Pester Lloyd, Februar 1875 (Jahrgang 22, nr. 26-48)

1875-02-14 / nr. 36

— — x­­. PudapestJageberz­­erber den augenblicklichen Stand der Krise sind insere Leser bereits unterrichtet.Der Montarch nimmt die Demission des Kabinets «nicht an,ehe die Vereinigung der Par­­teien thats­ächlich vo­lzogen ist.Der fieberhaften Ungedule unserer politischen Kreise dürfte Diese erste Phase der Abwidm­ung kaum entsprechen, gleichwohl st sie durchaus normal und in den Verhältnissen begrün­­det. Wenn die Nothmendigkeit eines Kabinetsmechsels thatsächlich aus der geänderten Parteikonstellation hervor­­gegangen, wenn ferner diese geänderten Parteiverhältnisse in dem neuen Kabinet ihren Ausdruck finden sollen, so ist es ein ganz logischer Vorgang, daß vor allen Dirigen Die fonfreie Sormulirung des Bindnisses versucht und die fachliche Grundlage geschaffen werden soll, auf welcher das Ministerium ins Leben zu treten hat. Die Aktion geht danach sofort der Frage an die Wurzel und der Abmich­tungsprozeß beginnt also mit der Herstellung einer nor­ma­­len parlamentarischer Lage, welche ja die Vorbedingung­­ einer normalen Regierungsthätigkeit ist. Freilich, wenn man die Formel von der Vereinigung oder der Fusion der Parteien , welche als Vorbedingung­­ einer neuen Kabinetsbildung gelten soll, im buchstäblichen­­ Sinne auffaßt, so künnte man sich leicht vor einen circulus vitiosus gestellt sehen, aus welchen ein Ausgang nur müh­­sam zu finden ist. Auf der einen Seite fünzte man gar leicht gen­eigt sein, die Bildung eines neuen Kabinets als den ersten unerläßlichen Akt zur Herstellung einer neuen Majorität anzusehen und wenn nun von der anderen Seite die gerade umgekehrte Prozedur als maßgebend an­genommen wird, so stünden wir einem Widerspruch gegen­­über, für welchen nur ferner eine Lösung gegeben wäre. Allein es scheint uns, da man den Schlüssel des Problems in einer pafönlichen Frage, in der Haltung Koloman Zipas zu suchen Habe Ihrer Umbhüllung entfleidet, wird sich uns die Bedingung hinsichtlich des Vollzugs der­­ Barteifusion in dem Verlangen darstellen, daß zunächst die prinzipiellen und persönlichen Garantien für den Eintritt Zipa’s in das neu zu bildende Kabinet gewonnen werden. Denn die Parteivereinigung formell und wesentlich ton­zenteirt sich allerdings in­ der Antschliefung. Z­ipa’g, aktuellen Antheil an der Negierungsthätigkeit zu nehmen Glei­ wie seine Enunziation den Anstok zur Auflösung der alten Barteiformen gegeben, so hängt es von seiner weiteren Entschließung ab, die positive Gestaltung herbei­­zuführen. Man muß sich daher nach dem heutigen Stande der Dinge die Kabinets- und die Fusionsfrage, die persön­­liche und die Parteifrage nicht gesondert, sondern als uns mittelbar zusammenhängend denken; die Lösung der beiden erfolgt gleichzeitig, sobald eine Verständigung mit fifa erzielt it. Thatlährlich liegt also zur Stunde der „Schlüssel der Situation” in den Händen Tipa’3 und das ist in der Natur der Verhältnisse begründet. Welch wichtige Bedeutung aus den sonstigen Individualitäten unseres Parlaments, die bei einer Neubildung des Kabinets in Betracht kommen­­ dürften, innewohnt, so handelt es sich ja, zunächst für die Krone, niigt darum, neue Näthe zu gewinnen oder einen einfachen Personen­wechsel plabgreifen zu lassen, zu­­mal das od) bestehende M­inisterium das Vertrauen des­­ Monargen nicht verscherzt hat, sondern es gilt, den ge­änderten Barteiverhältnissen gebührend Rechnung zu tragen . Diese aber werden, insoweit von dem Anschlusse des Tiefen Zentrums an die Negierungspartei die Nede, aller­­dings von Tipa dominirt. Alles hängt­­ jonag für die Klärung der Lage davon ab, daß — wir gebrauchen hier eine leere Nedensart — Herr dr. Zipa auf­ der Höhe der­­ Situation stehe. ",­ » --.Wir­ sind natürlich in die Intentionen Koloman Tip­ a’s1«nicht eingeweiht und können­ daher nicht wissen, wie er sich­ der entscheidenden Frage gegenüber verhalten wird.Aber Eines scheint uns unzweifelhaft zu sein, daß nämlich Tipa das hohe Ziel,welches angestrebt wer­­den muß,durch keinerlei kleinliche Regungen oder unter­­­geordnete Motive verrückelt wird lassen.Dessen versehen ««­wir uns in gleicher Weise von·seiner staatsmättnischen­­"J..Eia1sicht und seinem patriotischen Pflichtgefühle,wie von den zwingenden Konsequenzen der durch ihn geschaffen­en «Lage;Vesiim Inte Aktione11,welche einem Aufschritt zu stei­­­len Höhengleichkommen­ gestchten keinen Stillstand und ,keinen Rückgang,sie müssen bis irr ihre letzten Konsequen­­zen ausgeführt werden, und der danfenswerthe Schritt, den­­ Zipa gethan, ist eben solcher Natur, daß er ein­­ weiteres­­ Fortschreiten zur unbedingten Nothwendigkeit macht. An eine Umkehr auf die frühere Position kann wohl Nie­­mand aus den Neiden der Linien denken, die ja mit pa­­­­trriotischem­ Opfermuth ihre Schiffe Hinter sich verbrannt hat, aber auch ein Stillstand ist nur möglich, weil man ernstlic­h nicht auf Forderungen ausgeht, um unterwegs auf­­­­ ahlen Seiten bleibende Wohnstätten zu bauen, und weil seltene angesichts der Identität der Prinzipien der zwei großen Parteien eine parlamentarische Sonderstellung der Linken ganz unmotivirt und prak­isch unhaltbar wäre. Schlechterdings können wir daher nicht glauben, was in­­ einigen Kreisen der Linken behauptet wird, daß nämlic­­hipaf eine Theilnahme an der Negierung von der Zuthei­­lung, der in erster Linie dominirenden Rolle abhängig­­ machen werde. Ein Staatsmann von der Bedeutung fiha s­­tudiert nicht mit seinem Pfunde, er verwendet­ es­ im Dienste des Diaterlandes überall, wo es dem ge­meinsamen Wohle Früchte bringt, und wer fünste daran zweifeln, daß ein Talent und eine Inndividualität von dem Gehalte Tipa’s in jeder Stellung voll und ganz zur Entfaltung kommen künne und werde. Männer von der Bedeutung Koloman gigas prägen jedem Kabinet ihren Charakter auf, mögen sie die formelle Leitung haben oder nicht. An solchen untergeordneten Nachsichten wird sonach die­­ Verhandlung mit fika gewiß nicht scheitern; prin­­zipielle Differenzen von Gewicht scheinen aber wenigstens nicht in dem Maße zu herrschen, daß eine Ausgleichung nicht möglich wäre. Bereits haben wir Hinsichtlich der finanziellen­­ Meinungsverschiedenheit­­ der Ansicht Raum gegeben, daß in diesem Bunfte eine Vermittlung wohl gelingen werde und wir theilen durchaus nicht den Skep­­tizismus des Ministerpräsidenten, welcher aus der zweiten Rede Tipa’s noch einen verschärften Widerstand gegen die Finanzpolitik der Negierung herausgelesen haben soll. Und was die inneren Reformfragen betrifft, so hat heute „Küz­­­erdet" mit Necht hervorgehoben, daß in diesen Fragen eigentliche Differenzen zwischen der Linien und der Deal- Partei nicht bestehen und wir unsererseits möchten noch Hinzufügen, daß in dem Gesichtstreife eines Staatsmannes, der zu aktueller Negierungsthätigkeit berufen wird, Die Theorien ein ganz anderes Aussehen erhalten, als im der Rerspektive eines oppositionellen Parteiführers. Uns­­ befeelt daher die Hoffnung, Tipa werde Das Werk, welches er so verheigungsvoll eingeleitet, auch zu frönen den Wil­­len haben. ZTrügt aber diese Hoffnung nicht, dann wird es an unserer Bartei sein, Koloman Zita ganz und voll als den­­ Shrigen aufzunehmen. Dann müssen alle Neminiszenzen an vergangene Reiten schwinden, dann hat nicht das Leiseste­­ig trauen mehr Berechtigung. Das betonen wir mit Bedacht, denn — wir wollen es nicht verschweigen — allerdings — woaltet in einigen reifen unserer Partei ein gemisses Bedenken Hinfigu­r­ des Gebrauchs, welchen Tipa bei den nächsten Wahlen von seiner Negierungs­­macht machen könnte. Wir erwähnen D­ieser Strupel, weil sie nit nachdrücklich­ genug bekämpft werden können. Ein­­mal dürfen wir den Stauben an Die politische Moral un­­serer hervorragenden Männer nicht erschüttern Laffen und Können Jonak den Berdacht nicht billigen, daß “Jemand hinterlistig Tendenzen werde zur Geltung bringen mossen, von denen er sie offen Losgesagt hat. Dann aber liegt ein verzweifelter Logischer Fehler in solcher Vorauslegung. Entweder man hat das­­ Vertrauen­ in die mannhafte Er­ Härung Tipa’s und glaubt an den Kraft seiner Vereiche­­rung, dann ist es nur natürlich, daß man dem eventuellen Negierungsmanne Tia die Attribute der Negierungsmacht unversimmert läßt, denn wenn er dann in seinem Sinn handelt, handelt er ja auch in dem unserigen; oder aber man hat dieses Vertrauen nicht, dann müßte ja eine Verbindung mit ihm von vornherein ausgeschlossen sein und man dürfte ihn überhaupt­ in seiner Eigenschaft zur Regierung kommen, die Einigung der Parteien über­­haupt nicht sich vollziehen hassen. Wir wiederholen also, der Schlüssel der Situation liegt nunmehr in den Händen Tipa’s und wir wollen hoffen, laß er von dieser verantwortlichen Stellung eben so weiten Gebrauch machen, als die Dedi-Partei ihm willig entgegenkommen wird. Es ist ein schwerer, kritischer Augenblick der Entscheidung und wem wir erst Die Bedeu­­tung desselben demonstriren müßten, an dem more­ale Beweisführung verloren. Parteien und Personen sind jet vor eine ungeheuere Verantwortung gestellt, welcher sie gerecht werden müssen. Nur auf ein Moment möchten wir schließlich noch die Aufmerksamkeit lerfen. Der politi­­schen Welt außerhalb der Marien­ unseres Landes geht das rechte Verständniß für die Vorgänge und Motive des ganzen Prozesses ab; sie sieht nur die Auflösung alles Bestehenden, sie sieht die Verschiebung aller par­­lamentarischen Gefege, sie sieht einen regellosen Lauf der Ereignisse, aber sie fennt das Zusammenwirken der Kräfte nit und nicht den lautern Gedanken, welcher der eigent­­liche Motor des Prozesses ist. Gelingt es uns nit, fur eine positive Gestaltung den Beweis zu schaffen, daß die Anstrengungen einem­­ großen politischen Zweck gegolten, dann haben mit der Reputation unseres Par­­lamentarismus in den Augen der Welt den Gnadenfto gegeben, und viel mehr als Diesen Faktor hat unser junges, von Zweifel- und Scheelsucht umgebenes Staats­­wesen ohnehin nicht einzufeßen. | ee, Budapest­ 13·Feber. Ly.Während bei uns daheim die Dissolution der bestehenden Parteiverhältnisse und Regierungsfaktoren in heftiger Krise vor aller Welt Augen ihren Verlauf nimm­t und das Ringen der neuen Gestaltung in offer­ner Fehde mit offenem Visir ausgefochten wird.——scheint in Oesterreich ein verdeckter Minenkrieg zwischen Parlament und Regierung ge­­führt zu werde­n.«Es ist weder ein prinzipieller,innerer Gegensatz zwischen Kabinet und Partei,der nun zum Aus­­bruch gelangt—sind doch Weide aus demselben Fleisch und Blut-noch sind derzeit große aktuelle Fragen an der Tagesordnung, deren Behandlung und divergirende Auffassung nochgedrungen die Harmonie der befreundeten, homogenen Potenzen stören müßte. Die Tragen und Agenden, melche, den Neichsrath seit seinem legten Zusammentritte beschäftigen, sind vorwie­­gend administrativer Natur und politisch von­­ untergeord­­neter Bedeutung — dennoch, und das ist das Charakte­­ristische — erleidet die Regierung eine Schlappe um die andere.­­. «« Die Wiener Presse säumte nicht,«bei den ersten Symptomen­­ einer politischen Krise in Ungarn um jeden Preis auch einen Umschwung in der cisleithanischen Mer gierungskonfiguration zu prüfeln. Es ist dies eine alte Lieblingsbeschäftigung, die hervorstechende Tendenz dieser Preise, jede Renderung in den inneren Verhältnissen­­ Un­­garns mit einer entsprechenden Wechselwirkung auf die innere Lage Cisleithaniens in Verbindung zu bringen, und umgekehrt für jede sich drüben neu geltend machende Strö­­mung, oft als nur für ein in größerem Maßstab angeleg­­tes Manöver, in den Verhältnissen Ungarns die Moti­­virung oder den­­ Dechmantel ruhen zu wollen. Wir wollen uns über die Gründe Dieses Vorgehens hier nicht‘ verbreiten — genug, daß auch diesmal jene Tendenz vorherrschte. Wir haben die Vorgänge, welche in Wien nunmehr eine latente, vielleicht aber schon in Bälde zu offenem Ausbruche gelangende Krise heraufbeschworen, mit Aufmerksamkeit verfolgt — doch die Anzeichen eines Einwirfens der ungarischen Krise konnten wir — troß Allem, was darüber gesprochen und geleitartikelt wird — nicht entdeden. Wir Halten es nit für ummwichtig, dieses einfache negative Faltım ein- für allemal zu fon­statiren. A Der Widerstreit, der­ in Oesterreich immer drohender heraufzieht, trägt einen entschieden persüm­lichen Charakter. Alle jene Faktoren,­­welche von 1867 an bis nach dem Baustandekommen des Kabinets Auersperg-Laffer bei politischen und gouvernementalen Veränderungen mit thätig waren , stehen der diesmaligen Aktion vollständig­ fern. Die Verfechter der staatsreptlichen Oppositions- Seen, dann­ die Schattirungen, melche sich im Lager der Berfaffungspartei selbst bezüglich der Lösung der staats­­rechtlichen und Nationalitäts- Fragen von­einander trennten, diese waren es, welche die früheren Krisen bestimmten. Heute ist die Berfaffungsfrage durch die Parlamentsreform mindestens für eine gewisse Zeit hinaus gelöst und vor­­läufig von der politischen Tagesordnung abgelegt. Neue prinzipielle Motive, welche den Kern einer neuen Partei­­bildung im Schoße der Verfassungstreuen selbst abgeben könnten, haben si bis­her nicht entfaltet. Und so mangelt es auch der nun in Fluß gerathenen Bewegung an jeg­­lichem inneren, prinzipiellen Motive. Die kurze Metapi­­tulirung der Geschehnisse seit dem­­ Zusammentritt des Neidsraths (20. vorigen Monats) wird Dies wie den Stand der Dinge selbst am fahlb­asten darthin. Die erste wichtige Abstimmung fand bezüglich des Ausschukantrages über die Aufhebung des Legalisirungs­­zwanges statt. Die Regierung erklärte sich für den Majo­­ritäts-Antrag, welcher eine zweikentsprechende Abänderung der diesbezüglich bestehenden Geseke und des Beifahrens anstrebte. Doch das Haus erhob den Minoritäts-Antrag zum Beschluß, wonach die Regierung direkt aufgefordert wird, eine Vorlage behufs Aufhebung des Legelifirungs­­zwanges einzubringen. Diese Schlappe wäre wohl leicht zu verschmerzen gewesen, so war sie als Vorgeschmack des Kommenden nicht ohne Bedeutung. Einige Wochen verliefen ziemlich stil; da kam jene Sibung des Eisenbahn- Ausschusses, in welcher der Handelsminister Dr. Banhans den Ausschuß aufforderte, sich in die Erörterung der al­gemeinen Gesichtspunkte der Vorlage betreffs der Vorarl­­berger Bahn einzulassen. Der Ausschuß lehnte dies auf Antrag des Dr. Herbst ab und­ forderte vor Allem einen speziellen Ausweis und einen Motivenbericht. « Eklatanter noch war die Niederlage,welcheq Be­­ginn dieser Woche speziell Justizminister Glaser,doch in seiner hervorragenden Person mittelbar auch das ge­­sammte Kabinet litt.Es handelte sich um das Exekutions- Verfahren(bei zwangweiser Veräußerung beweglicher und unbeweglicher Güter),welches der Minister aus seinem allgemeinen Prozeßordnungs-Entwurf ausschied,umso partienweise sein Werk schneller und sicherer zur Geltung zu bringen.Die Vorlage wurde mit einer Majorität von zehn Stimmen an­ den Ausschußbehufs besserer Um­­arbeitung zurückgewiesen,was nahezu einer vollständigen Ablehnung gleichkommt.Der Minister erklärte zwar schon in vorhinein,aus der Sache keine Vertrauens-oder Kabinetsfrage machen zu wollen,doch war das ab­­lehnende Votum angesichts,der scharfen Motivirung von Seite der­ Abgeordneten wie der verfassungstreuen Presse offenbar ein Schlag für die Regierung,­der nur durch ein eklatantes Vertrauensvotum nächstens wettgemacht werden konnte. In­ diesem Bale, wie Desitalich des Legalisirungs­­zwanges waren es­ die sogenannten Fortschritts-Elemente der eigenen Partei, welche, mit der Opposition verbunden, den Ausschlag gaben. 2 Statt des eklatanten Vertrauensvotums aber folgte jener Beschluß des Budget-Ausschusses, den­ wir unseren Lesern bereits gestern mitgetheilt haben. Da dieser­ Bes­chluß vom finanziellen Puritaner der V­erfassungspartei, Dr. Brestl, provozirt,­ doch die Erklärungen Gisfra’s und Sueß’, also der hervorragendsten Kämpen der eigenen Partei, verschärft wurde, erscheint es nns ganz selbstver­­ständlich, wenn der Ministerpräsident Fürst Auersperg im Zusammenhang der Dinge die Stellung der Vertrauens­­frage als aktuelle Nothwendigkeit betonte — geschah Dies auch nur im Privatgespräch.­­ Aus alldem it wohl Far ersichtlich, daß es sich hier um einen Häuslichen Bmwift hantelt, welcher zwi­­s­chen der herrschenden Partei und ihrer eigenen Negierung in DOesterreich obwaltet. Wir stehen den österreichischen Dingen denn doch nicht so nahe, um gegenwärtig schon über die wahren Gründe und eventuellen Folgen jenes Ziwiespaltes vollständig und Terrett orientirt zu sein. Durch Muthmalungen und Gerüchte wollen wir aber nach­ seiner Richtung hin Reflame machen oder eine Pression üben ; und nicht nach dem niederösterreichischen Landesgerichte und der dort tagenden Jury ein. Doch das Eine ist vorderhand unverkennbar, die Fühlung zwischen Parlament und Regierung beginnt zu finden, was auf die Thätigkeit des Parlaments selbst einen nichts weniger denn unwohlthätigen Einfluß übt. Als spre­­chendes Zeugniß hiefür gilt wohl auch jene gestrige Sigung des Chegejeg-Ausschusses, in welcher man über alle prinzipiellen Punkte (die Ehe als bürgerlicher Akt ohne Beeinflussung der Verschiedenheit des Glaubensbekenntnisses) einig wurde, jedoch an der praktischen Vormehirung scheiterte, so daß diese Hoch­wichtige Trage, nun wie Mohamed­s Sarg zwi­­schen Himmel und Erde schwebt! — jedenfalls ein parla­­mentarifger Tehleriff, welchem die prinzipielle, definitive Ablehnung entschieden vorzuziehen wäre. Es fehlt also die energische Leitung. Ein Uebelstand, über dessen Gefahren nach allen Seiten hin die Herrrjchen­­den, entscheidenden Faktoren viel zu sehr ist. Reinen sind, als daß sie nicht ernstlich bestrebt sein sollten, dem BZu­­stand des Schwanfens und der Unentschiedenheit rasch ein Ende zu bereiten und dem Kabinet auf Grund einer klaren Stellung die nöthige Schwungkraft und Leitfähigkeit wieder­­zugeben.­­ : « . Budapest,13.Feber­­ Die Regierungskrisis,welche sich jüngst in Ser­­bien vollzogen, darf nunmehr als vorläufig wenigstens ab­­geschlossen betrachtet werden. Durch den Rücktritt der Mi­­nister Pirushanah und Kuljevics, welche der vorgeschritte­­nen nationalen Michtung angehörten, ist die innere Einheit des Kabinett wieder hergestellt worden und gleichzeitig Die Ergänzung des Techteren im Sinne der gemäßigten Midh­tung Marinovics erfolgt. Marinovics’ selbst Hat fig zur Wiederannahme des Ministerpräsidiums nicht bewegen lassen, wahrscheinlich weil diese Eventualität dem M­iniste­­rium eine zu prononen­te Stellung der Stupihtina gegen­­über gegeben hätte. Allein es ist gewiß, daß er an der Neubildung des Kabinets selbst thätigen Antheil genommen und­ ihm gewilstermaßen von­ Charakter aufgeprägt hat. Nach einem kurzen Ausblick auf die Renle der Omladina wird die Negierung des Fürsten Milan nun wiederum in die Bahnen einer bescheidenen, aber auch­­ realeren Politik einlenfen. Ob mit dieser Lösung der Krisis der Sfupjätina ein Genüge geschehen, muß allerdings zunächst dahingestellt bleiben. Die politische Auffassung der Sfupjätina zu be­­urtheilen, scheint nicht einmal in Belgrad selbst eine sehr leichte Aufgabe zu sein. Am 2. Teber errang sich das Mi­­nisterium Bumics ein formelle und fast einstimmiges Ver­­­trauensvotum, am 3. war es bereits zum Nachtritte gend­­m­igt. Der für flavische Parlamentarismus hat seine eigenen Normen und sehen die einfache Thatsadhe­ift bezeichnend, daß man der serbischen Volksvertretung heute dieselbe Ne­­gierung bieten darf, die sie vor wenigen Wochen zurückge­­wiesen. Au­ ist unzweifelhaft, daß das omladinistische Ele­­ment in der Stupidtina stark, vielleicht überwiegend ver­­treten, das neue Kabinet also einer fünfsequenten Mehrheit durchaus nicht sicher ist. Und­ nach den bisherigen Erfah­­rungen ist die serbische Nationalversammlung nur ängst­­lich in der Wahl der äußersten parlamentarischen Mittel. Es ist keineswegs unmöglich, daß das neue Ministerium Schon in den nächsten Tagen durch die eine oder andere Kabinetsfrage ganz ebenso hinweggefegt wird, wie Die vor­­hergehenden und daß wiederum die volständige Rathlosig­­keit eintritt, die eben durch ein Kompromiß nothd­ürftig be­­seitigt worden ist. Sehr beruhigend ist also der gegenwärtige Zustand der Dinge nicht. Andererseits wird man nicht in Abrede stellen können, daß die jüngste Kombination doc noch re­­lativ die günstigste Lösung der Schwierigkeiten dargeboten hat und auch auf­­ gewisse Sympathien und die moralische Unterftügung des Auslandes rechnen darf. Die politischen Tendenzen der Staatsmänner vom Schlage eines Biz rufhanag fünnen unmöglich der serbischen Eitelkeit mehr schmeicheln, als ihre absolute Unrealisirbarkeit das berech­­tigte serbische Nationalgefühl bei jedem neuen und mit­lungenen Experimente auch neu verlegen muß. Nicht nur­ die politische Klugheit und­ die richtige Erkenntniß der eigenen Leistungsfähigkeit gebietet Serbien, die Ziele nie­derer zu stehen, auch die nationale Selbsitachtung stellt ihm die gleiche Aufgabe. Nichts ist demüthigender für ein Bolt, als seine politischen L­eidenschaften fortwährend für das Unerreichbare, für das seinen Kräften ein­ für allemal Bert fagte entflammt zu sehen. Die tiefe Unzufriedenheit der serbischen Bevölkerung, das Sch­wanfen von Negierung zu Negierung, die geringe Aussicht auf eine Stabilisirung der Verhältnisse sind vornehmlich auf dies System einer falschen und vergriffenen politischen Erziehung des Vortes zurück­­zuführen, das unter der Regentschaft begonnen und either mit allen Mitteln der füűujdjung und Korruption von den Simeichlern der Nation fortgejeht wurde. Wenn dieser Richtung nun vorläufig wieder ein Ende gemacht wurde, so gebührt allerdings das Verdienst davon "weit eher den äußeren Verhältnissen als einer eigentlichen politischen Umkehr zur Selbstbeigeb­ung und zum Verzicht auf die Fahnen Pläne der Omladinisten. Der Eintritt Pirushanag’ in das Ministerium des Reufern fällt zusam­­men mit dem ersten Grollen des Gewitters, das von den Schwarzen Bergen aus den Horizont der Orientfragen zu umbdüstern begonnen hatte. Alle die zahlreichen Elemente des Haffes und Widerstandes, welche die Pforte gegen sic heraufbeschworen , schienen sich zu regen und nach einem Sammelpunkte zu suchen. Die Bevölkerung Serbiens hätte nicht sie selbst sein, sie hätte ihre Traditionen wie ihre Hoffnungen, ihre Vergangenheit wie die Aspirationen ihrer nationalen Zukunft verleugnen müssen, wenn sie sich nicht angefehi­t hätte, der Bewegung diesen Mittelpunkt darzu­­bieten und ihr­ die politische und militärische Kraft des Landes zur Verfügung zu stellen. E83 bedarf seiner Ver­­schwörung, wo die Gemeinsam­keit der Bestrebungen eine so unverkennbare ist. In Serbien war­ man sie bewußt, daß die gemäßigte und zuridhaltende P­olitik Diarinovics’ den Verhältnissen, wie man sie hoffte, nicht gewachsen war. Bon Standpunkte dieser Hoffnungen war also seine Erregung dnd­ Birujdjanag eine völlig forrette. Der Irrthum lag nur in den Hoffnungen, in den weitaussehenden, blauen, mit welchen ji die Nation erfüllte. — an der That scheint es, als ob ı , »eine"richtig«e·Auf«-·«-I. fassung der Politik der drei«Kaisermächte sich­ in Serbien noch immer nicht Bahn zu brechen vermöchte. Das oft wiederholte Schlagwort, daß die Berliner und Petersbur­­ger Verhandlungen sich lediglich die Erhaltung des status quo im Oriente zum Hielpunkte gesteht haben, scheint eben doch, Die Wiederholung Klang und Gewicht von ehedem eingebüßt zu haben. Erst den Thatsachen ist es vorbehal­­ten, die Bedeutung jener Abmachung und ihre Tragweite für Die Fragen des Orients wieder in Erinnerung zu brin­­gen. V In dieser Beziehung bezeichnete allerdings der Ver­­lauf der Podgori­za-Affaire eine Reihe von Erscheinungen, deren Lehre auch in Belgrad nicht unbeachtet bleiben konnte. Man mußte sich eingestehen, daß, wenn auch die Vermitt­­­­­­lung von Seite der drei Mächte in Konstantinopel wie in Cetinje mit gleichem Nachdruch geführt wurde, hier wie dort nur das Interesse der Erhaltung der Ruhe maß­gebend war. Hätte die gemeinsame P­olitik Deutschlands, Rußlands und Oesterreich-Ungarns einen anderen Zried verfolgt, als den, jeder gewaltsam­en Störung des Friedens zu wehren, er hätte bei dieser Gelegenheit nothwendig Diz­iek­ oder indirekt hervortreten müssen. Daß diese Kofitis aber seinen Raum offen läßt für die Unabhängigkeitsbestre­­bungen der Basallenstaaten und für die Verwirklichung der Machtansprüche, welche von Belgrad wie von Bukarest aus der Pforte gegenüber erhoben werden, ließ sich troß der kräftigen Unterftügung der berechtigten Forderungen Monte­negros sicherlich nicht verremnen. Es it zu wünschen, daß der Cindrud hievon fi insbesondere in Serbien als ein möglichst nachhaltiger er­­meisen möge. ES wird nur im D­ortheile des Landes sein, wenn es auf die Beschäftigung mit den Tragen der hohen Politik verzichtet und sich mit um­so größerem Eifer den Aufgaben seiner inneren Politik, insbesondere der Pflege seiner materiellen Steressen widmet. Die Bevölkerung Serbiens sieht sich da ein weites Gebiet Fruchtbringender Thätigkeit und eines wahrhaften nationalen Aufschwunges erschlossen. Der­­ Sympathien des Auslandes darf sie bei dieser friedlichen Arbeit weit gewisser sein, als bei dem unruh­igen Abmühen mit großen politischen Problemen und jener politis der Auflehnung und Selbstüberhebung, die ihr als unerqundliches Erbe der Negentigart- Riftics zu­rückgeblieben ist. Insbesondere die Skupfhtina­ sollte dar­­auf verzichten, lediglich­ als Organ der unerfüllbaren natio­­nalen Wünsche und eines politischen Ehrgeizes zu fungiren, der unter den gegenwärtigen Verhältnissen jedes praktischen Werthes entbehrt. Um gut regiert zu werden, muß man das Negieren auch möglich machen. Das Gros der serdi­­­chen Bevölkerung will die Stabilisirung der BVerhältnisse und die­­ Befestigung der gegenwärtigen Dynastie. Ein Theil der sich an die Oberfläche drängenden politischen Batteien mag andere Interessen haben, aber gerade diese in ihre Schranken zurückzumeisen, ist die wesentlichste Aufgabe der Bolfsvertretung. " Wie man dem , B. Nt." aus Wien telegraphirt, wurde Finanzminister Koloman Ghyczy von Sr. Majestät nach Wien berufen.­­ (111 hiesigen ministeriellen Kreisen ist von dieser Be­­rufung Ghyczy’s nichts bekannt und wird dieselbe bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge überhaupt als unwahr­­scheinlich bezeichnet. D. Red.)­­­­Infolge der Ernennung des Honter Vizegespans Stefan­­ Majkäth zum Obergespan des Barser Komitats fand­ wie manchem,,P.N««schreibt—siestellt die Neuwah­l eines Vizes­gespans des Honter Komitats statt,bei welcher Gelegenheit Georg Podhorsky gegen den Komitats-Obernotar Ludwig Pongracz zum Vizegespan gewählt wurde.Weide sind Deákisten. Zur Fageggeschi­chte. In der französischen Nationalversammlung wurde bei Behandlung des Senatsgesetzes ein wichtige­s Amendemen­t d­er Linken angenommen,welches­ Unrepublikanischen Geist dieser Ins­­titution verbürgt.Dieser Steg des­ Linken scheint aber auf Kosten der Eintracht der republikanischen Pariteien errungen worden zu sein.Zwischen demm­ rechten Zentrum und der Linken bestand näm­­lich eine Differenz über diesen Punkt und da ließen die­ monarchi­­fen Elemente sich’3­­ angelegen sein, in der Abstim­mung über 108 betreffende Amendement den Erfolg der Linken herbeizuführen, un die beiden Fraktionen zu trennen. Thatsächlich soll nun das rechte Zentrum entschlossen sein, bei der dritten Lesung des Senatsgefeges gegen dasselbe zu stimmen ;. indessen hat die Linie bereits Unter­­handlungen wegen einer Verständigung eingeleitet. Aus Spanien langen wie immer nach einer Bataille wider­sprechende Nachrichten aus beiden Lagern über den Erfolg der Operationen ein. Die Carlisten behaupten, die königlichen­ Truppen geschlagen zu­ haben; aus Madrid, dagegen wird versichert, Daß die Sarlitten geschlagen wurden. Wie dem auch, sei, Thatsache ist, daß die Operationen der königlichen Truppen mieder­fiftirt wurden. Die Königin Isabella hat folgendes Telegramm empfang:n: ,,Logrono,9.Feber,·5 Uhr 50Mm.·Nachmittags.Der König wurde in Logrono mit«d»erse­lben Begeister umgempfangen, wie in anderen Städten des Königreichs.Die PoviJlkerung über­­häufte ihn mit ihren Zurufen.Der Herzog von Bitoria (Espartero) sprach dem König sein lebhaftes Bedauern darüber aus, daß seine Gesundheit ihm nicht gestatte zu Pferde zu steigen, um ihm als erster Soldat seiner Gsforte zu folgen.” · Ithalten ist es wieder das Garanteegesetz,welches die öffentliche Meinungnd die parlamenta­­ischen Kreise lebha­ft beschäftigt.Der»K.-tg.«wird darüber aus Rom geschrieben ,.Es ist augenblicklich das Garantiegesetz,welches von der liberalen Presse als ungenügend bem­ittelt oder vielmehr als unbrauchbar verworfen wird. Die italienische Regierung habe der katholischen Welt seinerzeit seinen aufrichtigeren Beweis geben können, daß deren Besorgnisse wegen eines beabstätigten Ruins der höchsten geistlichen Autorität unbegründet feiern, ala duch dieses Befeh. Der Papst aber mißbrauche in jeder seiner Neden die ihm gemach­­ten Zugeständnisse 10 fehr, hab jenes Gel­d ein Freibrief für jede Willkür des Wortes und des Gedankens geworden sei. Ein Beweis jüngsten Datums dafür seien des Barítes biffige Ansfälle gegen den König wie gegen Garibaldi. Das Gefech sei gegeben worden, als die Verhältnisse Dazu viethen; doc­hes wurden gegeben und nag Umständen mieder­­ aufgehoben, um­ vieser gall dürfte , auch hier eintreten. Im Batilan sollte man nicht vergessen, daß durch GaribaloVs M Wiederauftreten eine radikale Wandlung über die bisherige gegenseitige Stellung der liberalen grattionen tam, denn wir leben die Differenzen derselben mie den Schnee an der Frühlingssonne hinmegschmelzen, ein Prozeß, der eine starre Roi 2% von dieser Seite her mider den Batilan zum­ Austrag haben üb­te.” Is Im englischen Unterhause gab Die nochmalige E­inwe­­gung der Adresse auf Die Thronrede zu einer längeren Dig­­tuffion Anlaß, welche vie­m wichtigsten in der Thronrede enthaltenen Momente umfaßte, wie die Reform der Reisspflege, die unwirksame Lage der Marine, das Einreißen der Desertion in der Armee und die Zunahme von Eisenbahn-Unfällen, die Universitätsreform­ . Oberst Beresford verbreitete sich über die Nothmendigkeit, daß England, ji auf eine allgemeine Störung des europäischen Frie­­­­ens, die, wie er proph­zeite, früher oder später stattfinden würde, vorbereite. Mr. D Connor Homer (Mayo) endlich erklärte, jeder weitern Unterdrücungs-Geietgebung für Irland energisce Oppor­­ttion bereiten zu wollen. Zur G­rwiderung erhob Disraeli, in welche e, zuperde­st namens der Regierung in A­bredhe stellte, daß die Lage der Marine unbefriedigend sei, oder daß die Zahl der Deserteure , von der Armee sich der der Rekruten für dieselbe gleichstelle. „Was die Bemerkungen meines ehrenwerthen Freundes, d­a Mitgliedes Für Southwark (Oberst Beresford) anbelangte — schloß der Premier­­minister — „so bin ich gezwungen, zu sagen, daß ich ihm auf dem wichtigen Thema, das er behandelte, nicht folgen kanır, denn ich fürchte, waß meine Bemerkungen zu Mitvesständnissen führen und vielleicht einen Fünfen liefern dürften, melcher­ dr Ursprung des Brandes, den er fürchtet, sein würde. (Gelächter.) Was die Stelle in der Nede der Königin bezüglich unserer Begrg­­bungen ‘mit unseren Alliixten betrifft, fordenfe ich, daß Fe­in ‚gerechtfertigter, gemäßigter und wahrer Sprache ausgedrückt ist. Die Umstände des Tales rechtfertigen die Ausdrücke, die mir gebraucht haben und nicht wünschend, zu weit vormärts zu sehen, indem mir nicht einer Versammlung, die mir einige jener plöglich einberufenen und dann vieleicht ihre Hechte Sabre hindurch nicht ausübenden Volfeversammlungen it, sondern dem großen Haibe der Nation zu begegnen haben, dem wir auf unsere eigene Verant­­wortlichkeit hin zu erstatten haben, was wir für einen genauen Ausweis über unsere Beziehungen mit fremden Nationen­ und Negieru­ngen halten, kann ich nur sagen, daß ich glaube, der Friede werde erhalten werden und daß si Ihrer Majestät Minister sicherlich anstrengen werden, so viel als möglich zu diesem Resultat beizutragen." (Hört! Hört) Die Adresse mwu.de hierauf endgültig genehmigt. . « ' — -

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