Pester Lloyd - Abendblatt, März 1860 (Jahrgang 7, nr. 50-75)

1860-03-26 / nr. 71

a­d Dientag, 26. März. PEST Nr. 71. (Die einzelne Kammer Eostet 3 Nr. 5. W.) est, 1860. LLOYD Abendblattas Pester Lloyd. zöflfchen MWolitische Handschau, 26. März. Der Bei­­trag über die Abtretung Savoyens ist, wie der gestrige „Moniteur“ mittheilt, am lech­­ten Sonnabend unter Vorbehalt der Genehmigung der sardinischen Kammern, zu Turin unterzeichnet worden. Die Hauptsächlichen Bestimmungen desselben sind : Der König von Sardinien gibt seine Zu­­simmung zu dieser Bereinigung mit Frankreich, welche statt­­findet, ohne das dem Wunsche der Bevölkerung ein Zwang auferlegt werden sol, — Die beiden Regierungen werden sich über Die zmeddienlichsten Mittel, die Kundgebung des Bo Ifs­­willens zu Konstatiren und zu würdigen, in’s Einverneh­­men fegen. — Der König überträgt Die neutralistir­ten Theile Savoyens unter denselben Be­dingungen, unter welchen er sie selbst befsst. — Der K­aiser verspricht, sich über diesen Punkt mit den übri­­gen Mächten und mit der ihm weitzerischen Eidgenossenschaft zu verständigen. Benedetti war aus Paris am 23. in Turin eingetroffen, offenbar zur Abfassung des Vertrages. Auch hat die Räumung Savoyens von Seite der piemontesi­­schen Truppen bereits begonnen, während die ersten fran­­gestern Dort erwartet wurden. Ueber das Ver­­halten Europas gegenüber diesem fast accompli­­eren wir: England hat gegen die Einverleibung Savoyens und Nizza’s einen Protest eingelegt, aber in Turin, nur in Paris, weshalb man in demselben französischerseits geringere Bedeutung beilegt. Der Schweitzer Bundes­­rath hat Die Bundesversammlung aus Anlaß der Annex­ons­­frage für nächsten Donnerstag einberufen. — Der vorgestrige „Sonstitutionnel“ findet die „Haltung Europa’s’ in der sanoyischen Angelegenheit “befriedigend. Bis jegt habe die Schweiz blos bei den Höfen von Paris, London und Turin ihren Protest­­ überreicht, was dieser Verwahrung beinahe einen ‚‚freundschaftlichen Charakter” gab. Stant­­weich werde sich darauf beschränken,­ die von Kenntnis zu nehmen. Mebrigens meldet „Morn. Pof“ : Kaiser Nap­or Leon versprach dem General Dufour Garantien für Chbablats. Ueber den Empfang der savoyischen Deputation in Paris und Die legten Thouvenel’schen Noten berichten wir in einem besondern Artikel, — an diesem Orte sei nur so erwähnt, daß auch das Fürstentfum Monaco recht an Frankreich kommen wird; der Fürst hat dasselbe für eine jährliche Rente von 200.000 Fr. an die fran­­zösliche Regierung verkauft, Roquebrune und Mentone werden das nämliche Schiefal haben. — Und nun wer­­den wir uns zu den Nagridten aus Rom und Neapel, dieselben lauten ernst genug : Aus Rom berichtet der "Tim­es" - Korrespondent unterm 13. b., der 9­ab ft hätte gegen zwei Hauptleute der Garde geäußert: „Böse Zeiten sind im Anzuge. Bald dürfte ich Ihren Beistand zum Schuge für unsere Rechte be­­dürfen, Auf Ihre Tapferkeit allein künnen wir uns froßen, wenn die Franzosen uns­­ verlassen. Für den Augenblick machen diese Herren (questi Signorini) noch kein Zeichen, als 06 sie abzureisen gedachten , aber geben müssen sie nun einmal vo." — Am vorigen Freitag, 9. März, berichtet der Korrespondent weiter, war der französische Be­sandte beim Hopfte, um ihm eine Depesche mitzutsetlen, in welcher Napoleon erklärt, bag nach Allem, was versuct und gethan worden sei, den römischen Hof zu einer Nende­­rung seiner Politik zu bewegen, er mit Bedauern gesehen habe, daß jener seinen eigenen Weg verfolgen wolle, und sich der französischen Regierung sogar feinpielig gezeigt habe , daß er dadurch bewogen werden dürfte, seine Truppen zu sich­­zuziehen, wo dann der Papst aus eigenen Mitteln für die Ruhe seiner Staaten zu sorgen haben werde. Darüber ge­­rieth der Papst in große Aufregung. Er glaubte, in des Kaisers Worten einen Hohn und einen Tau­firik zu gleicher Zeit zu erbliden. „Wie — rief er — sol­idh für die Si­­cherheit meines Staates und meiner Person Sorge tragen ? Soll es mir freistehen, die Neapolitaner zu rufen ." — Darauf er­wiederte, mie ich höre, der Gesandte, sein Herr wolle bei Sr. sizilianischen Majestät sich bestens verwenden, damit dessen Truppen so rasch als möglich zur Stelle seien. Das war zu viel, als daß der Papst es ruhig hätte hinnehmen künnen. Er überreichte dem Herzoge einen Brief des Königs von Sardinien­­ einen zweiten Brief, in welchem RiF­­tor Emanuel nicht mehr von einem Bicartat , sondern bios von einem Tribut oder­ Jahresgehalt spricht, und in welchem er erklärt, daß die Antwesenheit eines einzigen neapolitani­­schen Soldaten in den Marken als casus belli angesehen werden würde) , und sagte dann: „ Lesen Sie, mein Herr Gesandter, und dann sagen Sie, was ich thun sol. Die Oesterreicher darf ich nicht rufen, weil Frankreich es nicht er­­lauben will. Die Neapolitaner darf ich nicht rufen, weil Sar­­dinien es verbietet. Meine eigenen Truppen aber sind den Angriffen, denen wir täglich ausgelest sind, nicht gewadhjfen, Was sol demnach geschehen? Das ist eine Niederträchtigkeit und Büberei (infamia e ribalderia) , Sie dürfen dies dem Kaiser schreiben.” Unser Telegramm über den Studententumult in Rom ergänzen wir heute durch folgende Depetche vom 20. 9. aus Rom : Gestern haben die Studenten in ihrer Kirche einen Gottesdienst zur Feier der Am­erion und Gari­­baldi’s abgehalten. Abends waren große Volksmasfen auf dem Corso versammelt, die Gen­darmerie mußte Verhaftungen vornehmen, wobei sie von der Menge infultirt wurde, so daß sie gendm­igt war, von den Waffen Gebrauch zu machen. Wie es heißt, sind bei 40 Verwundungen vorgekommen. Ber­­ittene Gensdarmen zerfreuten endlich die Menge, zahlreiche Patrouillen von französischen Truppen durchstreiften die Stadt.“ Aus Neapel vom 20. wird telegraphirt, daß der König nach Gaeta (Seefestung in der Nähe der römis­­­chen Grenze) abgereift is, und daß Kriegsgeräthschaften ihm nachfolgen werden. Die Armee in den Abrusygen wird konzentrirt. Man versichert, mag eine Aushebung aller kräftigen Männer bis zum 40. Lebensjahre beschlossen worden sei. — Ein Pariser Korrespondent schreibt: Man weiß hier von einer Erklärung des Königs von Neapel, nach wel­­cher er sich verpflichtet halt, Vorkehrungen zu treffen, um die Sperren des Papstes zu befehligen, falls dieser es für angezeigt halten sollte, Rom zu verlassen und einen Zufluchtsort zu wählen. Diese Erklärung hat der König dem diesseitigen Gesandten, dem Baron Brenter und Herrn Elliot gegeben. Zugleich heißt es, der Papst werde, sobald es zu einem Konflikt in den Marken kommen sollte, sich nach Gaeta begeben, und dort mit dem Könige von Neapel zusammen­­treffen. — „Daily News" veröffentlicht folgendes neue Schreiben Lord John Ruffells an Mr. Elliot: „Es scheint fast unglaublich, daß weder der König noch ir­­gend einer der Nüthe, die ihn umgeben, fie Rechenschaft gibt von den Gefahren des Moments und daß sie hoffen , Neapel, werde, während das übrige Starten von der Hoffnung und... Sreipeit bewegt ist, dem Einfluß der allgemeinen Bewegung - -,

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