Pester Lloyd, November 1855 (Jahrgang 2, nr. 255-279)
1855-11-08 / nr. 260
genehmigt oder verwirft und die Dividende bestimmt.§.56.Der Gewinn der Anstalt besteht aus den Reinerträgnissen nach Abzug aller Unkosten.Aus dem Gewinne werden vor Allem 5pCt.auf das einbezahlte Grundkapital an die Aktionäre vertheilt. Nach Abzug des obigen Betrages werden von dem übrigen Gewinner wenigstens 5 und höcstens 20 pEt. in den Reservefond einbezogen. Der dann noch verbleibende Gewinn wird vertheilt, wie folgt: 10 pCt. erhalten die Mitglieder des Bermaltungsrathes. Weder die Art der Vertheilung derselben unter seine einzelnen Mitglieder entscheidet über Antrag des Präsidenten der Verwaltungsrath. 3 .. 10pCt.werden dazu verwendet,den Direktoren und verdienstlichsten Beiamten einen Mitgenuß an den Resultaten zu gewähren,zu welchen sie mitgewirkt haben,dann zu den Remunentionen und Unterstützungen an die übrigen Beamten und Diener der Anstalt. 80 p&t. werden an die Aktionäre als Dividende vertheilt. Die Auszahlung der Dividende findet jährlich am 1. Juli statt. Jedoch darf der Verwaltungsrath, nachdem er von den Resultaten des abgelaufenen Jahres hinreichende Kenntniß erlangt hat, den Aktionären an jedem 1. Sinner eine Abschlagszahlung verabfolgen lassen. $.57. Dividenden, welche nicht binnen 5 Jahren nach dem Tage, an welchem sie zahlbar waren, erhoben werden, sind der Gesellschaft verfallen. $. 58. Die Kreditanstalt gründet einen Nefervefond, welcher durch die im $. 56 bezeichneten Zuflüsse allmälig bis zur Höhe von 20 pCt. des Nominalbetrages der emittirten Aktien anwachsen kann. Der Nefervefond bleibt ein Eigenthum der Anstalt und sämmtlicher Aktionäre, und wird zu den statutenmäßigen Geschäften verwendet, ohne daß eine Zinsenvergütung dafür stattfindet. §. 59. Hat der Neservefond die im $. 58 bezeichnete Höhe erreicht, so hören die im $. 56 ihm zugewiesenen Bezüge auf. Wenn in irgendeinem Jahre die Reinerträgnisse der Anstalt nicht hinreichen sollten, um 5 pCt. Zinsen auf das einbezahlte Aktienkapital daraus zu vergüten, so wird das an dem Betrage dieser 5 pCt. Fehlende aus dem Nefervefond ergänzt, insofern dessen Bestand dazu hinreicht. Sinkt der Nefervefond unter die im $. 58 bestimmte Höhe herab, so beginnen die im $. 56 ihm zugewiesenen Bezüge von Neuem, S. 60. Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverbande zwischen der Gesellschaft und den einzelnen Aktronäten, oder zwischen der Gesellschaft und dem Verwaltungsrathe oder zwischen einzelnen Mitgliedern desselben, sind durch ein Schiedsgericht in Wien zu entscheiden. Zu diesem Ende m wählt in solchem Falle jeder Theil zwei Schiedsrichter, die einen fünften als Obmann benennen. Jeder Theil ist verpflichtet, seinen Gegner von der von ihm getroffenen Wahl mittelst gericht»lichen oder Notariatsaktes verständigen zu lassen. Erfolgt von Seite des Gegners binnen 14 Tagen nach erhaltener Verständigung seine Anzeige der von ihm gewählten Schiedsrichter, so haben die vom Hagenden Theile gewählten zwei Schiedsrichter sofort einen Obmann zu mählen, und zum fehiederichterlichen Spruche zu fehtreiten. Falls sich die gewählten Schiedsrichter über die Person des Obmannes nicht vereinigen künnen, entscheidet hierüber das Los. Gegen die Entscheidung des Schiedsgerichtes findet keine Berufung statt. Mrittel. Befondere Borredte der Kreditanftalt, $. 61. Die Gesellchaft führt den kaiserlichen Adler mit der Umschrift : „KR. 8. privilegirte Oesterreichische Kreditanstalt für Handel und Gewerbe‘ und untersteht als Gefragte in allen Streitsachen, in welchen nicht die Kompetenz eines besonderen Real- oder Kausal-Gerichtsstandes begründet ist, dem Ef. Handelsgerichte zu Wien. S. 62. Die Amortiferung von in Verlust gerathenen Aktien, Interimsscheinen, Obligationen und sonstigen Urkunden der Kreditanstalt oder ihrer Filialen muß ebenfalls bei dem I. E. Handelsgerichte in Wien angefacht werden. Dasselbe verfährt hierbei nach den für Die Amortifirung öffentlicher Staatspapiere bestehenden Vorseriften. S. 63. Die Verfälschung, so wie die Nachahmung der von der Streditanstalt ausgestellten Urkunden von was immer für einer Art wird mit den, gegen die Verfälschung oder Nachahmung öffentlicher Urkunden festgefegten Strafen geahndet. §. 64. Alle Urkunden, welche von der Kreditanstalt in den Ss. 4 und 5 aufgeführten Geschäften ausgestellt werden, mit Ausnahme der Akten, MWechsel- und verzinglicen Schuldverschreibungen, darin der Verträge über unbewegliches Vermögen, genießen die Freiheit von den im Allerhöchsten Patente vom 9. Februar 1850 vorgeschriebenen Gebühren. S. 65. Alle gerichtlichen Verständigungen, insbesondere alle Verbote auf die bei der Anstalt für Rechnung Dritter erliegenden Gelder oder Effekten oder sonstigen gerichtlichen Aufträge müssen der Kreditanstalt zu Handen der Dissertion durch Das Tf. ft. Handelsgericht in Wien zugestellt werden, wiprigenfalls sie dieselben nicht anzunehmen verpflichtet ist. Die Kreditanstalt kann in solchem Falle die von dem Verbote getroffenen Gelder oder Effekten bei dem FB. f. Handelsgerichte in Wien erlegen, oder während der Dauer des Verbotes zurückbehalten. Insofern, während dieser Zeit von der Kreditanstalt eine Zahlung des mit Verbot belegten Betrages zu leisten wäre, ist dieselbe zur Vergütung von Zinsen nicht verbunden. S. 66. Die Oesterreichische Kreditanstalt ist berechtigt, sich aus denjenigen Geldern, Effekten oder sonstigen Werthgegenständen, welche ihr von dem Schuldner oder für denselben zu ihrer Sicherheit übergeben worden sind, oder in deren Inhabung sie durch ein ihr statutenmäßig zustehendes Geschäft gekommen ist, vor allen andern Gläubigern zahlhaft zu machen, ohne hiezu die gerichtliche Hilfe ansuchen zu müssen. Nur bei jenen Effekten, die von dem börsenmäßigen Verkehr ausgeschlossen sind, hat sie die Versteigerung bei dem Tf. f. Handelsgerichte in Wien anzufuchen. Dieselbe muß der Kreditanstalt gegen Vorlegung eines Ausweises über den ziffermäßigen Betrag ihrer Forderung sofort bewilligt, und bei einem einzigen anzuberaumenden Termine vorgenommen werden. Börsenmäßige Effekten lágt die Kreditanstalt in solchem Falle dar einen beeideten Börsesenfal an der E. Tf. Börse zu Wien verkaufen, $. 67. Die Gesellschaftann in der Geltendmachung ihrer Ansprüche auf die im $. 66 erwähnten Gegenstände weder Durch den Tod des Schuldners oder des Eigenthümers, noch durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines verselben gehindert werden. Sie ist blos verpflichtet, den nach Befriedigung ihrer Forderung erübrigten Betrag an die Verlassenschafts- oder Konkursmaffe zu erfolgen. $.68. Selbst früher erworbene Rechte dritter Personen auf die von dem Schuldner oder für denselben der Kreditanstalt zu ihrer Sicherstellung übergebenen Gegenstände gehen den Ansprüchen derselben nur dann vor, wenn jene früheren Rechte ihr fon bei der Lebergabe bekannt, oder doch für sie unzweifelhaft erkennbar gewesen sind. + VER Eie Auflösung der Gesellschaft. $. 69. Die Anstalt hat ih aufzulösen bei Ablauf der im §. 3 festgefegten Dauer von 90 Jahren, wenn nicht eine Verlängerung derselben in der, in dem rebr vorhergehenden Jahre abzuhaltenden Generalversammlung befehloffen, und son der hohen Staatsverwaltung bewilligt wird. §. 70. Die Gesellschaft kann sich vor Ablauf der im §. 3. festgelebten Dauer auflösen, wenn : I. der Antrag zur Auflösung von dem DVerwaltungsrathe, oder von einer Anzahl Aktionäre, welche den Besich von wenigstens der Hälfte der Aktien ausweisen müssen , gestellt wird, oder IL wenn Taut einer endgültig festgeteten Bilanz verreservefend und die Hälfte des Grundkapitals verloren sein sollten. u der in beiden Fällen einzuberufenden Generalversammlung muß wenigstens ein Dritttheil der Akien vert treten sein und die Auflösung durch eine Mehrheit von zwei Dritttheilen der Stimmen beschlossen werden. $. 71. Im Falle der Auflösung der Gesellschaft werden von der Generalversammlung Fünf, nicht zum Verwaltungsrathe gehörige stimmfähige Aktionäre und vier Mitglieder des Verwaltungsrathes zu Liquidatoren gewählt. Diese haben die Liquidation unverzüglich zu beginnen und durchzuführen und der nächsten Generalversammlung über den Abschluß der Geschäfte und über die weiteren Modalitäten der Auflösung Bericht zu erstatten. Mit der Ernennung der Liquidatoren hört die Wirksamkeit des Verwaltungsrathes auf. §. 72. Bei der Auflösung ist das gesammte Eigenthum der Anstalt in bares Geld umzulesen, fammtliche fremde Barschaft hinauszuzahlen , alle Kosten und Nednungen zu begleichen, endlich der erübrigte Betrag unter die Gesellschaftsglieder, nach dem Verhältnisse der Aktien, gleichmäßig zu vertheilen. Sollten bei der Auflösung Streitigkeiten fr eigeben, so sind dieselben auf die im §. 60 vorgeteriebene Weise schiedsrichterlich zu entscheiden. in Titel Oberaufsicht der Staatsverwaltung. $. 15. Die Staatsverwaltung übt die fortwährende Aufsicht über die genaue Beobachtung der Statuten und über die Einhaltung der dem Gescäftsbetriebe der Kreditanstalt gezogenen Grenzen Dur den von ihr ernannten landeszfürstlichen Kommissar. $. 74. Der landesfürstliche Kommissär ist berechtigt, in die Geschäftsgebahrung der Anstalt, in die bezüglichen Rechnungen und andersweiten Urkunden Einsicht zu nehmen und allen Versammlungen, so weit er es für nothwendig erachtet, beizumahnen ; er ist insbesondere verpflichtet, bei der Generalversammlung anwesend zu sein, S. 75. Dem landesfürstlichen Kommissär steht die Befugniß zu, gegen jeden Beschluß des Verwaltungsrathes oder der Generalversammlung, durch welchen er das Interesse des Staates, oder die Statuten verlegt oder überschritten erachtet, Einsprache zu thun. Weder die Ausführung dere Entscheidung einzuholen und es Kreditanstalt desfals unmittelbar bei Dem eines solchen Beschlusses ist die helbig tiefe Entscheidung erfolgt, der Staatsverwaltung oder die allerhöchste Genehmigung erforderlich ist. A bleibt erstere aufgeschoben , S.76. In allen Gegenständen, bei welchen die Mitwirkung Hat die Tt. f. Finanzministerium einzuschreiten. I Ä Wien, 6. November. Man spricht von der beabsichtigten und bevorstehenden Errichtung einer Landelsakademie in Prag, die mit allen Kehrkräften und Mitteln ausgestattet werden sol, um junge Leute in allen Fächern der Handelsnwissenschaft und deren Hilfszweigen auszubilden. Jene, welche den mehrjährigen Kurs dieser kommerziellen Hochschule mit entsprechendem Erfolge zurücklegen, würden dann nach dem Projektsentwurfe der bisherigen Lehrlingszeit enthoben sein. ... Oesterreich. Ein hiesiger Ingenieur beabsichtigt eine Sabrif zu gründen , im welcher die Eisenschladen verwertet werden sollen, welche bisher als nuglose Mederbleibsel bei der Eisengewinnung vernachlässigt werden , obgleich dieselben mit Bartheil zum Dachdeden, Pflastern a. dgl. verwendet werden können. Infolge eines Finanzministerialerlasses wurde denjenigen Beamten und Angestellten, die sich der praktischen Prüfung aus der Warenkunde und dem Zollverfahren unterziehen, eine Reisesoftenvergütung zugestanden. , An Folge einer vorgenommenen Anfrage wurde bestimmt, daß nach Analogie der für Hauszinssteuerstrafen bestehenden Borsehrift, auch die im Grunde des Einkommensteuergefeges auferlegten Geldstrafen in den Steuerfond einzufließen haben und auf dieselbe Art einzuheben und zu verrechnen sind, wie Die Steuer selbst. Die Zahl der prosisorischen Marinekadetten sol dem Übernehmen nach in einer der gegenwärtigen Anzahl der Kriegsschiffe entsprechenden Weise vermehrt werden. «Ungarn.Pist Justizministerialerlaß vom 24.v.M.wurde zur mittlerweiligen Ausübung der Advokatur zugelassen: im Eperieser Oberlandesgerichtsdistrikte zu Halii,der vormalige provisorische Staatsanwaltssubstitut,Paul Jelenyi. Die Stuhlrichterkommission für das Kaschaner Verwaltungsgebiet hat die beim k.k.Stuhlrichtersamte zu Lublau,im Zipser Komitate,erledigte Aktuarstelle 2.Klasse,dem Polizeikonzeptsadjunkten 2.Klasse,bei der Polizeidirektion in Wien, Ignaz Peiil,verliehen.Die Kanalisirungsarbeiten auf der Insel Schüttweiden,wie man dem »P.N.«schreibt,eifrigst fortgelegt.Der hierdurch sicherzustellende Flächenraum macht im Komorner Komitat 122 Tausend undeinige Joch aus.Die Kosten der Kanalisirungsarbeiten werden von den Gesundbesitzern mit 14 kr.pr.Joch gedeckt. —Die Tanger Zuckerfabrik ist am 28.v.M.abgebrannt,war aber glücklicherweise einige Tage zuvor bei einer Assekuranz gegen Feuerschäden versichert worden. sn Siebenbürgen.Hermannstadt,31.Oktober.Am 28.d.M.fand zu Blasendorf die feierliche Installation Sr.Hochwürdendee.ßerrgr.-katholischen Erzbischofes Alexander Skerka Sulutin Conte Romano und der beiden hochwürdigen Herrn Sufraganbischöfe Alexander Dobra,Bischof der Lugosek,und Johann Alexi,Bischof des Szamos in earer gr.-katholischen Diözese,durch Se Eminenz den Herrn apostolischen Nuntius und Erzbischof von Bologna Kardinal Biale Prela, in feierlicher Weise statt. Am 29.Oktober in der frühesten Pwigenstunde trat Se.Eminenzdekrete Kardinal unter Begleitung des neu installirten Hrn.Erzbischofs,Sr.Exzellenz des Herrn Landesbischofes von Siebenbürgen,dann der übrigen Hektn Bisöfe und mehrerer geistlichen Würdenträger die Rückreise nach Wien über Klausennng und Großwardein an. — Am 28.Oktober,an welchem Tage in der griechisch-katholischen Domkireszu Blasendorf die Installation des Herrn Erzbischofes Alexander Sterka Sulutu stattfand,wurde ein zahlreich besuchter Wohlthätigkeitsball zu Gunsten des Kronstädtes Frauenvereins zur Unterstützung romanischer Waisenmädchen im Saale des Blassendorfer Gasthofes abgehalten,welcher den bedeutenden Ertrag von beiläufig 700 fl.CM.für den gedachten Waisenfond lieferte. YKi«onstadt,1.Novbr.Von Reisenden,welche gestennacht mit dem Eilwagen angekommen sind,erfahren wir,daß umsehen hier und Hermannstadt drei große Wälder im Brand stehen.In einigen Abtheilungen unserer Stadtwälder hat sich der gefürchtete und höchst schädliche Borkenkäfer gezeigt.Das Forstamt hat bereits die Anordnungen getroffen,daß dieser schädliche Waldfeind ausgerottet wird. Tagesneuigkeiten. Pest,7.November. «Der hochw.Herr Abt Jakob Mislin,Domherr von Großwardein (bekannt durch seine Reise nach Palästina),ist von seiner jüngsten Reise nach Egypten,Nubien,Syrien,Griechenland enthalten,wohin er Se.k. Hoheit den Herzog von Brabant begleitete,dieser Tage in Wien angekommen.Die Redaktion der«Magyar Sajto«widerlegt die Gerüchte,die von einem Eingehen des genannten ungarischen Journales wissen wollten.Der Fortbestand desselben sei vielmehr durch das edle Vertrauen des Verlegers und Buchdruckereiinhabers,des Herrn Leopold Sommer in Wien,und durch die Großmuth des Herrn Grafen Stephan Károlyi gesichert,welcher fich die,,M.S.«die Kaution von 10,000 fl.erlegt hat. 7.Wie wir einem Privatschreiben entnehmen,sind am 30.Oktober in Hommona, Zempliner Komitat, 36 Häuser ein Raub der Flammen geworden. Zum Glück für die Bewohner ist der größere Theil davon affektiiert. * Das Los Nr. 55,867, welches bei der am 3. November erfolgten Vorziehung der Klasfenskotterie 20,000 fl. WW. gewonnen hat, wurde von dem Tf. F. Steueramte Halas in Ungarn ausgegeben. * In Altofen ist dieser Tage eine Frau mit Drillingen. niedergestommten, * In Tot is it man einer Diebsbande auf die Spur genommen, welche seit längerer Zeit ihr Unwesen trieb, und bei 50 Diebstähle und zwei Rantmorde verübte. Der Mädelsführer war ein in Totis wohnender Firmenmacher, dem sein Weib, sein Sohn und zwei Töchter bei allen seinen Verbrechen thätigst beistanden. Sämmtliche Genossen der Bunde sind bereits gefänglich eingezogen. * Der Maler £ 05 arbeitet im Auftrage des Grafen Emanuel Andräffy an einem ungarischen Genrebilde, eine Tanzszene vorstellend. * Herr Gabriel Egreffy ist von seiner Baj aer Kunstreife zurückgekührt. * Herr Bag Gereben hat ein Volksstüd „ Az Anglius Debreczenben“ vollendete Fräulein Marie Seebach, den Pestern im besten Andenken, ist von einem heftigen Nervenfieber befallen und schon seit zwei Tagen bewußtlos. Man fürchtet sehr für das Leben der gefeierten Künstlerin. Nationaltheater. Frau Janofi trat gestern als „„Deborah” in Mosenthal’s gleichnamigem Stück als Gast und mit entschiedenem Beifall auf, der im Ganzen ein feher verdienter war, theilweise aber auch „‚Falschem Golde’ gespendet wurde. Ein ansprechendes Reniere und edle Plastik sind die Vorzüge, die für die Gattin gleich, einnahmen. Ihre Deflamation hingegen leidet bei allen vortrefflichen Anlagen, die ihr von der Natur geworden sind, durch Mangel an Schule, der sie in pathetischen Stellen zu singen veranlaßt. Derselbe Mangel an Schule wird noch bedauerlicher, wenn wir ihr von der Natur mit den tiefsten und höchsten vollen Tönen ausgestattetes Organ vernehmen, das sie aber nicht zu beherrschen weiß. Ihre tiefen Töne entbehren der Kraft, die Mitteltöne sind Hanglos, und werden an seidenschaftlichen Stellen Treischend. Aber aus dem Herzen und zum Herzen dringend ist ihre Deflamation in der hohen Lage, die an und für sich bei ihr ein reichhaltiges Register von Tönen is. Da ist Frau SFanofi im vollen Resie ihrer schönen Fähigkeiten, da ist ihre Deflamation richtig und von wahrem Gefühl getragen, und der Ton der Zärtlichkeit kann kaum seltener und inniger zum Ausdruck komnen, als wir es an manchen geeigneten Stellen von der gefräßten Künstlerin vernahmen. Leichter Uebergang von einer Tonlage in die andere, bessere Ausbildung der tieferen Töne, und Vermeiden des Singens in pathetischen Stellen sind dringend nothwendig, und um so mehr anzuempfehlen, da ihr Beruf zur Schauspielfunst unverkennbar ist. Möge sie sich vorläufig vor dem Forellen bewahren, dem ihr Organ nicht gewachsen ist. Das Spiel der übrigen Mitwirkenden wwar befriedigend. * Wien, 4. November. Wie bekannt, ist seit vielen Jahren unter dem hiesigen funftgebildeten Publikum die allgemeine Klage, daß man auf dem St. Marrer Friedhofe nicht wisse, an welcher Stelle der unsterbliche Tonmeister Mozart begraben worden sei. Es wurden wiederholt in dieser Angelegenheit Untersuchungen angestellt, um die Grabesstätte desselben aufzufinden. Glögg will nun auf folgende Weise in den Besit dieses Fostbaren Sundes gekommen sein. Er hat nämlich unter den Tontengräbern des St. Marrer Friedhofes in Erfahrung gebracht, daß dort eine Tradition über die Kennzeichen der Grabesstätte Mozarts bestehe. Als Mozart begraben wurde, hat einer der damals anmwesenden Todtengräber über dem Schachte einen Weizenstrauch gepflanzt, um sich selbst die Stelle zu merken, wenn Leute das Grab besuchten. Er theilte dies seinen Kameraden mit, umd Diese wieder allen ihren Nachfolgern, so daß noch gegenwärtig unter den Todtengräbern die Tradition über die „Mozartsveive” fortbesteht. Der Strauch ist inzwischen zu einem kräftigen Baume herangewachsen und befindet sich noch in jener Gegend, wo bisher allgemein angenommen wurde, Daß Mozart begraben liege,. Glöggl hat bereits die Einleitung zur Konstativung dieser Angaben getroffen, und es wird sich sodann ein Komits bilden, um dem Komponisten des „Don Juan" ein würdiges Denkmal zu seben. Neueste Post. Paris, 4. November. Wie der „Moniteur” meldet, hat der Kaiser, um dem General Bosquet seine ganze Verthschäßung des suhmreichen Antheild fund zu geben, ven er an den großen Ereignissen des Krieges im Orient genommen hat, von Kapitän Morand, einen seiner Ordonnanz-Dffiziere, nach Marseille ihm entgegengesandt, um ihm die militärische Medaille zu überbringen. Paris, 5. November. Der „Constitutionnel” bespricht heute die Anwesenheit der deutschen Minister in Paris und erblich darin ein Zeichen, daß Deutschland zur Einsicht gekommen, wie es ss auf falschem Wege befunden, wenn es geglaubt, durch seine Neutralität die Herstellung des Friedens zu beschleunigen, und wie Rußland nicht eher nachgeben werde, als bis der Czar sich einer europäischen Koalition gegenüber befände. Ein entleßlich weitschweifiger Wiener Brief desselben Blattes theilt mit, daß Ftankreich neuerdings eine Note erlassen habe, worin er auf die, troß des Falles von Sebastopol fortdauernde Bedeutung des 3. Punktes hinweist. Er nimmt davon Gelegenheit, durch eine Reihe von Thatsachen zu zeigen, daß in dieser Bürgschaft nichts dem Völkerrechte Widersprechendes liege, obschon der König von Preußen das Ansinnen, jener Garantie beizutreten, zur Zeit der Wedell’schen Mission mit den Worten abgelehnt: „Ich soll also das Königthum mit meiner eigenen Hand ohrfeigen, indem ich mich verpflichte, meinem Schwager Bedingungen aufzuerlegen, die mit der Würde der Krone und mit der Fülle souverainer Macht unverträglich sind ?" Nußland habe der souverainen Würde der Pforte und Persiens ganz andere Zumuthungen gemacht, wie der Korresponvent durch Zitate aus den verschiedenen Friedensschlüffen zu beweisen sie abmüht. Da schon 1833 seien die Prätentionen Rußlands so arg geworden, daß Frankreich die offizielle Erklärung abgegeben habe, er werde im Oriente so handeln, als eriftire der damals eben abgeschlossene Vertrag von Unfhiar Sieleffi nicht. Darauf habe Neffelrode im Auftrage des Grafen erwidert, Rußland werde Konstantinopel gegenüber so verfahren, ab eriftire die erwähnte französische Note nicht. Es scheint, daß der Zwischenfall, der sich in Athen ereignet hat, und wovon der „Moniteur“ berichtete, noch wichtiger gewesen sei, als dieses offizielle Organes sagte. Die Anwesenheit ihrer Majestäten in der griechischen Kirche hat eine Evakation hervorgerufen, die sich einen Augenblick der ganzen Stadt mittheilte, und sie in dem Ruf verriet: „Tod den Franzosen! Tod den Engländern!” — hierbei wurden Flüche gegen die Berruther ausgestoßen, unter denen auc, der Name des Generals Kalergis genannt wurde. Die Negierung soll, fügt man hinzu, ANes aufgeboten haben, um diesen lebereifer,, dessen unmilitärliche Ursasche sie gewesen, zu besänftigen; aber es gelang ihr nur mit Mühe. Nach Berichten der hiesigen „‚Pfefse” aus Konstantinopel , weigerten fich die Bischöfe und Patriarchen selbst auf die dritte Aufforderung, sich über ihre Rechte auf die Abgaben der moldauischen Klöster zu rechtfertigen, sie wollen hierüber seine Erklärung geben, bis das Sequester auf ihre Revenuen aus der Moldau aufgehoben sein wird. Am 7. November sind diese Abgaben fällig; sollte bis dahin keine Entscheidung erfolgen, so wird die moldauische Regierung, von welcher das erwähnte Sequester herrührt, dasselbe aufheben. Daher das Streben der Geistlichkeit bis dahin Zeit zu gewinnen. London, 3. November. Die „Times“ bereitet ihre Leser auf die neuen Anforderungen an die Kräfte Englands vor, welche bei einer Hortdauer des Krieges nicht ausbleiben werden. (Mir kommen in unserem nächsten Abendblatte darauf zurüd. D. R.) Kriegsschauplat. Die Depesche Peliffier’s über die legte Mefognoszirung V’Alonvielle’s Liegt fest vor, stimmt aber fast wörtlich mit dem telegraphischen Auszuge überein. Der französische Marineminister hat vom Schiffskapitain Guilbert, dem Befehlshaber der Fregatte „Eleopatra“ und der französlschen Blefade der Weißmeerhäfen, einen ausführlichen Bericht vom 29. Oktober erhalten, aus welchem der „Moniteur” Auszüge mittheilt: ‚Der Befehlshaber der britischen Streitkräfte und ich’, meldet Guilbert, ‚‚hatten als Regel aufgestellt, daß wir alle Küstenschiffe aufhalten und vernichten, die übrigen Fahrzeuge jedoch, die bios den Ortschaften zu dienen schienen, frei parkten lassen wollten. Aber als wir später erfuhren, daß man sich der regieren bedient habe, um 2000 Gewehre an die verschiedenen Küstenortschaften zu vertrieben, und zwar geradezu unter unseren Augen, beschlossen wir, jeder Art von Schifffahrtsverfehr und wäre es der kleinste Nadjen, ein Ende zu machen, was denn auch streng ausgeführt wurde. Die Küste des weißen Meeres ist mit einer Menge von Dörfern belegt, unter welchen einige durch ihre Bevölkerung und ihren Handel mit Norwegen ziemlich bedeutend sind. Von letteren wurden Ponea und Keum durch einige Hundert Soldaten vertheidigt; auch war man beschäftigt, an den Bächen entlang, an denen sie liegen, Vertheidigungsmwerfe zu errichten. In Same und Kerat lagen gleichfalls Soldaten , und die Bewohner waren als Milizen organisirt und bewaffnet. Der Schiffskapitän berichtet nun, daß sie anfangs Diese drei Tepteren Ortschaften hätten nehmen wollen, um die dortigen Negierungsetablissements zu zerstören, doch daß sie diesen Plan aufgegeben, als sie erfahren, daß Die zahlreichen Schiffe, die im vorigen Sabre hier lagen, in die Dwina gefchtet wurden, bevor das feindliche Geschwader erschien. Die anderen Küstenortschaften schienen von den aus Archangel geschieiten Gewehren keinen Gebrauch machen zu wollen, und die Franzosen waren mit einigen sogar wegen frischer Lebensmittel in Verkehr getreten, als die russische Regierung jede freiwillige Beziehung zu den Verbündeten mit Verbannung nach Sibirien belegte. Außer diesem Verbote wurde auch der religiöse Fanatismus jener unmissenden Bevölkerungen aufgestachelt, indem die Feinde als „Sottlose‘ bezeichnet wurden ; zugleich wurden Medaillen vertheilt, welche ‚"unfehlbar" gegen die feindlichen Waffen fachen sollten. Kein einziges neutrales Schiff zeigte sie im Weißen Meere während der Unwesenheit des Geschwaders; dagegen machten wiederholt russische Schiffe bei Nacht und Nebel den Berfuch , nach Norwegen zu fahren. Sie wurden fast alle genommen, und ihre Anzahl beträgt sehszig, mit einem Gehalte von etwa neunhundert Tonnen. Da seines zur Meberfahrt nach Frankreich tauglich war, so würden sie sämmtlich vernichtet. In der norwegischen Stadt Wardacuus erfuhren die Branzosen aus archangeler Briefen, daß der Schaden, den die Blofade anrichte, Höchst empfindlich sei, da sonst jedes Jahr an 600 neutrale Schiffe von durchschnittlich 200 Tonnen ins weite Meer einlaufen und die Höhe der Ausfuhr also 120,000 Tonnen betragen muß, umgerechnet die 15,000 Tonnen, welche vor russischen und norwegischen Küstenschiffen geladen werden. Die ganze Schifffahrts- und Handelsbewegung, die durch die Blofade aufgehoben wurde, läßt sich auf 148.000 Tonnen veranschlagen. Je großartiger der Ausfuhrhandel der Testen Sabre aus den Weißmeerhäfen war, desto empfindlicher wird sid mehr und mehr die jenige gänzliche Sperre erweisen. Da es seit Anfang Oktober in jener Gegenden immer kälter wurde, so daß man am 9. bereits sieben Grad Kälte hatte , so trat das Geschwader die Radfahrt unter dem Säbelrufe der Franzosenare an, welche vier Monate lang fast täglich Mühen und Beschwerden zu beeben hatten. Verantwortlicher Redakteur: Karl Weißfircher, ,