Pester Lloyd - Abendblatt, Januar 1868 (Jahrgang 15, nr. 1-25)

1868-01-22 / nr. 17

Die Rede schloß mit einem«»Essen auf den konstitutio­­nellen Monarchen",auf das»heure Vate­rland«,welchem Rufe die Delegation,von den Sitzen sich begeistert erhebend,stürmisch beistimmte. · Ueber den Verlauf der Sitzung Ferner es noch zu sagen, wäre schwer.Ich müßte höchstens als ein interessantes Charak­­teristikon der hohen Versammlung die zuvorkommende Leutselig­­keit hervorheben,m­it der hoch und niedrig die ungarischen Staatsmänner den Vertretern der Presse persönlich begegnen. Doch das dürfte ihnen daheim nichts Neues sein.Sie kennen dies aus alter Erfahrung.(Gewiss!—Nur fällt es uns nicht ein,hierin ein besonderes Verdienst zu erblicken.D.R.) (H.)Wien,21.Jänner.Die Delegation des ungari­­schen Reichstages beschäftigte sich bis heit—wie ihnen bekannt —ausschließlich mit formellen Fragen.Die Angelegenheit Bar­­tal wird natürlich derart erledigt werden müssen,daß an die Stelle des Delegirten der betreffende Ersatzmann eintreten wird. Der Reichsfinanzminister meldete in der heutigen Sitzung der reichsråthlichen Delegation,daß das Budget für die gem­einsa­­men Angelegen­heiten in der nächsten Sitzung der ungarischen Delegation in ungarischer Redaktion eingebracht werden soll. Der ungarische Text des Reichsbudgets ist jedoch,wie ich ver­­nehme,bis jetzt noch gar nicht fertig.Auch ist es ungewiss, wann die nächste Sitzung der ungarischen Delegation abge­­halten wird,und eben im­ Momente,als ich diese Zeilen schreibe (5 Uhr Nachm.),wird im Klub der ungarischen Delegirten die Frage erörtert,ob man überhaupt eine Sitzung abhalten soll, bevor die Geschäftsordnung festgestellt sein wird.Die Erledigung dieser Frage dürfte verneinend ausfallen,da man ohne Geschäfts­­ordnung jeden Augenblick auf formelle Schw­ierigkeiten stößt. Auch befindet man sich in einer völligen Ungewissheit hin­­sichtlich der Modalitäten,wie die Reichsregierung in der unga­­rischen Delegation,der sie doch ebenfalls verantwortlich ist,sich vertreten lassen werde,da,wie bekannt,keiner der Reichsminister der ungarischen Sprache mächtig ist.Es könnte darau­s eine nicht unerhebliche und vielleicht m­ehr als bios formelle Schwie­­rigkeit erwachsen und einer der hervorragendsten ungarischen Deb­ak­ten,den ich über­ die Sache befragte,wußte mir kein Auskunftsmittel anzugeben,umso mehr,da auch die Frage der ungarischen Unterstaatssekretäre noch immer in der Schwebe ist. Drei ungarische Staatsmänner,nämlich Trefort,Wenin­­ger und ZsediZny­i sollen bereits aufgefordert worden sein, als Unterstaatssekretäre in das gemeinsame Finanzministerium einzutreten,jedoch wurde das Anerbieten von allen Dreien abgelehnt. II. Delegation des Reichsrathes. Die zweite, gestern am 21. Jänner abgehaltene Sitzung der Reichsraths-Delegation hatte bereits im Lokale des Herren­­hauses des Reichsrathes statt. Eine Veränderung im Arrant­gement des Saales hat nit stattgefunden. Auf der Minister­­bank befinden si­che Minister Be­ufft und Bede. Präsident Graf Auersperg eröffnet um 111­ Uhr die Sitzung mit der Mittheilung, der n. ö. Landesausschuß habe mit der verbindlichsten Bereitwilligkeit die Zotalitäten eingeräumt. Nach Verlesen des Protokoll erhebt sich der Vicepräsident v. Kaiserfeld und richtet die folgende Ansprache an das Haus: „Verhindert in der ersten Gigung an dieser hohen Ver­­sammlung theilzunehmen, erlauben Sie mir, daß ich “ihnen meinen Dant für die auf mich gefallene Wahl zum D Vicepräs­­identen ausspreche. Ich füge dem nur die Bitte bei, daß Sie in den, wie ich wünsche, gewiß seltenen Fällen, in melden ich unseren hochverehrten Präsidenten werde zu vertreten haben, mir hr Wohlmollen und Ihre Nachsicht identen mögen, deren ich in einer Stellung, in der ich ein Neuling bin, sicherlich be­­dürfen werde.” Präsident theilt mit, daß folgende Erfachmänner in die Versammlung eingetreten sind, u. a. statt Freih. v. Lichten­­fels Graf­hotel, statt Dr. Herbst, und Dr. v. Plener Ritter von Streenm­ib und Graf Hedwik, statt Dr. Brestl Dr. Schind­­ler, statt Dr. Gisfra Dr. Manvelblüh, statt des erkrankten Broz fener Greuter Brofeffor Jäger. 63 wird nun zur Tagesordnung gefcgnitten und Freih. v. Lafer erstattet den Bericht für die in der Iegten­digung ei­ngefegte Geschäftsordnungs-Kommission. Die Kommission hat si­cher den Entwurf einer Ge­­schäftsordnung geeinigt. Derselbe enthält 71 Paragraphe und die Kommission empfiehlt bei dem Umstande als dem vorgeleg­­ten Entwurfe die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses zu Grunde liege, vorerst über den prinzipiellen von der Kommission gestellten Barantrag zu beschließen, da durch dessen Annahme die Debatte über diejenigen Baragraphe, die mit der Geschäftsord­­nung des Abgeordnetenhauses gleichlauend sind, erspart werde. Dieser von der Kommission gestellte Vorantrag lautet: „Die hb. Delegation wolle bescließen, es sei im Allge­­meinen bei der Nevigirung der Geschäftsordnung für die reichs­­räthiihe Delegation die bestehende Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses zur Grundlage, und jene Modifikationen­­daran vorzunehmen, welche selbstverständlich, oder blos stilisti­­scher Natur sind, oder sich duch die Aufnahme einschlägiger Bestimmungen des Staatsgrundgesebes vom 21. Dezember 1867 über die­ Delegationen ergeben , vorbehalten für die besondere Beihlußfaffung bleiben jene Bestimmungen des Entwurfes, welche etwas Neues oder eine meritale Abweichung von einzelnen Nor­­men der Geschäftzordnung des Abgeordnetenhauses enthalten.“ Dieser Antrag wird ohne Debatte angenommen, und blei­­ben hiernach zur Beihlußfassung nur folgende, abweichende Ber ftimmungen enthaltende Waragraphe übrig, und zwar $. 1 (Eröffnungsfeierligkeiten der Delegation), §. 8 (Beschränkung der Schriftführer auf vier), 8. 17 (bei der Theilnahme bei einem Ausschusse nicht angehörigen Mitglieder an den Sigungen des­­selben), 8.26 (Beschränkung der Berifikationen auf fünf), SS. 28, 31, 52 (Beschränkung der zur Stellung von Anträgen erforder­­lichen Mitgliederzahl auf 6). Dagegen beantragt die Kommission im §. 58, daß Inter­­pellationen, die an das Gesammtministerium oder an ein Mit­­glied desselben gerichtet werden, mit­­ wenigstens 10 Unterschrif­­ten versehen sein müssen. Berichterstatter Freiherr v. La­f­fer rechtfertigt diese Be­stimmung des Entwurfes mit dem Hinweis auf den wesentlichen Unterschied, wer in der Natur von Anträgen und Interpellatio­­nen liege. Del­ Skene beantragt, dab auch bei Stellung von Imterpellationen die Zahl von 6 Mitgliedern als hinreichend angenommen werde. Nach der Zusammenstellung dieser Ver­­sammlung könne eine Fraktion möglicherweise sehr klein sein, man möge ihr nicht das Mittel benehmen, Aufklärungen vom Ministerium zu verlangen ; gegen den Mikbrauc, der allerdings getrieben werden könne, liege die beste Abwehr darin, daß es noch seinem Staatsmann schwer geworden ist, auf eine Inter­­pellation eine evasive Antwort zu geben. (Heiterkeit). Der Antrag Stene’S wird angenommen. Bu 8. 61, der sich auf den vorhergehenden Paragraph bezieht, beantragt Dr. Toman zur größern Deutlichkeit die Auf­­nahme der Worte: „Eingaben und Bittschriften.” §. 61 wird mit diesem Amendement angenommen. Berichterstatter Freiherr v. Lafler beantragt die en bloc. Annahme des Entwurfes, welche auch ohne Debatte erfolgt. Präsident: Ehe wir zur Vornahme der in der Geschäftsordnung vorgesehenen Wahlen schreiten, ertheile ich dem Herrn Finanzminister, der eine Mittheilung zu machen wünscht, das Wort. Reichsfinanzminister Freiherr v. Bede: Im Namen des Gesammtministeriums habe ich die Ehre, der b. Versammlung das Budget für die gemeinsamen Auslagen für das Jahr 1868 sammt dem dazu gehörigen Exrpose zur verfassungsmäßigen Ber­handlung vorzulegen. Eine gleiche Vorlage wird in der nächssten Sibung der ungarischen Delegation in ungarischer Redaktion erfolgen. Die Versammlung­ schreitet nun zur Wahl der Schrift­­führer, Verifikatoren und Ordner. Gewählt erscheinen als Schrift­­führer: Fürst Czatory3k­, Dr. Toman, Graf Chotel und Dr. van der Straß; al Droner: Graf Widen­burg, Graf Brbna Dr. Groß (Mes) un Dr. Czar­towski; als Berifikatoren: Mitter v. Skrinzi, Ritter v. Demel, Graf Mercandin, Froschbauer und Dr. Banbans. Die Tagesordnung it erschöpft. Präsident schließt die Sigung und bestimmt als nächsten Sisungstag Donnerstag, den 23. v. Mt3., um 11 Uhr. Tagesordnung. Erste Lesung der heute eingebrachten Res­gierungsvorlage. e. Wien, 21. Jänner. Die heutige Sittung der c­e­­leithanischen Delegation im Saale des Herrenhauses bot schon eine ganz andere Physiognomie; die Herren können sich frei bes­wegen, ihre Pläge ohne große Störung verlassen, es ist Blat für die Minister, für das Bureau, für die Journalisten und für ein mäßige Bublitum. Die meisten Delegirten rechten sich ohne Unterschied, ob sie dem Herren­ oder Abgeordnetenhause angehören, auf die Bänke, mehrere in das Zentrum, fünf (vier Bords und ein Gemeiner) auf die Rechte. Die Hohtories schei­­nen investen­do ein Hein wenig apart sein zu wollen, denn in den auch das Skrutinium hervorgerufenen Zifchenpausen begaben sie sich nach rechts in die sogenannte Prälatenstube, während die Webungen in der lebhaftesten Konversation im Saale blieben und von diesem mit der Journalistentribune in Verkehr traten, ein Vergnügen (2), dessen sie selbst in dem so geräumi­­gen Abgeordnetenhause entbehren müssen. Herr v. Kaiserfeld war anwesend, ebenso Herr Skene, Dr. Demel, Fürst Hohenlohe, dagegen fehlte Kardinal Rauscher und Baron Lichtenfeld. Die Tagesordnung war so wenig anziehend als möglich und sie hatte auch­ nicht angezogen, denn die Gal­­erien waren leer. Wollte nur die Delegation auch etwas über das Konformat tiven! Graf Auersperg präfigirte über alles er­­warten sicher. Auf diesen Stuhl scheinen die Auersperg ein altes Recht zu haben. Sehr bemerkt wird, daß im Lofale ein Buffet fehlt, ein Weberstand, der bei unseren an Faber gewöhnten Abgeordneten starr gefühlt wird. Morgen ist eine Klubbeigung wegen der Einregung eines Budgetausschules.­­Wahrscheinlich wird man ein Achtzehnerfomite wählen, zwölf aus dem­ Abge­­ordnetenz­­ieb aus dem Herrenhause. Von der Reichskanzlei sind den Bureaus je 60 Exemplare des Budgets zugegangen, so daß die Journalisten feines erhalten konnten. Bei dem Kapitel II. auswärtige Angeleg­enhalte Das Kriegsinwesen Die Lloydsubvention s der Ginfommenft wird als ver­wichtigft weitausgreifendste Theil der aus der­ee­il Das Ministerium bei minderer Befriedigung einf lchen Delegation aus eigener hätten. Mit Beckifich­it Berücksichtigung einiger geänderter P­ositionen , dem Auftwande der Ml­itärgrenze und der je­de Kriegsverwaltung würde sich hiernach ein Generalabstiich vo 3.207,000 fl. ergeben, so daß sich der Staatszuschuß vo 80 Millionen auf 76.793,000 fl. herabmindern würde, mono 69.293,000 fl. auf das Landheer und 7.500,000 fl. auf di Marine entfielen. . Von der Ueberzeugung ausgehend, daß ungenügende Dok­tationen für unabweisliche Erfordernisse sein Attribut einer ger­­unden Finanzpolitik bilden, nimmt das Reichsministerium seinen Anstand, die Erklärung abzugeben, daß es für die Unerläßlic­­heit der angedeuteten Minimalforderung mit ungetheilter mini­­sterieller Verantwortlichkeit einstehe. Das Reichsministerium hat dem nur noch beizufügen, daß in diesem den ordentlichen Armeeaufwand umfassenden Voran­­schlage die unausweichliche Auslage für Anschaffung von Hin­­terladungsge­wehren und einigen andern Ausrü­­stungsgegenständen nicht begriffen ist, und daß zur Deckung ver­­selben ein außerordentlicher Kredit mit besonderer Vorlage in Anspruch genommen werden w­­rd. Das Kapitel IV. umfaßt das Reichsfinanzmi­­nisterium und erörtert zunächst die Organisation desselben; es kommt dann auf die fundirte Staatsschuld zu spre­chen, da dieser Punkt bereits zum Gegenstande öffentlicher Grör­­terung und widersprechender Auffassung geworden ist. Das Grförterniß für die Staatsschuld ist meder auch den XII. ungarischen Gefegartikel vom Jahre 1867 zu einer gemeinsamen Angelegenheit erklärt, noch ist es durch das abge­schlossene Mediereinkommen über die Beitragsleistung Ungarns eine gemeinschaftliche Angelegenheit geworden.­­ Da ungarn sich du­rch seinen fixen Jahresbeitrag für Zinsen und Rückzahlun­g der Staatsschu­ld abgefunden hat,so ist es bei der Ermittlung und Feststellung des auf die übrigen Länder entfallenden­ Erfordernisses ni­cht weiter interessirt,und es hat sich sogar durch Ueberweisung der Unifikationsverhand­­lungen an den Reichsrath jedes Einflusses hierauf ausdrücklich begeben.Jedes Renderunkt in dieser Feststellung wäre geeignet,das Rechtsverhältnis z zu alterbren. Alle administrativen Verfügungen und legislativen Akte, welche sich au­f die Ermittlung,Feststellu­ng und Ausbringung des den übrigen Ländern zur Last fallenden Erfordernisses für die Staatsschuld beziehen,fallen dahei ausschliesslich in die Kom­petenz des diesseitigen Finanzministers und des Reichsrathes. ··Das Erfordernis z für die Staatsschuld gehört dem­nach nicht in­ das gem­einsame Budget,sondern wird mit der fixen Quote in das ungarische Budget und mit den übrigen Theilen in dan vom Reichsrathe festzustellende Finanzgefeg einzu­rret­­en sein Anders verhält es sich aber mit der Verwendung der­ Ab­­fuhren, welche die beiden Finanzminister zum Behufe der Aus­­zahlung der Zinsen und Endzahlungen in bestimmten Diensts­­raten an das Reichsm­inisterium zu leisten haben, für welche Ab­­fuhren der §. 9 des Gewebes über die Beitragsleistung zur Staatsschuld wörtlich dasselbe anordnet, was nach dem Quoten­­getege über die Abfuhren zu den gemeinsamen Auslagen vorge L—­—— und nach Abzug der eigenen Einnahme von eur Stantszimdup­pe dann für die Marine niß von und nach Abzug a ein Gesammterforder: der eigenen Einnahme von ee T­ Das Reichsbudget für 1868. e. Wien, 21. Jänner, Der reichgräbhlichen Delegation, oder wie es auf dem braunen Umschlage heißt, der „Löblichen Delegation des hohen Neichsrathes” ist in ihrer heutigen Lisung das Budget für gemeinsame Auslagen pro 1868 zur vertase­rungsmäßigen Behandlung vorgelegt worden. Ich weiß recht ut, welche Gefahr ich laufe, bei Ihnen von dem früheren eichsrathe zu sprechen, aber, beruhigen Sie sich, ich thue es nur um einen harmlosen Vergleich zu machen. enem ward ein Budget als „Finanzgefeg für das ganze Reich” vorgelegt, zu dessen Transport man einen handfesten Horbär brauchte, es be­­stand aus etlichen Dusend mehr oder weniger umfangreicher Hefte in Großquart. Der cisleithanischen Delegation aber hat man heute ein Budget in zwei Heften, wovon eines nur sieben Seiten hat, während das andere die gesammten Beilagen umfas­­send auch nicht übermäßig dic­ht, vorgelegt, welche Jedermann sehr bequem in die Rodtasche stehen fan. Das dünne ist das wichtigere der beiden Hefte, weil es die­­ Grundlage entwickelt, nach welchen die Reichsregierung das Budget entworfen hat und die Motivirung der Ziffern der Angabe. Aus diesem Hefte nun mache ich Ihnen den nachfolgenden Auszug, ohne jedwee­kritische Bemerkung, wiewohl ich diese nur schwer unterdrücke. Die Bil­dern der einzelnen Bosten will ich Ahnen in einem zweiten Ar­­tikel­ gruppiren.

Next