Pannonia, 1892 (nr. 1-103)
1892-09-11 / nr. 72
ko: %: Erscheint jeden Donnerstag n. Sonntag Inserate werden bei der Administration des Blattes und bei allen Annoncen - Expeditionen des In- und Auslandes jederzeit entgegengenommen. Zeitschrift für locale, soziale und industrielle Interessen Oberungarns. ee: Kaschau, Sonntag, den 12. September 1892. Pränumerationspreise. Für Kaschau: Ganzjährig Halbjährig fl. 5.— ,, 2.50 Vierteljährig,, 1.25 Mit Posversendung : Ganzjährig fl. 6.= Halbjährig „,, 3.= Vierteljährig ,, 150 ——l—. ——— — nimmen Die unredliche Concurrenz. Schon seit längerer Zeit wird auch in Ungarn ein Kampf gegen die unredliche Concurrenz geführt, in den sich leider bis zur Zeit der Gesetzgeber noch nicht hineingemischt hat. Die soliden Kaufleute und Gewerbetreibenden sind durc das Anlosen von Käufern mit trügerischen Machinationen aller Art, von Seiten gewissenloser Geschäftsleute auf das Schwerste geschädigt worden. Nur in den seltensten Fällen sind diese Concurrenten wegen Betruges kriminell verfolgbar, weil eben nicht alle zum Thatbestande des Betruges nothwendigen Merkmale immer vorhanden sind. Und doc ist es nichts als eine betrügerische Manipulation, wenn in den Scaufenstern gedruhte Ankündigungen von „unter den Fabrikspreisen“, in der Form „amtlicher Bekanntmachungen“ ausgehängt, wenn Möbel wider die Wahrheit wegen „Abreise einer Künstlerin“, „Auflösung einer Verlobung“, „Todesfall“ u. s. m. „spottbillig“ ausgeboten werden, und auf den Gelegenheitskauf nachdrüclich hingewiesen wird, wenn die äußere Ausstattung bestimmter Waaren nur mit kleinen Abweichungen nachgeahmt wird, und was dergleichen unsautere Geschäftsnisse mehr sind, die auf Täuschung des Publikums hinauslaufen ! In erster Linie wird der Käufer geschädigt, in zweiter Linie aber der ehrliche Geschäftsmann, der von folgen Manövern zurückschreit, und lieber unter dem Druce der unredlichen Concurrenz fortleidet, als in ihrem Geschäftsgebahren anzuschließen. Das französische Recht hat nun dem ehrlhen Geschäftsmann, im Interesse der Entwiclung von Handel und Gewerbe, seinen Schutz angedeihen lassen, indem es gefebliche Bestimmungen gegen die sogenannte concurrence de loyale gab, unter welcher die unrechtmäßige Concurrenz verstanden wird, die auf Täuschungen im Handelsverkehr und auf das Bedrängen der Mitbewerber hinausläuft. Desgleich werden Etablissementsbezeichnungen, die nicht als Firmen geschüßt sind, vor Nachahmung mit bewahrt, z. B. Phantasienamen wie Rosenbalsam, Kaledonit 2c. Straflos ist in Fällen, wo die erwähnten Gesetze nicht Anwendung erleiden, die unredliche Concurrenz immer, wenn sie nicht als Betrug oder als Beleidigung etwa verfolgbar wäre, und gegen Creditgefährdung vorgegangen werden kann. Das wird aber immer nur in vereinzelten Fällen angehen. In anerkennungswerther Weise haben daher in letzter Zeit die Handels- und Gewerbekammern für die Einführung gesezlicher Bestimmungen gegen die unredliche Concurrenz ihre Stimme erschallen lassen. Freilich hatte bisher noch Niemand einen Entwurf Der dringend erforderlichen Gesetzparagraphen vorgelegt."Doch wie wir erfahren, soll der jetzige Handelsminister bereits die Initiative zu Einbringung haben. eines solchen Gesetzentwurfes ergriffen - Neuer Staatssekretär. Wie aus Budapest gemeldet wird, sollen bei dem demnächst zu besezenden Posten eines zweiten Staatssecretärs im Ministerium des Innern — an Stelle des verstorbenen Staatssecretärs Gorg Lukács — zwei Candidaten ernstlich in Betracht kommen, welche Beide auch bisher herborragende Stellen im selben Ministerium einnehmen. Es sind dies die Ministerialräte Vietor Bezerédi und Ludwig Jekelfalussy. In neuerer Zeit ist es sehr oft vorgekommen, daß jüdische Eltern an ihren neugeborenen Söhnen die rituelle Mission nicht vornehmen, dieselben Circumaber denno< in die jüdischen Matrikel eintragen lassen wollten. diese Kinder Die Rabbiner weigerten sich wohl, als Juden zu Kultusminister verfügte jedoch, betrachten , der die Immatrizführung habe derart zu erfolgen, daß die Geburt der Kinder bei dem Chef der Verwaltungsbehörde angemeldet wird, welcher das mit der Leitung der jüdischen Matrikel Gemeindeorgan beauftragt, das Kind betraute zu immatrifuliren, wobei bemerkt werden kann, daß die Circumceission unterblieben ist. Der Minister ging hiebei von der Auffassung aus, daß die Circumcission eine rein rituelle Ceremonie ist und als solche außerhalb des Wirkungskreises der Civilbehörde liegt. Anläßlich eines IRRSTO 0 an Feuilleton. Zwei Modelle. Mit besonderem Wohlgefallen ruht das Auge des Besuchers Der Gemälde- Ausstellungen auf den bildlichen Darstellungen herrlicher Frauengestalten. Er sieht zuerst das Weib, dann die kunstvollendete Schöpfung des Malers, die zumeist der Wirklichkeit nachempfunden ist. Mancher Besucher fühlt sich zur Nachforstung angeregt, wem wohl die Gestalt der einen oder der anderen gemalten Venus angehören möge. Seine Gefühle werden herabgestimmt, wenn er die Gewißheit erlangt, daß der schöne Körper der eines Modells ist. Welche geringfhckige Meinung hat man nicht von solchen Modellen. Das Publicum wirft alle Modelle in einen Topf. Und doch haben die Originale mancher in unverhüllter Herrlichkeit auf die Leinwand gezauberten Frauen nicht den Anspruch auf Achtung verloren und viele wieder sind geeignet, Interesse zu erregen. Zwei wahre Geschichten mögen diese Behauptung rechtfertigen. Zu dem Obmanne eines Malervereines kam kürzlich ein nett, aber ärmlich gekleidetes, kaum 17-jähriges Mädchen. Das hübsche Gesichtchen der Kleinen war mit tiefer Röthe beliebt, als sie überaus schüchtern und verzagt vor dem bärtigen Manne stand und nicht den Muth fand, ihr Anliegen vorzubringen. „Geben Sie mir nur Ihren Wunsch bekannt, liehes Fräulein, if habe noch Niemandem ein Leid zugefügt, munterte der Obmann lächelnd das reizende Mädchen zum Sprechen auf. „I< möchte gern Modell stehen", lispelte endlich die Besucherin. Der Künstler musterte sehr die Bittstellerin sehr genau. In ihren tiefblauen Augen las er Unschuld und Offenherzigkeit, zwei Eigenschaften, die auch aus ihrem ganzen Wesen sprachen. „Haben Sie keine andere Beschäftigung, mein Fräulein ?" „O ja, ich bin Kunsistikerin. Aber ich brauche ja nothwendig Geld für eine außergewöhnliche Aufgabe und da kam ich auf diesen Gedanken.“ Wissen Sie auch, welchen Bedingungen ein Mod zu entsprechen hat ?“ Der Künstler hatte diese Wort ziemlich stark betont. „Zu, ich weiß Alles", erwiderte die Kunststiferin mit zu Boden gesenkten Bliďen. Dem Obmanne schien es da< geboten, ihr diese Bedingungen ret deutlich zu erklären. Er dachte an die Möglichkeit, daß die Kleine mit den seelenvollen Augen unrichtig informirt worden sein könnte, und sagte ihr daher unverhohlen, daß sie vor dem Maler in einem Costüme zu erscheinen derin entbehrlich macht habe, daß jede Schnei- Sie niďte stumm mit „Gut, mein Kind, i dem Kopfe, acceptive Sie, vorausgeseßt, daß Sie tauglich sind. Um dies festzustellen, bitte ich Sie, morgen wiederzukommen. Das Honorar richtet sich nach bereit.“ Die Besucherin stammelte einige Dankesworte und ging der Thüre zu. Plößlich kehrte sie jedoch wieder um, trat auf den Künstler zu und seine Hand erfassend, sprach „Nicht sie mit vibrirender Stimme : wahr, mein Herr, ich bin deshalb nicht schlecht und es ist nichts Unanständige , was ich zu unternehmen beabsichtige . ...“ „Es ist ein ehrlicher Verdienst“, erwiderte der Obmann, fügte jedoch, weil die schönen Augen der Kunststikerin so ängstlich auf seine Lippen gerichtet waren, hinzu : „Freilich darf Ihnen an dem Urtheile der Welt Nichts gelegen sein.“ „Die Menschen“ — replizirte sie bitter == „sind gefühllos und grausam.. Wenn ich nur das eigene Bewußtsein habe, nichts Schlechtes zu begehen.“ — —— — Das junge Mädchen war „tauglich". Es wurde einem talentvollen Maler ausgewiesen, der das prächtige Modell zu einem Gemälde fiben ließ, mit welchem er einen Preis zu erringen hoffte. Als der Künstler nach den ersten Sißungen gefragt wurde, wie er mit seinem Modelle zufrieden sei, erwiderte er : „Die Kleine versteht es, Respekt einzuflößen, man muß sie hochschoßen.“ Nach der Vollendung des Bildes wurde die Runfistiďerin von anderen Malern gebeten, ihnen ebenfalls Modell zu stehen ; sie weigerte sich jedoch, blieb aus und kam nicht wieder. Dem Obmanne ist es zur Kenntniß gelangt, daß mitlerweile die Schwester des Mädchens, die krank im Spitale gelegen und für welche die Kunststicherin die Verpflegskosten das Krankenhaus geheilt verlassen hatte,bezahlt,