Pester Lloyd, Mai 1872 (Jahrgang 19, nr. 102-125)

1872-05-23 / nr. 119

x Bet, 22. Mai. V. Der Kampfhahn unter den vuffischen Blättern ist die „Wölfens Zeitung“. Es ist freilich eine gar seltsame Er­­scheinung, daß gerade in einem Organ, welches seiner Natur nach konservativen Gedanken Huldigen müßte, der zügellose Chaupinismus am Ärgsten rumort; allein die vufische Presse entzieht sich in ihren gesammten Verhältnissen dem Meastabe, den man an die Organe der öffentlichen Meinung in anderer Herren Ländern zu legen gewöhnt it. Im ben zinilisirten Stab der „Börsen-Zeitung“ mag — versteht sich mit gütiger Erlaubniß einer hohen Behörde­n irgend­ein­ urruffischer Kannibale stehen, dessen grimmes Wesen von Zeit zu Zeit gewaltig zum Durchbruch kommt. Und der Grimm dieses­­ Blattes fehrt sich vorzugsweise gegen Oesterreich-Ungarn. Nur nennen muß man ihm den Namen unserer Monarchie und sofort fehwillt ihm der Kamm über die Maßen schön und eg fegt sich in die herrlichste Kriegspositur. So sein eigener Haß gegen Oesterreich-Ungarn genügt ihm nicht; den Zorn aller Reuffen und Slawen möchte er zu einem unwüthen­­den Orkan konzentriren, der ung vom Erdboden wegfegen sol. So fällt er in einer seiner jüngsten Nummern über die­ ‚P­etersb. Wiedemofti" mit aller Macht ber, weil diese Zeitung angeblich Sympathien für Oesterreich-Ungarn hegt. Das ist in Rußland, oder wenigstens in den Augen des Bergenblattes ein Verbrechen. Und worin soll die ver­­brecherische Sympathie der „Petersb. Vsedom." sich Fund gege­­ben haben? Suchte sie etwa, eingehenf der freundlichen Beziehungen zwischen den Kabineten von Wien und Peters­­burg, die öffentliche Meinung Rußlands für den Gedanken dieser entente cordiale zu gewinnen ? Keineswege. Aber „Jie verhält sich gleichgiltig gegen daß Schicsal der österreichischen Slawen“ — und darin findet die „Börsens Zeitung"” eine sträfliche S­ympathie für Oesterreich-Ungarn ausgedrückt ! Aus diesem Bekenntnisse einer seltönen Seele treten zwei Sentenzen mit haarsträubendem CHhonismus hervor. Er­­stens, daß jeder richtige Ruffe, der auf das Testament Peters und des Propheten Fadejew schwört, die Feindseligkeit gegen Oesterreich- Ungarn als oberste politische Tugend üben muß, und zweitens, tak man in panwuffischen Kreisen dien: Verfrüßung des flapischen Elementes in Oesterreich als das wirfsamsste Mittel zumN Ru in dieser Monarchie betrachtet. Wir mögen gar nicht das Näthtel zu Lösen suchen, wie es angesichts der russischen Preßzustände möglich ist, da k­ein Blatt eine solch bedeutsame Aeußerung thun darf, die offen­­bar mit der friedlichen Politik der russischen Regie­rung im Widerspruch stehen muß, denn uns imponirt Die Aufrichtigkeit der Sprache, die viel Beachtenswerthes enthält. Wir werden zunächst die Klage der „Börsenzeitung” nach ihrem Werthe zu würdigen wissen, daß „die föderalistische Politik des Grafen Hohenwart geeignet gewesen wäre, den zwischen Ausland und Oesterreich - Ungarn bestehenden oder auftauchenden Meinungsverschiedenheiten die gefährliche Sorge zu nehmen". In gewissen Sinne mag diese Behauptung ihre Nichtigkeit haben. In der That hätte die Durchführung des Hohenwart­ischen Experimentes allen Meinungsverschiedenheiten zwischen Desterreich-Ungarn und Rußland mit einem Schlage ein Ende gemacht — denn sie würde einfach den­­ Bestand unserer Monarchie unmöglich gemacht haben. Der Föderalismus hätte Desterreich-Ungarn zur wohlfeilen Beute für alle feind­­seligen Gewalten präpariıt und wem diese Monarchie im Wege steht, der mußte an der Besitit Hohenmwart’s seine Treube finden. Er wäre dann, um Oesterreich - Ungarn zu Grunde zu richten, gar nicht nothwendig gewesen, daß man von Petersburg aus „die österreichischen Slaven unterstügen, denn man hätte in der Monarchie selbst von Staats wegen das­­ Vernichtungswert an Oesterreich - Ungarn besorgt. S­o stelt man sich in parnuffischen Kreisen die Sache vor und der Kalkül ist einfach genug, nur laborirt­er an einem gro­­ßen Fehler, der freilich nicht an der Oberfläche liegt. Es will und nämlich benünfen, d­aß nichts geeigneter gewesen­ wäre,tiefernsteonflik­ter zwi­­schen Oesterreich- Ungarn und Rußland heraufzubeschwören, als gerade die Herstellung des Föderalismus, das heißt die Begründung der Herrschaft des Slavismus in Desterreich - Ungarn. Das ist wohl das Gegenteil dessen, was die „Börsenzeitung” behauptet, aber es hat den Vorzug der Wahrheit. Der Föderalismus in Desterreich hätte unserer aus­­wärtigen Politik einen entschieden aggresiven Charakter gege­­ben und zwar nach einer Richtung hin, wo sie unvermeidlich mit dem­nteresse Rußlands hart zusammenstoßen mußte,­­ wendig ihre Ergänzung in einer korrespondirenden Politik nach Außen finden müssen, und was meinen wohl die Politi­­ker, die hinter der "Börsen-Zeitung" stehen, wenn die österrei­­c­ch-ungarische Monarie die flavische Idee auf­gegriffen und nach Osten getragen hätte — wie lange würde sich die russische Propaganda unter den orientalischen Stämmen behauptet haben? Die Nivalität zwischen Oesterreich-Ungarn und Rußland im Orient­ würde in dem Augenblick einen ganz Tonfreien Anspruch gefunden haben, als die internationale Politik unserer Monarchie sich mit dem flavischen Dechanten identifizirt hätte und es if bent doch nicht ausgemacht, daß Rußland die Konkurrenz hätte bestehen können, ebenfalls wäre die Feindseligkeit zwischen den beiden Reichen eine permanente, nimmer­zu be­­feitigende geworben und der Kampf auf Ton und Leben nicht zu vermeiden gerwesen. Die Geschichte der letzten zehn Jahre hat eine Analogie aufzuweisen. Es gab ja eine Zeit, da die auswärtige Politik Oesterreich-Ungarns einen spezifisch bent­s­chen Charakter trug, da die Monarchie sogar mit einem Fuße im deutschen Reiche stand. Alrı Preußen schrieb den nationalen Gedanken auf seine Fahne und die Folge war — Sadova. Und so wenig, als zwei Staaten mit einer ausge­prägt­­ deutschen Politik friedlich neben­einander bestehen konnten, eben­so wenig könnten zwei Reiche mit einer emi­­nent flavischen Politik sich im Frieden nebeneinander fort­­entwickeln. Der Zusammenstoß zwischen Oesterreich-Ungarn und Rußland wäre mit der Snaugurirung des Föderalismus zu einer natürlichen Nothwendigkeit geworben ; heute hinge­­gen könnte der Konflikt nur muthwillig angezettelt werden, unvermeidlich ist er seineswegs. Und darin liegt eben die hohe Bedeutung des dualistischen Systems, daß es unserer auswärtigen Bolitis der Monarchie Stetigkeit und eine vernünftige Tonserratine Richtung gegeben. Ungarn Hat sein Interesse daran, einen neuen Gestaltungsprozeß im Wer­ften oder Osten Europas zu befördern und indem es seine nationalen und staatlichen Interessen pflegt, wahrt es zugleich die Anteressen des Friedens , geriethe aber das slavische Ele­­ment in der Monarchie an die Oberfläche, so müßte es, dem Gefete der Attraktion folgend, weit hinaus greifen über die heutigen Grenzen. Mit seiner gegenwärtigen inneren Ord­­nung hat DOesterreich-Ungarn in Wahrheit den Beruf, das europäische Gleichgewicht zu wahren und nur wer daran rütteln möchte, kann in der Monarchie einen Feind er­­bliden. Entschieden anders steht Jonac das Verhältniß, als die vuffische „BVörsenzeitung” er malt. Wenn eine panrouffische Koterie gleichwohl ohne Unterlaß den Kreuzzug gegen Oester­­reich-Ungarn predigt und eine nichtswürdige Agitation unter den Nationalitäten Ungarns unterhält, so finden wir dies von ihrem Standpunkte aus begreiflich. Sie weiß eben, daß die Monarchie der feste Damm ist, an welchen die pansla­­vische Fluth­oi brechen muß. Nur sollte man endlich die alberne Fabel von der „Befreiung der österreichischen Kla­­ven" bei Seite laffen ; sie verfängt wahrhaftig nicht mehr, selbst unter den , bedrohten Stammesbrüdern" nicht. Groß ihrer Verblendung sehen sie ein, daß unter dem Banne des Moskovitismus seine nationale Individualität auch nur be­schränkten Raum zur Entfaltung hat und der verrückte Ge­danke, als würde der Moskopitismus jemals im Slaventium aufgeben, ist ihnen gründlich verflogen, seitdem sie wahr­­genommen, wie nicht Preußen in Deutschland, sondern um­­gekehrt, Alldeutschland, in Preußen aufgegangen. Außerdem wissen sie auch, daß der Ezar sehr weit ist und der Weg von Petersburg nach Böhmen zum Beispiele, oder — wenn man will — auch nach Kroatien unterschiedliche geographische Hin­­dernisse aufweist. Das Mittel ist also ziemlich abgenügt und man sollte doc endlich etwas Abwechslung in das Spiel bringen. Die Dealpartei des Kulpiner Wahlbezirk­s hielt — wie man uns von dort schreibt — am 15. b. M. eine Konferenz­ ab und einigte sich einhellig darin, Herrn Milos Dimitrievits für die nächte Legislative zu fan­didiren. Herr Dimitrievits, der in seiner Eigenschaft als Oberschul-Inspektor eben zur Besichtigung der Säulen in Kulpin anwesend war, wurde sofort durch eine Deputation­­von dem gefaßten Beschlusfe verständigt, entheilte jedoch seine unbez­wingte Zusage. Wie verlautet, soll am 20. o. abermals eine Deputa­­tion unter persönlicher Führung einiger hochgestellten Herren zu Hrn. Dimitrievits nach Neufak entsendet werden, und dürfte es der Berechtsamkeit und dem Einflusse jener Herren gelingen, Herrn Dimi­­trievits für unseren Wahlbezirk zu gewinnen. So groß ist das Mistrauen unserer­ Bevölkerung gegen­ die Opposition und den früheren Vertreter, Serrn Wilhelm P­aulini:Toth, daß in un­­serem Wahlfreife der Sieg der Deatpartei als gesichert zu regi­steiren ist. « Wahlbewegung. Aus AfeÓd, 18. Mai, erhalten wir folgenden Bericht: Bei uns hat sich am 11. d. M., endlich auch eine Deátpartei, zumeist aus der Intelligenz des Ortes bestehend, fonstituirt; trogdem daß die bäuer­­lichen Anhänger der Deätpartei, welche auf dem Felde beschäftigt waren, nicht erschienen, war die Generalversammlung dennoch über alle Erwartungen statt besucht. 63 wurde ein Aftrong-Komite, bes­­tehend aus einem Präses, einem Schriftführer und 5 Mitgliedern, gewählt und sodann die Wahl eines weiteren 20er-Ausschusses vor­­genommen. Zum Präses wurde unser allgemein geachteter Kasino- Präses und um die Deckpartei sehr verdiente Herr Andreas v. Hajnit und zum Schriftführer der sehr beliebte Herr Sigmund v. Procopius mit Akklamation gewählt. Die biesige Linie wollte durc rohe und unerlaubte Demon­­strationen die biesige Deslpartei einschüchtern, wurde aber dur das rastvolle Verhalten des Präses und der ganzen Dealpartei einerseits und das energische Einsschreiten unserer Bezirksrichter andererseits an diesem Vorhaben gehin­ert. Anilä und 16.d.fanden in Szentes die städtischen Wal­le 11 Witz der­ Repräsentantenkörper besteht zum größten Theil aus Deákxstem Bürgermeister wurdeherr Stefan Nale Grundbesitzer, Deåknh ebenso gehören mit wenigen Ausnahmen die meisten gewähl­­ten Beamten der T­eakpartei an­.Wenn man bedenth daß die Stadt Szentes auf dem jüngsten Reichstag durch ein Mitglied der­ äußersten Linken,durch­ Em­erich Läßle vertreten war,so kenmIncm ermessen, welch’erfreulicher Umschwimg h­ier stattgefunden h­at.Uebrigensent­­ält die Stadt Szentes von jeher die ruhigsten und besonnensten Elemente,abenn es dies auch bei den ersten zwei Reichstagen da­­du­rch,paß·11e Denkister,entsendete.Seitdem aber Herr Madarc­ß sen. uns mit seinen werthen Besuchen erfreut,hat sich das ganz anders gestaltet Durch Versprechungen gewissenlosester Art hat er die unteren Klassen dazu gebracht sich von der intelligenten Klasse gänzlich loszu­­reiße­t und Emeuch Lüßle zuzuwenden.Jetzt,1­ach de 1 11 seine Weher einsehen,d­aß»aus diesen VersprechIungen nichts wurde,kehrt der größte Theil semer Leute ihm den Rücken.Nichtsdestoweniger beab­­sichtigtjickigerlasTtster Herr abermals kandidiren zu lassen,k­ozft er auch mit keinem Führa Mada rüfz sich abermals hier repräsentirte und sich von einigen·Du»tzenden alter Weiber und Kinder angaffen ließ. Jetzt, nachdem web-hangen für die Rechte so günstig stehen,könnte hier ein der Rechten angehörender Kandidat durchdringen-Leider geschieht aber von Seiten der hiesigen­ Rechten gar 111chts und«wu«d vielleicht auch nichts geschehen oder doch nicht zur rechten Zelt geschehen1. ·Re-«Wiklt­ 22.Mai.Sitzung des Herrenhauses.) Aus der Münsterbank:Fürst Adolf Auersperg,Stremnyr,Dr. Unger,h­orst. Unter dreimaligen Hochrufen wurde das Bräsidium ermächtigt, die Glühwünsche des Herrenhauses anläßlich der Verlobung der Erz­herzogin Gisela dem Kaiser und der Kaiserin zu unterbreiten. — Der Präsident widmet warme Nachrufe den verstorbenen Herrenhausmit­­gliedern Grafen Fünftiichen, Baron Doblhoff und Baron Russtefer. — Der Ministerpräsident stellt den Minister Horst vor. — Nach Er­­ledigung der Tagesordnung wurde die Siung geschlossen. Re, Wien, 22. Mai. (XXXV. Sißung des Abgeord­netenhauses.) Borfikender: Präsident Ritter v. Hopfen. Auf der Ministerbank befinden sich Dr. Glaser und Dr. Banban8. Der Minister des Innern fordert in einer Zuschrift das Haus auf, die Wahlen für die Delegation vorzunehmen. Kon­petitionen sind zu erwähnen: Eine von circa 10.000 Be­­wohnen Wiens gezeichnete Betition um Regelung der­­ Verhältnisse der Altkatholiken und eine Petition der Bewohner Galantha’s RE U um desgleichen, überreicht durch den Abgeordneten Dr. ibert. Dr. Wiener leistet die Angelobung. Der Bräsident theilte dem Hause mit, daß die Kaiserin das Bräsidium beauftragte, ihren besondern Dant für die M­ünsche des Hauses anläßlich der Verlobung der Erzherzogin Gisela auszuspre­­chen. — Der Minister des Innern legte einen Gefegentwurf gegen das Nagabundenunwesen und eine Regierungsvorlage über die Bildung der Gesirmwornenlisten, welche dem Ausschusse über Strafprozesse zu­­gewiesen wurden, vor. Hierauf begann die Debatte über die Strafpro­­zeßordnung. Berichterstatter Banderstraß empfiehlt die Annahme der reiflich erwogenen Ausschußvorlage. In der Generaldebatte spricht Delz gegen den Entwurf; er sagte, es sei eine verkehrte Machregel, eine Jury in Strafsachen ohne eine Jury in Zivilfachen einzuführen ; durch die Beibehaltung des Untersuchungsverfahrens werde die Oeffentlichkeit beeinträchtigt und um Willkür zu befürchten. Medner weüt nach die Gebrechen des Schwurgerichtsverfahrens überhaupt und der Bildung der Geldmor­­genlisten insbesondere, und beantragt die Zurückweisung der Vorlage an den Austrub, behufs Umarbeitung nach der Theorie der Schöffengerichte. Der Antrag wurde nicht hinlänglich unterstüft. E 5 meldeten Amendements an: Matta, Berger und Rehbauer. Auf eine von Rehbauer gemachte Bemerkung gegenüber Delz, daß gerade seine Partei die Staatsgrundgefege untergrabe, antwortete Del­ in erregter Weise, daß seine Partei nicht in den Reichsrath ge­­kommen wäre, wenn sie die Staatsgrundgefege untergraben mollte ; er­­weife daher entschieden diesen Vorwurf zurück. Die aus Spanien einlangenden Berichte sind so fonfus und einander t­idersprechend,, daß es geradezu unmöglich­st, aus ihnen die Wahrheit herauszufinden. Zum Glücke kommt es wenig mehr dar­­auf an , ob Serrano eine Schlappe erlitten hat oder nicht, da die Aufständischen nicht mehr in der Lage sind, eine momentane Chance ausgiebig verwerthen zu können. So viel­­ ist sicher, daß die Regie­­rungstruppen auf dem Wege nach Bilbao sind, wo die leßten ver: in Meeber widerlegt Delz’3 meritorische Bedenken. Die General­­debatte wurde sodann geschlossen. — Der Justizminister repli­­zierte in einer sehr beifällig aufgenommenen Rede auf die Ausführun­­gen von Del, daß er als Minister in der Theorie und Praxis in­­ Widerspruch geriethe ; er empfiehlt wärmstens und sehr dringend, den mit der neuen­­ Gpoche machenden Fortschritt in der Österreichischen Yustizggesebgebung anzunehmen. Zur Tagesgeschichte­ einigten Mederreste der Garlistenbanden eine Zerntrung dieser wichti­­gen Stadt versuchen. Aus Paris wird geschrieben : Bei dem bekannten Zusammen­­hang der Ultramontanen mit den Legitimisten konnte es nicht auffal­­len, wenn die Preßorgane beider Parteien die Schilderhebung des P­rätendenten in Spanien von Anfang an mit Begeisterung begrüß­­ten und sie in ihrem weiteren Verlauf mit guten Wünschen begleite­­ten. Die Ultramontanen haben es aber dabei nicht bemenden lassen. Sie haben nicht blos für die Sache der Aufständischen in den Zeitun­­gen geschrieben und vermuthlich gebetet, sondern­­wirksamere Beihilfe geleistet. Aus einer Quelle, die ich für sehr gut zu halten Ursache habe, erfahre ich, daß der Prätendent einen sehr erheblichen Theil der Geldmittel, die er zur Anstiftung des Aufstandes im Bastenlande und anderen Provinzen bedurfte, aus Nom erhalten hat. Auch hat man die Entdeckung gemacht, daß ein Pater von den Sefuiten (wie es heißt, in Lüttich, Anderen zufolge in München) 10.009 Gewehre für die Insurgenten in Spanien bestellt hat, v­­­an von den Fabrikanten nach Bordeaux zur Verschiffung nach einem nordspanischen Hafen abgeliefert, aber, da ihre Bestimmung nicht ver­­borgen geblieben, ehe sie an Bord gebracht werden konnten, von der französischen Behörde mit Beschlag belegt worden sind, worauf man sie bieder gebracht hat. Hält man damit das Telegramm aus Par­­seille zusammen, welches in diesen Tagen von Rom meldete, daß der P­apst eine panische Deputation empfangen und Worte an dieselbe gerichtet habe, die als Eemuthigung der in Empörung gegen den König Amadeo begriffenen Spanier aufgefaßt werden können, so ist es schwer, fuch des Schlusses zu enthalten, daß zwischen jener Verfol­­gung mit leiblichen und viefer Spende von gettlichen Waffen ein Zusammenhang stattfinden müsse. Das Alles nüht jedoch den Kar­­liten blutwenig, ihre Sache ist unwiderruflich­ unrettbar, verloren. 298 Ministerium Sagatta bestrebt sich aus Leibeskräften, die militärischen Erfolge Serrano’s durch die möglichst schlechteste Polität ununwirksam zu machen. Das neueste Kunststüdchhen dieses ungeschickten Kabinett besteht in einer Razzia, die plöglich unter den Beamten vorgenommen wird, um die „Unzuverlässigen“ zu entfernen. Da­­durch werden nur die Feinde der­­ Dynastie vermehrt. Jeder Tag bringt Neues über die Affaire Bazaine. Heute beginnt man die Biographie der Mitglieder des Kriegsgerichtes­ mit­­zutheilen, welches über den Marschall aburtheilen wird. Der Central Trehouart, welcher im Kriegsgericht den Vorsuß einnehmen wird, trat schon unter dem ersten Kaiserreich in die Marine, wo er sich als Freiwilliger anwerben ließ. Nach der Schlacht von Navarin, an der er Theil nahm, wurde er zum Schiffslieutenant befördert. 1837 wurde er Corvettenkapitän und 1843 Schiffskapitän. Als solcher befehligte er die französischen Seestreitkräfte in Südamerika und wurde nach dem Kampf von Obligado zum GCentre-Admiral ernannt. 1849 befehligte er die Flotte, in welche die Truppen, die Rom belagern sollten, nach Civita­ Vechhia brachte. Nach dem Tode dos Admiral Charner wurde er Admiral. 1859 war er bereits zum Senator und 1860 zum Großkreuz der Ehrenlegion ernannt worden. ZTrehouar i it 74 Jahre alt. Er wurde am 27. April 1798 geboren.­­ Die soeben in Rom abgelaufene Kabinetstrisis hat folgende Geschichte: Vor einiger Zeit war zwischen dem bekam­tlich aus dem Zentrum des Abgeordnetenhauses gebildeten Kabinet Sanza und der Rechten eine Versöhnung und Fusion zu Stande gekommen. Diese Versöhnung war aber nicht bedingungslos erfolgt, indem die Rechte die Forderung stellte, haß das Ministerium, welches sich bisher durch die gegenseitige Eifersucht der Parteien am Ruder erhalten, sich für solidarised mit der Nechten erkläre, der Linien von Fehdehand­­[hub hin­werfen, und daß vor allem Andern der der Nechten mißlie­­bige Unterrichtsminister Correnti, welcher sich hauptsächlich durch die Unterftügung der Linien erhielt, aus dem Kabinet­t scheiden und doch einen der M Parteiführer der Rechten erfeßt werden möge. Nun aber b­esubte sich Correnti, seine Demission zu geben, in­­ welchem Begehr er duch den Ministerpräsidenten Lanza unterstüßt wurde, und brache im Gegentheile mehrere von der Nedten angefeindete Geseentwürfe duch die Unterftügung der Linken duch. Vor einigen Tagen nun legte er der Kammer einen Gefegentwurf vor, welcher die Unterdrü­­ckung des Religionsunterrichtes an den königlichen Gymnasien und Lyceen aussprach), und der daher nicht nur gegen die Ansichten der Medien verstieß, sondern auch dem Programme des Ministeriums und der von ihm proklamirten Verlöhnungspolitik schroff entge­­genstand. Dieses Vorgehen erbitterte nun die echte so sehr, daß sie den Klubbeschluß faßte, wie Ein Mann gegen den eben auf die Tages­­frönung gejeßten Gefegentwurf zu stimmen, was zur Folge gehabt hätte, daß entweder das Ministerium gefallen, oder, wenn das Gefek, Dant der Unterftügung der Linken, durchgegangen wäre, mit seinen bisherigen Barienrennten gebrogen hätte. Da traten endlich GSella und Visconti-Benotta im Ministerrathe energisch auf, erklärten, daß sie ihrem Kollegen auf dem von ihm betretenen Wege nicht folgen und mit ihrer ganzen Vergangenheit nicht brechen künnten und stellten die Alternative, dab er entweder seinen Gefegentwurf zurückziehe oder zurücktrete, widrigenfalls sie und mit ihnen mehrere ihrer gleichgesinn­­ten Kollegen ihre Demillion geben und somit das Ministerium zum Ballen bringen würden. Da blieb denn Gorrenti nichts anderes ü­brig, als seine Demillion zu geben.­­ ‚H­insichtlich des dem amerikanischen Senate vorliegenden Zu­­sagartikels zum Washingtoner Vertrage wird neuerdings die Stim­­mung wieder etwas hoffnnungsvoller. Man erinnert sich , dab zwei Drittel der 74 Stimmen für den Artikel sein müssen, wenn derselbe genehmigt werden soll und daß die Gegner der Regierung im Lager der Demokraten und Liberalen Republitaner über etwa 25 Stimmen verfügen. Die neueste Washingtoner Depesche vom gestrigen Datum besagt nun, daß voraussichtlich der auswärtige Ausschuß heute über den Artikel Bericht erstatten werde. Dabei folgt die weitere Mitthei­­lung, es seien eine der namhafter Senatoren eifrig an der Arbeit, die Ratifisirung des Vorschlages zu sichern und man sei im Allgemei­­nen der Ansicht, daß der Verzug in der Verhandlung den Aussichten auf eine befriedigende Erledigung nicht ungünstig sei. Der Berichter­­statter der „Times“ in Philadelphia meldet hierzu, daß man 4 De­­mokraten im Senate der Ratifikation für geneigt halte. Außerdem erwähnt vieser Berichterstatter ein Gerücht, demzu­­folge Versuche gemacht wurden, den Vertragsartikel im Komite zu amendiren,­ um ihm die nöthige Majorität von zwei Dritteln der A Feuilleton. Das alte ungarische Nationalkolum­ I e3­iteh­ed der ungarischen Akademie der Eif­enschaften, in der Sibung vom 6. Mai al u ttsvorirag gelejenen arhäologijde Studie. *) 8 n * „* AI eine jener zahlreichen noch schwebenden Fragen, deren Entscheidung großentheils unserer vaterländischen Archäologie obliegt, ann al die Frage des alten ungarischen Na­­tionalkostüms betrachtet werden, bezüglich welcher sich zeit­­weise Einzelne geäußert haben, jedoch im Allgemeinen so irrige Meinungen und mangelhafte Auffassungen bereichen, hab ich es für nöthig erachtet habe, diese undantbare, weil den Vorurtheilen der Nation entgegentretende Arbeit auf mich zu nehmen, und someit als möglich nach gründlichen Studien der bezüglichen Quellen und Kunst­­venkmäler richtige Ansichten über das alte ungarische Na­­tionalfortüm zu verbreiten und auch Andere zu Forschungen auf diesem Gebiet anzuregen. 63 gibt kaum eine Nation, welche inmitten ihrer archäologischen Studien nicht bestrebt gewesen wäre, die Geschichte ihres eigenen K­ostüms ins Reine zu bringen und damit einen verläßlichen histori­­schen Maßstab für die Beurtheilung ihrer eigenen alten Kunst zu­­caffen. Deshalb dürfen auch wir auf diesem Gebiete nicht zurück­­bleiben, und wir dürfen dies um so weniger, weil wir von den Schriftstellern des Auslandes, meldhe die Kostümskunde unserer Nation mit wenigen Worten abthun, in dieser­ Hinsicht weder gehörige Würdigung noch befriedigende Aufklärung erwarten dürfen. Die Fragen, welche hier in erster Linie auftauchen, sind die folgenden : a) Sind die einmandernden Magyaren das ganze Mittel­­alter hindurch bei ihrer alten asiatischen Kleivertracht verblieben ? b) Haben sie ihre uralten Kostüme modifisirt und in welcher Weise ? c) Haben sie auch vom alten magyarischen Schnitt gänzlich verschiedene Kleidung angenommen? Zur Jung dieser Fragen habe ich seit Jahren eingehende Studien gemacht. Inwieweit es mir gelungen u­­ m wenigstens im Einzelnen zur Klärung der Ideen beizutragen, wird das Nachstehende zeigen. Bevor ich jedoch auf meinen Gegenstand selbst eingehe, muß ich die Grundidee präzisiren, bezüglich welcher die Kostümkundigen als nationales Kostüm nur dasjenige annehmen, welches den Schnitt, betreffend die Kleidung sowohl des Herren­­landes als auch aller Schichten des Boltes, bildet. Ein Nationalkleid in diesem Sinne eriläert heut­­zutage kaum mehr irgendwo in Europa. Deshalb bezeichnen sie die von den Nosnehmen gebrauchten, bei Feierlichkeiten üblichen Gewänder verändert fortbestand und nach dem Zeugniß des Codex pietus auch wo am Hofe König Ludwig’­­I. im Gebrauche war. Daß jedoch dieser alte Typus nach der Ansiedelung in Europa bei einem großen Theile der Nation sich geändert habe, das bezeugen nicht allein unsere vaterländischen Geschichtsschreiber, welche wieder­­holt jener Brandfragungen oder einschmeichelnden Gescheine Erwäh­­nung thun, die nicht allein in Prachtgewändern für den Hauptanfüh­­­­einfach als Galatleid ver Adeligen und anderer Vornehmen, nicht aber zugleich als Nationalkleid, und auch wir dürfen dieselben nur mit diesem Namen bezeichnen. M Wenn wir unseren Blick in die älteste Zeit, in die uralte Hei­­math zurück­enden, dürfen wir aus der Vergleichung anderer Na­­tionen und Zeitalter richtig schließen, daß das uralte Kostüm der Magyaren dasselbe gewesen sei, dessen die westasiatischen Völkerschaf­­ten überhaupt, insonderheit aber die alten Tataren sich bedient haben und deffen vie­legieren mit geringen Umgestaltungen si auch noch heute bedienen. Auf unseren ältesten Gemälden, in dem aus dem 14. Jahr­­hundert stammenden Codex pict­us (Képes krónika) in der kai­­serlichen Hofbibliothek in Wien finden wir dieselbe Tracht, in welcher die vornehmen Tataren auf 4—5 Jahrhunderte alten Bildern ge­­malt erscheinen, und da im Orient die modemäßige Kleiderverände­­rung weniger bekannt ist, als in Europa, so glauben wir nicht un­­recht zu thun, wenn wir die nit nur in dem erwähnten Codex pic­­tus, sondern auch in anderen mittelalterlichen Bilderbü­chern ganz ähnlich auftretende tatarische Kleidung als den Typus der Kleidung der einwandernden Magyaren annehmen. Dieser richtigen Vorauslegung gemäß würden zufolge dem err­wähnten Codex pietus und neueren tatarischen Bilder-Werten die Bestandtheile der alten magyarischen Kleidung folgende gewesen sein : Eine niedrige, halbkugelförmige Kappe (süveg) aus weißem Lamm, oder getüpfeltem Tigerfell mit Aufschlag oder ohne aufgestülpte Krämpe, oder anstatt derselben ein hoher, vorwärts oder ru­dwärts herabgebogener zugespißter Hut, vorne mit aufgestülptem Nagen­, hinten mit herabhän­­gendem Nadenschirm versehen, oder ringsum mit einer andersfarbigen Krumpe geziert. Das bunte geblümte weite Oberkleid bis an die And­ hel reichen. Die Mermel verserben enge und mit dem eingestichten Symbol der Würde geschmückt, oder kurz und meit, die engen Mer­­mel des Unterkleides durchlaffend, oder in langen aufgeschirsten Flü­­geln herabhängend. An der Brust wird das Oberkleid durch eine gol­dene Spange zusammengehalten, um die Taille durch einen breiten Gurt oder ein Shawh­ud. An den Seiten ist das Oberkleid aufgeschickt, um dessen Bordertheil unter den Gürtel ziehen oder zu Pferde sich bequemer machen zu können. Die Beinkleider, soweit es sich hie und da bemerken läßt, enge, von gleicher Farbe mit der Fußbekleidung, oder weit, am Knie mittelst eines Bandes zusammengeknüpft. Das auf den Rüden hinabhängende lange Haar bald in einen oder zwei Zöpfe geflochten, bald frei herab­wallend. Außer dem Schnurbart tra­­gen sie einen zweigetheilten Bart. Ihre Schußmwaffe it Bogen und Beil; ihr Schwert oben etwas gebogen. Die Frauen werden mit langem, engärmeligen Unterfleisch ab­­gebildet. Ihr Oberfleisch ist kurz, meitärmelig. Haupt und Brust bedeckt ein weites weißes Tuch. Sie tragen die Kinder auf den Armen oder auf der Schulter. So viel wissen wir von der ältesten Kleidung, welche wahr­­scheinlich Jahrhunderte hindurch beim größten Theile der Nation un­ ver bestanden, sondern auch die dem ganzen Heere zu liefernde Klei­­dung in sich begriffen. Wenn wir auch zugeben wollen, daß diese an den osteuropäi­­schen Völkern erpreßte Kleidung einigermaßen der aus Asien mitge­­brachten ähnlich gewesen sein mag, so halten wir es doch fir unmög­­lich, daß die magyarischen Krieger ihre in ununterbrochenen Feldzü­­­gen und ruhelosem Lagerleben abgewästen Kleider nicht mit denen anderer, auch besiegter Nationen vertauscht haben und daß die legteren nicht schon vermöge ihres ganz abweichenden Aufschnittes, Stoffes und vielleicht auch ihrer größeren Bequemlichkeit wegen irgend­eine Ab­­weichung von der uralten Kleidung der Magyaren hervorgerufen haben sollten. Diese Voraussehung wird gelegentlich der Organisirung unseres Staates beinahe zur Gemeißheit. Als sich am Ende des 10. Jahr­­hunderts unsere Fürsten mit den Herrschern des westlichen Europa’3 verschwägerten, vermochten sie ihre Reformpläne nur im der Weise mit Erfolg durchzuführen, wenn sie die Macht der an der asiatischen Zügel:­­osigkeit und den heidnischen Gebräuchen hartnädig festhaltenden magyarischen Großen der vom Auslande hereingerufene Ritter und deren Mannen im Gleichgewicht halten, wenn sie das durch die fort­ mährenden Kämpfe ziemlich entwölferte Land durch zahlreiche fremde Gewerbtreibende und Aderbauer kolonisiren. — Und künnen wir dann wohl ernstlich glauben, da­­ all’ diese Ritter und Kolonisten ihre eigene Kleidung sofort abgelegt und den asiatischen Schnitt der Magyaren angenommen haben? Können wir wohl glauben, daß die im magya­­rischen Reiche zurü­eigebliebenen zahlreichen eingeborenen Boltsstämme sogleich ihre alten Kleider bei Seite geworfen haben, um si dur Annahme der asiatischen Kleidung in die Gunst der magyarischen Sieger einzuschmeicheln ? Da­ die Absicht der Könige wieder bezüglich der heidnischen Religionsgebräuce, noch bezüglich der äußerlichen Tracht leicht aus­­führbar gewesen sei, erhellt aus jenen wiederholten Verboten und nach Ablauf von Jahrhunderten erfolgten Rückfällen, welche unsere Scri­­benten aufgezeichnet haben , so daß einerseits die Anhänglichkeit der Magyaren an ihre aus Asien mitgebrachten Gebräuche und Eigen­­thümlichkeiten, andererseits aber die auf das Vergessenmachen ver­­sehlten abzielen­den höheren Intentionen die Angelegenheit der alten Kleinertracht lange Zeit in der Schwebe erhielten. Indessen in die V­ermischung mit den Westeuropäern auch die Magyaren in die Strömung der gemeinsamen Kleidung, welche bereits die übrigen Nationen unter dem Einfluß der Zivilisation immer mehr und mehr nivellirt hatte und zwischen Osten und Weiten in Bezug auf Kleidung eine Scheidemauer entstehen ließ, welche, wiewohl sie die Nationen einander nicht entschieden entfremdete, dennoch zuließ, daß die Angehörigen der gleichen oder enge zusammengehörigen Stämme auch an dem Jahrhunderte hiedurch gebrauchten und gleich­­sam geheiligten Kleide erkennbar waren. Seitlich von der Scheidelinie, welche mir in Hinsicht auf Rostüm von Danzig nach Fiume ziehen, berrieht die Kleidung der lateinischen und germanischen Race, während wir östlich von derselben die flavisch-magyarische Tracht finden. Auf beiden Gebieten finden wir ursprünglich langes weites Oberkleid, engere, kürzere Unterkleider. Diese wurden indessen im Laufe der Zeiten dermaßen vershnipelt, vertheilt, mit Yufaken ver­­sehen und sonst umgemodelt, daß wir ihre ursprüngliche Gestalt nun mehr weder hier noch dort wiederzufinden vermögen. Nur so viel läßt sich erschließen, daß die Schneider auf beiden Seiten bemüht ge­­­wesen sind, die würdevolle ursprüngliche Kleidung immer mehr zuzu­­fragen und von Zeitraum zu Zeitraum unbequemer zu machen. Sie wir überhaupt in der allgemeinen, besonders aber in der Kulturgeschichte der Völker ein fortwährendes Ringen, Erobern, Vor­­wärtd, oder Nachwärtsschreiten in Folge einzelner nationaler oder wohl auch von Außen her einwirtender Momente beobachten künnen, so können wir dasselbe Schritt für Schritt auch auf dem Gebiete der Kleidung verfolgen. Die Nation, welche die andere im Kampfe, in der Kunst, in der Wissenschaft überflügelte, gewann auch bezüglich der Bewaffnung und Bekleidung die Oberherrschaft. Al die lateinische und germanische Race in Europa die Führerrolle spielte, herrschte ihre Kleidung nur allein im Westen, sondern sie machte auch auf dem östlichen Gebiete gewaltige Eroberungen, bis endlich mit dem Empor­­kommen des französischen Geistes die allmächtige Mode der Franzosen ganz Europa unterjochte. Und mer wird es leugnen, doc in ganz analoger Weise die Türken, als sie beinahe das ganze Land der Ungarn überschwenmten und mit den Volen und Russen in dauernde Verbindung traten, auf die Wiederherstellung der alten Kleidertracht dieser Nationen einen großen und tiefgehenden Einfluß geübt haben ? Von solchen Gesichtspunkten müssen wir in der Frage der so­­genannten Nationalflei­ung­ ausgehen, wenn wir das Wahre von der Vermuthung, die Hypothesen von den Thatsachen scheiden wollen. Wenn irgendwo, so gibt es auf dem Gebiete der Kleidung seinen Stillstand, seine Jahrhunderte hindurch herrschende Musterform. Deshalb ist es hier schwer, die Öau­pidee der bei den verschiedenen Nationen gebräuchlichen Kleidung zu erforschen und zu bestimmen. Und die Schwierigkeit wählt, wenn wir mit unseren eigenen heutigen Gedanken und heutigen Augen in der weit zurückliegenden Vorzeit das finchen, was ung exit die lebten drei bis vier Jahrzehnte auf­ oftroyirt haben, oder wenn wir den vergangenen Jahrhunderten etwas aufbürden wollen, was diese nimmer mehr als ihr Eigen angenommen haben würden. Und so werden wir uns ebenfalls nicht gegen die Vergangenheit verkündigen, wenn wir in gewissen Zeitperioden, wo nämlich unter ausländischem Einflusse unsere eigene Trasht in den Hintergrund ge­­drängt wurde, unsere Landsleute im fremden Kostüm malen, da sie ss in jener Zeit wirklich so getragen, so gelleidet haben. Und wenn wir aus falschem Patriotismus die Vergangenheit fälschen und die Ungarn des 14. und 15. Jahrhunderts, anstatt in der damals herr­­schenden fräntischen Tracht, in einem heutigen fingirten Nationalkostüm auftreten lassen, so begehen wir denselben Fehler, wie wenn wir die Hußaren aus der Zeit des Mathias Corvinus in der allerneuesten Montur Harapat'icher Mache darstellen würden. Der Verwendung des Nationalkostüms (in der Kunst) müssen also ernste, gründliche und auf jede bürgerliche Stellung fi erstrebend historische und Kunststudien vorangehen und erst wenn wir den Geis jeder einzelnen größeren geschichtlichen Periode vollständig durchftucht haben, können wir an die Feststellung des magyarischen Na­tionalstoft­m3 gehen, möge dann das Ergebniß derselben mi unserem Geschmack, unseren V Vorurtheilen in Einklang sein oder all weit davon abstehen. Von dieser Kopee war ich erfüllt, als ich nach Durchblätternn des Codex pictus die Eisenburg-Szalaer Mandgemälde entwedte, geg welche nicht einmal der Einwand gemacht werden kann, hak sie die theild widersinnigen Behauptungen an: jenen, welche die betreffenden Niademieberichte einiger hiesigen Blätter ihm mißverständli in den Mund gelegt haben. *) Der geehrte Verfasser "erfuhr uns, den freundlichen Kefer getheib­en die Bitte authentischen Auszug zahlreichen, theils unrichtigen, in seinem Namen gleichzeitig als Berichtigung an zu richten, dieser möge den oben mit­ jener

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