Pester Lloyd, November 1865 (Jahrgang 12, nr. 252-276)

1865-11-08 / nr. 257

. Einige Bemerkungen über Banknotenemission. K.Pest,Ende Oktober.Sie haben Beraulassung­­ genommen,das volkswirthschaftliche Programm des Reichs­­tagskandidaten für somom,welches derselbe vor einiger Zeit seinen Wählern gegenüberentwickelt hat,einer Kritik zu un­­terziehen und insbesondere dessensinfichten über dassanl­­wesen und Baul­otennmlaufanderhand zahlreicher Erfahungen auf diesem Gebiete zu beleuchten. Ich finde jedocH aß Herr Ghyczy nach dieser Richtung hin nur das adoptirthat,was vor ihm Herr Ladislaus Koriz­­mirs im»Naple«an­gesprochen,und er scheint es mir daher dringend geboten,auf den Gegenstand wieder zurückzukommen, falls Sie mir biezu den Raum in ihren Spalten gestatten. HMK.behauptet,daß die Berarnung des Volkes in der österreichischen Monarchie größtentheils durch die Unzu­­länglichkeit des­ im Umlauf befindlichen Geldsummen verursacht werde. Zum Beweise für diese Behauptung führt er an, das in Frankreich bei einer der unserigen fast gleichkommenden Bevölkerung 4000 Millionen Franken Metallgeld und 796 Millionen Banknoten in Zirkulation stehen, obgleich die Staats­­einnahmen 1388 Millionen, also nur den vierten Theil der im Verkehr stehenden Gesammtgeldsumme betragen, während bei uns von ungefähr 340—370 Milionen im Verkehr ber findlichen Noten 500 Millionen durch die Bedürfnisse des Staates absorbirt werden. Hierauf gestütt, beantragt er eine Vermehrung der bei uns im Umlauf befindlichen Geldsumme um 300400 Millionen Gulden. — Es ist, wie Sie bereits nachgewiesen, unrichtig, daß 340 Millionen Gulden für den Berfehr der österreichischen Monarchie nicht genügen, — noch umrichtiger ist es, dag die Berahmung hierucch verursacht werde, mindestens sehr zweifelhaft aber ist die Behauptung, daß in Frankreich 4000 W­illionen Meetallgeld zirkulirt. Daß zunächst die in Oesterreich gegenwärtig im Um­­lauf stehende, doch Silber und Efferten nahezu genügend be­­deckte Banknotenmenge zur Vermittlung eines gesunden­e Ver­­zehres hinreichend ist, dürfte aus Folgendem erhellen : a) England BHatte nach dem legten Ausweise 22.318,240 Brb. St. = 223 Millionen Gulden Banknoten im Verfehr, also um ein Drittheil weniger als wir, obgleich die dortige Bevölkerung von 29 Millionen an Produktion, Konsumtion und Güterverkehr uns umvergleichlic überlegen an. Frankreich sol nach der Angabe des Herrn 8. 796 Millionen Franken oder 316 Millionen Gulden im Um­­lauf Haben, also ebenfalls weniger als Oesterreich. Was die 4000 Millionen Metallgeld anlangt, welche in Frankreich zir­­füh­ren sollen, so ist sein Statistiker im Stande , zu berech­­nen, wie groß die Summe ist, welche von den in Frankreich geprägten Münzen im Lande zirkuliren,, oder anzugeben, welche Beträge von denselben sich im Weltverkehr befinden, und welche Summen davon in den Schmelztiegel ge­wandert sind. Da jedoch im großen Binnenverkehr der größeren Be­quemlichkeit und Sicherheit wegen Wechsel und Banknoten beinahe das ausschließliche Ausgleichungsmedium bilden, so erüch­­tigt für das Metallgeld im Wesen­tlichen nur die Vermittlung bezeige sich die Ausgleichung der Differenzen im internationalen Verkehr, die Bildung des todtliegenden Stockes der Banknoten und die Vermittlung des Kleinverkehrs, soweit dieselbe­wicht eben­­falls der Banknoten erfolgt. Die Schägung des dazu er­­forderlichen Betrages entbehrt daher jeder zuverlässigen Basis. . b) Bei dem Umstande,, als durch die projek­irte­­ Ver­­mehrung unserer Banknoten von­ 350 auf 700 Millionen die im Lande vorhandenen Vorräthe an verläuflichen Gütern nicht um den Heinsten Bruchtheil vermehrt werden, ist es ein Ir«­thum, zu glauben, daß die größere oder Meinere Summe des zirkulirenden Geldes den Wohlstand des D­olfes vermehren könne. Der Wohlstand eines Volfes hat zur Grundlage die möglichst größte Produktion der vorzüglichsten Lebensgüter, so muß derselben eine ebenbürtige Konsumtion gegenüber stehen. Wo diese Faktoren vorhanden sind, da kommt es auf die Masse der Verkehrszeichen oder des Geldes weit weniger an als auf den stabilen Werth des Geldes, denn eg. it eine längst anerkannte nationatötonomitáhe Wahrheit, bag die Schnelligkeit der Gelbzirkulation und die Masse des zirkuli­­renden Geldes sich gegenseitig ausgleichen, c)­in Bild auf die Umlage unserer großen Geld­­anstalte­n wird übrigens dazu dienen, die Behauptungen unse­­rer Gegner des Weitern zu illustriren. Nach den uns vorlie­­genden­­ Verkehrsausweisen für das Jahr 1864 hatten eine Raffabewegung u. a. : Die Österreichische Nationalbank von 4738.000,000 Gulden „ Kreditanstalt “ “— 920.000,000 „ Verm-schlage man ferner den Verkehr unserer zahlreichen übrigen Geldinstitute,deren Ausweise unö nicht zu Gebote stehen und ziehe man in Erwägung,daß dieser Verkehr zu dem Verlehre der Gesammtbevölkerung sich——wenn ein Ver­­gleich gestattet sein soll­—etwa so verhält,wie die Fracht­­preise zu dem Werthe der verfrachteten Güter,so gelangt man zu dem Resultate,daß der Gese­­­­mtverkehr,welcher von den im Umlaufe befindlichen Geldzeichen vermittelt wird,ein unvergleichlich größerer ist,als von gegnerischer Seite ange­­nommen zu werden scheint. Die nicht zu beugen­de Verarmung des Boltes hat ganz andere Ursachen als von Mangel an Banlnoten.Sie wird herbeigefü­hrt durch Mangel an industrieller Intelligenz,an Arbeitsamkeit,Sparsamkeit und Solidität,durch den Mangel einer wohlfeilen und gerechten Justiz,endlich allerdings auch wesentlich durch Ueberlastung zur Aufbringung des Bedarfes für den Staatshaushalt. Untersuchen wir nun,welches die Folgen der Bank­­notenvermehr­ung sein würden.Das Geld hat die Aufgabe,einerseits als Preisausgleichzer durch Vermitte­­lung des Tausches,andererseits als Werthmesser der um zu­­­tauschenden Güter zu dienen.Letztere Funktion wird durch die Vermehrung des Geldes gestört.Um diese Störung und die davon auz ertrennliche Unsicherheit des Vermögens und des Ver­­kehrs zu vermeiden,wurde seit Alter seck von allen zivilisirten Völkern den Edelmetallen die Eigenschaft des Geldes weich­es her.­,und wird auch in der Gegenwart eine entsprechende Dienge dersel­en zur Fundirung der Banknoten allgemein verwendet. Died aus dem Grunde, weil diese nicht so Leicht und rasch vermehrt werden Tünnen und der Werth derselben feinen jähen Schwankungen ausgefegt is. Hiernach ist es heute ein national-ökosomisches Artem, daß Banknoten ohne Bededung nicht ausgegeben werden dürfen. Es fragt sich und biesem, will Herr 8. den Metallstod vermehren, oder will er unbeliebte Noten ausgeben ? Die Unmöglichkeit, Hunderte von Dillionen edler Metalle herbeizuschaffen und der Sinn seiner Lorsschläge fett es außer Zweifel, daß wir es mit un­be­deckten Papieren zu thun haben. Wollte man nun, anstatt 350, prönlich 700 Millionen Banknoten in Verkehr fegen, so wü­rde, da gleiche Unsachen gleiche Wirkungen hervorzubringen pflegen , biete Vermehrung eine Valutastörung und alle jene Kalamitäten herbeifügten , von deren Frankreich im Jahre 1720 und Desterreich im Jahre 1811 heimgesucht wurden. Frankreich hatte damals, verblendet durch die Manipulationen des Sohn Sam, 3000 Millionen Livres, — D­esterreich 1811 bis 1060 Millionen Gulden im Umlauf. Dort wie hier­ endete die Papierwirtsschaft mit großen und allgemeinen Ber Iuften, welche si über alle Klassen der Bevölkerung verbrei­­teten, und bei der­­ Herstellung der Baluta wurden bei und aus 1300 Gulden entwert­eter Baluta 100 Gulden Münze. Die nächsten Folgen einer unbeliebten Vermehrung der Noten würden Heute, wie es in der bezeichneten Epoche der Fall war, die sein, daß der Gulven den bisherigen xwerth bis zur Häflite einbüßen würde. Derjenige Theil des Volks, welcher in der Lage wäre, die veränderten Dialutaverhältisse richtig zu beurtheilen, Über sein Vermögen frei zu verfügen und auszuharren, würde sich auch im Stande befinden, sich vor Barlusten zu irngen, indem er seine Produkte oder Güter nicht eher veräußert, bis der Preis gegen früher die doppelte Höhe erreicht hätte. Der andere, weit größere Theil des Boltes, welcher durch Kontrakte, Minderjährigkeit, auf längere Zeit gemachte Kapitalanlagen, persönliche Dienstverhältnisse, oder Unkenntniß der veränderten Lage veranlagt würde, diese Veränderung unberü­csichtigt zu laffett, würde in kurzer Zeit­­ die traurige Wahrnehmung machen, daß sein Vermögen und Einkommen ohne sein Verschulden bis auf die Hälfte des frügeren und wahren Werthes sich verringert habe. Er würde dur die umgestrebte Abhilfe daher nur namenlose Verwir­­rung und größere Verarmung des Volkes herbeigeführt, tei­­­neswegs aber durch die unbedeckten Noten die so zahlreichen­­ Bedürfnisse der Gewerbe und unseres Aderbaues befriedigt werden. Wenn ich mich nun der Hoffnung h­ingebe, durch die­­ vorangegangene Erörterung biese trichümlichen Ansichten rüc­­k­sichtlich der Emission unbewedter Noten widerlegt zu haben, so erübrigt zur Hebung unserer wirtbschaftlichen Verhältnisse kein anderer, ab­ der allerdings langsame, dafür aber um so sicherere Weg der Reform auf diesem Gebiete. Mean trachte danach den Wollunterricht zu verbessern, den Sinn für Ar­­­­beitsamkeit, Sparsamkeit und N­eblichkeit zu beleben , strebe nach Verbesserung unserer Rechtspfl­ee, endlich nach einer­­ gründlichen Reform der Besteuerung, dies sind, abgesehen von den parallel laufenden Verbesserungen auf dem Wel­de der mehr materiellen Interessen, die Mittel, den Wohlstand um­ ­ feres Landes zn fördern. , Konftitutionelle Bewegung. Der Oberbürgermeister von Best hat an Die konstitu­­­­tionell gewählten Repräsentanten der Stadt Best Substriptionsbogen versendet, in welchen er die er­­­­wähnten Herren auffordert, sich zu erklären, ob sie gemeigt wären, an den­eitungen und Berathungen jener Kommissio­­nen wieder theilzunehmen , welche mit der Leitung der admi­­nistrativen Angelegenheiten der Stadt betraut sind. Wie wir vernehmen , lauten einige Erklärungen ablehnend , andere be­­dingungsweise ; die überwiegende Mehrzahl aber spricht sich zuslimmend aus. Die unliebsamen Auftritte, welche aus Anlaß der Reichstagswahlen zu mehreren Theilen des Landes vorgenommen , haben den zönigl. ungar. Statthaltereirath zu einem Nundschreiben veranlaßt , welches vom G. b. M. vatirt und an die Obergespane versendet wurde. Das uns mitgetheilte Zirkular lautet folgendermaßen : Hochgeborener Herr Obergespan ! Nachdem schon die Vorberei­­tungen an den Wahlen für den herannahenden Reihtag an mehreren Orten die Erwschung politischer Leidenschaften, von Gebrauch der nie­­drigen Mittel der Beziehung und, als traurige Folgen bieten, blut­­ige Konflikte veranlaßten , findet er die leitende Negierungsbehörde für nöthig, nicht nur Ew, Hochgeboren zur energischen Anwendung der von der Öffentlichen Sich­rheit erheirschten administrativen Maßregeln in den einzelnen vorkommenten Fällen und zur sofortigen Einleitung der stremoften Strafuntersuchung aufzufordern, sondern auch zugleich die Erwartung auszubinden, daß Em. Hochgeborer, durchdrungen von dem Gefühle der mit Ihrer amtlichen Stellung verbundenen Verant­­wortlichkeit, sowohl mit Ihrem eigenen unmittelbaren Einflusse als auch durch Bermittelung der Ahnen untergeordneten Verwaltungsor­­gane ad ihr Streben dahin richten werden, tak bie vol­le Freiheit er zu ten Reichetegäwaohlen Bereuigten, welche Freiheit zu siltern die Hauptaufgabe der Regierung auf diesem Gebiete bildet, dur& berr­artige Spiesle nicht [chon im Voraus verkürzt werde und bab — ins dem die schliekliche Bestentmachung 92 Willens der wirtlichen Major­tität vor möglichen Kabalen geibigt wird — die Berifikation der zu geschehenden Wahlen gegen ihre geießliche Aufstellung gesictert werde. | u Anglo-Austrian-Bant n — 435.000000 „ un niedere öfterr. ESromptebant « 365.000,000 „ u Bester Kommerzialbant » 63.00(),000,, »Pester Sparkasse » 46.000,000» »Ofner» » 31.000,000,, a Spaäide­­ " Milligdurtheil der öffentlichen Meinung, im Namen der befähebetert Vaterländischen Sache in Anwendung zu bringen. Da bei von Wahlen selber „das Medt und die Pflicht zur Er­­haltung der guten Ordnung” , im Sinne de3 G.-X. 1848 : V. und nach $. 42 der auf Grund dieser Gehege entstandenen, in Verbindung mit dem bierartigen Intimat bdo. 21. September 3. 73991 mitgetheiss­ten Borsdrift , den zur Leitung der Wahlen ermittirten Voreigenden zusteht, so wird er in Bezug hierauf Em. Hodaeboren Aufgabe sein, jene in der gewilsenhaften und unparteiischen Erfüllung der ihnen vom Gefese übertragenen Pflicht, auf Grund ihres etwaigen im Boraus Gehen reise und mit allen Ihnen zu Gebote stehenden Mitteln au­f­­en. Empfangen Ew. Hochgebornen die Bereicherung meiner besons deren Achtung. B.Raul Sem­pgen. Vierzig Rumänen aus dem Nargóber Distrikte in Siebenbürgen haben an ihren Oberkapitän die Bitte gerichtet, er möge beim Gubernium die Entsendung einer Untersuchunge­­­­kommilsion erwirken, welche zu fonstatiren hätte, ob es wahr sei, daß der Nagoder Distrikt, wie das Gerich­t verbreitet war, nach dem letzten politischen Umschwunge Úteber mit der Buto­­wina als mit Ungarn vereinigt werden wolle. Die Bittsteller fordern, daß die Untersuchung auf Kosten der eventuell schuld­­tragenden Individuen geführt und gegen die Urheber dieses falschen Gerüchtes mit der vollen Strenge ver Kriminalgefege vorgegangen werde. Das oben erwähnte Gesuch wurde von der , Gazetta Transilvanich” veröffentlicht. Zur Tagesgeschichte, Heft, 7. November. Der zwischen England und Amerika fehlge­­bende Entschädigungsstreit ist ein Vermächtnis Lord Balmerston’s, das nicht ohne Beihilfe Gladstone’s und der Mojorität des Unterhauses das Licht der Welt erblickte. Es gehört zu den wenig liebenswürdigen Eigenschaften des englischen Bolfes, daß es sich von den Gefühlen des Egois­­mus oft mehr als es für die Förderung seiner Interessen nothwendig und mit den Prinzipien der Gerechtigkeit verein­­­­bar ist, beherrschen läßt. Mean erinnert sich der un­würdigen Rolle, welche England im amerikanischen Kriege gespielt hat und wie es in der Hoffnung, daßs die Südstaaten als Sieger aus dem Kampfe hervorgehen würden, dem südstaazlichen Seeraub und der Sache der Sklaverei seine Unterfrügung lieh. Es ist Tonstatirt, daß in englischen Häfen Kaperschiffe ausgerüstet wurden und von dort aus ihre Streitereien gegen amerikanische Handelsschiffe unternahmen. Amerika verlangt nun bekanntlich von England Elf für den dadurch erlitte­­nen Schaden, worauf aber, wie ebenfalls bekannt, das engli­­sche Kabinet mit einer einfachen Weigerung antwortete. Im gegenwärtigen Augendliche scheint nun die Frage wieder in ein ernsteres Stadium getreten zu sein. Wie telegraphisch gemeldet wurde, erklärt Die "Newyork­ Times", bag bei einer fortgefegten Weigerung des englischen Kabinets die freunds­chaftlichen Beziehungen zwischen beiden Staa­­ten abgebrochen werden müßten. Es in hier wicht der Plan — und wir finden vielleicht Gelegenheit demnächst darauf zurüc­­zukommen — die Ursachen zu erörtern, welche für die Wahr­­scheinlichkeit oder Un­wahrscheinlichkeit eines Krieges zwischen England und Amerika sprechen. Die Perspektive, die ein solcher Krieg eröffnen würde, wäre schredlich genug und beide Hemisphären würden darunter auf das Empfindlichste leiden. Wir können jedoch nicht die Bemerkung unterdrücken, daß ah Seward in seiner neuerten Rede die Meinung ausspricht, der Präsident merve in dem Entschli­­gungsstreit sich zu verfassen willen, „was Rege tens ist." Leicht begreiflich ist, daß die Stimmung in den Ver­einigten Staaten ermunternd auf die Feinerbe­we­­gung einwirk. In der That wird aus Nemy Londoner Duelle. Unter den vielen Widersprüchen, die das englische Leben in sich trägt, ist der nicht der Meinste, daß das Land des rascesten Fortschritts in Allen, was Handel und Gemerbewesen betrifft, in anderen Beziehungen bis zur Berfiöherung stationär ist und Dinge, welche die Zeit längst überwunden hat, in seiner Getr­­gebung noch auch Jahrhunderte mit fi fortschleppt. Im fest­­ländischen Europa ist der Zweikampf­ als Gottesgericht seit uns vordenklichen Zeiten aufer­hebung gekommen, in England hat er noch im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts geiegliche Geltung gehabt. 1818 wurde der Leichnam eines jungen Mäd­ Hens, Marie Ashford, im der Themse gefunden. Furchtbare Bunten , die sich an dem Körper vorfanden , Liegen nir daran zweifeln, daß ein Mord verübt worden sei. Der Berdacjt rentte sich auf Abraham Thornton, aber die Geschworenen sprachen ihn schulofrei. Die Verwandten der E­rmordeten wollten sich dabe nicht beruhigen und richteten an den Gerichtshof der Kings Bend ein Gefudh um Gestattung eines Cottisgerichts durch Zweilampf. Die gelehrten Herren mußten dem Gefud, das im den Gefegen begründet war, willfahren. Sie versammelten sich also zu feier­ Tier­digung und ließen durch einen Herold (von Gem­ätsdie­­ner) die herkümmliche Herausforderung ergehen. Ein Handschuh wurde auf den Boden geworfen, aber Niemand hob ihn auf, der Angek­agte war gerettet. An seiner Schuld zweifelte Übrigens Niemand. Er wurde aus der Gesellschaft der Menschen ausge­flogen und als er nach Amerika auswandern wollte, fand sich kein Schiff, das ihn aufgenommen hätte. D­erkleidet und unter einem falschen Namen konnte er zulegt seinen Plan ausführen. Der Fall wurde auf zweifache Weise bewugt, von Dr. Lulas Boofer von Dublin zu einem moralischen Kühfetd : Der ge­heimungvolle Mord, und vom Parlament zu einem Gort, welches das Gottesgericht des Zweikampfes abschaffte. In den Ansichten über das Duell ist England seitdem dem Kontinent vorausgeüilt. Man duellirt sid kaum jemals noch, aber man ohrfeigt, dort und prügelt fid, so dag der Fortschritt gerade nicht zu leben ist. Aus der Geschichte des englischen Duellwesens ergibt sich dasselbe , was wir auf dem Kontinent beobachten : Die Duelle sind elmälig minder blutig geworden. Die einzige Ausnahme, das amerikanische Duell, auf die man sich zum Beweise des Gegentheils berufen könnte, ist nicht europäischen Ursprunges. Die alte Sitte, da­ auch die Selundanten em Kampf Theil nahmen, begegnet uns noch unter der Königin Anna. Im Jahre 1712 schlugen sich der Herzog von Hamilton und Ord Mohun. Ein Play im Hyde Part, der Ning genannt, war bas Stelldichein. Lord Mohun und sein Defundant General Mar­cartney waren die Ersten am Plate, der Herzog von Hamilton und Oberst Churchill trafen einige Augenblicke später ein. Lord Mohun sagte zu den Selundanten : „Ihr Herren Habt hier nichts zu thun." „Wir verlangen unseren Ant­eil," antwortete Mar­cartueh. „Auch mein Freund will mittanzen," fligte der Herzog Hinzu. Die vier Kämpfer sprangen über den Graben, der den Ring umgab, und zogen die Degen. Die beiden G Sefuntanten Hatten sie noch nicht verwundet, als zwei Aufseher herbeieilten und sie zum Einstelken d.s Kampfes nöthigten. Mensch , ich habe mehrere Wunden in der Brust." ors­­tohun ref, als er aufgehoben wurde: „Ic fürchte, ich; bin ein tobter Man fügte ihm Erleichterung zu verschaffen, aber nach wenigen Augeni­den farb er. Der Herzog von Hamilton wurde inzwischen von sei­­nem Freunde und einem der Aufseher fortgeführt. Cr fdivantte, oyple es fehlen in Folge einer breiten Wunde im Schenfel, welche i­­­hre Sehnen durchschnitten haben mochte. Ehe man das nächste Wärterhaus erreichte, fant er auf den Rasen und verschien. Am Beispiel eines Duells ohne eine der hergebrachten Formen ist das Duell zwischen Chomworth und Lord Byron, Kent Grogsheim des Dichters, zu betrachten. Beide warn Outlande­bora und bow Ährlicher Gemütbestimmung,, Lord Byron ein hisiger, Cheworth ein zänfischer Mann wo dazu als Duellant befüstigt. Die Zusammenkunft, die zum Biweilampf führte, fand in einem Wirthshaufe bei einem Kludeisen statt (1765). Die Rechnung war gefordert und die Flasche zum Abschierstrunf bes­­tellt worden , als die Unterhaltung sich auf den Wildflug rich­­tete. Chaworth war für die größte Strenge gegen Wildbiehe, Lord Byron meinte, man fahre am besten , wenn man sein Wild gar nicht felige. „Dafür hätten Sie aber auh gar sein Milo“, sagte Chawworth , „wenn ich und Sir Charles Gepley es nicht statt Ihrer bemachten, und auch so hat Gebley auf fünf Adern mehr Wild als Sie bei allen Ihren Schlöffern.” Sclöffer habe Seriet allerdings nicht, warf Lord Byron spöttisch ein, und Chamortle fuhr auf: „Branden Sie Belehrung über Geblepe Schlöffer,, so wird er sie Ihnen gern ertheilen , und mas mich selöst betrifft, so wissen Sie mich zu finden.” Beim Weggehen war die übrige Gesellschaft der Meinung, bag der Wortwechsel Teine Folgen haben könme. Unglüetiger Weise war Chaworth noch auf der Treppe, als Lord Byron tag Zimmer verlieh. Wer hier den Streit erneuerte , ist unbekannt. Beide gingen mit­einander eine Treppe tiefer und Liegen figg ein leeres Zimer zeigen. Der Kellner stellte ein brennendes Tag­ (igt auf den Zifh) und verlieh das Zimmer , dessen Thlr er hinter sich zumachte. In einigen Minuten hörte er Bettia f&helfen, eilte in das Zimmer, sah was geschieten war, und holte im höchsten Edreden seinen Herrn. AS diefer tam , fanden Chamorty und Lord Byron einander gegenüber und jeder hatte den Arm um den Namen des Andern geschlungen. Ein M­undarzt wurde geholt und erschien augenblicklich. Inzwischen kamen Herren von der Gesellschaft, zu denen Chaworth sagte: „Ich habe nur wenige Stunden noch zu leben. Ich vergebe Lord Byron, und hoffe, daß die Welt dasselbe tun wird. Die Tat ist im Dunkeln vor sich gegangen, blos eine Meine Talgterze hat im Zimmer gebrannt.“ Er erzählte dann, daß Lord Byron ihn gefragt habe, ob er ihn habe belei bigen wollen. „Wenn Sie mir mal zu sagen haben", antwortete ih, , so ist es bisfer, wir schlichen die Thür. Während ich das that, viel Lord Byron mir zu, bag ich ziehen möge, und al ich zucidbliche, fab ich, bag er den Degen schon halb aus der Scheide Hatte. Ic zog min an und führte den ersten Stoß. Er ging durch die Wefte des Lords und ich glaubte ihm tödtlich getroffen­ zu haben, während ich sprach , fürzte er seinen Degen und rannte ihn mir durch den Leib. Trog aller Pflege farb Chaworth an der Wante. Er blieb bis zum fetten Augenblicke bei Bewußtsein und spra feine Neue aus, si im Halbbinkel geschlagen zu haben, da er bei vollem Licht des Steges fer ge­wesen sei. Lord Byron wurde in den Tower geshidt und als Peer vor das Oberhaus gestellt. Sein Fall kam am 16. und 17. April 1765 unter Beobachtung aller alten Formen zur Ver­­handlung. Der Statthalter des Zowens führte seinen Ge­­fangenen in Person vor die Schranfen. Bor Byron trug ein SKerkermeister +3 Nickbeil her und stellte sich während des Brhöres hinte­rc­en ihn. Die Schneide des Beiles war aber von dem Erfangenen abgelehrt, weil er noch nicht verurt­eilt war. Lord Byron überreichte seine Vertheidigung schriftlich, ein Beamter verlag sie. Die anwesenden Weers erkannten ihn des Zobtschlages, nut des Mordes, schuldig. Auf die Frage: Ich fragte ihn, o­ er verwundet sei , und Strafe befreite, dem hohen Adel für gewisse Bergeben, zu demen der Zweikampf gehörte. Lord Byron wurde also entlassen und hatte blos die Gerichtskosten zu bezahlen. Das Benefizium bei Klerus hat, beiläufig bemerkt, bis zum fünften Negierungsjahre der jenigen Königin fortbestenzen. Lord Byron überlebte den Zweilampf um dreiunddreißig Sabre. Er 209 fid mich etwa von der Welt zuüd, sondern machte die Tone zur Europa und erhielt mat seiner Nachkehr eine Hofstelle. Von Gewissenschiffen war bei ihm so wenig die Medve, bag er den Degen, mit dem er Conmorth getötet hatte, bis an seinen Tod über seinem Bette aufbewahrte. Sein Erbe wurde der Dichter Byron, und die Befigungen Chawarth’8 ge­langten an dieselbe Marie Chamorth, welcher die erste unerwie­­derte Liebe beg. Dichterd galt. Ein fehe vornehmer Duellant des vorigen Jahrhunderts sol nicht übergangen werden. Im Jahre 1789 äuferte der Herzog von Port, daß Oberst Lenor im Klub sich Ansprüche habe gefallen lassen, die ein Mann von Ehre dulden bitte. Auf eine Anfrage, worauf sich diese Anschuldigung flüge, ver­weigerte Se. königliche Hoh­it die Antwort, erklärte aber, daß er seinen hohen ang nicht geltend machen und seine Worte ver­­treten werde. Der Oberst antwortete, daßs er im Herzog im­mer nur den Sohn des Königs sehen könne ; doch als er auf eine zweite Anfrage wieder eine ausweichende Antwort erhielt, forderte er Genugtharung. Die Parteien trafen sich auf dem An­­ger von Wimbledon, wo zwölf Schritte abgemessen wurden. Oberst Lenor feuerte zuerst und streifte die Seitenlode des Her- 3098, der nicht wieder sließ. Dies­efundanten vermittelten nun, indessen war der Herzog meder zu einem Schuffe, mod zu der Erklärung­­ zu vermögen, daß er seinen Gegner für einen Mann von Muth und Ehre halte. Er sagte blos, er sei gefonmen, um dem Obersten Genugthuung zu geben, nut aber um auf ihm zu sohieren ; sei der Oberst nicht zufrieden gestellt, so möge er noch einmal fehiegen. Beide Theile verliefen darauf den Anger. Die Sache führte noch zu einer langen Erörterung unter den Garde-Offizieren , deren Resultat sich in dem Beschluß zur­sammenfaßte, „daß Oberst Lenor Muth, aber — unter sehr auf­­regenden Umständen — seinen P Verstand bewiesen habe.“ Der Prinz von Wales (Georg IV.) sah in dem Vorgang eine Belei­­bigung seiner Familie. Am nächsten Geburtstage des Königs war ein Hofball, der ein plögliches Ende nahm. Der erste Tanz war eine Duadrille. Sowohl der Prinz von Wales, der eine Prinzessin aufgefordert hatte, als Oberst jener waren unter den­­ Tänzern. Sowie die P­rinzessin dem Obersten in einer Tour die­­ Hand geben wollte, führte der Prinz sie an ihren Plag zurid. „Ber kann mit solcher Gesellschaft tanzen“ , bemerkte er gegen die Königin. „Da wird es das Beste sein“, antwortete sie, „ic ziehe mich zurid und hete den Ball auf." Die königliche Fa­milie verließ den Saal, der Ball war zu Ende. Wir reihen diesen Männern, die sich gelegentlich schlugen, zwei Duellanten des vorigen Jahrhundertes an, die den Z­wei­­tampf als Handwerk betrieben. Der erste war Fißgerald, der festende zubenannt. Von Geburt ein Evelmann , von Beruf ein Offizier, besaß er seine der anständigen Eigenschaften , die mit beiden Ständen immer verbunden sein sollten. Er war in seinem Benehmen gemein, in seinen Weißerungen frech, ein Spie­­ser und der berüchtigtste Händelsucher der Zeit, dabei aber im Hirzen ein Feigling. Im Laufe seines ehrlosen Lebens schlug er sich mehr als zwanzigmal und töbtete oder verwundete acht­ zehn seiner Gegner, ohne mas er selbst, mit Ausnahme seines was er gegen die Anmendung der gefeglichen Strafe einzuwenden ; ersten Duells, bei dem er fehmer am Kopfe verwundet wurde. : Bei einem Ausfalle traf der Major fei­­ı schlug sich auf Degen,­­ nen Gegner mitten auf die Brust — und die Klinge zersprang.­­ Das Geheimnis der Unverwundbarkeit Figgeraly’8 war entdeckt, er trug einen Stahlpanzer. Dean vertrieb ihn von der Mensur ‚ und er 309 fich auf seine Befigungen in Irland zurück. Er­­ führte das wilreste eben und­­ schlug damit, zwei benachbarte I Ontsbefiger zu ermorden. Man verhaftete ihn und stellte ihn­­ vor Gericht, das ihn zum Tode durch den Strang verurtheilte. Zweimal in der Stund, zweimal fiel Fisgerald 31 Boden und bat flehentlich, tag man ihn nur fünf Minuten Länger leben lasse. Das war das Ende des fechtenden Fitgerald. Der zweite berühmte Duellist war Lord Camelford. Er flog si mit Leidenschaft auf alle Waffen, Stöde und Fäuste nicht ausgenommen. Ursprünglich zum Seedienst bestimmt, hatte er D­arcouver auf dessen Entwesungsreise begleitet, sich aber doch Ungehorsam und Unbändigkeit Entlassung aus dem Dienst zugezogen. In England forderte er seinen Kapitän und wü­rde ihn ohne die Darmwischenfunft anderer Personen auf offener Straße angefallen haben. Bei den Straßenprügereien , welche die vergoltete Jugend jener Zeit (am Schiffe des vorigen Jahr­ Hunderts) auszuführen pflegte, war er gewöhnlich der Rävelsfih­­rer. Im einer Nacht kämpfe er mit vier Genosfen eine Stunde lang gegen einen Schwarm bewaffneter Nachtwächter. Bei einer allgemeinen Beleuchtung duldete er nicht, daß in seinem Hause ein einziges Licht ans Fenster gestellt werde. Ein Schauer von Steinen flog gegen seine enster und Mylord machte nun augen­blicklich einen Ausfall und schlug sich mit einem richtigen Pin­­gel gegen die Ueberzahl die ihn freilich zulegt ü­berwältigte und bis zur Unfeintlichkeit zurichtete, ein Name war jecht zum Schreden geworden. Einst saß er in einem Kaffeehaufe und Ins bei einem einzigen Licht die Zeitung , als ein aufgeputzer Ged hereintrat und ein Glas Madeira und zwei Wachsterzen bestellte. „Mir bringen Sie zwei Lichtscheeren mit ‚" rief Lord Camelford dem Kellner nach. Sie brennendn Wachskerzen kamen und wur­­den mit dem Madeira auf den Tisch ves Singers gestellt. Auc, Lord Camelford erhielt seine zwei Lichtscheeren , stand auf und löichte langsam und schweigend die Wachskerzen aus. M­ithend rief ver Ged: „SKellner, wer ist dieser Bursde, der einen Gent»­leman zu beschimpfen wagt ? Wer ist er? Was ist er? Mie nennt man ihn ?* „Lord Camelford“ , antwortete der Kellner, und der Get bezahlte seine Nohnung und lief aus dem Zimmer, ohne seinen Madeira zu berühren. Camelford’8$ Ente war sei­­nes Lebens würdig — er fiel im einem Zweikampfe mit dem Hauptmann Bft. Auf eine bloße Kaffcerei Hin hatte er den fegtern schwer beleidigt und auf seine Versicherung begrei­en ge­­hört, daß er die Worte, die man ihm in den Mund fege, nie gesprochen habe. Man glaubte allgemein, da­ Lord Camelford keine V­ersöhnung angenommen habe, um nicht für feig zu gelten. Hauptmann Bert wurde nämlich für den besten Schügen in Eng­­land gehalten und bewährte sich auch im diesem Falle als solchen Er schoß auf dreißig Schritt Entfernung seinen Gegner mit­ en in die Brust, en

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