­­sten, dann werde, sichere Vernichtung bringend, stei3t die emporwachsende Mac­ht als Tamo­­klesschwert über ihrem Haupte schweben. Die Regierung­streue rastlos Mißtrauen zwischen die Krone und die nur die eigene Unabhängigkeit Opposition, um zu sichern. Es ist daher unsere Aufgabe der Nation, den freien Gebrauch ihrer verfassungs­mäßigen Rechte zu retten. Redner empfahl zur Förderung dieses erha­­benen Zweckes, treuen, als edlen, glänzenden Ver­­treter seinen erprobten, sturmbewährten Freund Beöthy Akos (Elsen­): das Prototyp der Reins­heit des Characters, gepaart mit gestählter Kraft (Brausender Jubel.) Akos Beöthy bemerkte in seiner Programm­­rede, daß er keine der üblichen, beliebten Verspre­­chungen machen könne, weil er nicht der­­ libe­­ralen Partei angehöre. Die Weglaufung der „gemäßigten“ Partei in „National-Partei“ dürfe seinen Werk nennen. Diese Bezeichnung sei sich>sicher, weil unter bewandten Verhältnis­­sen „Mäßigung“ der „Passivität“ gleichkomme. Im übrigen sei es auch ein ungerechter Vor­­wurf, seine Partei des prinzipiellen Negierens zu zeihen. Redner nahm das Schalten und Walten der Regierung unter die Sonde der fritieirenden Vernunft und sparte dabei nicht mit der Arie des Unmuthes; zugleich setzte er die Ziele der Nationalpartei auseinander und wies dabei auf das kürzlich erschienene Manifest der­­selben, ein Meisterwerk des Grafen Apponyi hin. Redner apostrophirte Kaschau, wo der­­einst Rákóczy der Fahne Der Freiheit entfal­­tet habe und nahm mit stolzem­ Bewusstsein „die Candidatur“ an. (Elsen) Fackelzug. Um 61­ Uhr Abend­ versammelten sich die Gabelträger, ungefähr 600 an der Zahl, auf dem Franz-Josefsplatze, wo sie sich gruppirten, die Fabeln anzündeten und­ sodann, mit einer Nationalkapelle an der Spitze, zum Hotel Schalkház zogen. Der Anbli> war ein außer­­ordentlich imposanter ; besonders schön nahm sich beim Vorbeimarsche des Zuges der gluth­­rote Reflex auf dem Dome aus. Vor dem Hotel Schalkház angelangt, hielt man an und entwickelte dem ganzen Umkreis des Planes entlang ein Spalier. Als die illustren Gäste, begleitet von den Obmännern der hiesigen Opposition, Desi­­der Bulyi und Carl Stekker auf dem Balkon erschienen, brach das Publikum in stürmische Es­sens auf. Hier hielt der Jurist Hogyi Joska eine ge­­diegene Ansprache an den Grafen Apponyi, worauf dieser entgegnete, es sei ihm wohl aus Gesundheitsrücksichten untersagt, im Freien zu sprechen, doch wolle er diesmal gern eine Ausnahme machen. Der Graf verbreitete sie über die Bedeutung der Facelzüge und schloß mit dem Wunsche, daß die Fackeln der Begeis­­sterung in den Herzen der ihm zujubelnden Jugend an noch in späteren Jahren fortlos denn also nicht so bald diejenigen des Fackelzuges­ verlöschen mögen wie (Elf­en.) Hierauf sprac Beöthy Akos, welcher die kräftigsten Accente anschlug und gleichfalls stürmisch acelami­t wurde. Nun begab sich ein großer Theil des Bus bliťuma vor die Wohnung Desider Bulyis, welcher auf dem mit Teppichen und einer Tricolore gefumpften Balkon stand. Max Mattusska, Frequentant des lezten Jahr­­ganges der hiesigen Staats-Mittelgewerbe vulgo Maschinenschule erstieg einen herbeigebrachten Tisch und hielt eine begeisterte Ansprache an den Präses der 48-ger Partei, welche häufig von Elsens begleitet wurde. Herr Bulyi Danfte dem kräftigen Redner, entbot der un­­garischen Jugend seine Grüße, lobte deren Beginnen und feuerte sie zur Beharrlichkeit an. 4- |

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