Pester Lloyd - Abendblatt, März 1859 (Jahrgang 6, nr. 48-73)

1859-03-26 / nr. 69

davon figurirt merkwürdiger Weise für das Gebiet von Triesti. Die»Armonia«versichert,Mazzini sei in den letzten Ta­­gen in Turin gewesen.Am 20.d.M.machten die Frei­­willigen eine prunkhafte Demonstration die Bevölkerung Von Turin nahm keinen Theil daran.Ferner sollte am 20. das neue Stück von R.Castelvecchio,,Ugo Foscolo­­ ge­­geben werden.Die Skandalfreunde suchten das Stück schon vor dem Begin­e dadurch zu verdächtigen,daß sie den Ver­­fasser als einen Angestellten der österreichischen­ Polizei be­­zeichneten.Dieses genügte,um beim Aufziehen des Vor­­hangs einen solchen Skandal hervorzurufen,daß mit dem Stück nicht begonnen werden konnte.Es mußte schnell mit zwei Lückenbüßern geholfen­ werden.—»Terre Promise« meldet,Garibaldi befinde sich zu Rivoli und sei mit Formirung seiner Legion beschäftigt,die täglich wächst. Weiteren Berich­ten aus Italien entnehmen wir: In Florenz sollen zu Gunsten einer Konstitu­­tion auch im Ministerrathe sich Stimmen geltend machen.Der Staatsrath Martini wurde zum Minister des öffentlichen H­nterrichts ernannt.Eine Flugschrift»1­ 3Tos— canae1’Austr­ia«·ist hier erschienen,deren Ausgabe die Po­­­izei nicht hat verhindern kön­­ten.Sie geht von der liberalen piemontesischen­ Partei in Toskana aus und setzt entschiedenes Vertrauen in den König Viktor Emanuel und den Kaiser Na­­poleon.Letzterer habe Frankreich das gebührende Ansehen im Rathe der europäischen Mächte wiedergegeben und benutze es jetzt zur Vertheidigung der Zivilisation und der Gerechtigkeit. Unterzeichnet ist dieses Manifest vom Marquis Ridolfi,Baron Riccasoli und andern einflußreichen Personen des Großherzog­­thums.Die­polizei hatte in der ersten Druckerei,die die Herausgabe bewerkstelligen sollte,die vorhandenen Exemplare in der Nacht vom 16.auf den 117.konfiszirt und die Formm auseinandernehmen lassen,aber es gelang der liberalen Par­­tei trotzdem,die Herausgabe zu ermöglichen.—Zu Livorno ist ein Manifest der Bürgerschaft,worin diese das Volk auf­­fordert,sich ruhig zu verhalten,und jeden Konflikt mit dem Militär zu vermeiden,erschienen. In Parma ward soeben das Portrait des Herrn v. Cavour mit einem Fur den biographischen Abrisfe veröffent­­licht. Der Kauf war ein rapider und der Autor dieser Pu­­blikation, Herr Mistralt, hat den Namen seines Unterneh­­mens zum DBeffen jener jungen Parmesaner bestimmt, die sich in Piemont einreiben hasfen. Die Regierung der Herzogin hat diesen Demonstrationen kein Hinderniß in den Weg gelegt. Wie die offizielle "Sazz. di Milano" aus Rom mel­­det, bestätigte der Papst in der öfter erwähnten Anrede an die Kardinäle vom 4. März, daß er den Rückzug der Hilfstruppen aus dem Kirchenstaate beantragt habe, und fügte dann wörtlich Hinzu: „Ich bedaure, daß einige Jour­­nale mit Gesinnungen und Worte zuschrieben,, die in meiner Mette mit dem Charakter des Oberhauptes der Kirche verein­­bar sind.. Sicherlich­ gürte ich nicht an meine Seite das Schwert Sofuns oder Gideons und ich konnte nicht sagen, daß ich mich stark genug fühle, wie dies ein weltlicher und kriegertscher Fürst hätte erklären künnen, Ms Statthalter Sefu EHristt weiß 16 so k­ommen , daß ich der Fürst des Friedens bin. Wenn ic den Rüczug der fremden Bejagungen verlangte, so geschah es in der Besorgniß , daß die Anwesenheit dieser Truppen auf einigen Punkten des Kirchenstaates Anlaß oder Vorwand zu einem Konflikte zwischen den Potentaten bieten könnte , ein Konflikt, der den Brand des Krieges herbeiführen könnte. Uebri­­gens vertraue ich gänzlich auf meine gute Sache, auf den Schub der Beziehung und auf die friedlichen Gesinnungen der Bevölkerung. Dies hatte ich Ihnen zu sagen und­ch stelle es Ihnen frei, den Ausdruck meiner Gesinnungen zu veröf­­fentlichen.‘“ Eine Korrespondenz aus Neapel in der offiziellen " Gaz­­di Milano" spricht gleichfalls die Besorgnis aus, die Krankheit des Königs Fanne in Krebs oder Kno­­chenfraß ausarten. Der Oberststallmeister, Marchese Simpe­­stali, ist nach Apulien abgereist, um die berühmtesten Gnaden­­orte zu besuchen,­ und dort die Genesung des Königs zu er­­flehen. Ueber die Ermordung des Ze­itungsre­dakteurs in Pasta wird dem „Wand.” aus Mailand geschrieben . Das Opfer sol dar Wort und That als ent­­schiedener Gegner der Revolution aufgetreten sein. Man hatte Thon hier in Mailand den Bersuch gemacht, diesen Mann zu vergiften und reketterte an dessen Borsicht. Der Kellner des Safthauses, in welchem man ihm einen vergifteten Wein vor­geseßt hatte, wurde durch den Argwohn, womit der Saft die übel­schmeckende Flüssigkeit rottete und ausspie, überrascht und noch in derselben Stunde flüchtig. Der Verstorbene sol sich häufig in Kaffeen und Sasthäusern über seine Gesinnung aus­gesprochen haben, und sol in Pasta zu wiederholten Malen durch Drohbriefe verwarnt worden sein. Sin genannter Stadt war es auch, wo er am 15. d. M. Abends im Rüden über­fallen und ihm ein Dolch in den Unterleib gestoßen wurde, den er mit eigener Hand herauszog und von sich warf. Die Waffe sol nicht aufgefunden worden sein, das Opfer starb, wie ich Höre, am nächsten Tage. Derselbe Korrespondent berichtet weiter . Nachdem man sein Baterland in Tabakspfeifen, schwarzen­ Flöten, Spazier­­gängen u. a. mw. geliebt hat, so kommt nun eine andere Al­bernheit zum V­orschein. Einige Glieder des zarten Geschlechts Heiden fh in weiß-roth- grüne Hüte. Das macht sich wirklich recht geschmacvol, und nach der Schwarzen Tracht zur Halbtrauer recht paffend. Ein weißer Hut, mit rothem Aufpus und grünen Bändern, die Unschuld, Hoffnung und die Liebe als sehöne Tugendtrias auf dem Kopfe. Che wir nun zu den anderen ‚Berichten überge­­ben, erwähnen wir nur noch : Marcelo D’Azeglio hatte dieser Tage eine anderthalb­­stündige Audienz bei. Sr. Hell, dem Papste. Der Partser „Sonstitutionnel” zeigt an, daß von der vielgenannten Slug- Thrift : „Preußen, und die italienische Brage”, in Paris bei Dentur, eine französische Ausgabe unter dem Titel: „La Prusse et la question italienne”“ herausgefommen sei — Die "Sentinelle de­ Toulon" meldet: „Bier große Fregat­ten haben Befehl, erhalten, auszulaufen und in Algerien Truppen zu holen.“ Aus Kontantinopel liegen folgende Ber­iih­te vor : Am 17. hielt der Sultan, von seinen Söhnen und seinen Brüdern begleitet, im Serassierat eine Revue über die Truppen ab, die nach Schumla abgehen sollen. Diesel­­ben bestehen aus 12 Bataillonen Infanterie, 1 Regiment Ka­­vallerie und einem Artilleriepart von SO Gefaügen. Ein zweites Korps wird diesem folgen und in Sophia aufgestellt werden. Ismail Vajda von Kalafat, Befehlshaber des rumelischen Armeekorps, und Shufri Bajda , Präsident des Nab­es des anatolischen Armeekorps , sind nach Konstan­­tinopel berufen worden. Ein Theil der Nedifs wurde ange­­wiesen, den Dienst wieder anzutreten. Auch geht das Gerücht, Omer Bafda sei aus Bagdad zurückberufen worden. — Die Pforte besteht darauf, Die waladhische Deputation nicht zu empfangen. — Die Gefangenen von Dsheddah sind hier angekommen, sie werden bis zum Zusammentritte des Ge­­richtshofes, der über sie das Urtheil fällen wird, eingeferdert. — Die Beihetrathung der ältesten Tochter des Sul­­tans , Salme Sultane,, Witwe des ertrunkenen Ali Ghalib Hasha, mit dem Kammerherrn Noury Bey, der bei diesem Anlasse zum Muschir erhoben wurde, hat am 14. d. M. satt­­gefunden. — Der Sergutsfälscher Kostati Petrven- Tino ist in den Händen der Sustiz. Bezüglich der fünffigen Mitth­eilun­­gen­ müssen wir uns auf folgende beschränken : In Bulurefi hat die Versammlung dahin entschie­­den , die Einberufung der beiden Assembleen nach Fo fhant, „die nur durch außerordentliche Dringlichkeitsfälle geboten werden konnten , dem Ermefsen und der Anordnung des Fürsten zu überlassen. In Saffy beschäftigt sich die Kam­­mer mit der Kompetenz des Ministeriums ,­ Gefete ohne die Zentralkommission in Kraft treten zu lassen; die Minorität­­ gegen 20 Stimmen zwang den Ministerpräsidenten B.Stourdza, den Finanzminister ©. Balsh und den der Justiz Costaky Sypmreang ihre Demission zu geben; 5. Chifa, Fürst von Sa­­mp3, soll das Präsidium des neuen Ministeriums übernommen haben. Die Veranlassung zu diesem­ Wechsel war das neue Steuergefäß zur Aufbringung von fünf Millionen Piatter. In London dauerten die Debatten über die Mer­formbtlt fort, die Abstimmung wird erst im Laufe der näcsten Mode erfolgen; gegen die Regierung Sprachen Gib­­son, For, Osborne. — Den zahlreichen Petitionen gegen die Reformbill der Regierung, die Tag für Tag einlaufen fi demnächst eine Monstrepetition aus Mandere with fließen. Sie liegt dort erst vier Tage auf und zäh­len 53.000 Unterschriften, ist aus 488 Bogen zusammengefest und mißt 900 Fuß in der Länge. In Frankfurt machte ein Artikel im „Intelligenz­blatt“ großes Aufsehen , der auf die Frage von ein­er natio­­nalen Bolfsvertretung, „welche die Majorität des deutschen Parlaments, welche die in Gotha vereinigten deut­­schen Männer einst in der Union lösen wollten, die Frage Der vertragsmäßigen Freiheit und Einheit der Deutschen Staaten”, zurückkommt. Der Artikel ist offiziellen Ursprungs. In München wird heute die Schließung des Land­­tages erwartet; laut einem Schreiben des Oberceremonien­­m­etíters an die Kammer­­ der Abgeordneten wird die Adresse an den König nicht angenommen werden, weil Dieselbe in öffentlicher Stgung verlesen worden und dadurch dem Könige bereits bekannt geworden sei. Von den neuerdings in der­­­­ Armee fast gehabten Veränderungen werden­ vier und ein­halb Spalten­ der gestrigen „Wiener Zeitung” ausge­­füllt. An der Spithe dieser „"Veränderungen" befindet sich die Ernennung des Feldmarschalllieutenants, Friedrich Teukhert,­nterim generaldirektors beim Armeeoberkommando, zum zweiten Inhaber des Infanterie­regiments Ezherzog Rainer Nr. 59. Die übrigen Ber­ Anderungen umfassen zum größten Theile Beförderungen in den Stabsoffiziersstellen, zum Theile aus Ueberlegun­­gen zu anderen Truppenkörpern und Pensionirungen in den Graden vom Oberst bis zum Major. Ya: Stationaltheater. , Linda", opera. Mester Stadttheater, „Die Marquise von Bil­­lette", Originalschauspiel in fünf Aufzügen von Charlotte Birch-Pfeiffer. Dfner Stadttheater. „Sie bleibt fiben" oder „Die Braut ohne Bräutigam“, Neue Poffe mit Gesang in drei Aufzügen von Dr. Wilhelm Turteltaub, Muft vom S Kapellmeister Adolf Müller, Circus Carré. Heute große Vorstellung. * Wien, 24. März, Die Börse war heute sehr gün­­stig gestimmt. Alle Gattungen Artten wurden­ höher gehan­­delt, auch Staatsfonds Schließen etwas besser, während Wech­­­sel Y pCt. billiger wurden. Die Nachbörse verlief lebhaft bei steigenden Kursen und fchlof: Kredit 197.60, Nordbahn 1689, Staatsbahn 237.40, Augsburg 91.70, London 108.20. Die günstige Stimmung in der das Abend­geschäft mit einer gemeiffen Zähigkeit bei Beginn verharrte, wurde durch eine der „Kreuszeitung” mitgetheilte telegraphische, die Kon­ferenz betreffende Nachricht plöglich in eine gegentheilige Ten­­denz umgewandelt. Kreditaktien wichen in Folge­­deilen von 199 auf 194,30, Nordbahnaktien son 1687 auf 1670, Staats­­bahnaktien son 237.80 auf 235.80, Schluß etwas fester. Man notirte + Kreditaktien 195,20 , Nordbahnaktien 1671 , Staats­­bahnaktien 236.20, Nationalanlehen 78.20, Aus Bufarest wird gemeldet, daß die Irma M aggi T­heodoraftu Komp. und Nicolai C­hristo­fig zur Zahlungssuspension gedrängt sahen, doch will man die Stodung nur als vorübergehend betrachten. Paris, 24. März, Schlußkurse : 3pEt. Rente 69,20 AgBt, Rente 96; Staatsbahn 568 ; Credit Mobilier 805 ; Lombarden 536 ; Orientbahn 505, sehr fest. London, 24. März. Mittagstonfels 967/5. Verantwortlicher Redakteur: Karl­­ Weisskircher. Schnellpresfendruch von Emil Müller, Dorotheagaffe Nr. 12, — Verlag der Peter Lloydgesellschaft. 5

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