Pester Lloyd - Abendblatt, August 1866 (Jahrgang 13, nr. 175-199)
1866-08-01 / nr. 175
da es nicht möglich war,dasselbe noch rechtzeitig von dem abgeschlossenen Waffenstillstande zu verständigen.Es ist demnach zu hoffen-daß die armen Bewohner Prags für diesen verhängnißvollen Zivilebenfall nicht weiterzubüßen haben,von dem sie natürlich auch nicht der entferntesten Mitwissenschaft geziehen werden konnten. Während es anfangs hieß,daß die in Südtirol stehenden kaiserlichen Streitkräfte zur wirksameren Vertheidigung Dtrutsch-Tirols in das Etschthal zurückgenommen würden,"deuten jetzt alle Anzeichen darauf,daß die Hauptstadt Südtirols Trient aufs Aeußerste vertheidigt werden soll. «Gegen Mittag—schreibt man den«t»Tir.Bot.«vom 26. Juli — erschien eine Proklamation, in welcher General Kuhn der Bevölkerung die Mittheilung machte, daher, die Stadt Trient auf das Meußerste halten werde und Trient als Schußwall gegen das weitere Vorbringen des Feindes nach Tirol dienen mie, wobei er die Hoffnung aussprach, daß der Feind diese Stadt nicht betreten werde. Zugleich wurden an allen Stadtausgängen Barrikaden errichtet, die Bewohner sähstlicher längst der Piazza vermi gelegenen Häuser aufgefordert, binnen drei Stunden ihre Wohnungen zu räumen, die nach Durchbrechung der Mauern, behufs Herstellung innerer Kommus nkationen, zur Vertheidigung hergerichtet werden sollten. Der Ein- und Austritt in die Stadt wurde nur mehr gegen Zertifikate gestattet, allen Bewohner der ersten Stocwerke aufgetragen, des Nachts die Fenster zu beleuchten, Wasser zum Löschen bereitzuhalten u. f. mw. furz, es wurden alle Maßregeln getroffen, die darauf hindeuteten, daß man sich auf das Xergite, auf ein nächtliches Straßengefecht, gefaßt mache. General Kuhn — meldet man dem „Kam.” aus Rosen — warf am 25. Juli ein Bataillon Jäger auf den von schwerer Artillerie vertheidigten Dol di Trento, ließ die an der Baffage nach Berdhine liegenden Häuser von den Snnwohnern räumen und befestigen, die Straßen theilweise durch Brustwehren absperren ‚und richtete vorzüglich auch ein scharfes Augenmerk auf die Brazza e Armi, die er aus einem Maffenplan in ein bewaffnetes Lager unmangelte. Der General scheint entschlossen, im Falle die Waffen nicht verlängert wird, oder nicht zum definitiven Friedensabschlusfe führt, den PBlab bis auf das Weiterste zu vertheidigen. Haus für Haus. — — Seit dem 25. Juli Früh waren und sind theilweise 1000 Zivilarbeiter unter Affistenz ver E E Geniewaffe auf den Beinen, um die Stadt in ein Heine Saragossa zu verwandeln. Die alten, gegen das einst im Mittelalter feindliche Venedig erbauten Stadtmauern, sehr primitiven Charakters, ohne Reihung, Berme, Estarpe, Graben, Kontrerestarpe, lediglich Stadtmauern, sind in die allgemeinen Befestigungsarbeiten mit hineinbezogen worden. Die Stadt mußte 100 Sturmleitern liefern, um unseren auf den eben so hohen, als schwer zugänglichen und schmalen „Bourtinen” als Vertheidiger kommandirten Truppen das Hinaufkommen zu erleichtern. — Die Bejasung it zahlreich und brennt vor Begierde, sich mit dem Feinde zu treffen. Am Uebrigen werden von beiden Seiten während des M Waffenstillstandes beträchtliche Truppenwaffen gegen Trient dirigirt. Von italienischer Seite werden gewaltige Anstrengungen gemacht, um eine möglichst bedeutende Macht nach dem Norden, an die tivolische Grenze und die bereits offupirten Thäler des Trientiner Gebietes vorzuschieben. Die Befabung von Trient erwartet gleichfalls den Anmarsch eines befreundeten Korps aus Verona und die Südarmee soll auf 20 Eisenbahnzügen Truppen nach der bedrohten Hauptstadt Südtirols abgegeben haben. H Wien, 31. Juli. Bis zur Stunde ist mit Italien weder ein Waffenstillstand noch eine Verlängerung der morgen um Mitternacht ablaufenden Waffenruhe vereinbart. mar hat sichh Preußen in seinem Waffenstillistandsvertrag mit Oesterreich verpflichtet, das italienische Stabinet zur Annahme des Waffenstillstandes zu bewegen ; man it gleicht wohl hier auf Fortlegung des Krieges mit Italien gefaßt und ist zunächt darauf bedaht gewesen, Trient zu sichern, welches im Moment des Auschlufes der Waffenruhe allerdings sehr gefährdet war. Zahles Truppen der Sinbarmee sind bereits twiever zurüdgesandt orden. Die aus zwölf Punkten bestehende Konvention zivischen der VBforte und dem Fürsten Karl von Rumänien, welche John Ghika in Konstantinopel vermittelt hat, wird aus: Bewerben. Der Fürst hat sich zu deren Annahme bereit erklärt und John Ghika ein neues Ministerium gebildet, „weil die bisherigen Minister die Konvention nicht billigten. Politische Nundschau , 1. August. Die Einberufung des preußischen Landtages auf den 5. August läßt vermuthen, daß im preußischen Hauptquartier die Meinung vorherrscht, bis dahin werde der wichtigste Theil des Friedenswertes zum Abschluß gebracht sein. Die Ergebnisse des Friedens für Deutschland stellt eine in der „A. A. Ztg.” enthaltene Korrespondenz „aus Oesterreich“ in folgender Weise dar : « Die Gesangtheit der preußischen Forderungen bildet eine Klimar, von Einverleibungen Aınerionen, ganzen und halben Mediatifiwungen. Preußen will ein Stüd von Gacsen mit Leipzig, ein Stüd von Hannover mit Göttingen , ein jeher großes Stüd von Kurhessen, ferner ein Stüd von Hessen-Darnstadt mit Gießen , einschließlich der Elbeherzogthümer ganz und allein für ft. Hessen-Darmstadt soll merkwürdigerweise für einen Verlust durch eine Parzelle baierischen Gebiets entschädigt werden. Olvenburg bekommt Osnabrück nebst einer Landschaft als Entsschädigung für seine Ansprüche in Holstein, Hannover hat außerdem seinem Heimfallsrecht auf Braunschweig zu Gunsten Preußens zu entsagen. Die in der Luft schwebende fündeutsche Konföderation macht dem Grafen Bismarc wenig Sorgen ; gleichwohl besteht er darauf , daß sie unter gänzlicher Fernehaltung Oesterreichs genau definirt werde , und ihre Beziehungen zum Norden Deutschlands feststelle. Breusen rechnet hiebei auf die Macht der, ver Schöpfung des Bollvereind zu Grunde liegenden Spee. Sind diese Mittheilungen auch nicht erschöpfend , so sind sie doch in allen Wesentlichen richtig. Preußen hofft, daß Europa seine Ginsprache gegen seine Bedingungen erheben werde, und glaubt daher deren Erfüllung leicht durchlegen zu können. Jantzfurt dürfte der Anwartschaft ein, wenn auch gepreßtes, Mitglied des N Norddeutschen Bundes zu werden nicht entgehen. Innerhalb der Grenzen dieses nicht mehr engeren, sondern wahrscheinlich weiteren Bundes werden die Souveränetäten der Mittelund Kleinfürsten bis zu einem matten Schimmer abgeblaßt werden. Einige prinzipielle Opposition wird sich in den nord veutschen Parlament allerdings geltend machen ; aber dieselbe dürfte doch nun dazu dienen, das Selbstbewußtsein und die Ansprüche der preußischen Direstorial- und Protektoratsgewalt zu mehren. Das sind — Ich liebt die Korrespondenz — die Folgen eines nicht ohne Leberhebung und jedenfalls ohne die rechte Energie begonnenen Kriege, wobei nicht blos die 809.000 Mann Oesterreichs, sondern auch die aufzubringenden Bundeskontingente geckentheils nur auf dem Rapier standen ! Telegraphisch wird gemeldet, daß tro& des Waffenstillstandes zwischen Baiern undBreusen die preußischen Truppen weiter in das Innere des Landes vordringen und sogar Nürnberg bereit haben sollen. Mit diesem Waffenstillstand scheint er überhaupt eine eigene Bewandbirik zu haben. Aus München wird darüber berichtet : Der zu Stande gekommene Waffenstillstand wurde ohne Feststellung von Friedenspräliminarien abgeschlossen ; über diese und den Frieden selbst wird nun an einem noch zu bestimmenden Ort verhandelt werden. Iie darauf folgenden Konferenzen dürfte Dann unter Betheiligung von Vertretern der deutschen Staaten über die ganze fünftige Gestaltung der Dinge in Deutschland verhandelt werden. Damit diese Konferenzen zu seinen großen Schwierigkeisten führen, will Breuhen mit wahrscheinlich einen Theil des Südens als Plandobiest in Befug nehmen. Uebrigens ittere v.d. Pfordten wieder nach München zurücgereist, nachdem er am 29. Juli von dem Erzherzoge Albrecht und von Sr. Majestät dem Kaiser zur Abiciersaudienz empfangen méne