Pester Lloyd - Abendblatt, April 1858 (Jahrgang 5, nr. 74-98)
1858-04-01 / nr. 74
Abendblatt des Iop. Donnerftag ‚1. April. Me. Ah ZSZ — iro rtrastt nie 1858. Tel, Depefche des „Veiter Mond", garied, 1. April. Die Halboffizielle „Patrie“ erklärt die Nothmendigkeit, der Okskupation der Insel Perim Durch England entgegenzutreten 5 es sei_ an Der Zeit, den gewohnheitsgemäßen, traditionellen Eingriffen Englands ein Ziel zw fegen. Wenn Europa nicht gewillt ist, Die ee des bedrothen Mieeres England zu überlassen, wenn die Integrität der Türkei eine Wahrheit werden soll, so sei es unausweichlich,. Die Ossupation Perims unverweilt zur Höhe der unwichtigsten politischen Fragen zu erheben. Politische Rundfchau, 1. April. Wer die Adsigten und Pläne Kaiser Nappyleong errathen könnte! Bei der Zurückhaltung, die seinem Charakter eigen, bei den vielfachen Mederrashungen, melde das französische Regime im won Testen Sahren Europa Dargeboten, hat man fi allmälig daran gewöhnt, die französische Politik stets nur im Halbdritel zu erbliden, — unflar. über das, was: sehen Die nächste Stunde bringen mag. Der journalistische Leser! muß si Daher mit dem Gedanken trösten, daß es nicht er allen ft, vor dem Die Ereignisse der ‚nächsten, Zukunft verhüllt sind ; eine gut ‚unterrichtete Korrespondenz“: der „Nreuggeitung" aus Londom gibt ung eben heute einen Beleg dafür, daß feld das englische Kabinett bei der ersten Nachricht von der Ernennung Peliffiers nigt wußte, wie es Dieselke deuten sol. Der Korrespondent schreibt : „vererste Eindruck, werdhen die übliche offiziöse Mittheilung der französischen Negierung , daß der Raiser Napoleon Die Ansicht habe, von Marshall Peliffier zu seinem Botschafter am hiesigen Hofe zu ernennen, hohen und höchten Ortes hervorbrachte, war Fein angenehmer Man war fi nicht Mar, welches ‚die Bedeutung dieser Mahl im Sinne des Kaisers sein sollte. . Lord Derby hatte eine lange Unterredung mit Ihrer Majestät der Königin, in deren Folge der Herzog von Cambridge und mehrere Hochgestellte Männer, felöst Lord Palmerston, zu Ihrer Majestät entboten wurden, welche Ihre Meinung zu erfahren winschte. Es handelte’ sich von allen Dingen, darum, ich über die Form und Anspruchsmeise, zu einigen, in welcher der französischen.. Negierung Fund zu thun set, daß die Königin Feine Einwendung gegen die von Kaiser beabsichtigte Ernennung zu machen habe, denn es versteßte sich" von selber, dag von einer Ablehnung Feine Rede sein konnte und sollte, Nach einer langen Berathung und, ganz besonders auf Veranlassung des Herzogs von Cambridge ward, beschlossen, die Antwort in einer für den Marschall möglichst fchmetchespaften Form abzufaffen und zu bemerken, daß die Königin die Ernennung, desfelden zum Ambassadeur mit Freude ("avec joie") erfahren ‚habe. ‚Gleichzeitig wurde die Nothwendigkeit gezeigt, bei den verschiedenen großen Tagesblättern dahin zu mirken, daß sie ihre Sprache der Haltung des Goouvernements in dieser Angelegenheit anpassen würden. "Beides geschahe In der Antwort.b.£ ment de kiegres, die Königin und das Gouvernement würden . Die Ernennung des, Herzogs von Malasoff, „mit Treude‘ erfahren, und aus der Sprache der Hauptorgane unserer Tagespreise geht hervor, daß das Bewehren des Gouvernements son denselben richtig gewürdigt und verstanden worden ist. “ Der französische Ambassadeur kann demnach auf einer ganz Kordule Aufnahme bei uns rechnen; aber aus dem oben Mitgetheilten ergibt sich,das sie vielmehr, eine wohlüiberdachter als eine freiwillige sein wird, und,daß_es voreilig wäre, jet sehon poll-te Schlußfolgerungen Daraus zu ziehen.” Und.gleichtwie in London gibt es in Paridiele Politifer, Die sich, mie Der „Deutsch; Allg. 3." berichtet wird, „von den freundlichen Begrüßungen, die dem neuen Gesandten , son. drüben, her entgegenflingen, nit Trre machen lassen, und glauben, Daß der. .mestliche Bund in voller Auflösung ‚si befinde, und glauben einen ‚großen zeitgreifenden Kampf sich aus Demselben entwickeln zu sehen." Die Motivirung ist dabei folgende : „Der Katser-ann, mit dem, versündigten, Programme nicht fortbestehen, er bedarf zu seiner Selbsterhaltung des Krieges. Die französische Nation hat nämlich angefangen, empfindlich zu werden, und Vorfälle, Denom vor Kurzem unbeachtet geblieben wären, wie die Anwendung der Sicherheitsgefege, mit einer Schärfe zu beurtheilen, wie sie fett lange nicht fühlbar geworden. Das Adelsgefeg stößt ebenfalls auf herben Tadel von Seiten des großen Publikums, und sogar im Innern des gefeggebenden Körpers folk. fich ein so beträchtlicher Widerstand gegen dasselbe Tundgeben, Daß es ohne eine besondere Hression der Regierung fehnerlich durchgehen dürfte, Mit einem Worte, man tst in maßgebenden Kreisen der Ansicht,, daß die Geister einer Diversion, die Leidenschaften, welche, sich, zu einer Gefahr zu entwickeln anfangen, einer Ableitung bedürfen ,wie man sie durch einen Krieg nach Außen zu erlangen hofft. Um Berücksichtigung dieser Umstände glauben die Politiker an einen Bruch mit England, der dem Kriege unausbleiblich vorhergehen oder folgen muß. _ An einem Vorwande, oder’ sagen wir an einem Grunde zum Kriege kann es bei den verschiedenen In der Schwebe befindlichen europäischen Tragen nicht fehlen. Ird die Flüchtlingsangelegenheit nicht wett genug führen, so wird man die Bewegung der Sinfel Pertm'zu dem beabsichtigten werke berufen 5; man hört bereits in den Kreisen von Einfluß große Entrüstung, über diesen „gegen das Völkerrecht verstoßenden Schritt Englands zu äußern und spricht von einer Aufforderung, welche die beiden Kabinete von Parts an Veters- Burg gemeinschaftlich an die englische Regierung richten töplen, daß es die Insel Mertot räume,“ 28a$ nun die Richtlingsfrage betrifft, so befindet sie sich alerdings noch ferne von der für Trankreich erwünschten Lösung ; vielmehr in das Pampklet von Pont und Genoffen soeben, "von einer gegen Napoleon gerichteten Vorrede, begleitet, auch in einer englischen Ausgabe, erschienen. . Der Londoner Korrespondent der „Deutsch. Allg. 3tg." berichtet nämlich, unterm 28. März: „Das Panphlet der französischen Flüchtlinge Felic Pyat, Beffon und Tallandier unter dem Titel „Brief an das Parlament und die Preffe” war bisher noch nicht im Englischen erschienen ._ Kaum daß einige magere Auszüge In der hiesigen Presfe mitgetheilt wurden. Der Hiesige Be Soßferld, ein sächsischer Flüchtling, unternahm die Herausgabe, und schon war das Pamphlet unter der Prese, als die Verhaftung des Originalverlegers Stanislaus TihorzEe Wert erfolgte. Der Drud wurde sofort eingestellt , aber ein bekannter englischer Verleger erfuhr diesen Umstand, und er übernahm die Verantwortlichkeit für die Herausgabe. Das Pamphlet itroeben in englischer Weberregung und, mit einer , Borrede" erfahrenen. Die Buchhändlerfirma ist nicht genannt, sondern, Bios angegeben, „Veröffentlicht von A. Wolff, dem BVerfasser der Borrede.“ ALs Druder dieses Pamphlets ist die Firma des Hre. Hopfeld genannt, oder außer Verantwortlich fett kommt. Der „Brief an das Parlament und die Presse“ ist: it gutem Englisch wiedergegeben 5, aber die, Borrede" ist jedenfalls Dersjenige. Theil, welcher das Meisterinteresse erregen dürfte, weil er darin ein Engländer über eine Frage ausspricht, je im Moment in zwei Fällen vor die Surg gebracht wird, u); Es sollte nur wenig Wunder nehmen, wenn Herr Wolff, welcher Präsident eines demokratischen Klubs sein sol, gleich.