Pester Lloyd - Abendblatt, Mai 1856 (Jahrgang 3, nr. 101-124)

1856-05-30 / nr. 123

E | Die Redaktionss einzelne Burcan, Da­­s Abendblatt des Pefter Lloyd. sz fortet · COrr.12 im id. EM, ersten Stod, Pen, 1856. Steitag,, 30. Mai. ro. Telegraphische Depeschire der „Befierr. Eprresp.“ Paris, Donnerstag. Nach dem „Monitenr“ ist der­ 14. Suni zum Zuge der Taufe des kaiserlichen Prinzen bestimmt. Die Bischöfe und Erzbi­­schöfe und die Maireg der Präfekturstädte werden dald fair, Schreiben einge­­laden, diesem feierlichen Akte beizumahnen. Se. Tf. Hoheit Erzherzog Ser­­d Dinand, Mar hat gestern St. Cloud verlassen. Er hat sich in Havre einge­­schifft, um nach Cherbourg zu fahren, von wo Höchstverfelde über B­rüssel nach Deutschland­­ zurückkehren wird. Nach der Meldung des „Konstitutionnel“ würde Se­ ff. Hoheit auf der Nadreise den Haag, Dresden und Berlin be­­rühren und gegen die Mitte des Juni in Wien eintreffen. Konstantinopel, 23. Mai. Pifani notifizirte heute nur ein Zirk­­ular die Uedennahme der russischen Kommerzkanzlei. Das russische Gesandt­­schaftshotel wird fleißig restausirt ; die Ankunft vieler Tartaren, die sich in der Dobrudscha ansiedeln wollen, ist erfolgt. Der Postdienst nach Ddeffa wird vor­läufig durch englische Dampfer besorgt. Die Fürsten Vogorives und Bartali­­des, die Armenier Dadian und Mihram Bey, der Protestant Stefan Bey und der Iraelit Harom haben zeitweilig­ Sich und Stimme bei den Mebfchlisbe­­rathungen erhalten. Die Aufregung in Sarajevo wegen Errichtung eines Kircje­thurmes hat sich gelegt ; Churfhid Pascha ist Hiebei emergisch eingeschritten. Turin, 26. Mai. Der „Armonin” zufolge habe das Ministerium befohlen, Daß zw der englische italienischen Legion Fein, anderen, italienischen Staaten zugehörendes Individuum, ohne regelmäßigen Tag zugelassen­­ wer­­den solle. Werken, 24. Mai. Se. Majestät wird dem Vernehmen nah am 10. Juni an Bord des Dampfers „Hydra“ nach Triest abreisen. Der­ französische Gesandte Mercier ist auf Urlaub nach Paris abgereist. Skalergis beabsichtigt, eine Reise nach London zu unternehmen. Ein Gefreier der britischen Gesandts­­chaft hat Fürzich eine Rundreise dur­ den Peloponnes gemacht, und äußerte es nach seiner Nachkehr in befriedigender Weise über den Stand der öffentli­­chen Sicherheit. R. Bien, 29. Mai. Der Herzog von G­alliera ist vorgestern aus Paris hier angekommen, und hat für übermorgen um eine Audienz bei Str. Ma­­jestät Dem Schaffer nacgesucht, die ihm auch bereits bewilligt worden ist. Heute hatte er mit dem Freiherrn von Bruch eine Unterredung in Gaden der ita­­lienischen Zentralbahn, deren Statuten bis jeit noch nicht bestätigt worden sind. Wie man vernimmt, hat der Herzog so­wohl in seinem, als auch im Namen seiner Kommittenten in die Annahme der von der hohen Staatsverwaltung ver­­langten Modifikationen der Statuten eingemilligt , so, daß nunmehr die Bestäti­­gung der Tegteren wohl fon in nächster Zeit erwartet werden darf. Nacsichtlic­hes von dem Fürsten 9. Hohenlohe und dem Handele- Hause Rigaud entworfenen Projektes, den Bau von Lagerhäusern von Ungarn bis an den Nyeii betreffend, vernimmt­ man, daß die Regierung gegen Die Aus­­führung dieses Projektes nichts einzuwenden hat, vorausgefeßt, daß­ hierzu aus­­län­dische Kapitalien verwendet werden. Wis die von der galizischen A­delsdeputa­tion ge­­machten Anstrengungen betrifft,so sind dieselben doch nicht ohne Erfolg geblie­­ben,was hauptsächlich«dem Umstande zuzuschreiben ist,daß sich die Gebrüder Haber,sowie mehrere andere bekannte Finanznotabilitäten der galizischen Adels­­deputation angeschlossen haben,wodurch die entsprechenden Garantien für die zum Ansbaue der galizischen Eisenbahnen erforderlichen Fonds gegeben wor­­den sind. « So kam es,daß die galizischen Kavaliere bei der endgültigen Entschei­­dung der betreffenden K­onzession nicht leer ausgegangen sind.In Folge aller­s höchster Bestimmung erhält nämlich die Nordbahngesellschaft die Linie Osvie­­cim bis Przemysl,während die weitere Linie Von Przemosl, Lemberg,Brody und L­emberg-Czernowitz der galizischen Adelsgesellschaft übertragen wird.Auf den Strecken von Dembica bis Jarossi­lau und von Jaroslau nach Przemosl,welche im Ganzen 121X2 Meilen be­­tragen,ist die eine Hälfte der Erdarbeiten bereits vollendet und die andere Hälfte in Angriff genommen. XX Pest, 30. Mai. Die Leiter der französischen Politis, berichtet ein Pariser Korrespondent der „N. 3.”, befinden sich­ gegenüber der it­al lienischen Frage in großer Verlegenheit. Die politische Ratson des herrschenden Systems kann sich Diesmal­ mit den dynastischen Interessen des Bonapartismus nicht recht verständigen. Lehrere rathen, Sardinien zu unterfragen und so die Sympathien zur thatsächlichen Geltung zu brin­­gen, welche im fünlichen Italien für die Familie Murat gewährt werden. Dagegen wird von anderer Seite her gelten gemacht, daß eine, Umwälz­­ung in Italien die­ konservativen nteressen in Frankreich selbst bloßstellen künne und deshalb auf ein Zusammengehen mit Oesterreich in­ Italien hin­­gearbeitet. ES muß si in der nächsten Zeit entscheiden,­­ welche dieser Auffassungen die Oberhand behalten wird. Uebrigens wird zu Paris die Rückkehr des farbinischen Gesandten, dessen Abwesenheit während des Aufenthaltes des österreichischen Erzherzogs nicht unbemerkt geblieben ist, mit jedem Tage erwartet, und soll derselbe neue Instruktionen seines Hofes mitbringen. Der Czar hat gestern auf seiner Reise von Warschau nach Berlin österreichisches Gebiet auf der Station Czajau (im Krakauer Gebiete) berührt. Von Krafau ist dahin eine Fahnenkompagnie mit der Regimentsmufif­­ beordert worden, um dem fremden Souverän die gerfer­menden militärischen Honneurs zu erweisen. Eine telegraphische Depesche aus Arafat unter gestrigem Datum berichtet: Se., Majestät ver Saiser von Rußland ist um 7 Uhr, 45 Minuten im Szczafowa eingetroffen, wo er­ von dem Herrn Landespräsidenten und dem Korpskommandanten im Beisein mehrerer Beamten, des Offizierkorps unter Salutirung der aufgestellten Ehrenkompagnie und Abspielung der rusfischen W­olfshymne erfurchtslos empfangen wurde. Nach Besichtigung der Ehrenkompagnie stieg­te. Maj. sogleich in den Waggon und fuhr unter Präsentirung der Kompagnie und Abspielung der Wolfshymne gegen Myslomicz. Eine sehr interessante Korrespondenz ver „N. 3." aus New Ark vom 14. b. meldet: Gestern haben mir den Tert des Pariser Friedensvertrages erhal­­ten. Der Arier über das Seerecht hat hier fühfaure Mienen gemacht. Mit der Beststelung des Grundtages: „Frei Schiff, frei Gut, ist man um so zufriedener, als befanntlich die Vereinigten Staaten seit ihrem Bestehen für die Anerkennung dieses Grundfages gestritten haben. Wenn man auch die Ausnahmen (Kriegsfontrebande) gern etwas genauer definirt gesehen hätte, fo­gt man doch auch ohne das zufrieden. Anders aber mit dem Paragraphen, der das Ausstellen von Kaperbriefen für immer untersagt. Dabei spielen die Vereinigten Staaten sorerst nicht mit. Bekanntlich beruht die ganze D Offensivstärfe der Vereinigten Staaten in einem G Seefriege eben auf der Ausfertigung von Kaperbriefen. Kaperschiffe sind ein unentbehrliches Komplement unserer an und für sich sehr winzigen Kriegsflotte. England, meint man Hier, könne gut den Großmüthigen spielen , das habe K­riegsschiffe genug und ü­ber genug ; ganz an­­ders aber sei es mit den Vereinigten Staaten. — Kurz und gut, sollte — was freilich nicht anzunehmen — Europa die Zustimmung der Vereinigten Staaten zu den Frie­­den wünschen, so kann es sie nur unter Vorbehalt haben, und sollte es jene Bestim­­mung gegen die Vereinigten Staaten In Kraft geben wollen, so mag es sich auf­­ Widerstand gefaßt machen. Die Stimmung in Bezug auf Trankreich ist in den „maßgebenden Kreisen” zu Washington eine sehr pikante, versschiedene Unarten — um seinen härteren Ans­­pruch zu gebrauchen — des Gesandten Sartiges hatten schon manche B Verbrieflichkeiten herbeigeführt; vor Kurzem kamen nun noch die drei Offiziere zurück, die unsere­­ Regie­­rung im vorigen Jahre nach Europa geschickt hatte, um die neuesten Versoffsommnungen im Militärwesen zu studiren, und berichteten, daß sie von dem französischen Kriegs­­minister die Franfen dite Behandlung erfahren hätten. Die nachgesuchte Erlaubnis, die Testungsunwerfe von Paris­­ besichtigen zu dürfen, ward Ihnen auf’s Unhöflichste abgeschla­­gen, und als sie einige Erklärungen über ihre Position abgeben wollten, verabschiedete man sie Knall und Fall mit den Worten : „Leben Sie wohl, meine Herren, — bis zum ersten Kanonenfchuß!“ 94 bin nicht selbst Dabei gewesen und will also nicht bestimmt behaupten, daß diese Neußerung wirklich gethan worden ist, aber die Herren Offiziere versichern es, und ihrer Erzählung wird allgemein Glauben verhenkt. Um die Mitstimmung gegen Frank­­reich noch zu steigern, warb Fürzlich aus Washington gemeldet, daß der Kaiser Napo­­leon das Protektorat über die Katholische Kirche in Mexiko übernehmen wolle, deren Vermögen von dem Liberalen Präsidenten Eomonfort ernstlich be­droht wird. Märe die Nachricht mehr als Tatarenbotschaft, so­ hätten wir da ein recht niedliches Seiten­sttte zur Frage von den heiligen Plagen und das Rußland der westl­ichen Hemisphäre mit feinen Gelüsten in Betreff Eranfer Männer könnte in ähnliche Konflikte gerathen , wie das Land, mit dem es sich so gern in Parallele fielt, Wieder haben wir aus ver­würfet einen blutigen Kon­flikt mitzutheilen. Man schreibt nämlich vrm ,9. E." aus Atria TOENET, 13.0: Zur Aufrechthaltung der öffentlichen Sicherheit in Stadt und Umgegend wurden für sich unter anderen Truppen auch zwei Schwadronen osmanischer Kavallerie von Schumla nadh hier Dislozirt; statt die ihr gewordene Aufgabe zu erfüllen , machten diese Reiter sich vom Tage ihrer Ankunft an durch brasses Benehmen gegen­­ die dritt­lhe Einwohnerschaft Höchst unangenehm bemerklich, und dieses mit um so größerer Frechheit, als dann wider erhobene Klagen vom Gouverneur­ Pafcha stets als verleumderisch zurückgewiefen wurden. Am 1. b. wäre es beinahe zu einem blutigen Konflikte gekom­­men, dadurch veranlaßt, daß ein türkischer Netteroffizier, welcher sich nicht nach seiner Wohnung im Khan des Rustem Vajha: zurechtfinden konnte), in die Weinniederlage eines jontschen Grichen (englischen Unterthang) eintrat, und ‚Tepteren unter barsschen Morten aufforderte, ihn nach gedachtem Khan hinzuführen « « Der Jonier trat mit dem Offizier auf die Straße,deutet es die Richtung an, welche derselbe zu nehmen habe,um zu seiner Wohnung zu gelcngen und beschrieb ihm sodann die Merkmale des betreffendenissebändes,diese blos mü­ndliche Wegweiserschaft aber wollte dem Fragendm nicht geistigen-sondern er bestand darauf,daß dck Joniek —­ein junger schöner Mann­—nl­n­ begleiten müsse-und befahl endlich­-da letzterer sich dessen weigerte,seiner Ordonnanz den Giaur mit Gewalt vor sich her zu­ tre­ibem Beide Osmanli’s fielen nun über detr Jonier her,w­elcher sich in­nen aber entwand, einen Stock ergriff und tüchtig auf sie losschlug.In diesem Augenblicke­ betrat eine 10 Mann starre Reiterpatrouille die Straße,und der Offizier ertheilt­ sofort Befehl den Jonier zu ergreifen und gefesselt nach Khan Rustent Pascha zu fü­hren.Der so Bedrohte sprang eilig in sein Haus und verbarrikadirte die Trü­re,welche jedoch bald eingestoßen wurde.In diesem entscheidenden­ Momente änderte sich die Szene d­­rch das Erscheinen sechs anderer Jonier,welche mit Karabinern bewaffnet waren und je­­­den niederzuschießen drohten,der es waen wü­rde,Hand an ihren Landsmann zu le­­gen.Die Soldaten wichen zurück.Mitlerweile hatte sich die Straße mit Menschen gefüllt;Moslemin schaarten sich zu Moslemin,Christerr zu Christen,Drohreden fiele­­ hinund her,und eben sollte diesen letzteren ein blutiger Kampf nachfolget­,als zum Glücke derspolizeidirektor erschien,dessen Au­torität es gelang,die tobende Menge zu beschwichtigen und die Ruhe wiederherzustellen. Versuche des Gouvernements,den englischen Konsul von offizieller Beschwerde­­führung abzubringen,blieben vergeblich,und so mußte dasselbe sich dann wohl oder übel zu einer­ Untersuchung des betreffenden Vorfalles bequemen,welche mit dem höchst merkwürdigen Richterspruche endete,daß der Offiziers wieder nach Schamla zurückzu­­versetzen-jeder Soldat der Patrouille aber,sowie die Ordonnanz,mit vierwöchentli­­chem Gefängniß zu bestrafen sei.«Die kleinen Diebe also bangt man u­nd die großetr läßt man lausenz jedenfalls hatte das Strafmaß ein umgekehrtes sein m­ü­sse,da die Truppen nur auf Befehl handelten,der Offizier aber derkige um dhenkhebes des Skandals van Aus Paris wird unter dem­ 26.d.geschrieben: Die Stadt Paris trifft die großartigsten Vorbereitungen fü­r die Feier der Taufe­ Offiziellen Erklärungen zufolge wurden­ sich die Ausgabe in der Stadt fiel diesen Zweck auf 600.000 Fr­s.belar­fen,11nter der­ Hand aber sprich­t man von einer Summe­ welche das Doppeltei­ beesteigt.·Unter andern hat die Stadt fü­r die beson­­dere Tafel,welche bei dem Bankett für den Kaiser bestimmt ist,ein ganz neues Sil­­­berse­rvice im Werthe von 2—­300,000Frs.bestelltz man mag hiernach auf den Rest schlieen. BuMaza,der bekanntlich vor lü­ngerer Zeit vom Kaiser die Erlaubniß erhielt­ sich nach dem Oriente zu begeben,und in Konstantinopel zum tü­rkische Infan­­terieobersten ernannt­ wurde,wird binnen Kurzem nach Frankreich zurückkehren Er zwar­ einige Bett bei Schamyl,, und es heißt, daß mehrere ticherkefsische Häuptlinge, die ihn nach Konstantinopel begleitet haben, ihm nach Paris folgen messen , um­ sic­h einige Zeit in Frankreich aufzuhalten.

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