Pester Lloyd - Abendblatt, November 1861 (Jahrgang 8, nr. 252-277)
1861-11-02 / nr. 252
Samstag,2.JTooemb.Nr."252. (Die einzelne Nummertust-Ulr.Z.W.) =Der Fürst-Primas dürfte gestern wieder in Gran eingetroffen sein.Ueber seine Sonnabend-Audienz bei Sr.Majestät wird so viel von den»N.Nachr.«vermutlungsweise berichtet,er habe sich dahin geäuößert,daß er bedauern müsse,daß die Veröffentlichung seines Antwortschreibens in einer Weise geschehen sei, wodurch eine gänzlich unbegründete Berbächtigung seiner reinen patriotischen Absichten und jener aufrichtigen Bemühungen für eine baldige und allgemeine befriedigende Bereinbarung zwischen dem Throne und der ungarischen Nation herbeigeführt werden konnte. Alle Berichte stimmen übrigens darin überein, daß der Fürst Primas sein üirkliches Amt unangefochten weiter bekleiden wird, als Obergespan Dagegen wird ihm für das Graner Komitat ein Administrator zur Seite gerecht werden. Die Wiener zentralistischen Blätter bewügen die „erwünschte” Gelegenheit, um dem ungarischen Klerus im Allgemeinen die herbsten Vorwürfe darüber zu machen, daß er der nationalen Bewegung si angeschlossen und unterschiebt ihm dabei die egoistischesten Motive. So theilt die " Hreffe" das Schreiben eines „hochgestelften Geistlichen in Ungarn” mit, dem mir folgende Hauptstellen entlehnen : „Am schlimmsten steht die Sache dort, wo die Vandesfire ein Oberhaupt hat, und dieses Oberhaupt sich in der Rolle gefällt, der Führer der Opposition zu sein. Wenn das Oberhaupt solche Gesinnungen hegt, dann ist es ganz natürlich, daß in die einflußreichsten firnlichen Würden Seelenhirten gleicher politischer Richtung eingefebt werden. Bon Parteigenossen besorgt man seinen Berrath „ und so geschah es, daß bei uns Männer zu Bischöfen und Erzbischnten vorgeschlagen wurden, die, das Sakrament in der Hand, an der Seite des Bulfes Prozessionen gegen die kaiserliche Armee öffentlich angeführt, Männer, die mündlich und schriftlich, in Predigten und Hirten schreiben den niedern Klerus und das DfE gegen Die Dynastie und die Armee aufgereizt hatten. Auf diesem Wege konnte es wohl nicht anders kommen, als daß sich in dem ungarischen Klerus, zunächst in dem höhern, dann in dem niedern, allmälig ein staatsfeindlicher Geist einnistete. Daß es manche ehrenwerthe Ausnahmen femwohl im Curatilerus, als auf den Bischofligen gab und gibt, das bin ich, wie gesagt, weit entfernt, zu verrennen 5; aber entweder sind sie in der schlimmsten Minderzahl, oder Ihre Widersacher sind die kühneren Leute, die größeren Schreier ; augenbliclich sind sie jedenfalls terrorisirh. An einem verblendeten Minister fanden diese oppositionellen Tendenzen ein bereitwilliges, wenn auch ohne Verständniß des bösen 3wedes mitwirkendes Werkzeug. Sihm lag in erster Linie daran, dem Ultramontanismus und der Kontordats-Politik neue Kräfte zuzuführen, und so gelangten in firdlidgen Kreisen Männer an die Spige, die ihre hohe Stelfiung zu Warteizwecken mißbrauchten. Hier harten Sie die Auflösung der Frage, wie es sam, daß der ungarische Klerus in die Revolution gleichsam hinein gezwungen wurde. Das Schlagwort war ja von Gran ausgegangen. Seit dem 20. Oktober 1860 ist er im Lande nicht anders geworden. Der Klerus sah, bas nur DOppositionsmänner, geistliche und weltliche, von der Negierung belohnt und ausgezeichnet, zur Statthalterei, Septemplraltafel, zur königlichen Kurie, zur Hofkanzlei befördert wurden. D Blieb er der Krone treu, so hatte er zu gewärtigen, daß ihn die herrschende nationale Partei verfolgte und die Regierung im Stiche lief. Von Menschen kann man nur Weenschliches erwarten, Wo man, daß der katholische Klerus im allgemeinen und insbesondere in Ungarn eine andere Richtung enntschlage, so muß man das lebel in seinen erten Quellen erfüilen. Von anderer Seite ist eine Eguration der Beamten der Hofkanzlei, der Königlichen Kirie, der Septemplraltafel, der Statthalterei empfohlen worden. Ich aber sage, daß es nicht minder notbtbut,den m ungarischen Klerus, zumal dbendbochgestellten,zwepuriren.“ Daß der»hochgestellte Geistliche--sein Schreib-n.æyg-·-i nym in die Welt schickt,versteht sich bei dem nicht.-n"ä«h«etzstbezeichnen den Charakter seiner Angaben von selbst,dass so aber den eigentlichen Zweck der ihn bei seinen Zellen, gefestet, durch den in den Texten Worten enthaltenen „guten Rath“, so offen enthilfte, hat uns von dem gewiß. Tehroyalem Manne nicht wenig befremdet. Die nachdrückliche Antwort auf seinen guten Rath wird ihm, dessen sind wir gewiß,unser Klerus nicht schuldig bleiben; wir können und. hier nur der Frage nicht enthalten, was wohl von einem Systeme zu erwarten sei, das nur in einer, selbst Die Baggfdhre met überflügelnden „Epuration” sein Heil sucht ! Außer dem Antwortschreiben des Primas Tiegtung, heute im „Magy. Drf." auch jenes des Grafen Ludwig Károlyi vor; der Obergespan. des Neutraer Komitates. beantwortet zuerst die Trage des Herrn Hofkanzlers, ob: vom Seite der Komitatsbeamten die Vollziehung der Befrutirung zu erwarten sei, durch einen Hinweis auf die bekannten Bestimmungen unserer Berfassung, — dann auf die zweite Trage, inwiefern Se, Majestät dabei auf die Bereitwilligkeit: des Herrn Obergefvans selbst rechnen könne, übergehend, sagt Graf Károlyi : 4 Es ist die Pflicht eines Konstitutionellen Obergespang, nicht nur darüber zu wachen, ob der Beamtenkörper des Komitates, die Gefege und die gefeglichen Beschlüsse und Verfügungen der Komitatskommission treu vollsstrebt und die Medertreter dereselben zur Verantwortung zu ziehen, sondern es ist “zugleich seine heiligste Pflicht, haß auch er selbst das Gefer achte, seine Unverleslichkeit unter allen Umständen gegen wen immer vertheidige, und in dieser Hinsicht das Vorbild der zum "Untergebenen sei. Deshalb erachte ich es, vermöge jener unerfehlitterlichen Treue, welche dem allerh.. SHericherhaufe "gegenüber sowohl von meinen Vorfahren zu allen Zeiten, als auch von mir selbst unter den schwierigsten Verhältnissen selbst unter Gefährdung meines Lebens und Vermögens bewiesentourde, und mit welcher ich nicht aufhören werde, auch ferner Sr. Majestät und dem allerh. Herrscherhaufe, eben. fu "aber auch meinem geliebten DBaterlande bis zum leten Albemzuge meines Lebens zugethan zu bleiben, — für meine unerläßliche Pflicht zu erklären, daß ich, so wie ich den in der amtlichen Konstitution und in den sanftionirten Gefegen unseres Baterlandes wurzelnden Befehlen Sr. Majestät Huldigend, n dieselben gemissenhaft vollziehen werde, so auch im gegenwärtigen Hab, wo soin Gut und Blut des Landes die Rede ist, , um der Stellung der mit Uebergehung des Reichstages willürlich geforderten Nefruten thatsächlich in meiner Art theilnehmen werde. Es wird mir dies von der Heiligkeit meines auf die saterländische Konstitution abgelegten Eides, von meinem Rechten : gefühl und son, meiner Ehrfurcht vor der na 1 der Fundamentalrechte meines V Vaterlandes verboten. ‚Niemand kann es von mir fordern, daß ich die Reinheit meiner Ehre und meines Charakters durch eine Nebertretung des Ge »