Pester Lloyd - Abendblatt, August 1857 (Jahrgang 4, nr. 174-197)

1857-08-03 / nr. 175

EJibendblatt des Westeroydk ER Bald­ul, Monton, 3. August. Niro. 175. Perl, 1857. . Politische Nundschau, 3. Augus. Die Nachrichten aus In­dien geben wir weiter unten in einem eigenen Artikel. Sie enthüllen die volle Gefahr, welche die englische Herrschaft in Hindostan bedroht. Ueber den erwähnten Seesieg der Briten in China sagt eine offizielle Depesche 2oıd Clarendond : „Unsere gewöhnlichen Streitkräfte in China nahmen und zerstörten am 8. Juni ungefähr 127 Drdinfen, welche 900 Kanonen trugen. An Todten hatten wir 3 Offiziere und 8 Mann, an V­erwundeten 3 Offiziere und 55 Mann. Außerdem wurden am 27. Mai 13 und am 28. Mai 27 Didanten genommen." In Privatbriefen sefen wir hierüber : Im Cantonfluffe sind drei Expeditionen, am 25. und 27. Mai und am 1. Juni, gegen die in den Escape-, Shawsfhee- und Fatichanbuchten liegenden Kriegsdrehungen von der englischen Kanonenkotflotille unter Commodore Elliot mit Erfolg unternommen worden. Neber die beiden ersten Operationen liegen die amtlichen Berichte des Com­­modore selbst vor. Der Gegenstand des Angriffs am 25. Mai waren 40 in der Escape» But geankferte Drdungen, meide, als die englischen Dampfschiffe und Kanonenböte sich ihnen näherten, ein lebhaftes, jedoch erfolgloses Feuer eröffn­ten,­ aló dann aber zu entfliehen suchten. Von den Engländern verfolgt, mußten sich 27, zum Theil shmwer­armirte Dichunken ergeben. Mit ähnlichem Erfolge reperirte Commodore Elliot am 27. Mai, jedoch war es den von ihm verfolgten Dichunten gelungen, unter den Schuß einer Reihe mit Truppen befegter Häuser zu gelangen, und die Engländer verloren dahei mehr Mannschaft. Der amtliche Bericht gibt den­­ Verlust an beiden Tagen auf 31 Verwundete an. Am 1. Juni mußte, bevor der Angriff auf die Drehungen in der Batidanbucht erfolgen konnte, erst ein altes Boot erstürmt werden, t­elches von einer Antheilung Matrosen, bei der sich Admiral Seymour und Commodore Elliot selbst be­­fanden, geschah.­­ Die Dreunfen in der Bucht wurden alsdann von mehreren Divisionen armirter Bote unter den Commodores Elliot und Keppel angegriffen. Jegterer wurde An­­fangs mit nicht unbedeutendem Verluste zurin­geimiefen, drang aber, von Commodore Eliot verstärkt, wieder vor, und es gelang, vier oder fünf Dschunken zu nehmen und eine große Anzahl in Brand zu stehen. Der Berlust der Engländer wird in nichtamtlichen Be­­richten auf 10 Todte (worunter 3 Offiziere, unter ihnen der Generalquartiermeister- Lieutenant Kearney) und 40 Berwundete angegeben. An allen drei Tagen sollen es so erwähnt) 127 Drehunken mit zusammen 900 Kanonen zerstört­­ wor­­den sein. In­ einem Sh­yatsihreiben wird das Gefecht­ vom 1. Sunt als sehr heftig ge­­schildert. Die Gefehlige der Djidanten waren gerade auf den Eingang der Bucht ge­­richtet und feuerten mit solcher Lebhaftigkeit, daß­ die an der Spige rudernden Bote genöt­igt wurden, si unter den Schug des Dampfschiffes „Hongkong“ zurüczuziehen. as vorbeerste Bot, in welchem sich Kommodore Keppel selbst befand , wurde zusam­­­­mengeschoffen und flog um, so daß der Kommodore sich In ein anderes Boot retten mußte. Der „Hongkong“ hatte 14 Berwundete und war von Kugeln durchlöchert. Die Chinesen schaffen vortrefflich und man hält dafür, daß ein Theil der Geschicke von Nichtchinesen bedient worden ist. Erst nachdem sich Die Bote, unter dem Schute des „Hongkong“ wieder gesammelt, gelang es bei einem zweiten Angriff, der Diemnten Herr zu werden. Ueber Das Komplott gegen das Leben des Kaisers Napoleon, wird aus Paris vom 30. v. M. gemeldet : Gestern wurde der Beschluß der Anklagekammer Betreffs der Affaire des At­­tentats gegen das Leben des Kaisers den drei Angekragten Tibaldi, Grilli und Bar­­tolotti bekannt gemacht. Der Präsident des Affifenhofes, Banti, verhörte hierauf die drei Angeklagten sofort ; dieselben erklärten wider alles Erwarten (sie hatten bereits mit ihren eigenen Advokaten Fonferirt), Feine VBelchervnger bezeichnen zu wollen, Wäre auf der Präsident drei Advok­aten für ihre Vert­eidigung ex officio ernannte. Das Vermweisungsurt­eil der in der Komplottsache Angeschuldigten wird im Auftrage des Jusigministeriums öffentlich angeschlagen. Da die Angeschuldigten wenig oder kein französisch verstehen , so wird das Verhör mit Hilfe eines Dolmetschers geführt wer­­den. Bei Edmond Du­isier, dem neugewählten Deputirten der demokratischen Opport­­ation, fand dieser Tage eine Bersammlung von Adoptaten statt, um einen ihrer Kolle­­gen, Herren Picard , bei der nächsten Wahl in den Advokatenrau­b zu bringen, und gleichzeitig die Mittel zu erwägen, welche für die Verb­eivigung ihres abwesenden ehe­maligen Kollegen Ledru Rollin, sollte die Anklage aufrecht­erhalten werden, In Anwen­­dung zu bringen wären. Nach telegraphischen Nachriäuten aus Konstantinopel vom 31. Sul hat daselbrt eine theilweise Menderung des Ministeriums stattgefunden. Musle­­pia Pascha von Greta­ft Grossetter. Refchid Pascha übernimmt das Präsi­­dium des Tanfimatz Ali Pafta wurde wieder Minister des Acufern und AM Galib Minister für fromme Stiftungen. Der Reichsrat­spräsident und Der Capudans Palha behalten ihre Stellen.­­ Die französische Regierung macht, wie man aus Paris schreibt, Diiene, die moldauische Wahlangelegenheit von der ernstesten Seite aufzufassen. Es ist daselbst eine telegraphische Depesche an Hrn. v. Thouvenel abgegangen, verfehle möge im Verein mit den übrigen Gesandten der unionsfreundliien Staaten an die Pforte Das Verlangen stellen, die am 19. Juli in der Moldau vollzogenen Wahlen zu annulliren, und wenn es sich herausstelle, bat Fürst Vogorides ohne Auftrag in dieser Angelegenheit gehandelt, denselben sofort abzugeben. Dem "Cattolico" zu­folge hätte das yremontestiäe Ministe­rium die Auflösung der Kammern beschlossen; tm­ Betreff der Neuwahlen sei noch nichts Bestimmtes bekannt. Nach der „Irieft. Big." sind nicht nur im Eremonettfähen, sondern auch in Mailands nächster Umgebung mehrere Gegenden durch Räuber unsicher gemacht. So spricht man von einer aus 20 Individuen bestehenden Bande, die von einer Weibsperson angeführt wird, und in der Nähe von Curago bereits einige Leberfälle ausgeführt hat. Auch auf dem Wege nach Saronno wurden im Laufe verfroffener Woche drei Neffende angehalten, ihrer Habe beraubt, und einer unter ihnen, ein Arzt bedeutend verlegt. Die „Pays“ meldet, feiet Lafragna, der unßerordentliche Gesandte von Merito, nach Paris zurück, wo Die Konferenz zur Regelung des spanischemerikanischen Streites stattfindet. FH dee 1.­ ­ Die Nachrichten, welche in England aus Indien eingetroffen, sind zwar zum XTheile eine Wiederholung derjenigen Berichte, die bereits durch die in Triest eingelangte Ueberlandspost bekannt sind. Nichtsdestoweniger fehlt es den Mittheilungen der englischen Journale nicht an manchen Details, die 618 sehr noch nicht zur Kenntnig der Leser gelangten. Im Ganzen tragen diese Berichte einen überaus ernsten Charakter. Wir beginnen mit einer offiziellen Mitteilung. Den englischen Blättern ist am Abend des 29. Juli von Lord Elaren on Esif eine Schmach und Schande für die britische Re­gierung, bag ihre Depeschen seloít in diesem wichtigen Momente um 12 bis 20 Stunden später, als die­sen Privatleuten und Zeitungen eintrafen — —, das ist die Predigt, die von „Morn, Chronicle ,Morn, Herald" und „Daily News“ in Leit­­artikelform verarbeitet wird. Das zweite der genannten Blätter that als Oppositions­­blatt seine herkömmliche Schuldigkeit, indem es diese Deperchenverzögerung, die irgend­ein Telegraphenbeamter zwischen K­et und Maitehall verschuldet haben mag, als den Schlagendsten aller Beweise anführt , wie Doch diese Regierung so ganz und gar unfä­­hig er, die Krisis in Indien zu bemeistern. — „Daily News" is nicht nur unge­­halten über Die Verzögerung, sondern an über die Yakonische Depesche, welche die Regierung mitzutbellen für gut fand. Von zwei Bällen einer, sagt das genannte libe­­rale Blatt, entweder die Regierung hat selber nicht mehr zu erzählen, dann ft sie jämmerlich bedient ; oder will nicht mehr erzählen, dann regt­­e sich dem Verdachte aus, die Wichtigkeit der Lage noch immer nicht gehörig zu würdigen und den Charak­­ter des britischen Volkes zu verrennen,, dag der Gefahr am tüchtigsten gemachten ist, wenn es ihr voll in’s Auge schauen kann. “. Ganz andere Betrachtungen sind es, mit denen sich „Morning 90 ft/ Be­schäftigt. „Der Glaube, dag Rußland seit 3 Jahren bemüht — und mit Erfolg Be­müht gewesen sei, in Indien Unzufriedenheit zu fuen, wird auf dem Lettlande und un­­ter den Bestunterrichteten Englands immer allgemeiner, — — so beginnt die „Post“ ihren Leitartikel, und stimmt darin auf die Wahrscheinlichkeit zu sprechen, daß sofort Kaiser Nikolaus den bösen Samen ausgestreut haben dürfte, nachdem er sich überzeugt hatte, daß alle Mittel nicht hinreichten, um Die Allianz Englands und Frankreichs zu lodern. Die „Post“ findet den Gedanken so abenteuerlich nicht, daß Rußland die Rolle des Agent provocateur gespielt und durch seine Verbindungen auf den König von Dude und andere Elemente in Indien gewirkt habe. Der Mittel dazu gebe es gar viele z. B. die vielen Indier, die in Rußland, die Rufsen, die in Indien ange­­siedelt sind, vor allem die indischen Zeitungen selbst, deren in den besten 20 SIahren eine ganze Maffe aufgetaucht sind, und die zum­ Theil eben so gut, wie ge­wiffe Dre Nr der Presse in Frankfurt, Augsburg oder Brüsfel von Rußland, besoldet sein ritt. — Bedeutsamer als alle Diese Betrachtungen ist jedenfalls der Artikel der­­ Times." Sein Inhalt ist folgender : Die von Lord Sohn beantragte, som Unterhause am ver­­­­folgende Depesche mitgetheilt worden, die der Minister des Auswärtigen von dem britischen Konsul zu Triest erhalten hat : Alexandria, 22. Satz. Die indische Post bringt seine­ authentische Nachricht über die Einnahme von Delhi. Diese Stadt war am 10. Juni no nicht genommen wor­­den. General Barnard, der zweit Ausfälle zurückgeschlagen hatte, wartete auf Berg ftärfungen, die seitdem eingetroffen sein müssen. Ein aus Madras, 27. Juni, vatirter Brief des Hauses Banny u. Comp. behauptet zuversichtlich, man habe am vorherge­­henden Tage die amtliche Nachricht von dem Falle Delhis erhalten. Doch wird dieses durch die Korrespondenzen aus Bombay vom 1. Sult; nicht bestätigt. Die Meuterei hat im bengalischen Heere bedeutend um sich gegriffen, obgleich sie noch nicht so allge­­mein geworden ist, wie man hätte erwarten können. Am 14. Juni gingen zu Benar­res bei Gelegenheit eines Versuches, das 37. Regiment zu entwaffnen, die größte Zahl der Sifhs und das 13. irreguläre Kavallerieregiment zu den Meuterern über. Der, wie aus aufgefangenen Dokumenten hervorgeht. In eine Berfewerung verwidelte Er­ König von Audh tft nach Fort William gebracht, und seine Begleiter sind entwaffnet worden. An demselben Tage wurden die einheimischen Truppen zu Barrakpur und Ralfutta rasd entwaffnet. Die englischen Truppen treffen schnell ein. Die legislative Ratbefammer hat ein Gefeg votirt, welches für die Streffe ein System von Konzes­­sionen einführt, die nach Belieben zurü­ckgenommen werden können. In den Präsidents­­chaften Madras und Bombay betrieht noch immer Nube. Die einzige Nubestörung, von welcher man vernimmt, besteht in der Meuterei eines Kavallerieregiments des Nam zu Turungabad. Dieselbe warb ihnen von Truppen unterdrückt, die aus Bom­­bay herbeieilten. Aus Marseille, 30. Juli, wird telegraphirt : „Die Briefe und Blätter aus­ndien sind Heute früh ausgetheilt worden. Das bengalische Heer besteht nicht mehr. Die 80 Regimenter, die es bildeten, haben si zur Hälfte empört und sind zur Hälfte entlassen worden. Zu Kalkutta selbst wird die Entwaffnung ohne Schwierigkeit bemerkstelligt. In Bengalen ist der Aufstand allgemein und von Gräuelthaten begleitet. Die übrigen Provinzen sind ruhig oder beobachten eine abwartende Haltung. Die Nach­hten aus Madras reichen bis zum 28. Juni, die aus Bombay bis zum 1. Suli. In den Herren­­­ieser beiden Prä­­sidentschaften haben sich Emiffäre der Nufftländischen gezeigt; don Hatten sich die Truppen bis zu der erwähnten Zeit noch nicht aufgelehnt. Der französische Konsul in Kalkutta [eg Das Konsulat von Bewaffneten bewachen. Die fran­­zösischen Familien hatten sich an Bord europäischer­ Schiffe geflüchtet. „Morn. Po" 2. Ausg. bringt folgende Einzelheiten zur Ergänzung des bisher Bekannten. In Kalkutta herrschte am­ 14. Juni ein yanischer Schweden, der sich jedoch in Folge der energischen Mairegeln der Behörden vor Abfahrt des Dampfers gelegt hatte. Von der bengalischen Armee haben 50 Regimenter zu erifferen aufgehört. Ein unwohlausgedachter Plan, Kalkutta am 25. Mai zu nehmen, war rechtzeitig entdebt worden. Der Pariser „Pol"­­Korrespondent" will aus antienglischen, aber verläßlichen Quellen ersehen haben, dag die ganze indische Armee vom Geiste der Rebel Ien angestedt sei und 150.000 Mann europäische Truppen (9) nöthig sein dürften um Indien zu behaupten. Eine spätere (vierte) Ausgabe ber " Holt" bringt neuerdings einige Mit­­theilungen aus Marseille : Das Denyforps war­ entwaffnet worden. Dem 70. eingeborenen Infanterieregimente hatte der Gouverneur für seine Loyalität Dant gejagt. Das 6. Infanterieregiment in Allahabad mettetferte mit Senem in Ergebenheitsversicherungen, empörte es jedoch später, und ermordete seine Offi­­ziere. Die größten Grausamkeiten gegen Weiber und Kinder waren in Durat, Delhi, Ruffenabad, Honft-Hiftar, Shanft Bareilly und Saghenwoor verübt wor­­den. Am 15. Suni war ein Ausfall aus Delhi blutig zurückgeschlagen worden ; am 16. Juli war Alles ruhig. 3000 Rebellen Tagerten außerhalb des Aymer­­thors. Ya Serozepore Hatten am 13. Suni militärtreue Hinrichtungen stattgefun­­den. General Dutram war In Bombay eingetroffen. Im Pendichab Alles rugig, Den englischen J­ournalifimmen über die Ereignisse entnehmen wir Folgendes :­­ einem großen militärischen Unternehmen beschäftigte Regierung spricht, desto besser ist­­ es im Allgemeinen. Disraeli’s pompöse Kritik wird Jeder nach ihrem ganzen Werthe beurtheilen können, wenn er sie durchliest. Disraeli, und auch Andere vor ihm, haben gangenen Montage angenommene Vertrauensadresse ist von Mr. Disraeli „ein Gemein­­­plag” gescholten worden. Es ist wahr, sie ist in allgemeinen Ansprüchen formulict, ‚aber ihren 3wed erfüllt sie deshalb doch, den 3wed nämlich, der Welt zu sagen, da" das Parlament einstimmig entschlossen ist, die englische Sehrschaft in Iadien aufrecht "zu erhalten, dem Auslande mehr mitzutheilen, ist überflüssig, und je weniger eine, mit

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