Pester Lloyd, Januar 1870 (Jahrgang 17, nr. 1-24)

1870-01-22 / nr. 17

. . . miftrt. Finanzminister 2önyay hält es für unnöthig, daß schon fest der Rusovics’sche Antrag auf die Tagesordnung geseßt werde. Eduard Zsedenyi muß bemerken, daß die Bestimmung der Tagesordnung auf längere Zeit in voraushin, und während das Haus über andere Gegentände berathet, nicht zu den Regeln dieses Hauses gehört, nachdem aber neulich auf Antrag Deáls die Berathung über den Gelegentiwurf vom Obersten Gerichtshof auf die nächste Tagesord­­nung, wie der Bericht des Zentralausschusses fertig wird, gefekt hat, so stimmt Redner in gegen­wärtiger Frage zur Beruhigung derjenigen, die in der ohne Zustimmung des Reichstages begonnenen Vermehrung der Staatsbeamten eine Verlegung des Reichstages erblichen, und al deshalb, weil der Finanzausschuß eben wegen dieser häufigen neuen Ernennungen schon scharfe Kontroversen mit den Ministern hatte — mit Antragsteller Tiba dafür, daß der Antrag Wukovics­ nach beendeter Berathung des Budgets auf die Tagesordnung gefeßt werde. Das Haus stimmt über Tifa’s Vorschlag ab und beschließt den­­selben abzulehnen, das heißt, über den Zeitpunkt der Berathung des Bukovics’schen Antrages nicht­ zu verfügen. Schluß der Sikung um ".2 Uhr. Nächte Sikung: Morgen Vormittags 10 Uhr.­­ , Veit, 21. Jänner. (H.) Ihre Majestät, unsere erlauchte Königin, ist gestern­t aus Rom hier angekommen. Das ungarische Bolt, dessen Liebe und Anhänglichkeit Die hohe Frau in einem Grabe ber­­­eitt, wie sich dessen kaum Eine Herrscherin des gegenwärtigen Europa’s von Seite ihres Wolfes rühmen kann, hat diesmal zweifache Ursache, die altverehrte Hälftin in der Hauptstadt des Landes mit freudigen Gefühlen zu begrüßen. Ihre An­­­wesenheit in der Konzilsstadt hatte in den edelsten Empfindun­­gen der sehmetterlichen Liebe­­ ihre wahren Motive, welche jeder Unbefangene nur achten wird. Die Eler­fale Partei jedoch, welcher nichts so heilig ist, daß sie es nicht zu politischen Zive­­den ausbeuten möchte, versuchte auch, aus dem Besuche der Kaiserin von Oesterreich und Königin von Ungarn in Rom für sich Kapital zu sc­hlagen. Sie versuchte es, den längeren Aufenthalt in der ewigen Stadt und das Erscheinen ihrer Majestät bei gewissen Feierlichkeiten , von denen sie sich be­­greiflicher Weise nicht fernhalten konnte — als eine Art De­monstration für die jetige­ Volitis der römischen Kurie darzu­­­­stellen. Wir waren seinen Augenblick im Zweifel über den wahren Werth dieser grundlosen und nichtöwürdigen Ausstreu­­ungen. Dennoch wird man es uns wohl nicht übel nehmen, wenn wir unsere Freude offen aussprechen, daß die hohe Frau durch­ ihre Abreise aus Rom solchem Gerede nunmehr ein Ende gemacht hat. Ihre Abreise hätte in der That zu keinem günstigeren Zeitpunkte stattfinden können,alscben jetzt.Das Konzil hat das erste Stadium seiner Thätigkeit beendet und es beginnt­­ nun das zweite,bei Weitem wichtigere Stadium desselben. Die formellen Vorarbeiten sind geschlossen und die Räter des Konzils schreiten nun an die Erledigung jener Frage z1,welche den eigentlichen materiellen Gegenstan­d ihrer Berathungen bil­­­den sollen.In welchem Geiste dies stattfinden wird,darüber ist die Welt in diesem Momente bereits im Klaren­.Zu­ An­­fang des Konzils wurde vielfach behauptet,daß die Kurie das Unfehlbarkeitsdogma nur dann zur Sprache bringen werde, wenn sie Aussicht hat,daß dasselbe mit Stimm­eneinhelligkeit angenommen wird.Diese Behauptung hatte eine gewisse innere Wahrscheinlichkeit.Es schien­ Vernünftig von der Kurie,der Welt nichtt ein Dogma aufzwingen zu wollen,gegen welches «nicht blcs der gesunde Menschenverstand,sondern auch— und das will viel sagen———ein bedeutender Theil der in Rom versammelten Bischöfe protestirt.Die Folge hat jedoch gezeigt, daß Diejenigen sich sehr geirrt haben­,welc­­e von­ der herr­­­schenden Partei in Noni eine vernünftige Politik erwarteten. —Gleichzeitig mit unserer geliebten Monarchin traf gestern ein Schriftstück aus Rom­ ein,welches über die Absichten­ des römischen Stuhles seinen 3tveifel gestattet. Es ist hier der Wortlaut der Petition der Majorität der Konzilsmitglieder an das Konzil, in welcher die Verkündigung der Unfehlbarkeit des Papstes vom Blumenischen Konzil gefordert und die Nothwendigk­eit dieses neuen Dogmas ausführlicher begründet wird. An diesem merkwürdigen Aktenstück weisen die Bischöfe vor Allem auf die Konzilien von Lyon und Florenz hin, welche angeblich, die Unfehlbarkeit des Papstes ausgesprochen hätten. „Die gesunde Vernunft(!) — sagen sie hierauf — beweist selber, daß Niemand in der Gemeinschaft des Glau­­bens­ mit der katholischen Kirche bleiben könne, wenn er nicht auch in Gemeinschaft mit ihrem Haupte bleibt." Nach diesem Appell an die „gesunde Vernunft” zu Gunsten der Infallibili­­tät wenden sich die hochwirbigsten Herren gegen jene „ich so nennenden” Katholiken, welche die Dekrete des Papstes nur unter Vorbehalt acceptiven, bis die Zustimmung oder Nicht­­zustimmung der Kirche festgestellt sei. Solche Katholiken mit brauchen nach der Ansicht der Bischöfe den katholischen Namen zum großen Schaden des Glaubens. Wenn früher die Zweck­­mäßigkeit einer Definition des Unfehlbarkeitsdogmas durch das Konzil für Manche zweifelhaft erscheinen konnte — fe argu­­mentirt die Konzilsmajorität weiter —, so wird fest, wo die Kirche mit erneuerter Kraft angegriffen wird. Die Nothiwendig­­keit derfelbern" geradezu augenscheinlich. Hierauf folgt ein Auge­fall gegen Diejenigen, welche die Autorität des Papstes, anzu­­greifen wagen. Das Konzil könne Diesen gegenüber nicht sch­wei­­gen, sonst würden selbst die guten Katholiken in ihrem Elam­ben warnend werben und dem Papste den Gehogien verweigern unter dem Borwande, er habe sich irren können. Die In­­falsibilität müsse also ausgesprochen werden — quod erat demonstrandum. Gegen Ende ihres Schriftstückes scheint den Bischöfen eine schwache Ahnung von der Wirkung ausgegangen zu sein, welche die Beg­ündung der Infalsibilität unter den Katholiken hervorrufen wird. „Wenn jedoch — so heißt 8 min weiter — Etwelche nach der Aufstellung der wahren Lehre durch das sumerische Konzil von bver Kirche abfallen folk­ten, so wird ihrer doch nur eine geringe Zahl sein und diese — ohnehin sehen schifferüdig im Glauben — werden nur einen Vorwand suchen, um sich durch einen vuferlichen Anlaß von der Kirche zu lösen, welche sie in ihrem Innern fon längst verlassen haben !" In diesem Safe spiegelt sie am meisten die grenzen­­lose Verblendung jener mehr als fünfhundert Bischöfe, welche dieses Altensiic unterzeichnet haben, über die Nichtung der Geister in unserer Zeit. Sie glauben, die Anzahl derjenigen, welche in ihrem Innern mit der starren Dogmatik der römis­chen Kirche zerfallen sind, sei eine geringe. Sie haben feine Ahnung davon, daß die gesanmten Gebilveten aller Na­­tionen, mit Ausnahme einiger Wenigen, welche mit Recht Sonderlinge genannt werden könnten, die Lehre des heiligen Stuhles längst über Bord geworfen haben. Der größere Theil der gebildeten Katholiken hat sich bereits innerlich selber erkommunizirt. Vor Kurzem erfolgte auch die formelle Er­­fommunikation durch die päpstliche Bulle, welche die Exkom­­­munifationen latae sententiae zusammenfaßt. Durch diese Bulle it gegenwärtig eigentlich der größte Theil der Katho­­liken exfommunizirt und er konnte nur durch eine persönliche Gnade des Papstes wieder in die Kirche aufgenommen werden. Wenn nun alle Katholiken, welche durch diese Bulle exkom­­munizirt wurden, den Nachlaß des Papstes nachsuchen wollten, so würde in Rom eine solche Unmaffe von Petitionen sich um häufen, daß die gesammte Geistlichkeit Rom’ mit der Erledi­­gung derselben in viesem Jahrtausend nicht fertig werden könnte. Und wenn der Papst alle diese Erledigungen persön­­lich unterschreiben müßte, so würde eine lange Reihe der Nach­­folger Pius IX. nur damit beschäftigt sein, die Erkommuni­­kationen dieser einzigen Generation aufzuheben und nur ein geringer Bruchtheil der Erfommunizirten würde die Auflösung des auf ihm lastenden Bannes erleben. Wenn man diese päpstliche Bulle löst, so fragt man sich unwillkürlich, wer denn eigentlich heutzutage noch das Recht habe, sich einen Katholiken zu nennen? Im zweiten Punkt — um nur einige Beispiele zu erwähnen — werden Alle er­ommunizirt, welche die Schriften von Häretikern und Apoataten ohne Erlaubung des apostolischen Stuhles gelesen, oder gar gedruct haben, oder auch nur sie bei sich bewahren. Wer könnte von sich mit gutem Gewissen behaupten, niemals etwas Aehnliches gethan zu haben? Gewig nur Wenige! Im sechsten Punkte werden Alle er­ommunizirt, welche die Ausübung der geistlichen Gerichtsbarkeit hindern, oder an) nur anrathen. Diejenigen, welche sich an die geistlichen Gerichte wenden, an die weltlichen Gerichte zu weisen. Im siebenten Punkte werden Alle ek­ommunizirt, welche die Geistlichkeit von weltlichen Gerichten unterwerfen wollen; im zwölften und dreizehnten Punkte Alle, welche geistliche Güter Fonfisziren, oder hiezu mit ihrer Hilfe, ihrem Nam­e und Schule beitragen. Nach dieser Bulle sind in der That gegenwärtig ek­ommunizirt ; erstens alle gebildeten Katholiken ü­berhaupt ; zweitens ganz Italien, Spanien, Frankreich, Portugal, Belgien, Holland, die Schweiz, Deutschland, Oesterreich, Nordamerika, und noch mehrere andere Staaten; drittens, insofern diese Staaten monarchisch sind, auch die Monarchen derselben, weil sie Gefege, welche mit dieser Bulle nicht übereinstimmen, sanktionirt haben und vollziehen lassen. Wer it also noch nicht erfommunizirt? in Theil des Pöbels, der imeber bieft, noch schreibt, noch denkt. Und man schreitet das Konzil an die Sanftionirung einer solchen Politik. Es hieß, daß 300 Bischöfe ihre Unter­­schrift zu der oben erörterten Denkschrift zu Gunsten der In­valsibilität verweigert haben. Auch diese mäßige Ziffer wird nun vom ultramontanen „Univers“ bestritten. Die „Times“ hat bisher die Anzahl der Oppositionellen auf ungefähr 200 gefeßt ; das dürfte wohl die richtige Ziffer sein. Die Anfalli­­bilität wird somit im Konzil mit einer größeren als Zwei­­dritzel-Minjorität durchgehen. Mit einer solchen, der gesammten Zivilisation hahn­­sprechenden Polität darf Oesterreich-Ungarn Nichts gemein haben. Die Monarchin unseres Landes soll mit ihrer Gegen­­wart nicht Länger die Stadt zieren, im welcher diese Volitif, welche auch uns Alle, vom Monarchen angefangen bis hinunter im­ schlichten Bürger, fammt und sonders zu den Er­ommu­­nizisten wirft, betrieben wird. Darum rufen wir mit d­op­pelter Freude der wiederkehrenden Königin unser herzliches Willkommen entgegen. Aus dem Reichstage, » Pest,21.Jänner Nachstehend setzen wir den im Abendblatte begonnenen Bericht über die heutige Sitzung des Abgeord­­etenhaufe fort. Karl Boboryerbittet sich Aufschluß darüber,ob die bei Er­­nennungen und Erhebungen in den Adelsstand zu zahlenden­ Gebühren und Taxen in die Wiener Staatskasse einfließen,oder obselbe an das ungarische Ministerium gelangen? Diese Taten können bei der Ernen­­nung eines Bischofs z. B. unmöglich so geringfügig sein, waß felbe in der Redungsrubrik nicht Aufnahme zu finden verdienten Im Falle dieselben dem Ministerium zugenommen sein sollten, so bleibt noch die Frage, wohin sie notirt worden seien, da er dieselben im Budget des Ministers um die Berson St. Majestät vermille. Minister Festetics: Die vom Vorredner genannten Taren fliegen in die Kalle des Finanzministers. Der geehrte Herr Abgeordnete möge sich daher gefälligst an Se. Excellenz, den Herrn Finanzminister um diesfällige Auskunft wenden. Karl Bobory erklärt sich für den Fall, daß die genannten Taten im Conto des Finanzministers wirkli verzeichnet sein sollten, mit der erhaltenen Auskunft vollkommen zufrieden. aus Szontägh ist für den früher eingebrachten Henkel­­mann’schen Beichlußantrag, nach welchem das Beamtenpersonale des Ministers um die Verson Sr. Majestät auf die Hälfte reduzirt werde, mwünscht jedoch, daß über diesen Antrag allsogleich abgestimmt wer­de. Referent Graf 30. Zih Yy jun. verliert einen Baffus aus einem ihm vorliegenden Schriftstück, welches besagt, daß Minister u die Erklärung abgibt, daß er in Zukunft, so oft in seinem Neflort ein Posten in Erledigung gelangt, diesen nur dann l­ieder bejegen wolle, wenn sich die Beseßung vesterben als unumgänglich not­wendig er­­weisen sollte.­­ 7Z Koloman Ti fa bedauert, daß der Inhalt jenes Schriftstüdes, aus welchem der Referent seine Auskunft entheilte, nicht auch den Ab­­geordneten Tund gegeben worten. Er bezweifelt es, daß jenes Schrift­­stück zu Händen irgend eines Abgeordneten gelangt sei. Nebner erwar­­tet, daß der Minister diese dem Hause gegebene Versprechung einlösen werde. Zsedenyi: Nachdem das Haus in Hinsicht der Zentralver­­waltung aller Ministerien einen allgemeinen Beschluß in Folge des Hauptberichtes des Finanzausschusses dahin gefaßt hat, daß das Per­ Pe bei jeder vorkommenden Gelegenheit nach Möglichkeit vermin­­dert werde — wäre es nicht nothwendig, bei dem gegenwärtigen Anlak einen besonderen Beschluß hierüber neuerdings zu fassen. (Beistimmung rechts. Di­es Präsident stellt nun die Frage: Wünscht das Haus, daß sein viesbezüglicher Wille bei vieler Gelegenheit im Brotofolle bei sondern Ausbruch erhalte, oder aber ist das Haus zufrieden, wenn in dem bei Beendigung der Generaldebatte eingebrachten Antrag Deut 8 an passender Stelle eingefügt wird, daß auch im Kabinet des Mini­­sters um die Verson Sr. Diajestät womöglich Reduktionen an der Zahl des Personales vorgenommen werden ? Die Majorität des Hauses entschließt sich für's Lebtere. Das Haus nimmt hierauf das­ Budget des Finanzministeriums vor. Referent des Finanzausschusses ist Fran­­koulsty. Er verliert den Bericht des Ausschusses, wonach die Bruttostaatseinnahmen pro 1870 mit­­ 140,528.900 fl. (gegen 134,883.920 fl. im Borjahre) und die Nettoeinfünfte pro 1870 mit 102,499.700 fl. (gegen 98.320.700 fl. im BVorjahre) präliminirt sind das Erfororderniß it (mit Ausschluß der Pensionen) auf 43.711.300 fl. (gegen 41,658.020 fl. im Vorjahre) ver­­anschlagt. Hinzu kommen die Kosten der kroatischen Sektion des Finanz­­ministeriums mit 2268 fl. Im Sinne des Gefegamtsfeld XXX :1868 (Ausgleichsgefeß mit Kroatien) muß nämlich im Scope all derjenigen Ministerien, deren M Wirkungskreis sich unmittelbar auch auf Kroatien und Slawonien er­­strebt, eine besondere kroatische Sektion errichtet werden ; der Finanz­­ausschuß hat daher im a mit dem Ministerium einen Vorschlag zur Systemisirung dieser Sektionen ausgearbeitet und jerem Ressortbunget die entsprechende neue Rubrik angefügt. Daniel 3­rányi fragt, warum die Regierung nicht selbst und rechtzeitig dafür gesorgt hat, daß durch Errichtung der frontischen Sek­­tionen der Bestimmung des obigen Lfeber Genüge geschehe, und warum es erst des Einschreitens von Seiten des Inanzausschusses bewurst hat, um sie an die Erfüllung ihrer Pflicht zu ermahnen ! Minister G­oro­ve antwortet, daß dem Gejebe durch Errichtung des frontischen Ministeriums er geschehen sei, wenn auch in an­­derer Form. Uebrigens war die Systemisitung der kroatischen Sektionen von der Regierung schon im vorigen Jahre beschlossen. Ernst Simonyi, Maddem das M­inisterium nun einmal versäumt hat, das Budget für 1870 so zu entwerfen, hab den neu­­systemisirten Kroatischen Sektionen Rechnung getragen it, so bleibt nichts zu wünschen übrig, als daß das Haus einen Beschluß faßt, wonach es den nachträglichen Entwurf des Finanzausschusses als Ergänzung des Budgets acceptirt und die betreffenden Titel bei jedem Neffortbudget besonders votirt. · ·· Alexander Bujanovits:Ein neuer Beschluß ist·l­ 1ezu nicht nöt­­ig,da schon­ voriges Jahr beschlossen wurde,dass der Finanz­­ausschuß über die Errichtung der kroatischen Sektionen bei der Budget­­beratbung einen Vorschlag unterbreiten möge. § Koloman Tiba: ES wäre freilich viel besser gewesen, wenn das Budget gleich ursprünglich so ausgearbeitet worden wäre, daß die froatischen Sektionen in jedem Ressort bereit figurirt hätten. Da es aber nicht geschehen ist, so halten wir uns jegt an den Vorschlag des Tinarzausschhusses. Die betreffenden Titel werden verlesen und angenommen. Franz D­eut schlägt bei dem Besten für die Dienergehalte vor, alle Titel fest zu übergehen, welche Dienergehalte betreffen, und die leiteren schließlich auf einmal mit Berücksichtigung seines Antrages auf Gehaltserhöhung zu verhandeln.­­ Finanzminister Lönyay hätte gerne gesehen,wenn die Ge­­halte der niederen Beamten überhaupt geregelt würden und zwar der­­art,daß Minim­algehalte festgestellt werden;man sollte nämlich bestim­­­men, daß der geringste Gehalt eines Beamten im Regierungszentrum 500, auf dem Lande 400 fl. betragen soll. Das Haus möge beschlie­­ßen, den Finanzausschuß zu beauftragen, daß es bis zur nächsten ADB­ERMNENG einen dndetaillirten Vorschlag über diesen Gegenstand vorlege. Franz Deuf ist damit nicht zufrieden, sondern wünscht, daß sein Antrag zur Berathung auf die Tagesordnung geregt werden möge, dann künne das Haus beschließen, was er will. Präs.:Er habe o·l)nehin schon sagen wollen,daß dieser Gegenstand jetzt gar nicht auf der Tagesordnung steht.Desks Antrag auf Erhöl­ung der Dienergehalte ist gedruckt und kann wann immer vorgenommen werden. · sedönyi beantragt,Deaks Antrag solle an den Finanz­­ausschu zur Begutachtung gewiesen werden.Wird beschlossen­. Das Haus beschließt an die Frage des Präsiden­ten,das­ Erw­­derniß der kroatischen Sektion als besondere Rubrik in­ den­ Titel «Zentralleitung«einzuführen- Beim Titel»Buchhaltung«(328.734ff.)ergreift Kolom­an Tipa das Wort und beschwert sich darüber,daß der Finanzminister das ing um sehr viele Beamten vermehrt habe. Dies sei mitten im Jahre, im Oktober, ohne Wissen und Einwilligung des Reichstages geschehen, das Fünne sich­her Reichstag nicht gefallen lassen, er wünscht daher, daß der Antrag Sabbas Butovics, wonach das Ministerium je eher einen Gelegentwurf über die Spitemischung der Regierungs-Zentralämter vorlegen muß, unmittelbar nach Beendi­­gung der Bungetdebatte verhandelt werde. So wird es nicht mehr vorkommen können, daß der Minister nach Will­ür neue Aemter syste­­misirt, dem Lande neue Lasten aufbürdet, wobei vom Parlamente nichts übrig bleibt, als nachträglich die Kosten dafür zu wotiren. (Lebhafter Beifall von der Linken.) Finanzminister Lönyay gibt Aufklärungen über viele Er­­nennungen, welche dur­cie Anforderungen des Staatsdienstes veran­­laßt wurden. Er gesteht zu, daß, wenn einmal ein Normalbudget erst ft­ren wird, solche Stellensystemiscrungen nicht mehr vorkommen werden, die von Tiba erwähnte Verfügung aber findet ihre Erklärung darin, daß wir urg­eben im Uebergangsverhältnissen befinden Ernst Sim­on­ys findet, das Zentrum habe ohnehin zu viele Beamte. 600 Menschen sind blos mit der Verrechnung von 140 Mil­­lionen Staatseinkünften beschäftigt; das­st denn aber doc eine zu kom­­plizirte bureaufrau­sche Maschine. Auch die Staatsbuchhaltu­­ng-Abthei­­lung müßte nicht eben aus 400­ Beamten bestehen. Er ist dafür, daß Butovics Antrag auf die Tagesordnung gelegt werde. Baron Y. Si­­monyi äußert sich in demselben Sinne; Xavislaus Tiha stimmt gleichfalls dafür, daß Butovics Antrag je eher berathen werde. Koloz­man Ghyc3Y unterstüßt Tipa’s Vorschlag und motivirt dies damit, daß ohne Zweifel jeder Minister sein Zentralpersonale fortwährend vermehren wird, so lange der Reichstag den Beamtenstatus nicht Tylles Die Adrehdebatte im Reichsraths-Unterhause. R. C. Wien, 20. Jänner. Präsident Dr. v. Kaiserfeld eröffnet die Sigung um 11 Uhr. Nach Beriefung des Protokolls der legten Sigung wird zur Bekanntgabe des Einlaufes geschritten und hierauf zur Tagesordnung übergegangen. Aba. Peter Gr­ok (Bole) erhält das Wort gegen den Ad­eß­­entwurf. 3 sei ein noch nicht dage­wesener Fall, daß eine vom ge­­sammten Ministerium herrührende Thronrede von der Majorität dieses Ministeriums offen desanouirt wird. CS sei bedauerlich, daß die Aoreb­­debatte nicht unmittelbar nach dieser Thronrede stattfand. Jever dürfte wohl an sich die Frage richten: Kann der Neidsrath, werfen Pflicht es it, alle Wölter zu vertreten und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, das vom Ministerium vorgelegte Program­m­ blindlings annehmen, oder soll er eine Mahnung an die Minister richten, von dem vorgeschlagenen Mege abzulassen, der unheilvoül­fen muß? Man sagt, man molle sein unberechenbares Experiment, aber, indem der Neid­grath das Pro­­gramm annähme, würde er selbst ein solches Experiment machen, denn das Programm enthält seine Lösung. Die Aoresse enthält den Stand­­punkt einer einseitigen dogmatischen Festhaltung der Berfafsung und praktischen Erzmingenwollens der Anerkennung verselben. Eine zwei Jahre­nwährende Verfafsung kann nicht den Stempel der Boll­ommenheit tragen, eine Verbesserung verselben muß möglich sein und it fest nothwendig. Wir, jagt der Redner, sind auf legalem Wege mit unseren Münfchen vor das Haus getreten, aber wenn man die Behandlung dieser Münsche im vorigen Jahre und die Weußerung des Majoritäts-Memoprandums im Auge behalte, dann fünne man in den Stellen der Abresse von Versöhnlichkeit nur Leonie erbliden. Man sagt, die Wolen wollen nur ein Waffen­depot für ihre Zwecke, aber dürfen die Bolen nicht Schuß gegen auswärtige Feinde fordern, und haben peinische Landesfinder nicht auf allen Schlachtfel­­dern, auch wo es sich nit um die Existenz der Bolen handelte, ge­­blutet ? Weitergehend auf die Vergangenheit, mweist Redner darauf hin, daß selbst im absoluten Staate eine Hofkanzlei, eine andere Gerichts­­sprache als die deutsche u. 1. m. bestand. Und doch war dies mit der Einheit des Staates verträglich. Es sei ein trauriges Wort, wenn man sagte, die Einheit verlange ein Opfer der Nationalität. Das Non pos­­sumus , das sie entgenstellen, ruft Redner der Majorität zu, habe seine Reserven,­ wo man zentralisien wolle, da sei die Verfassung sein Dogma, aber, wenn es gilt, den Forderungen Anderöpensender gerecht zu werden, dann werde die BVerfassung gleich als Dogma erklärt. Dab ein solches Vorgehen nicht befriedigt, das habe man im Ad­eß­­entwurf selbst anerkannt. Man glaubte eben, Agitationen durch gewaltsame Mittel hin­­dern zu können , aber solche Mittel haben sich überlebt, sie nügen nichts und greifen das Konstitutionelle Leben an, das darin gipfle, daß sich jeder Einzelne als freier Mann fühle. Wenn man aber Einzelne aus­­schließe, dann greife man das Konstitutionelle Leben selbst an. Man sollte dem Gedanken der Thronrede ncchlommen, wie dies der Minoriz­­ätsentwurf bezwecke. ·· Zum Schlusse bemerkt Rebner:Man könnte es begreiflich fin­­den,wenn von einer Ministerverantwortlichkeit im Ernste gesprochen würde,aber­ sokche Worte von Anklage,nur hinausgerufen ohne Zweck gegen­ einen Abwesenden,der sich nicht vertheidigen könne,das kön­ne die Immunität der Abgeordneten nicht entschuldigen. Abg.Kuranda:Meine Herren!schm­eide den Streit um die Patroclusleiche,der sich soeben erhoben hat,m"cht noch weimaris­­spinnen­ Msr ist die Ministerkrisis nur eine Verscissungskrisis;ich sehe in ihr keine Personalfrage,und des­halb werde ich diese aus dem Spiel lassen.Recn­er weist die Unterschiede z­wischen i·dei·n·Programme der Majorität und Minorität nach,deute t auf die freiheitlichen Gesetze hin,welche du­rch die Deutschen gebracht wurden;beleuchtet,wi­e die·s auch schon in unserem ausführlichen­ Telegramme berichtet wu­rde,d­ie czechische Politik,die Forderungen sc­rechen,von denen er sagt,»si­e werden nicht blos aus praktischem Gesichtspu­nkte gestellt,sondern mit der geschichtlichen Romantik umgeben mit einer Würde der böhmischen Kron­e,sie werden m­it Attribu­ten ausgerüstet,die ebenso unfaßbar sind,als die Forderungen selbst«'.Nachdem­ Redner nun das historische Recht der Czechen näher beleuchtet,schließt er mit folgenden Worten: »Wir,die wir dein M­ajoritäts-Cn­­wurf vertreten,sind uns eines großen staatlichen und europäischen Gedankens bewußt,wir wissen,daß Europa an Oesterreich nur so lange ein Interesse hat,·und daß Oesterreich nur solange besteigen kann,als es eine konzentrirte Macht in der Hand hat und,wenn auch nicht allein ki,doch­ wenigstens im Anschlusse an be­­­freundete Mächte im­ Stande ist,den Eroberungsgelüsten anderer,uns bedrohenden Mächte en­tgegenzutreten.Ju­deniållkomente,wo Sie diese Concentration lockern­,erlischt da Interesse an Oesterreich,und es würde nicht lange dau­ern,1in­dman ginge über Oesterreich zur Tages­­ordnung über.·Dieser Warnungsruf ergeht aus der Mitte dieser Ma­­jorität,die Sie(zur Rechten gewendet)für Gegner halten,d­­­ie daß sie es sind;Sie können denselben bekämpfen,aber Achtung sollen Siebeln­­felben zollen. _(Lebhafter Beifall Lints.) 8 Abg. S­vetec polemisirt­­ gegen Kuranda, dessen Vorlesung über die böhmische Geschichte er für sehr überflüssig hält, und spricht dann in längerer Rede, ohne gerade viel Neues zu sagen, für das Minoritätsvotum. Er bezeichnet als das eigentliche Hinderniß des Aus­­gleiche den Standpunkt der Hegemonie, den die Gegenpartei einnimmt; menn dieser Standpunkt aufgegeben, werde man sich über die sonstigen Fragen leicht verständigen können. 9. Dr. v. Kaiserfeld ergreift nun unter allgemeiner Aufmerksamkeit das Wort. Er will, wie er sagt, von der gegebenen Situation ausgehen und über den Moment des Streites und über den Moment des wahrscheinlichen Sieges hinaus einen Blick werfen, um damit einen Keim des Friedens in den Becher zu gießen, der mit Wermuth gefüllt, im Hause frerenzt wird. Er will nicht auf die Vor­­würfe eingehen, die der Verfassung gemacht sind, er will nicht, daß man in die Gegenwart immer Verhältnisse hereinziehe, welche einer an­­dern Zeit angehören, er will nicht, daß der Staat das Objekt eines Beweisverfahrens mit Zeugen und Urkunden sei. Ihm ist die Existenz des Staates Bedingung, und wo es sich um diese handelt, da fennt er nur die Gegenwart, da haben für ihn nur die wirklichen Bedürf­­nisse der Belfer, die europäischen Verhältnisse Beweiskraft, da fennt er seinen Ausgleich auf Grundlagen, welche das Reich zerstören wür­­den, welche der verlorene Prozeß selber wäre. Diesen Gedanken findet Redner in der Ndrejfe ausgesprochen und o deßhalb muß er ihr Beifall zollen. Schon weil die Vorejfe klar und frei sprechen muß, weil eine solche Sprache durch die Situation geboten wird. Dies vorausgeschieht, erwähnt Nenner no, daß wir durch die Ereignisse fast wieder dort­­hin zurückgeworfen seien, wo wir am Anfange 1867 standen und fährt dann fort:­­ »Es ist in dieser Beziehung ein hervorragender Staatsmann in Oesterreich gestern mit manchem Vorwü­rfe überschüttet worden.Ich will nicht darauf eingehen,aber ich muß gestehen,daß es in der Tr­ift von einer großen politischen Beweglic­­keit zeigen würde,wenn das Experim­en­t,das schon einmal und zwar wegen des einmüthigen Widerspruches der deutschen Verfassungspartei vom Program­me ge­­strichen werden mußte,von derselben Hand wieder in Szene gesetzt worden wäre,welche damals die Zügel ergriff.(Zustimmung linke.) Das staatsmännische Plagiat von heute hat aber den einen groszen­ Feh­ler,daß an ihm die Zeit unbem­erkt vorübergegangen ist;denn zwischen dem Jah­re 1867 un­d dem Jahre 1870 liege angei­revo­­kaler Natur,Dingi­,welchen gegenüber auch die in die Verfassungs­­partei hineingeschleuderte­ Verwirrun­g nichts vermocht haben würde. Da ist denn zuerst der vollzogene und nicht rücknehmbare Aus­­gleich mit Ungarn,jener Ausgleich,welcher den Konstitutionalism­us, oder,sagen wir es besser,das parlamentarische System hier wie dort zur Voraussetz­ung und Bedingung hat;dieser Ausgleich,welcher eine Solidarität zwischen uns und den ungarischen Patrioten geschaffen­ hat,welcher nicht gestört werden kann,eine Solidarität,welche zur Konsequenz hat,daß wir,wie jene,dem Föderalismus entgegentreten müssen,weil der Föderalismus sowie der Absolutismus nicht nur uns, sondern noch meh­r,als uns,Ungarn aus den Angeln heben würde. (Rufe links:Sehr gut!) Das zweite aber ist die Verfassung selbst,diese Verfassung,die in voller Rechtskontinuität sich aus dem Oktoberdiplome un­d dem Fe­­bruarpatente den Umständen angemessen fortentwickelte,diese Ver­­fassung,welche vom Reichsrathe beschlossen,diese Verfassung,welche von Sr.Majestät sanktionist,ein wahrer Vertrag ist zwischen Krone und Volk;dieser Vertrag,welcher nicht blos ein Vertrag zwischen Krone und Volk ist-welcher noch m­ehr ist,welcher auch ein Vertrag ist zwischen dieser Reichshälfte un­d der anderen Dann liegt auch noch dazwischen,daß sich während der Herrscha­ft der Verfassung,wie es die Thronrede eingesteht,und wie es auch die Adresse betont,die wirthschaftlichen Verhältnisse in Oesterreich außer­­ordentlich gebessert haben. Ich schreibe dieß nicht der Wunderwirkung der Verfassung zu; aber ich schreibe es dem einen Umstande zu,daß die Welt,die Ge­­schäfte macht,und die Welt,die einen ruhigen Besitz wünscht,geglaubt hat.Nun ist es doch einmal zu Ende mit Experimenten!(Lebh­afte Zustimm­u­ng links.)Man hat daher übersehen,daß eine Verfassung dieser Art sich­ m­it hochwichtigen Interessen verbü­ndet,welche sich ge­­stört werden wollen,und daß sie sich Freunde erworben haben muß, welche sie zu vertheidigen und zu schützen bereit sein müssen,weil alle ihre Interessen daran geknüpft sind,und weil es jenseits derselben für sie nur Zweifel und Fragen ohne Antwort gibt. Da liegt endlich auch noch dazwischen,daß wir seit jener Zeit auch per triffen, was denn die heftigsten Gegner der Verfassung eigentlich wollen ; da liegt dazwischen, daß uns darüber den Aufschluß gegeben hat die Deklaration der böhmischen Abgeordneten czechifd­er­ation Konnte man gegenüber einer solchen Deklaration auf irgend­­welchen Anknüpfungspunkt hoffen von Seite der Verfassungspartei oder von Geite Derjenigen, welche die Verfassung durchzuführen hatten . Konnte man einen folchen horfen, wenn man nicht vorher die Verfas­­sung selber aufgegeben hat, sei es blieb­ und offen, oder sei er doch den Mißbrauch der Verfassung ? (Zustimmung Tinta) Mo gibt es einen Anknüpfungspunkt zu irgend «einer Verhandlung mit einer Partei welcher die Verfassung als eine für sie unverbindliche Dstroyirung gilt, melde den Neichsrath und den von ihm beschlosfenen Ausgleich, welche alle von ihm geschaffenen Gelege verwirft, und die erklärt, nur das tönne und werde je zu Recht bestehen, was zwischen der Krone und einem, freilich noch nicht bekannten böhmischen Landtage werde verein­­bart werden. (Zustimmung links.) Auf einer fo fdroffen Basis war sein Ausgleich zu hoffen und zu erwarten. Man mußte sich daher nur Demüthigungen auslegen, und das wäre gleichgiltiger gewesen, wenn man nur nicht bis zu der Verirrung gekommen wäre, zu versuchen, ob, weil nun einmal mit den böhmischen Deklaranten nichts zu machen ist, nicht die deutsche Verfassungspartei mürbe zu machen sei. (Zustim­­mung Inte) ··Diese Aktion-die———ich habe die Ueberzeugung­ aus den patriotischesten umd edelsten Gefühlen entsprungen sein mag,hat aber uns und der Verfassung und beiden«­Zusammenhänge zwi­­schen uns,der·Verfassung,dem­ Reiä­e—dem­ Reiche tiefe Wun­den geschlagen.Sie hat·uns den ersten parlam­entarischen Ministerpräsiden­­­ten gekostet»(Bravqlw·ks)und sie hat dam­it die Grundlage geschaffen für alle spatekenkon­flikte,al­el so trauriger Weise zu In Ausbruch kommen mußten;·sie hat die Eintracht in der Regierung gestört,sie hat in den gegnerischen Parteieinsossnungen­ erweckt,und dadurch nicht etwa zum Aufgeben­·des Widersta­­des geneigt gemacht,sondern den­s selben·nur gekräftigt;sie­ l­at der Regieru­ng,welche,als sie in der 70.Sitzung dieses Hauses in der vorigen Session sich hier zum ersten Maxe präsentirre,die Durchführung der Verfassung als ihre Aufgabe erklärt hatte, die Durchführung dieser Aufgabe erschwert, vielleicht als unmöglich gemacht ; sie hat den Konflikt vorbereitet, welcher entstand, sie hat die öffentliche Meinung verwirrt, sie hat die Partei gespalten, sie hat Schritt für Schritt bis zu den Entlassungsgefuchen der Mini­­ster geführt ; sie hat uns dann vor eine farblose Thronrede hingestellt, vor eine Thronrede, die man für ein Negierungsprogramm ausgab, das sie nicht sein konnte, weil eben beide streitende Parteien darin ihren Plan fanden ; sie hat dieses Haus in dem­ Ausschusse und all heute noch, da wir sein wirkliches Ministerium vor uns haben, bei dem Entwurfe der Adresse um die Führung der Regierung gebracht; sie hat die Krone ohne Vertretung gelassen (Lebhafte Zustimmung links) ; sie hat uns unter dem Ginvende­n es Konflikte gezwungen, M­artei zu nehmen, uns eine Entscheidung zugeschoben, die man konstitutionell nennt, die ich aber so nicht nennen kann, weil diese Entscheidung. Die Forderung in sich involvirt, die Krone habe ihr Recht­ an uns abzu­­treten. inmann lints.) · ·Da kommt dann,daß auch die Memoranden,womit die Mi­­nister ihre Entlassungsgesuche motivirten veröffentlicht werden mußten­, eine Thatsache,die nicht etwa erfolgte als Folge einer getroffenen Ent­­scheidung, sondern vor der getroffenen Entscheidung (Zustimmung links); eine Thatsache, die vielleicht in der Geschichte parlamentarischer Klinik und parlamentarischen Lebens unerhört ist (Nuse links : Unerhört !), eine Thatsache, der wir es zuschreiben müssen, dab, wer immer als Sie­ger aus dem Streite hervorgehe, mit geschwächter Autorität aus der­­selben hervorgeht (lebhafte Zustimmung links), mit gescwächter Muto­­rität auch dann, wenn der Sieg der Majorität bleiben wird. Denn eine ministerielle Staatsschrift ist es, welche den Geg­­nern der Verfassung den Weg zeigt, den sie zu gehen haben ; eine mi­­nisterielle Staatsschrift ist es, auf die sie sich bei ihrem Widerstande be­­rufen können; eine ministerielle Staatsschrift ist es, welche den Gegnern all’ die Machtlosigkeit und all’ die Schwärbe der Mittel zeigt, welche der Negierung zu Gebote stehen (lebhafte Zustimmung int) ; eine mi­­nisterielle Staatsschrift it e3 endlich, welche den außerhalb der Ver­­fassung stehenden Parteien eine Seite zeigt, auf die ft: hoffen dürfen, eine Seite, welche aus dem Spiele der Parteien ferne bleiben sollte. (Sehr gut! Links.) Gezwungen, wie wir sind, Bartel zu ergreifen, gezwungen, wie wir sind, zu entscheiden, hat die Moreffe ji gegen die Minorität der Minister und für die Majorität­ derselben ausgesprogen. Wenn die Konsequenz dieses Ausspruches die ist, daß diejenigen, für melde unsere Entscheidung lautet, die Zügel der Regierung wieder werden ergreifen müssen, dann könnte ich nicht den Blid verschließen vor dem Unheile, das geschaffen würde, ich will aber auf den Blid et­was hinausstreifen lassen in die Zukunft. Was haben wir gewiß: Die Autorität der Ver­­fassung ist dur­ das, was geschah, erschüttert, das Vertrauen der Par­­teien it gemwichen, die Gegenjäbe fino geschärft, die Hoffnungen, die man hatte, sie sino nicht vernichtet, sie sind nur verschoben. Möglich, daß der Widerstand, welchen die Verfassung findet, noch grellere For­men annehmen wird, und wäre es auch nur, damit unter der Herrschaft der Verfassung das Reich nimmer zur Ruhe komme und műre es an nur, damit der Mißerfolg die Wirkungen mächtiger Einflüsse verstärte. Da stelle ich mir nun die Frage, wird es möglich sein, das Programm, welches in der Adresse nievergelegt it, durchzuführen ( Zwar muß ich mich fragen, gibt es eine Partei außerhalb der Berz­faltungspartei, welche die Regierung übernehmen könnte und welche hoffen dürfte, sie werde den Bestand und die Macht des Reiches bes feitigen, sie werde den Konstitutionalismus firmen, sictern und fort­­bilden und zugleich alle Parteien befriedigen ? 36 jede diese Regierung nicht. Mögen die Führer der Parteien si in die Lage denken, daß sie die Sieger geblieben wären, und mö­­gen sie nun heraustreten aus der Negation, in welcher sie sich alle vereinigen, und in welcher Vereinigung sie eine allerdings imposante Stellung einnehmen, mögen sie sie umschauen und si fragen: was­ sie Alles im Widerspruche mit ihren Prinzipien, was sie Alles im Wi­­derspruch mit ihrem Programme und den Parteien, die sie führen und beherrschen, dennoch anerkennen werden müssen, weil es eine irrevotable Thatsache geworden ist, oder weil die Nichtanerkennung mächtige und mächtigere Interessen zerreißen würde. (Nufe: Sehr wahr!) Mögen sie sich umsehen unter allen den Beziehungen, die ihr System zerstören würde, mögen sie sich umsehen unter allen von Stim­­mungen, die sie dennoch zu berücksichtigen haben werden ; mögen sie sich umsehen auf dem Gebiete der Mittel, die ihnen unter den Geseken und Personen, mit welchen sie zu agiven haben werden, zu Gebote stehen ; mögen sie berücksichtigen, hab jedes nicht glückliche Experiment — und wenn wir zu Grunde gegangen wären, so wäre das ein ver­­unglüctes politisches Erperiment erster Art gewesen (Bravo, bravo lini) — zu den vorhandenen Zerlegungsstoffen immer wieder neue hinzuführt,­ und sie werden begreifen, daß sie vor Schwierigkeiten stün­­den, die viel größer sind, als die Schwierigkeiten, welche die Verfas­­sungspartei zu überwinden hat. Wo mire der gewilsenhafte Staatsmann, der es wagen dürfte, ohne die größte Gefahr der Krone anzurathen, daß sie die Berfafsung von der Zustimmung eines Landtages oder in Konsequenz von allen Landtagen abhängig mache, jene DBerfassung, welche die Krone feierlich sanktionirt hat und auf deren Grundlage in den Kredit des Staates und in die Reichverhältnisse des Einzelnen tief einschneidende Gesete geschaffen wurden, weil man glaubte, man werde jet m wenigstens in feinem Belege bleiben?­­ Wo tpåre der Staatsmann,welcher der Krone anrathen könnte, es mögen die gegenwärtigen geordneten staatsrechtlichen Verhältnisse dem ungewisse­n Losen eine Konstituante preisgegeben werden,und wär­e es auch nur einer,wie dieser Reichsreich nahm­? Wo hat man je die totale Revisionsbedü­rftigkeit einer Verfassung zugegeben, ohne daß man gedrängt wurde, hinabzugreifen bis in den eigentlichen Berfassung gebenden Urquell, bis in die Bevölkerung ? Hat man einen Begriff davon, was, wenn in andern homogenen Staaten der Parteienkrieg immer den Staat unversehrt läht, was in Oesterreich eine Konstituante bereute, wo jede solche Bewegung immer zur Frage führt, ob Desterreich noch bestehen wird? (Bravo.) Wo wäre der politische Ged, welcher sich einbilden könnte, wenn er die Verfassung einmal zertrümmert hat, sein „resurge” werde sie wieder in’s Leben rufen? (Bravo!) Wo ist der Staatsmann, der da glaubt, wenn er einmal auf dieser verhängnißvollen Bahn steht, er werde die Ereignisse beherrschen? Wo ist der Staatsmann, der der Krone rathen könnte das Aufgeben des Reichsgedankens, das Aufgeben des Reichsrathes, die staatsrechtliche Zertrennung der Deutschen in Oesterreich? Wo ist der Staatsmann, der es wagen künnte, wo der Gigant, der es unternehmen wollte, heute noch das Konkordat wieder­­herzustellen; gegen unsere Bolfsschulgefege, gegen die bürgerliche­ Che, gegen alle Errungenschaften anzukämpfen, welche wir der Berfassung verdanfen? Wo ist der Gigant, der dieses Reic­ wieder mit absoluter Macht zusammenfaßte und zusammenbhielte, nachdem er es in Splitter zerschlagen, daß es in allen seinen Fugen fradht? (Bravo!) Wo der Titane, der glauben künnte, er werde den Frieden wiederherstellen, wenn er, wie einst Belcrebi, exil wieder alle Geister losgelassen und alle Lei­­denschaften entfesselt hat? (Sehr wahr­ linfs.) So bleibt denn nichts Anderes übrig, als die Verfassung. Wenn Oesterreich sein leeres Wort, wenn Loyalität sein leerer Schall sein sol, so müsen die Gegner der Berfalsung auf diesen Boden treten (Bravo! Links), die Pforten dieses Hauses sind ihnen weit geöffnet. Möchten sie die Freundes- und Frie­­denshand ergreifen, welche ihnen von hier entgegengestrebt wird, welche ihnen bei allem Ernste der Sprache doch an die Adresse ent­­gegenhält, mögen sie von der Ueberzeugung durchprungen sein, daß hier allein, nicht außerhalb dieses Hauses, wo der trennende Haß und die scheidenden Leidenschaften sind, daß hier allein, wo wir uns zusammen­­finden, es möglich ist, daß jeder Wunsch zum Rechte werde, wenn er nicht ein Unrecht gegen Andere, oder eine Verkündigung an dem Staatsgewanfen it. Mögen sie die Ueberzeugung theilen, daß hier und an seinem anderen Orte der Blut ist, wo man zur Verständigung, zur Versöhnung, zum Frieden gelangen kann, zum Frieden, den nicht die Außenstehenden allein, den vielleicht mehr als sie, wir selbst aus voller Seele ersehnen. Werden unsere Gegner das aber au­fbun? Wird vieser Rath befolgt werden? Ich erwarte es nicht, denn die Völker emanzieiren si nur schwer von ihren Führern, und die Führer verlassen nie die Wege, welche sie einmal dem Bolte gezeigt haben, auch wenn sie zur Einsicht gelangen, daß sie falsche sind. So wird denn nichts Anderes erübrigen, als daß die Männer, welche gesiegt haben, die Zügel der Regierung wieder ergreifen. Sie werden es thun müssen, wie sie es schon in ihrem Memorandum ausgedrückt haben, mit dem Steifel­ an dem Erfolge. Wenn ihr Streben aber von dem Erfolge nicht gekrönt

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