Pester Lloyd, Mai 1856 (Jahrgang 3, nr. 103-126)

1856-05-28 / nr. 123

v # BE Wir j numerationspreis beträgt : im Peft:Of­lich einmaliger Wortversendung ganzjährig 16 fl., halbjährig S fi ! Die Beträge sind in frankierten Briefen einzusenden. Um Beischluß einer der gedruckten Adressenschleifen wird gebeten, ersuchen jene unserer Herren Abonnenten, deren Pränumeration mit feptem­­ i Mai endet, dieselbe baldm­öglichst erneuern zu wollen. Der Präs­en mit täg 'ich z­­eimaliger Zusendung ins Haus ganzjährig 14 fl., halbjährig 7 fl., vierteljährig Sfl.30 Fr., mit tag­ e, vierteljährig A fl, mit täglich zweimaliger Postversendung um 10 Fr. monatlich mehr. Die Expedition. zur die Die Tscherkeffen. „Die Tonten reiten schnell!" .. Angesichtes, weder die Anerkennung machte gewesen Minder, in wie , und Journale Englands in Betreff der Tscherkeffen weniger gemählt, als die parlamentarische, so zu sein, feines habe, finde, als der hat sie Oberhoheit sichen Stämme anzubieten. Bei machen, daß die hundertjährigen girte Nuffen geworden, und daß wäre, bei dem Mäh­vchen, Cody den Vorzug aufrichtiger des etwas für dieselben auf Affen die Frage scheint ist Die Sprache der offiziösen Bereiche der Möglichkeit gelegen Sultans zu bewegen. Und in demselben Augenblice ward er durch jene Deputation widerlegt, die nach Konstantinopel eilte, um dem Sultan freiwillig den Verfallenei­ der fanta den Gemeinen den Sinn gekommen zu sein. Doch Heft, 27. Mai. Clarendon im Schweiße Spärchen und Anemvoten sie mühte Lord Palmer­­ston si ab, durch trockene Todfeinde ver­­raren urplöglic­h­enwat es reiner Vorwig von Seiten­ der Welt­­zu stipuliren. Ob Schamyl’s passives Verhalten während des­ orientalischen Krieges in der­ Unthätig­­keit der Alliirten mit Bezug nicht eine einfachere „Humbug :" Ministerium und Opposition mußten, daß Erklärung raffenfreundlicher S­ympathien in Alles­bach nur sie einander nur wie in der diplomatischen Welt öfter zum guten Ton gehört, anzunehmen, der Zukunft, sondern nur Holle ein fast in tiefer Politiker, sondern die Phrasen noch auch ein Traum „essiltratorische Mission“ zu in der parlamentarischen die Masse des Gegners für banre Münze. Die Presse entlich hat die ganze, vie volle Wahrheit gesagt. „Die tfcherfeffliche Unabhängigkeit ist jegt nicht mehr der Vergangenheit“, belehrt die „Morning Post“ ihren aristokratischen Leserpreis. Und „Times", ges­treu ihrer accompli das unvermeidlich geworden, mit irgend einem zeitgemäßen Schlagwort aufzusugen, damit John Bull sich wieder dem erfreulichen Bewußtsein erfüllen könne, nicht als ehrenwerther Gentleman gehandelt zu haben: „Times“ beweist dem Londoner Codney, wie Nußland im Ra fafus habe, bei Leibe nicht stören Dürfe. Nufland hat denn auch Durd seine jüngste Nazzia und die es fortgeführt, sofort Fonstatirt, daß es die ihm übertragene Sendung acceptirt. Er hat offenbar Eile gehabt schaffen, men sollte, wo England Petersburger Kabinett fest so freundschaftlich Seiten daß sich zu somz „Berufe”, den es dem oftroyirt. Kurz, auf allen ist: „Lönnt ihr euch selber eurer Haut wehren, gut! was aber an uns zu wande unser Gewissen Stunde hat geschlagen, wo das Wort in Erfüllung gehen soll, das Der Graf 00330 di Borgo schon nach dem Frieden von Admianopel triumphirend­ niederschrieb: „Die Öffentliche Meinung Europas opfert uns Die­ Ostfüste des Schwarzen Meeres auf." Die Tiraden der englischen Blätter sind fehr­er nur Darf man bei Leibe nicht glauben, daß sie neu sind. Die Maschinerie, welche die Näher der haute politique in Bewegung erhält, it bei weitem weniger komplizist, als gewöhnliche Zuschauer zu glauben geneigt sind: man feßt sich in jenen Negionen nicht in Unfpften, um neue Motive und Borwände zu­ erfinden, so lange die alten noch ausreichen. Das Berz­hältung Englands zu den Tscherfeffen nun entspricht Zug um Zug der Situation aus dem Ende der zwanziger Jahre, als die Wegnahme einer britischen Brigg auf dem Pontus durch die Ruffen und der rufffischetürs­tische Krieg die Aufmerksamkeit der Staatsmänner an, der Themse zuerst auf den Kauf a­us sensten. Schon damals, wie Fürst Metternich sich ver­­geblich abmühte, eine österreichische westmächtliche Allianz zu Stande zu bringen, war die „zivilisatorische Milton, Die Rußland bei den Berg­wölfern zu erfüllen habe", das Stedenpferd, des „Courier“ und’ alfer an­­dern Torgorgatte, die einen Bruch mit dem Czaren zu verhindern fliehten. Sept holt man eben broß den alten Paradegatil wieder aus dem Stalle, daß er im Laufe der Dezennien etwas sendenlahm geworden, Th­anet Nichts — man meiß, Die Menge sieht so Scharf nicht hin, Wie heute, so erliegen die Tscherfeffen auch 1829, als die Pforte im Ror­anopfer Srieden die rein nominelle Oberhoheit, die an Rußland sich allerdings, wir seien feine Sklaven ferer Bek­ämpfung, Ueberwachung, Einschließung beschäftigt + werden Der Vertreter eben des Kaisers, der und + er hat neulich Unterhandlungen mit sich) über die „Helft Euch Oftfüfte des sind, sie über “jene Stämme geübt, an Nußland abtrat, eine feierliche Erklärung zur Wahr­­ung ihrer Unabhängigkeit an die europäischen Kabinete : Mit tiefster Beschämung — sagten sie in diesem Aftenftüde — hören mir, daß unser Land auf allen europäischen Karten als ein Bestandtheil Rußlands figu­­tirt und daß uns unbekannte Traftate zwischen Rußland und der ZTürfel unterzeich­­net worden sein müssen, die da sorgeben, den Nufen zittert, und diese Berge abzutreten, in die der Nuffe in die diese oder Horden wilder Banditen, die Fein Wohfwollen und fein Gefeg zu zügeln vermag. Wer beiden die Ist mit une Eu­ Telber und Gott wird Euch helfen!“ Rußland MM ‚uns zu cehiren? Wir erklären die Lehnsleute des Sultans sein zu wollen, doch wenn er in Frieden mit dem Czaren lebt, kann er den Eid derer nicht anneh­­men, die sich mit demselden im Kriege befinden. Unsere Huldigung ist ein Freiwil­­liges. Anerbieten : der Sultan kann sie nicht feilbieten , denn hat sie nicht­ er­­fauft. Sind wir erst unterjocht, so werden 100.000 Mussomiter, überziehen. Heute zerstreut auf unseren steilen, unfuchtbaren Belfenz mit unseren unerschrocher­nen Bergbewohnern ringend sie morgen eure reichen . Ebenen überschwen­­den, Eure Rajahs und Euch selber unterwerfen. Unsere Berge sind das Bollwerk Persiens und der Türfel + läßt man uns im Stiche, so werden sie zu dem weit offen stehenden Shore, durch das Länder eindringt , deren Schuß sie waren. Wer den Herd ben marstrt wie das feinige­liche Meinung Europas verteidigen Hauses sorgfältig fohliefen. Nein! Wir ‚werfstelligen, und um faire Antwort, tann­en George Dandin‘“ im Monde." ahnen, Gutrill "England, wenn will, wo der muß zuerst die Thüre des führen vor den Augen Euro­­pas­ zu seinen Leibeigenen zählt und auf der Karte unser Land mit denselben Far­­ben BZi­tafflern eröffnet, nicht um jhnen eine Amneide für ihre Nebellion anzubieten, sondern um den Műdzug eines Corps von 20.000 Ruffen, die unter den Austausch der­ Gefangenen mit und zu ver­ ftändigen. Die Warnungen wie die Bitten der Tfeherfeffen verhallten vor 27 Jahren nicht minder spurlos, ab­ 1856 ihr Notiz und Drohruf in London, Paris und Konstantinopel. Zum zweiten Male „gibt sehmarten Meeres Rußland Preis”; wieder hat die Diplomatie für die Bergstimme namentlich England die Abwehr der Gefahren, mit denen eine J3nforz­portrung Círcaffiens auch von Westen bedrohen würde, noch lange den Helden verdanft, von denen er einen solchen Dienst zu erwarten am wenigsten berechtigt it. An einem Wolfe, das sie Jahrhunderte lang der Tatarenherrs­­chaft zu erwehren gewußt, das sich weder das persische, noch das türkis­­che Sec, aufzwingen lieh; das wider seinen nordischen Nachbar einen fast 500jährigen Kampf mit Ehren bestanden; dem gegenüber Rußland seine irgend nennenswerthen Fortschritte vch­affen, o gz daß ihre Kraft dazu ausreicht; und daß Europa, das Mannes im Monde. Das Schicsal ver Krimmtartaren, die jeit nach der werz machen konnte, obschon verschwendet; an ei­­nem solchen Bolfe darf man nicht vor der Zeit verzweifeln; Ifoliet, so­lange es sich die Faufafishen Berglante 1813 im Frieden zu Oulistane von Persien, 1826 zu Afjerman von der Pforte, die faftisch dort eben so wenig zu befehlen hatte als der Schah, und 1829 "zu Adrianopel nochmals Anger­­icht8 ganz Europas vom Sultane abtreten lieh — Berlaufe der Jahrzehnten mehr denn eine halbe Million Menschen und unermeßliche Schäge an die Eroberung Chreaffiens nicht selber aufgibt! Allein... Die jüngste Apresie der Tscherkeffen schlägt einen trüben Ton an: sie lágt den Wagenbid­­antes eisernen Wilfen für die Berguölfer das einzige Mittel von Allen Unterwerfung unter Nuse sein wird, der Vernichtung zu entgehen Sollte ich dann zeigen, daß Rußland sehr wohl gewußt, weshalb es zur Niederreifung jenes Bol­werfes so gewaltige und kortspielige Hebel angefest, so kann Großbri­­tin mit Lord Palmerston’s Späßen und einem , tu las voulu, trösten. Freilich hat die „Morning Pot“ entdeckt, daß „ein rufsischer Kaufasus für Dfvidien nicht gefährlicher sei als der Mann dem wirfliä fo­rt! Denn, nach der Preisgebung von Kars und nach der Aufopferu­ng der Tieher­­‘feffen hat­ es wohl, bei einem ‚Angriffe seiner asiatischen Befisungen, oder selbst Anatolien’s und Persien’s auf den Beistand der orientalischen Beffer eben so wenig zu rechnen, wie auf die Hilfe des pesteten Dobrudscha auswandern, wird den Stämmen des Ostens als Wahrzeichen für Jahrhunderte dienen­ . Wien, 24. Mai. Die allgemeine Erwartung, daß die 98­te bergefeige in nicht gar ferner Zeit aufgehoben werden und daß diese Aufhebung auch auf die Vergangenheit zurücwirfen werde, fördert interessante Erscheinungen zu Tage, worunter die in den weitesten Krei­­­sen bekannt werdenden strafgerichtlichen­ Wucherprogesse zu nennen sind. Weniger bekannt und von unlangbar größerem­nteresse ist die Thatz fache, Daß in der legten Zeit einige Civilmacherprogesse bei den hiesigen Zivilgerichten zur Urtheilsschöpfung eingelegt worden sind, d. h. einige Bewucherte, welche bei dem Strafgerichte die Wucheranzeige gemacht hatten, mit derselben aber wegen Berjährung des BVergehens des Mi­cherg, oder weil der angezeigte Fall ungefeglicher Zinfennahme unter das Wucergefrg nicht firifte subsumirt werden konnte, abgewiesen worden sind, haben nun bei den Zivilgerichten gegen ihre wucherlschen Gläu­­biger Klagen auf Zurückzahlung des über das gesechlich erlaubte Binz­­enmaß empfangenen Zinsenbetrages eingebracht und berufen sich hiebei auf die Normen des bürgerlichen Gefesbuches, namentlich auf die ss. 995, 4451 und 878 desselben, als die ihren Ansprücen günstigen Ent­­scheidungsquellen. 8 ist nach dem Inhalt des Civilgefeßes wahrschein­­lich, daß die Gerichte die eingefragten­ Ansprüche anerkennen, und dem­­gemäße Entscheidungen fällen werden, aber fol­ge. Beispiele zeigen be­­sonders einpringlich den remoralisirenden Einfluß, den die Wuchergefäße auf die Schuldner üben, daß diese sogar, nachdem ihren Anzeigen von der Strafbehörde nicht stattgegeben worden ist, den Civilrechtsweg erz­greifen, um­­ii ihrer in Nothlagen eingegangenen Verpflichtungen zu entledigen, oder besser die Wirfungen derselben wieder aufzuheben. Denn wie ich höre, wurden die streitigen­ Zinsenbeträge schon­ vor vielen Sah­­ren an­ die Gläubiger bezahlt und erfl­ießt, nachdem die Schulpner aber­­mals in Grioserlegenheiten gerathen sind, greifen sie zu einer Gigilfrage auf Nachzahlung des Zinsenübermaßes als rem geeignetsten Mittel, sich Geld zu verschaffen. Unter dem Eindruckk foldy betrübender Vorkomme­n ist wohl mit Zuversicht auf baldige Besseiung von legislativer Seite zu hoffen. R Wien, 26. Mai. Das von der Tf. Tf. Negierung erlassene Amnestiedekret wird von den Tomb. - venet. Emigrirten sehr zahlreich benügt, und es sind bereits sehr viele Gefuche um die Erlaub­­niß zur Rückehr in’s Vaterland und Aufhebung des Sequeiterd einges reicht worden. Die von mehreren Seiten gemachte Angabe, daß die italienischen Emigrirten die österreichische Animestie nicht benügen wür­­den, erweist sich demnach als unrichtig. E. C. London, 24. Mai. Lord B­almerston erklärte heute mehreren Deputationen aus Westminster und St. Pancras, die ihm in Sacıen der Partmufit ihre Aufwartung machten, er habe niemals sagen wollen, dass die arbeitenden Klassen sich für einen rationellen Br­auß unempfänglich oder gleichgiftig gezeigt hätten, was auch ganz un­­natürlich wäre. Se. Lor­schaft ertheilte darauf dem Benehmen der untern Klaffen Die wärmsten Lobsprüce. . Der­ Grund der Maßregel, über die so laut gefragt werde, sei einfach der, daß ein sehr großer Theil des Bolfes aus religiösen Strupeln die Mufif am Sonntag verdamme. In der That habe der Erzbischof von Canterbury im Namen der meisten Bischöfe und eines großen Theils ver hohen Aristokratie gegen die Nufis protestiet, es gehöre aber nicht zu den Funktionen einer Regierung, in religiösen Meinungskonflikten Partei für oder wider zu nehmen. Unter diesen Umständen könne er dem Publikum seine Hoffnung auf Wieders­einführung des Sonntagsvergnügens machen. — Ein Mr. George fragte, ob die Polizei einschreiten würde, wenn das Publikum fi­­eine Musiker in die Paris selbst mitbrächte? Auf morgen fehline Anstalt , Darıt,ge­­troffen. Lord Palmerston konnte darüber seine Auskunft auf der eine Im Oberhause bewies Graf 8 nicht Nevensarten zum Besten gaben, ter MWeften und insbesondere firtes Bolf im Unabhängigkeit der Bergselfer zu der wohlfeilen Supposition­ale halte man einmal es auf das herrfcht verlaufen, e8 Die sich dem erlen ist auch und daß berufen kann, ein Haar findet es, falls doch in dem Großbritannien den das haben wir gethban; und zu besehwichtigen, fehlt Lircaffieri sagt , ist euch­ an einem anständigen Bort es uns­­serborgen, noch der Welt weis zu in der ein cí­­líz D Viscount gar nicht einst eine Zeit auch nicht!" am Ente ein ein Schattenbild blos al$ 6,000 Präcedenz schönste Harmonie; und der Sinn des Ganzen Die dem Westen weis macht, und Sieger find, Ist es doch nicht es sich S­ieger, sind unabhängig, weil vor sie nie den Buß gefegts; daß er denen sie hat das Necht wir. Krieg. BOIE cernirt hatte, zu bee die öffent­­lichts als vie ja, obschon es im un­d ERTE PETER Die diesmonatliche Kunstausstellung.­ ­­ In unserem jüngst erstatteten Berichte, dessen sich vielleicht ein, oder der andere Leser erinnern wird, wurde aus Anlaß des spärlichen Besuches dem Publik­um ein zarter Vorwurf gemacht. Da wir uns nicht einbilden, einen leitenden Einfluß auf den Geschmad oder den Kunstsinn auszuüben, ja sogar in anerkennenswerther Bes­eidenheit reife Zweifel hegen, ob selbst die Stammgäste dieses Feuilletons ich namhaft um unsere allmonatlichen Bergpredigten kümmern ; so fällt es uns, auch nicht im Entferntesten ein, das Verdienst des jedigen regen Interesses in Anspruch­ zu nehmen. Wir pwisfen, und alle Welt rennt den Magnet, der unsern frommen Wünschen so unerwartet zu Hilfe gekommen ist. Wir freuen und mit der Thatsadie und Waffen­eg­ung selbst gern gefallen, wenn die ruhige Betrachtung hie und da durch größeren Andrang oder durch laut werdende, mehr oder wenige naive Kritiken in mehr oder weniger verantwortlicher Syntar gestört wird. Die leider etwas eng gezimmerten Räume des Kunstvereins sind seit der Wieder­­eröffnung am 10. Mai voll von Besuchern, die elegante Welt scheint fs diesmal Her ihr tägliches Stellvichein gegeben zu haben; man hört Teife flüstern und laut fouversiren, Fischern und laden, und sieht eine wahre Mai­­flora von schönen Gesichtern. Aber auch in jenen stillen Stunden, wo sich das fünftsinn­ige Publikum anmälig zurückgezogen hat, um den prosaischeren Genüssen der Mahlzeit zu seben, findet man da die allerbeste Gesellschaft. Eben glaubtest du noch allein zu sein, und sehen umgeben und umschweben Dich die anziehendsten Blondinen und Brünetten, neden dich, lächeln dir zu oder schauen dich über die Schultern an, als fragten sie: was fuchst du unter uns? Und ernste Männergestalten stehen vor dir mit forschenden Bn­­­den, und munter d’rein schauende Herren scheinen ihr vive la bagatelle in die Welt zu rufen; — mit Einem Worte, Du befindet dich mitten »’rin in der besten Gesellschaft. Der Leser ist Hug, er weiß, es sind nur Porträts, für Porträts! Und so wären wir denn mit Hilfe unserer Harmlosen Bision „in me­­dias res"­gerathen, recht­en Herz der Diesmonatlichen Anstellung, die in seinem Sache so Bemerkenswerthes nachweiset, als in dem gemeinhin so ges­aing gefchätten Porträt. Man hört gar oft Die Meinung Aufern, daß un­sere Altvordern weit interessantere Physiognomien gehabt haben, daß es sei nur wenig sr ausbruchsvoll markige Köpfe­ gebe, wie sie Rubens gemalt hat, und daß so ein Amsterdamer Bürgermeister van Dyd gar nicht­ mehr vorkomme, so wenig als ein lebendes Mammuth oder ein Ichtyosaurus. Sie kommen aber wirklich vor, diese ernsten und lachenden Gesichter.­­Diese war­­men fleischigen Töne, diese Dreimasterfiguren, sie wandeln leibhaftig auf allen Straßen aller Städte herum; nur die Porträtmaler sind selten geworden, die van Dyt und Holbein spielen Berstedens, das größte Meisterwerk der schöpfe­­rischen Natur, das edle Menschenantlag, findet nicht mehr Die genialen Madja­bildner von ehemals. Darum fo oft die Klage über eine Kunstausstellung: „langweilig , nichts aló. Porträts und Landschaften", es sind eben Feine Porträts und­ feine Landschaften, alles so flach und fade und menschenunähnl lich im­ Bildnis, alles so. hölzern und midrig gelb und spinatartig grün, und blau verhimmelt in der Landschaft ; die Rahmen 048 Befte an beiden. Darum lieber eine Schauerscene aus der Geschichte Siebenbürgen’s, und wäre sie noch: so verzeichnet, man glaubt doc­h Etwas zu sehen,, darum Fieber das unbedeutendste »Genrebild , es ist.Doch nicht täppischer als dag Leben; oder Sammt und­ Seide von Borfos, man hört sie ja rauschen; oder Blumen und Früchte, das ist Doch unverfälschte Natur, Also diesmal haben wir Porträts, Die eine solche Klage nicht weden, die alle Welt befriedigen und so Manchen enthuslasmiren, Wir wollen nicht sagen, dag Nah! ein großer Porträtmaler ist, seine Lorbern hat er sich zumeist­ auf anderem ‚Felde geholt; aber der geniale Mann, der in vie­len herrlichen Werken den­ besten Kräften seiner Zeit, es gleich gethan, bläst den Prometheusfunden überall an, wo er Hand anlegt. Genial und herr­­lich sind­ auch seine Porträts; er hat deren auf einmal 25, eine ganze Gallerie, zur Schau gestellt. Schade, daß­ die schleichte Aufstellung der Wir­­tung erheblichen Eintrag thut, Denn da Nah! in seiner bekannten breiten Manier, malt und jeden nicht fünstlerischen Effekt, dur F eine Mittelchen oder­ gelechte Ausführung gründlich, verschmäht, so kann man die seltöne Har­­monie der Farbentöne nur bei einem womeglich entfernten Standpunkte wahr­­nehmen, der aber bei der ‚gegenwärtigen Aufstellung eben unmöglich wird. So kommt es, daß­ die Mehrzahl der Porträts mehr den Einbruch einer meisterhaften Skizze machen, als den eines vollendeten­ Bildes, ein Umstand, der bei den Snieftüden um so greller Herbortritt, als hier wirklich an Hän­­den und­ Kostüm eine zu flüchtige Behandlung dem Meister vorgeworfen werden kann. Aber in­ wenigen Monaten eine solche Reihe von Porträts auch nur bis zu diesem Grade der Vollendung auszuführen, bleibt immer eine staunenswerthe Sache, um Die Rahl von allen feinen Ninalen beneidet werden dürfte, Fragt man, wie Nahl es anstellt, seine Porträts in verhältnismäßig so kurzer Zeit fertig zu machen, so erklärt sich Dies zunächst durch die Gypg- Leinwand, Die,er nah. Art der alten Benetianer Dazu verwendet, Der Gye, welcher mit dem Pinsel aufgetragen wird, laßt Die Lachen Durchschim­­mern, verschludt Die Delfarben, und macht, daß das Del nach vorn und rüdwärts rasch verdunftet, Durch Dieses Verfahren gewinnt ein Maler dies an Zeit, während­ beim­­ Malen­­ auf ge­wöhnliger Delleinwand,, auf welcher die Farben. langsam verdunften, Die Arbeit oft auch mehr als eine Woche ausgefeßt werden muß. Lerner beschleuniget, seine bekannte Manier, die­­ erste, Anlage grau in grau zu malen, die hierauf folgende Ausführung technisch ungemein , so daß diese Methode bald zu einer allgemein ange­­nommenen zu werden verspricht. Ohne die Virtuosität im Zeichnen und den unermüdlichsten Streiß wäre jed­och das Käthsel noch immer nicht geläst, genannte Meister in hohem Grade. Zeichnen ist die Seele der Malerei, eine Wahrheit, die heute nicht mehr demonstrirt­ zu werden braucht, wie zu Göthe’s Zeiten, wo noch immer die beiden großen Weltschulen der Maler und Zeichner, wenn man’s so nennen darf, ich in den Haaren gelegen sind. Hier hat die echte deutsche Kunst längst den Ausschlag gegeben, so daß die Erörierungen » Heinfe’s Über diesen Gegenstand, so föstlich sie immer sind, heute. dennoch schon den Eindruck des gröbsten Anachronismus machen. Mir empfehlen übrigens diese ersten Kapitel des Archingello, eines überhaupt zu früh vergeffenen deutschen Meisterwerfes, Jedem, der sich über die innersten Beziehungen der Malerei belehren wil. Natürlich gilt Diese Empfehlung nur für Laien, die wir selbst sind; bei den Künstlern, die von jeher eine eifersüchtige Gereiztheit gegen alle esoterische Einmischung zeigten, würden mir mit Diesem gewiß Funftvurchlichten, blendend gefärbten Archin­­gelb­ übel anfommen, Gott bewahre uns vor solcher Laienanmaßung. Aber Nacht ist eben ein solcher Zeichner, wie er dort gepredigt wird, einer jener Forretten Zeichner, die eine ganze Charakteristik mit wenigen Li­­nien herstellen, und diese Charakteristik ist es, welche seine Portraits noch immer zu Meisterwerfen machen wird, wenn man jene anderen der Barbe auch hie und da vermissen muß. Die Augen an allen diesen Bildern sind mit reiner Genialität gemacht, die selbst dem ungeübtesten Beschauer auffallen muß, vorzüglich an den Frauen, die, beiläufig gejagt, überhaupt glücklicher gelungen sind, als die Männer. Man war überrascht, neben Nuhl’s sest ange erwarteten Portraits, auch noch fü­r andere zugleich ausgestellte Sinn zu haben. Es sind eben diesmal, wie wir Eingangs erwähnt haben, die Portraits an der Neihe, und mie das DBöse, nach dem Motte des Dichters, so fommt auch Das Gute selten allein, Zwei Stürze von ©. Müller in Wien fliehen den eben bespro­­chenen würdig zur Seite, ja übertreffen selbe in mehr als einer Beziehung. Meinen wir zuerst Die eminente Harmonie der Farbentöne, einen Schmelz, der eben so weit von Verweichlichter G­latte, als von Ängstlichem Zupfel­tun entfernt ist. Hier ist Sleich und Blut und von ffizzenhaftem Sichgehenlas­­fen seine Spur. Man merke es wohl, fleißig gemalt wäre nicht genug ge­­sagt, aber meisterhaft gemalt, trefflich gezeichnet, gewissenhaft ausgeführt bis in die Details des Kostü­ms, das als ungarische Magnatentracht bekanntlich große Wirkung that. Ein junger Künstler von aufstrebendem Talent it Deconomo, dessen zwei Siniestücke sich in jeder Nachbarschaft sehen Taffen können. Die große Genauigkeit seines Naturstudiums an Gesicht und Händen bezeichnet ihn als denkenden Künstler, dem bei der augenscheinlich glück­hen Farben­­begabung der Weg zu den höchsten Negionen der Meisterschaft offen steht. Seine herrliche Behandlung der Hände, die an sich ein kleines chef d’oeuvre darstellen, konnten si Viele zum Muster nehmen, die Diesen so m­asteristischen Theil des menschlichen Köpers so ganz als Nebenfade betrachten, Aber was |

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