Pester Lloyd - Abendblatt, April 1858 (Jahrgang 5, nr. 74-98)

1858-04-22 / nr. 91

Schnelpfeifendrud von Emil Mülle­r, Dorotheagasle Nr. 12. — Berlan der gefter Sloydgefehlgase frei war—als mit einem Male derL­ind umschlug, alles war nun in Angst,daß die ganze Stadt ein Raub der Flammen werden wü­rde.Aber wo die Noth am größ­­ten,ist Gott am nächsten!Bald entlud sich ein dichter, feiner Regert und sotvarde man des ganzen Brandes baldmächtig.Die Kerzenfabrik mit vielen Nebenhäusern ist gänzlich abgebrannt,was wohl fü­r danigenthümer ein­ großer Schaden ist,allein die Stadt gewinnt dadurch die Entfernung dieser übelriechenden Anstalt. Die Rede Cavour’s. » · T Die Rede des sardinischen Ministerpräsidenten, soweit sie bis heute bekann­e,ist in zweifacher Beziehung hochwichtig:sie legt ganz offen das politische Programm Piemonts dar, und bringt ferner Ent­­hüllungen über ein gegen den König beabsichtigtes A­­s­tentat Cavour sagte: Nach dem Ungnückk von Movara und dem Frieden vor Mailand siegen sich zwei Wege verfolgen, Wir konnten unse­­ren Namen beugen, alle Aspirationen des Königs Karl Albert aufgeben, uns in unser Land einschließen, ohne darauf zu acjz­ten, was sich jenseits des Ticino und der Matra (Grenze Mo­­denas) ereignen­ werde. Dieses wü­rde die Erneuerung der Po­­rtik des Herrn Della Margherita gewesen sein. Das andere Gyítent bestand in der Annahme der geschehenen Shatfacdhen, indem man noch den Glauben an die­­ Ideen bewahrte, die der­ König Karl Albert vertreten hatte. Das erste System konnte die­ Stellung­ in materieller Hinsicht erleichtern, aber wir hätten die Traditionen des K­auses Savoyen­ verleugnet.­ Un­­ser Fürst hat das zweite System gewählt. Das Erste, was er bhat, war, den berühmten Italiener, Herrn d’Azeglio, zu seinem Rathgeber zu machen. Der Name d’Azeglio war ein ganzes Programm ! Das­ Ministerium D’Azeglio stellte sich die Auf­­gabe, die Freiheit mit der Ordnung zu behaupten, und das di­­plomatische Korps den Italienischen Ideen günstig zu stimmen. Als Herr d’Ageglio aus dem Amte trat, hatte er das Glück, daß die fremden Mächte die Loyalität und die Mäßigung der­dee der Regierung von Piemont anerkannten. Das Mini­­sterium, das ihm­ folgte, bemühte sich, die noch bestehenden Vorurtheile zu verscheuchen und für die italienischen Ideen zu wirfen. Die orientalische Frage bot uns die Mittel dazu. Die französisch-englische Allianz gab uns die Gelegenheit, ganz Europa die Wahrheit über Italien zu sagen.. Im Kongresse sprachen wir von der italienischen Sache, und erlauben Sie mit einer erhabenen Person zu sagen: Dies war eine große Thatsache ! Herr Della Margheritta hat gesagt, der Krieg in der Krimm habe uns nichts genügt. Ich gestehe, daß wir nichts gewonnen haben , insofern es die materiellen Interessen betrifft. It aber das Nämliche der Fall in moralischer Beziehung ? Unsere Armee hat art . Achtung in Europa gewonnen. Wir haben unsere Stimme zu Gunsten Italiens Taut erheben und erklären Fannen , daß ohne unwesentliche Veränderung im Zustande Italiens der europäische Briefe stets bedroht sein werde. Und Niemand wi­­derspracht. (2) _ Dieses aber ft ein Hoher moralischer Nugen. In der Speenwelt bereiten si­che Revolutionen vor. Ganz Europa hat ein lebhaftes I­nteresse für das, was in Piemont geschieht. Unser Ruf ist bis zu den entferntesten Regionen Ame­­rika’s und des Orients gedrungen. Diese Verfolgung der Politik Karl Albert’s durch uns mußte not­wendiger Weise bei einigen eifersüchtigen Regierun­­gen des Auslandes Widerstand finden. Ich verhehle mir Diese schwierige Lage nicht. Wie sollte man aber diese Gefahren vermeiden ? Wir haben gesucht, sie durch Allianzen zu beseitigen. So war das System des Herrn von NAzeglio, so war das uneinige. Herr Brofferio halt nicht viel von den Allianzen: wenn die Beredtsamkeit zur Entscheidung der internationalen Fragen genü­gte,dvürde ich seiner Ansicht sein­ alleinpolitische Händel kommen­ durch Protokolle und durch Waffen zum Auss trn.Das Glü­ck liebt die starken Bataillone.Gleich Herrn Brof­­ferte stehe ich die Bündnisse mit Böltern vor, welche dieselben IInstitutionen haben wie wir . Doch bemweift die Geschichte, bag felbst die Fühnften, und stolzesten Nationen, die Allianz der Stärfsten gesucht haben. Die Schweizer riefen gegen den Here 409 von­ Burgund die Bundesgenossenschaft König XI. an, der 990 agricatt­s nicht dieselben­­ Grundfüße befolgte, wie die Bürgermeister von Bern und Zürich. Die niederländischen Städte riefen die Unterftügung der Königin Elisabeth, Die Vereinigten Staaten die Hilfe Ludwig’ XVI, an und Sranklin veiste nach Bersailles, Wil Herr Brofferio in allem Ernste ein strengerer Yuritaner sein, als Franklin ? Man entgegnet, wir sollten die Herstellung einer andern Regierungsform in Frankreich abwarten : ich glaube und hoffe, das­ werde nicht geschehen. Ich habe eine lebhafte Sympathie für die französ­s­che Nation , aber ich glaube ‚. sie ft für die republikanische Staatsform nicht geschaffen. Oder lassen wir jene seltsame Hypothese einmal zu! Gut denn, so will ich Ihnen sagen , daß wir von einer französischen "Republik nichts erwarten dürfen. Zuerst sind ‚alle Republiken selbstsüchtig. — deuten Sie nur an Griechenland, Rom, Venedig : sie sind auf Eroberungen ausgezogen, aber keine von ihnen hat­te Irgendwo die Freiheit gegründet. Eben­so hat es Genua gemacht. Haben die Vereinigten Staaten den Südamerikanern in ihrem Kampf gegen Spanien beigestanden ? : Im Zeitraume von­ 60 Jahren hat Frankreich eine Friegerische und eine friedliche Republik­­ gehabt , und die Eine wie die Andere haben sich gegen Italien mehr als ungerecht benommen. Die Erste verkaufte Venedig , und was haben die Ledru NRolin, die Bastide für und gethan ? Sie sind so weit gegangen, uns sogar einen Anführer zu ver­­weigern , um den wir albern genug waren, sie zu bitten. Ich glaube, seine Indistretion­ zu begehen , " wenn ich erzähle , daß der Kaiser Napoleon III. 1849 als Präsident der Republik ung im Kriege ‘gegen Oesterreich beistehen wollte. Wer , meinen Sie, hinderte ihn daran, die Minister, die Parteichefs der ‚Nationalversammlung ? Ich habe das aus dem Munde Eines der größten französischen Redner (Tihiers) erfahren, der den traurigen Muth hatte, sich deffen zu rühmen. Herr Brofferto fegt seine Hoffnungen auf die R­ev­o­­lution. Unsinnig sind diejenigen, welche solche Hoffnungen haben, welche die Revolution mehr Lieben, als Italien. Laien wir jedoch­ dieses bei Seite und erlauben Sie mir, daß ich Ih­­nen meine Ansicht über die Allianzen aus­einander fege. Man erhält Allianzen, wenn eine regelmäßige und starre Regierung denfandern Nationen­vertrauen einflößt. Wir­ haben versucht, die internationalen Beziehungen zu erleichtern und wohl­wollend zu machen. Die Regierungen von Frankreich und England find und mit vieler Herzlichkeit entgegengenommen. Mach dem orienta­­lischen Kriege haben wir unsere Beziehungen zu Rußland und Preußen inniger zu gestalten gesucht. Wir haben allen diesen Regierungen Opfer gebracht, mir haben aber immer unsere Würde bewahrt. Sie wissen,, wie theuer uns die englische Allianz st... In der Belgradfrage verlangte England unsere Unterfragung­­, seine politische Ansicht war aber dem Geiste des Pariser Vertrages zuwider, und wir trennten uns von ihm. Wir haben das Nämliche in der Donaufürstenthümerfrage gethan und in allem dem, was eine Annäherung an Oesterreich betrifft. Sie künnen ‚nach unserer Haltung England gegenüber­ beurthei­­len, wie wir den übrigen Mächten gegenüber aufgetreten sind.” Hierauf (31 Uhr) wurde die Situng während­­ 4 Stunde suspendirt. Nach Wiederaufnahme derselben ging Cavour zur Erzählung der Konsequenzen vom 14. Jänner über. Es liegt uns hierüber nur ein äußerst kur­zer Auszug dar, weshalb wir mit der Mittheilung noch warten wollen ; dagegen gibt der Korrespondent der „Wien. tg." die Stelle vollständig wieder, in welcher Cavour über das beabsichtigte Attentat gegen Victor Emanuel berrete. Cavour sagte: „Nach dem Attentat vom 14. Jänner erhielt die Regie­­rung aus mehreren Theilen Europa’s die Nachricht, daß die durch den Vorgang in Paris aufgeregten Parteigänger sich leidenschaftlicher als je­ zeigten , und daß in ihren Konven­­tikeln nicht nur von einem Wiederbeginn des­ fluchwürdigen Werkes, sondern auch von einer Ausdehnung desselben auf an­­dere Negierungshäupter die Rede war. Es handelte sich nicht mehr um den Kaiser Napoleon allein ; es war die Rede von einem Souverain, der unspielnäher an­­seht. So lange diese Mittheilungen uns aus fernen Rändern gemacht wurden, aus­ Ländern, von detten angenommen erben konnte, daß es in ihrem Interesse lege, uns auf die Bahn der Präventiv-Mairegeln zu drängen, zögerten wir, weil es uns widerstrebte, zu glauben,i hab in einem Italienischen Gemüthe ein solcher Borlag Wurzel fallen künne. Dann aber erhielten wir dieselen Warnungen aus einer Quelle, die nicht verdächtig sein konnte ; sie wurden­ uns vor einer Regierung gegeben, die den Erzlitten sehr freundlich ist und täglich Die größten Anstren­­gungen macht, um das Asylrecht unverlent zu erhalten und zu verhindern, daß bezüglich der Ek­lirten übermäßig strenge Maß­­regeln in Anwendung kämen.­­ Wir­ konnten nun nicht Länger zweifeln , was war aber­ zu thun ? Konnten wir Angesichts so präziser Mittheilungen noch ungläubig sein? Dieser oder Sener wird mir vielleicht sagen : Sie hätten diese Informationen zur rücktreffen sollen, da es sich um ein moralisch unmögliches Tak­­tum handelte: „Nein, meine Herzen, k das Taktum ist­ nicht moralisch unmöglich­­: mein ehrenwerther Freund, der Abgeordnete Bar­tazzi hat es ihnen bereit, gestern gesagt : wer die Bahn des Verbrechens betritt, zieht den Fuß nicht zurüc, wenn ihn Wahn­­sinn oder Interesse vorwärts drängen­­; es liegt aber nur zu sehr im Interesse, derjenigen, welche, die­ Revolution nach Sta­ Men zu­ bringen und­ triumphirend . aus. Derselben hervorzugehen hoffen, ven König Viktor nicht mehr sich gegenüber zu haben, da sie überzeugt sind, daß er allein zur Bekampfung und Niederhaltung der Revolution ausreichen "würde. Der Zweifel war nicht möglich, und es fragte sich, was wir thun sollten? Hätten wir uns darauf befehräufen sollen­, unserem edlen und großherzigen König den Rath zu geben, sich­­ mit polizeilichen Vorsichtsmaßregeln zu umgeben ? Nein, meine Herren , wir würden sehr sträflich gewesen sein, wenn wir Angesichts dieser Gefahr nicht gesucht hätten, sie nicht nur mit ‚materiellen, son­­dern auch mit moralischen Mitteln zu verhindern. Hätten wir nicht dergestalt vorzubeugen gesucht, so würde die Nation nach erlangter Kenntnis der Thatsache und der Absicht, uns für un­­sere Sorglosigkeit verantwortlich gemacht haben ; sie würde, so­­bald sie das, was wir­­­ wußten, erfahren hätte, sich wie ein Mann gegen uns erhoben und uns von­­ biesen Ligen herabge­­worfen haben, weil wir nicht energisch zu Werke gegangen wa­­ren. Wir haben daher einer heiligen Pflicht gegen unsere Mitbürger nachzukommen geglaubt — durch Vorlage des Brefe 25 Gefegges— und bei diesem Anlasse nicht unter dem Impuls anderer Gefühle gehandelt.” Der Korrespondent fügt noch folgende Einzelnhei­­ten hinzu : Die Sache ist in den ersten Tagen bes Fe­bruar vorgekommen. Die Regierung hatte aus der Schweiz Nachricht erhalten, daß drei Emissäre mit dem festen Entschluffe abgereift wären,­­ den König Viktor Emanuel zu tödten. Unsere Polizei forschte allso­­gleich, diesen drei Individuen nach, die jedenfalls in Tur rin angekommen sein mußten. Nach mühsamem Suchen und Spähen ergab es sich endlich, daß die drei Mörder in der Furcht, daß ihr Plan verrathen sei, Turin wieder verlassen hatten. * Wien, 21. April. Das heutige Bargeschäft­ er­­öffnete in flauer Stimmung: Kredit 243 °/,, Staatsbahn 286, Nordbahn 184. Bessere auswärtige Berichte und namhafte Pariser Kaufordres für Staatsbahn traten für diese eine steigende Tendenz hervor, welche sich auch den N Kreditaktien mittheilte. Nordbahn nahmen daran seinen Antheil, eben­so verzinsliche G Staatseffekten, welche fest, aber unverändert blieben. Staatslose sind nicht un­­erheblich gewichen, Ansehenslose der Kreditanstalt etwas fester. Die zweite Börsenhälfte bot einen lebhaften Ver­­feht, und bei sehr beliebter Stimmung schloß man Kredit 2443/,, Nordbahn 184­/,, Staatsbahn 288. Verantwortlicher Redakteur : Karl Weißlircer. R» s

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