Pester Lloyd - Abendblatt, Mai 1855 (Jahrgang 2, nr. 103-127)

1855-05-30 / nr. 126

SZESZ N Mittwoch, 30. Mai. ro. 126. Se­a Ey; ES INTEZET 2 TREND Den, 1855. Abendblatt desshester yd Telegraphische Depeschen der. „Oesterr. Korrespondenz", Ankona, 28. Mai. Se. FE. Hoheit der Herr M­arine-Oberkommandant wird am 4. Luni zurückerwartet. Im Hafen liegen jegt an österreichischen Kriegsschiffen : 1 Fregatte, 3 Korvetten, 1 Drigg, 2 Dampfer und 1 Transportschiff. Alexandrien, 22. Mai. Der Vizekönig hat seine­­ beabsichtigte Neffe nach Tripolis und Gandin aufgegeben und bleibt, den Regierungsgeschäften sich eifrig unter­ziehend, hier. Die Genehmigung der Pforte zum Kanalbau ist derzeit noch nicht gege­­ben. Ihätige Vorbereitungen zum Eisenbahnbau zwischen Cairo und Suez fanden statt. * Mei, 30. Mai. Wir haben 7 gestern Lord Nuffell’s Rede mitgetheilt ; wir geben heute die Neu­erungen Balmerston's vollständig. Sie dienen am besten dazu, und von den An und Absichten der Westmächte genau in Kenntniß zu fegen. Mit der diplomatischen Entschiedenheit geht die auf dem Waffenfelde Hand in Hand; man wird den Kommentar zu den letten Siegen der Allierten, wie die „Debats“* ihn liefern, unter „Kriegssehauplage mit Interesse Tefen. Aus Wien wird uns geschrieben, daß das F. F. österreichische Kabinet eine neue Zirkulardepefche abgesendet, welche den bekannten russischen Bor­schlag, daß Deutschland gegen Garantie der zwei ersten Punkte neutral bleiben solle, bespricht. Das Tf. E. Kabinet ist nicht gefonnen eine diesen Vorschlag betref­­fende Verpflichtung einzugehen und wird bei den vier Garantiepunkten als einem untrennbaren Ganzen verharren. Striegssehauplaß. Schwarzes Meer. Außer den bereits mitgetheilten Berichten über den Zug der Alliirten gegen Kertich, kommen uns heute noch zwei Deper­chen zu. Sie enthalten nichts wesentlich Neues, doch geben wir sie hier, ihres offiziellen Charakters wegen, wieder. So meldet der „Montteur“: „Nach­­richten aus dem azowishhen Meere von 25. d. M. zufolge, waren mehrere Batterien daselbst zerstört worden. Die Naffen verbrannten drei Dampfschiffe und mehrere Transportfahrzeuge, sowie beträchtliche Munitionsvorräthe; mehrere Transportschiffe fielen gleichwohl den Altirten in Die Hande.* Lord Naglan seinerseits berichtet am 27. d.: Wir sind ohne V­erlust Herren des asowischen Meeres geworden. Die Truppen landeten an der Königin Geburtstage an beiden Seiten der Meerenge und sind einige Dam­­pfer so­wie einige Schiffe von 50 Kanonen den Alliirten in Die Hände gerathen.“ Wieder das Treffen im Lager vor Sebastopol berichtet First Gort­­shakoff: „Gestern, am 22. d., Abends griffen 17 Bataillone des Feindes, unterstüßt von Neferven, unsere Kontreapproche-Tranchee an, welche wir Abends vorher vor den Bastionen 5 und 6 aufgerichtet hatten. Ein­ blutiger Kampf währte die ganze Nacht. Zwölf Bataillone der Unfrigen verloren hiebei fa­st 2500 Mann" Man sieht hieraus, daß der Kampf ein sehr blutiger gewesen, und daß die Depeichen Beliffier's die Wahrheit berichteten, als sie einen bedeu­­tenden Sieg meldeten. Zu Diesen telegraphischen Depefchen Peliffiers vom 23. und 24. Mai macht das „Journ. de Deb.“ folgende, zur besseren Orientirung des Lesers recht geeignete Bemerkungen: „Schon im Beginne dieses Monates hatte die alliirte Armee die Nuffen aus einem großen Vorwerfe oder Waffenplage, der Mastbastion gegenüber ver­jagt — d. h. aus einem behesften, von schulterhohen Schangen flankirten, mit schwerem Geschirge versehenen Laufgraben. Heute erfahren wir, daß ein viel aus­­gedehnteres und w­ichtigeres Werk derselben Art in Folge einer Schlacht genom­men worden ist. Die Arbeiten, von denen jekt die Nede ist, sind zwischen der Zentral­­bastion und der Quarantainebai gegraben und aufgeführt worden ; man kann sie über ihre Lage leicht zurecht finden, wenn man folgende Daten zu Nathe zieht. Die große Schlucht des Militärhafens theilt die Ningmaner von Sebastopol in zwei Abschnitte. Hier haben wir es mir mit dem, öftlie von der Schlucht befindlichen Theile zu ihm, mit einer Linie, welche auf der Nechten von der erwähnten Schlucht, auf der Linken oder westlich von Meere begrenzt wird. Auf der Äußersten Nechten erhebt sich als hervorragender Punkt Die große Mast­­bastion; dann stößt man links, nach dem Meere zu, auf die Zentralbastion, die von den Belagerern so getauft worden ist, weil sie so ziemlich im Mittelpunkte der hier in Rede stehenden Linie liegt; noch weiter befinden sich die Bastion­ und die Batterien, welche die Quarantainebai beherrschen. Auf dieser Seite befinden sich die Außenwerte der Mastbastion, der Kirchhof an der Quarantaine, und nun ganz neuerdings auch die Kontre-Approchenwerte, welche sich zwischen der Quarantaine und der Zentralbastion erheben, in den Hän­den unserer Truppen, das heißt, wir scheinen gegenwärtig im Bettt von allen wichtigen Vorwerken auf der Äußersten Linken der Belagerungslinie zu sein. Wir müssen je­ noch hinzufügen, wie man es anfängt, um sich nach sol­gen gelungenen Angriffen in den eroberten Werken zu behaupten. Die Attaque ist lediglich Sache der, vorher in den Laufgräben zusammengezogenen Truppen, geschoffen wird dabei wenig. Alles wird durch einen stürmisch-schnellen Bajonnetangriff abgemalt. Hinter den Angriffsmannschaften marsihiren Arbei­­terdetachements , die mit Haken und Schaufel bewaffnet sind und ihre Gewehre über der Schulter hängen haben: mit ihnen ziehen Lagems- und Mineursab­­theilungen vom Genie unter ihren Offizieren. Haben die Angriffstruppen den Feind vertrieben, so geht man sofort daran, sich selber in dem genommenen Werke einzurichten. Dazu fehreiten Dann die Ar­beiter und Sapeurs ohne Verzug, während die Bataillone den geschlagenen Feind im Schach halten. Dann handelt es sich darum das Werk selber gegen die Belagerten umzukühren, d. h. ihn Form und Richtung einer Belagerungs­­tranchsee zu geben, indem man von der Arbeit des Feindes Alles beibehält, was zu diesem 3wede bienen kann. . Das Verdienst der Arbeiter ist hiebei nicht geringer, als das der Angriffe- Bataillone, weil sie gleich diesen dem Gescing- und Gewehrfeuer ausgefeßt sind, ohne wie sie jenen mächtigen Ableiter zu haben, den die Aufregung des Schießen und des Bajonnetkampfes gewährt. Bei dergleichen Gelegenheiten ist die echt geometrische Kaltblütigkeit der Genieoffiziere bewundernswerth, wie sie angeben, was zu thum ist, und mit ihren Unteroffizieren, die Nichtschnur in der Hand, die Linien­ abstellen, denen man folgen muß, um sich vor dem­ Feuer des Planes zu decen — thätig und muthig, aber eben so unerschnitterlich ruhig, als ob sie mit Bermesfungen beschäftigt wären. So hat sich das Gentecorps bei der Einnahme der Außenwerke an der Mast­­bastion unter den Oberstlieutenant Guerin hervorgethan, der bei dieser Attaque um das Kommando ü­ber seine Waffe gebeten hatte, obwohl er damals einen 3­tendanturposten als Direktor des Gente-Munitionsparkes bekreidete. Er ist heute Generalstabschef seiner Waffe, General Beliffier hat so sein Chefkommando durch eine kräftige Demonstration eingeweiht, ohne sich deshalb von der Theorie zu entfernen, welche gebietet, Einen Fuß Terrain nach dem andern, aber durch konzentrirte Stöße zu erobern.” Auf der Pariser Börse kurserte gestern ein Gerücht, dem zufolge hätten Die Allierten am 27. neue Vortheile gegen Liprandi an der Tschernaja errungen; Omer Pafdja habe sich gegen Simpheropol in Marsch gefekt. Die Kriegs- und Friedensfrage in der Unterhausfüßung vom 25. Mai Die vertagte Debatte übeer.d’Israeli’s M­otion wird von Mr.White­­side wieder aufgenommen,und zwar tritt an diesem Abend eine größere Anzahl kriegerisch­ gesinnt wied­er auf als gestern.Mr.Whiteside deutet auf die weite Kluft zwischen­ Mr. Gladstone’s und Lord J.Russell’s Ansichten.Jener bekenne jetzt,daß er von Anfang an für Frieden,ebenso wie der andere für Krieg war.Doch hätten diese beiden­ Staatsmänner während bei­­nahels m­onatlanger Krieg ftil­ r 111 ig in einem­ und demselben Kabinet gesessen!Jetzt bekenne mamivas früher hartnä­ckig geleugn­et ward,nämlich die unheilvollste Spaltung im Kabinett als die Haupt­­quelle aller bisherigen Enttäuschungen Lord John andererseits berichte,das er mit sehr geringen Hoffnungen nach Wien gin­g u­n­d mit der Ueberzeugung,daß Rußland die vermessen­sten An­­schläge im Schilde führe,zurü­ckgekehrt sei.Er bekenne sich in der Ansicht,daß Rußland Herrschsucht unabwendbar auf Konstantinopel gerichtet sei,111el)r als jemals bestärkt;mit feu­ri­­gem Griffel zeichne er die uners­ittliche Habsucht und die rastlose.Vor keinem Mittel zurück­ schreckende Verschwörungspolitik des nordischen Riesers,und d­as schlage er zur Abi­ehr,was zum Schutz Europa’sport?Eine richtige Klausel,eine zwerghafte Stipulation­,die Zahl der russischen Kriegsschiffe betreffend.Das heisse mit einem Zahnstocher gegen KeulensechtanaS sei am Ende ebenso s­icherlich wie Mr.Gladstone’s guter­ Rath,m­it allgem­einen russischen­ Versprechungen vorliebzu­nehmen.Bisher habe die Wien­er Konferenz als Vorwand gedient, dem Hause den Mund zu stopfen,aller selb­st jetzt,nachdem eine offene Diskussion gnädig ge­­stattet worden,werde m­an über die Entschlü­sse der Regierung nicht kluigen Was sichhun,was sie lassen werde,bleibe Geheim­iss5 man wissenlos,Das sie au­f das blind­ertmuen des Parlaments Anspruch macht.Nach einem­ feurigen Raison­em­ent fliedte Gerech­tigkeit des Krieges schliest der Redn­er,indem er die Einigkeit,Entschlossenheit und Opferfreudigkeit dee Nation mit dem­ Wan­kelm­uth,der moralischen Feigheit und Nathlosigkeit deråh­egierung ion­­trastirt.(Lauter un­d anhaltende­eifall.) Nie­ sollte vertheidigt Lord J.Russell gegen die harth­ischen Auffassungen der Oppo­­sition.Erbikon wftd’ist­aeli’s Motion,welche das Kabinettil­rzen wolle,ohn­e die Politik des nachfolgenden Ministeriums zu definiren.Er stellt daher das Amendement,»daß dieses Halle mit­ Bedauern gesehen hat,dass in Folge der Weigerung Ru­ßlands,seine Seem­acht im­ schwar­­zen Dreeere zu vermindern die Wienk­onferenzen nicht zu einschcendigung derhindseligkei­­ten geführt haben,daß es sich somit zur Erkläru­n­g verpflichtet glaubt,daß die Mittel der Friedensstiftung auf Grundlage des 3.Ju­­nktes durch Rub­auds Weigerung erschöpft sin­d, und ihrer Majestiitus­iv.«(ioiein d’Israeli’s M­otion.)Der Rednermotiv ist sein Amens dement und gelangt zu den ISch 1118,daß es unter der Würde En­glands sei,jetzt s­oh­­ auf wei­­tere Unterhandlungen einzugehen Mr­.Cahles­ unterstützt dieses Amen dem­ent auf das Nach­­drücklichste.Wenneh­rrud’Israeli darum zu thaut war,das Haus zu einem­ feienslichen Au­s­­druck seiner Gesinnung zu vean­gern so werden­ diesem Amendement zu Liebe seinen Antrag zurücknehm­en,mnch wenn der Prem­ier so ehrlich denke,wie er spreche,so möge er das Lowe’sche Amendement annehmen. Mr. Roundell Palmer nimmt als selbstverständlich an, daß Niemand einen schimpf­­lichen Frieden wolle; es frage si nur was schimpfih, was ehrenhaft sei? Er stellt fi auf den Hiftlichen Standpunkt und behauptet, daß jeder Krieg in dem Augenblick, wo er seinen streng definitiven Charakter verliert, ungerecht und sündhaft wird. Und in diesem Stadium sei der Krieg angenommen. Englands Zweck war, die Integrität der Tü­rfei zu retten, Orimdlich könne dies nur dur Neforn der Institutionen des ottomanischen Reiches und durch Emanzis­­ation der christlichen Bevölkerung geschehen. Was den Schuß der Türkei gegen Außen betrifft, so habe man die von Rußland drohende Gefahr übertrieben. Seit 50 Jahren beherrsche Ruß­­land die nördlichen umd östlichen Gestade des schwarzen Meeres und habe diesen Defih nie zu einem Angriff auf die Tinfel bewüst. Wenn an den Willen, so habe es wahrscheinlich nicht die Kraft dazu. Was die Ausführung des dritten Punktes betrifft, so gebe er der zweiten von den vorgeschlagenen Methoden den D­orzug. Wenn die Türkei die Ermächtigung erhalte, im Falle der Noth die wetlichen Flotten zu Hilfe zu rufen, so sei Dies eine ganz neue Konzession, denn nach dem Vertrag von 1841­ erhielt sie dieses Recht exit nach erfolgter Kriegserklärung ; in Friedenszeiten mußte sie die Meerengen geschlossen hal­en. Er sei für diese Bedingung, weil Nußland dieselbe als weniger demüthigend annehmen könne. Wolle man Rußland mit Gewalt demüthigen, so gebe man nicht in dem Krieg eine aggressive Wendung und einen ungerechten Charakter, sondern man entzinde einen Kampf voll unabsehbarer Gefahren für das­­ Bestehende. Lord Stanley (für Frieden und gegen die Regierung) unterfrügt die Motion d’Israeli’s weniger wegen des Tadels, den sie gegen das Ministerium ausspricht, als weil sie dem Hause die erste Gelegenheit zur Diskussion dieser wichtigen Frage gab. Diplomatische furscherei ficht er als Hauptursache des Krieges­­. Gegen die Sucht Rußland um jeden Preis zu demü­ühigen warnt er aus vielen Gründen. CS sei die tollste und wahrsinnigste Idee, die je ein menschliches Gehirn zerrüttet, einen Feind zu demüthigen, wenn man ihm nicht zugleich Die Kraft raubt, die Beleidigung zu rächen. Eine solche Beleidigung sei der Verfug, die russische Kriegsflotte imt schwarzen leere zu verringern. Abgesehen davon, daß die Beschrontung um ausführbar wäre, und daß die Stipulation leicht umgangen würde, hebt er­­ hervor, daß Ruß­­land wesentlich eine Landmacht sei, und daß man selbst, wenn es gelänge seinen Arm zu See zu schwächen, zum Schuß der Tü­rfet damit blutwenig ausrichten würde. Er bittet das Haus sich einen Augenblick in Die Lage Naplands zu verlegen. Gefeßt, wir Engländer hätten eine Invasion gemacht, und wären zurtiefgedrängt worden, unsere­r Hafen wären block­t, unsere Schiffe von allen Meeren weggefegt, würden wir und viel damit brüften, daß der Feind eine unserer Festungen belagert hat? Nußland befindet si in jener Lage, uid it außerdem in zimei Feldfjlachten geschlagen worden. Englands Prestige habe daher nicht gelitten, und­ sei nicht einmal gefährdet. Den eigentlichen Ursprung de­s Krieges habe die Regierung auf dem Ge­wissen, und deshalb flimmt­ er für die tadelnde Motion des sehr ehrenunwerthen Mitgliedes für Budinghamshire. ya · » Mr.Lahard beginnt mit einigen persönlichen­ Erklärungen in Bezug auf seine Motion, die nur verschoben sei und int­ersten Bewilligungsfomite nach Pfingsten das Haus beschäftigen sol. Nach einer gedrängten Meberfigt der Ereignisfe und Mißgriffe, die den Krieg herbeige­führt, und nach einer zornigen Beleuchtung des albernen Gelübdes, die Integrität Rußlands ichonen zu wollen, sfizzirt er den Verlauf der Wiener Konferenzen und sicht zu zeigen, ie­­der ««

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