Pester Lloyd - Abendblatt, November 1856 (Jahrgang 3, nr. 253-276)
1856-11-10 / nr. 259
Are, NEM. ‚Montag , 10. Wovember, elter Floyd. 1 Kedaktiond- Bureau, Do rotheagafie He, 12 ti erjten Sto. Tr Ei) Yen, 1856. Telegrapbifche Depefdhen der ,Defterr. Gorrefp.“ | ‚Maris, 9. November, Der „‚Montzen' meldet, daß der Kaiser und die Kaiserin am 8. b. mehrere Wohlthätigkeitsanstalten zu Compiegne besuchten; am 9. 9. Abends m werben sie zu Gt. Cloud eintreffen. Die Prinzen Ser zome Be oTeon, haben am 8. d. dem, Erbpringen von Triscann empfangen. anefurt, 8. Movanber., Die Bundesversammmlung hat in Ihrer Stiun som Donnerstag den Antrag Neuenburg betreffend, einstimmig angenommen, tritt dem Londoner, Protokolle bei, befürmortet Die Freilassung der gefangenen Royalisten und will weitere entsprechende ‚Schritte Preußens mit allem Nachdruce unterflüßen. Triest, 8. November. Se. Maj. König Otto von Griechenland Hat sich gestern' Hier nach dem PoHraens eingesähtfft. Neapel, 4. November, Eine englische Fregatte und ein Adfodampfer Treuzen im Golf, so verhielten Salven mit den Boris. Die Offiziere besuchen die Stadt. Mom, 4. November. "Das gesirige „‚Ofornale di Roma" berichtet ber das Mandver der neuorganisirten päpstlichen Truppen. Se. Heil, der Papst ere föhten bei demselben, belobte Die Offiziere und ertheilte der Armee den apostolischen Segen. London; 8. November, Palmerston wanzte in Liverpool Der Dandelsmarine für Die von ihr im Kriege gewährte Unterfluchung. ARI ENT EL En X. Wien, 9. November. Wie mir versichert wird, ist die SA Iialenfrage der Kreditamftartt bereits in ein’ foldreg Stadium getreten, daß die Erledigung dieser für Ungarn so Hochwichtigen Angelegenheit jedenfalls vor Neujahr erledigt sein wird. Wie ich here, werden in diesen Tagen ‚die Vorschläge der Direktion in der Komitefisung zur Berhandlung kommen. Die rage endlich, obı die Stiinlegu Neft' seinstständig organisirt, over ‚mit iver' Dortigen Kommerzialbanf vereinigt "werden: Fol, ft vorläufig noch nicht entschieden, und Hänge mod von mancher Erwägung ab. 1 fett, 10. November, Die Triester Levanteport aus Romanetinopel vom Sl. brachte noch nichts Näheres über Idie lauf Itelegraphischen Wege gemeldete Kabinetsveränderung F nur das „Zunen. de Conft." erwähnt gerührt med sie, der Sultan Habe bag wiederholte "Demissionagesuch eines Theiles seiner Meister angenommen. AT: Patha fand ‚weder bei Herrn. G. Thousener, mit dem, er. ‚Sich, wegen der Donaufürstenthümerfrage ‘überworfen, noch; bei, Lord Meder Luffer mehr "Unterflüibung, der Alte Daran feste, ja — nach der „Zr. 3." — sogar mit dem Abbruche Der diplomatischen Verbindungen drohte, um Neshid Pajda an’s Ruder zu bringen. Im Paris sol Oraf WBalemwsti ausgerufen haben, als man ihm hie ‚Ernennung von. Reshid Bajda zum Groswetter I anfündigtes ‚„‚Nedcliffe behält immer Net. Was näht'es uns, den Mentfcioff "beseitigt zu haben, bleibt uns doch dieser Dampfmentfc itoff (ce Menschikoff,& vapeur) auf dem Halfe." Was die Stellung Napoleon’ ‚zur verschmebenden Frage anbetrifft, so „zeigt sich immer deutlicher, wie das Zustandkommen der 'newen Parizier Konferentien vorkäufig den Zielpunkt seiner Politik bildet. Alle ofligiösen Blätter kämpfen für die Einberufung versehlen, und im Interesse, dieses ‚Planes, fit Grantreid ih an England tieder zu nähern, ‚so Daß Lord, Bromwley bereits Depesehensbamber ‚an seine Regierung feet, wie sehr man in Paris dag Kefettiven einiger "Staatsmänner mit Rußland bereue. Graf Walewsti, Reuter und Magne Sollen, "wie es heißt, in Folge ’dieser Wendung der Dinge aus Dem Kabinett,scheiden. Nach einer anderen Kombination würde Herr 9. Persigny das Auswärtige übernehmen, Graf Talewsti Herrn Zould als Staatsminister ergeben und Lebterer mag Portefeuille der Finanzen erhalten. So viel steht fest, daß Herrn Persigny allen seinen Einfluß auf den Kaiser aufbietet, um die warnende Allianz mit England mieder zu berfestigen. · « ·Der Zwielpals inmitten des französischen Ministe"r"s-.«Zum«s·inBT-fress«der Haute politique liegt jedenfalls offen von dem trotz dieser Schwenkung zu Gunsten England’s fahren die unter Walewski’s« Einfluß stehenden Journale mit ihren Angriffen auf Großbritannien fort.Eins deqelbeni geht sogar so:welt,zu sagen,,«,daß Frankreich,über die wahren Abstehlen Englands·a·ufgekl«a*rt,nicht mehr auf seinen Verbündeten zählen könne«—-jal auf eine Ahüllung der,,Francecentrile«,konnte England nur durch dies ganze Energie des Marschalls Pelissier Verhindert werden,sich Kertsch anzueignen und s dort sinnens Gibraltar anzulegen!!Auch hat,,Sie«ele«wegen einsess heftigen Artikels gegen das Aufgeben der englischen Allianz und gegen eine Annäherung an Rußland eine ofiziöse Warnung erhalten- Eben so wenig fehlt es an anderen Anzeichen dafür, das man an der Seine immer noch zwischen England und Naßland schwanzt. Graf Kiffe- Leff wurde in Kompiegne aufs "Ausgezeichnetsle empfangen" . Er vermeilte im Stabinete des Kaisers während zweier Stunden, er war, als er bagfelde verließ, Freybertrahfend, und sandte nach seiner Audienz sofort einen Kourier an seine Regierung ab. Und da der Kontreadmiral Desruffishen ©e- Schwadere, das gegenwärtig die französischen Dozennhäfen befuhr und zu St. Nazarre anlegen wird, um dort Kopien einzunehmen, den Wunsch ausgesprochen, hat, dort die französische Flagge begrüßen zu können, so sind eiligst einige Schiffe ihm beortert worden, welche Die ruffischen Salven erwidern sollen. Mger englischen Preffe macht sich der Wunsch, dem A Yüirten jenseits des Kanales wieder die Hand zu reichen, augenscheinlich bemerkbar , gleichzeitig aber wird ihre Sprache gegen Rußland heftiger denn je — so daß, nach der „Deut. Mg. 3", Graf Chreptomtitfa sich aufs Lebhafteste bei Lord Blarendon über die Sajurten" der Londoner Blätter "gegen seine Regierung befragt Haben sol. Um der Beschwerde mehr Halt zu geben, hätte der Graf fi, gleichzeitig erboten, „in Betreff „Bol- geads and wer 1 Schlangeninsel nachzugeben, wenn dafür Die Union der Fürsenthlmer zugestanden würde ,— eine Bedingung die der Lord rundiweg zustückgewiesen. „Times bespricht den turfischen Ministerwechsel in einem’ Ton soll garter Schonung für, Die erläßte Eigenliche Stanfreiihs. von einem Triumph englischer Politik, könne eigentlich Feine Rede sein, und eine wirkliche Niederlage habe nur der zuffische Intriguengeist in Konstantinoppel erlitten. Oesterreich und England hätten eben aus Erfahrung die Pläne Rußlands früher durchbaut als Fraakreich. Aber die französische Allianz Tiege dem englischen Bolt so sehr mie jemals am Herzen. Nach Dieser captatio benevolentise fährt Das ‚Cityblatt fort: Kann jemand zweifeln, daß Rußlands ‚Streben fett dem Friedensschluß darauf gerichtet war, den im Krieg verlorenen Ruf zurück zu gewinnen ? Läßt es sich denken, daß ein Monarch bei seiner Thronbesteigung ohne Kränkung die verringerte Bedeutung seiner Gesandten überall da sehen kann, wo früher tuffische Einflüsse vorherrschend, ruffische Prinzpien in Aller Mund, ruffische Orden auf jedem Brad waren? Ist’es Andgich, daß ein immer noch sowohl ‚mächtiges Mie anmatendes Reich versäumen wird die erste Gelegenheit zur Heilung seines verlegten Stolzes zu bewüsen ? Die Mittel dazu müssen selbst Semandem, der nicht so gewandt wie die suffischen Diplomaten ist, von selbst einleuchten. Einen Heinen Vortheil zu erschleicgen, der in orientalischen Ohren groß Eingen dünnte, ist der erste Schritt, aber Entzweiung jder Miltirten, das ist die weitsichtigere Politik. In England, zum Mindesten, hat man diese Manöver grundli v erstanden. Wir feinen Rußland ‚und seine PolitE von Stuckholm bis Herat Wir laffen und als Nation aug nicht selt der Schmähungen und ‚Schmeicheleien ‘bewegen. Sein Engländer kehrt sich an die milzsüchtigen Ergierungen der Kontinentalen Breffes eben so wenig würden die größten Komplimente sicher unsere Königin, unsere Minister oder uns selbst im Stande sein, das Mißtrauen zu Schwächen, mit dent wir jeden, Schritt einer so gewaltthätigen und liftigen Macht wie Rußland, beobachten. Die ausschweifelnste Tobhudelei dem Französischen Herrscher gegen und gleichzeitige Herablegung Englands, das war die ‚Losung ‚für jeden ‚Rufen vom Staatsminister selbst 18 b herab zum Heinsten Miethlingsblättchen in ‚Belgien und Deutschland. . Wie ein solcher Plan gelingen konnte, mag für einen Engländer schwer zu versiehen sein aber 40 weit wenigstens ifer geglüht, dad ‚man Mmeit und breit auf dem Kontinent zu denfen fohten. England und Stanfreih müßten sich zulegt entzweien, wenn das eine fortwährend zum Himmel gepriesen und das andere verfihheen und herausgefordert würde. Wie wett die Erwartung zu ihrer eigenen Verwirklichung führen mag, können wir nicht sagen, aber wir dürfen prophezeien, Daß sie bei uns In England wirklungs- 196 bleiben wird. Die Rückkehr Redpfhlds ang Muder ist eine Bürgschaft, daß die Türkei nicht wieder, daran denken wird, ihre wahren Interessen aufzuopfern, um Die Gunst der duffigen Gesandtschaft zu gewinnen. Wir wollen den neuen Großsetzer durchaus nicht mit übermäßigen Lob überhäufen. Er ist ein schlauer,unruhiger, macht- und prunfliebender Weltmann , aber er hat zugleich einen Maren BT und ft nicht ohne Baterlands- Liebe. Seine Interessen und Neigungen machen ihn zum Anhänger der ottomanischen Unabhängigkeit und der westlichen Allianz, so weit diese mit jener sich verträgt. Esst nicht der mindeste Grund vorhanden zu denken, daß er ein englischer Parteigänger sei, außer daß er mit Lord Stratford de Nedeliffe intimer als mit den andern europäischen Repräsentanten fl. Der Umstand ferner, daß England Feine Absichten auf Das türkisshe Gebiet haben kann, mag einem Manne, Der an die herrschende Dynastie durch Familienbande geknüpft ft, Vertrauen einflögen. Es ift ettet Geshwäg, von speziell englissen Endzweden zu reden. Eine Politik, welche die Unterftügung Oesterreichs und die volle Zustimmung der Pforte hat, der beiden unmittelbaren Grenznachbarn Nußlands, muß eine im Wesentlichen gerechte und ersprießliche Politik sein. € 3 ist;doch bekannt,, bak: In den legten Jahren zwischen London und Wien meinig Zuneigung geherrscht: hat + mas ist es also, was die zwei Mächte zusammengebracht hat? Einfach, daß,beide Ruslands Taktik aus Erfahrung fennen, und es daher ernst meinen. Oesterreich weiß, was in den Fürstenthümern vorgeht. Schon fett Rußland dort! Priester und Spione in Bewegung, um seinen Einfluß wieder herzustellen. Schon wird der ganze Orient belehrt, daß ein Bündniß zwischen einem kriegerischen SKaffer und einem kommerziellen Parlamente nicht son Dauer sein könne und daß die rusische Beeandtschaft in Konstantinopel binnen ein, zwei Jahren so mächtig wie je sein werde. Zugleich zeigt uns die Derwegenheit des Shahson Werften, wie sehr Rußland mit seinen Kriegsrichtungen jene‘ barbarischen Höfe beeinflußt hat, die all ihr Wissen Über das Treiben ‚der Welt aus St.Petersburg beziehen. Unter diesen Umständen wäre es verderblich, den geringsten Wankelmuth zu zeigen. England ist fest in seinem Entschluß, die Angriffspolitik Rußlands zurückzudrängen, wo sie und auftreten mölge. Diese große Aufgabe wird ich am besten mit dem Herzlichen Bettstande Stantreticdhs erfüllen hassen, und deshalb hängt das englische Bol eben so. warm an der französischen Allianz, wie mitten in der een ‚Periode des ‚Krieges. Aber, in S Gemeinschaft oder allein, muß unsere POLE dieselbe bieten, und Seven, der uns Dabei Hilft, werden wir als unsern Freund betrachten. Andererseits tritt die Palmerston’she „Morning Pop“ mit noch größerer Entschiedenheit für Oesterreichs Stellung an der Donau gegen den „Constitutionnel” auf, teilt Tebteres Organ „ruffischer als die Ruffen“ und entwirft sodann folgende Skizze der ruffifchen Diplomatie: Es gehorcht der jeweilige Minister des Auswärtigen dem Gebot der altruffischen Partei — um nicht sofort den Abschied zu bekommen. Und die ruffische Diplomatie bestehe daher aus führiegsamen, zu Allem brauchbaren Dienern. Noch größere Nikfigtsloftgrett zeichne Die geheimen Agenten Rußlands aus, die entweder den Öffentlichen Gesandtschaften in den Hauptstädten Europas untergeordnet sind oder als erste Liebhaber nach Griechenland, der Moldau und Walachei, nach Ungarn, Böhmen, Italien, Portugal oder Spanien verrretet werden. Unter diesen Werkzeugen finde man Leute aus aller Herren Ländern und jedes Standes. Gilt es das religiöse Clement auszubeuten, so steht dem "Petersburger Kabinet die ganze Maschinerie der griechischen Kirche zu Gebot; das panflanische ? — da dient ihm das Nationalgefühl der Slaven von Kamtshatfa bis in die Lagunen von Venedig. Und wenn sich morgen nur ein Schatten momentaner Eifersucht zwisgen Stanfreich und England erhebt, gleich wird es in Thessalien, Albanien, Montenegro, Serbien u. s. w. von Fanarivten und anderen Sendlingen wimmeln. Zum Hauptschauplage seiner Umtriebe würde es aber die Donaufürstenthümer machen. Da wide es Gesandte wie Repnin hinfenden und Spersonen wie die Gpifa’s gewinnen; Theffalter, wie Papıt Ogulu und Germano würden unter Dem Delmantel religiöser Pilgerfahrten eine ruffige Propaganda kredigen und Die alten Angriffepläne Peter’s und Katharinas neu in Szene sehen. Selbst die jüngste Generation müsse sich der rufsischen Inteiguen son Datchkoff und Robehue im Jahre 1847 erinnern. Kopebue in der That übertraf seinen talentiollen Vater, denn obgleich ein Deutscher von Geburt, wenn auch nicht von Erziehung, wußte ver mit einem Raffinement russischer Macchiavellistis zugleich den Hofpodar der Moldau zur Tyrannei und das moldauische Bolt zur Empörung ait reizen. Man habe nun gehofft, daß der Pariser Friedensvertung ‚Die Fürstenthümer, von , der, suffischen Scchirmherrschaft exlösen mie, aber, das Merk sei nych nichti vollendet. Beim ersten , Mißverständnis zwischen England und Frankreich könne der suffische, Einfluß, sich son Neuem in einem Lande einschleiden, welches jegt dem Panslavismus feind, sei, ven Serben, Illyriern und Bulgaren sei Rußland flammverwandt, nicht so den Rumänen. Die Moldauer und Walachen sollten nicht vergessen, «wie: fehner, sie ‚die ‚beiden zuffischen Bewegungen von 1849 und