Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1876 (Jahrgang 23, nr. 225-250)

1876-10-10 / nr. 232

- Ar. 23. 0. Oktober. — Die Pause, die in der diplomatischen Aktion ein­­getreten zur sein scheint, wird in Konstantinopel wirksam ausgefüllt. Der Vorgang Englands, welches auf der Ge­­­währung eines einmonatlichen Waffenstillstandes in aller der eines solchen besteht , findet die volle Unterftügu­ng aller Mächte. Gleichzeitig wird auch auf die serbische Re­gierung eine Pression in diesem Sinne geübt. Nun in Belgrad werden sich die Mächte wohl nicht sonderlich an­zustrengen brauchen. Serbien kann von einem Waffenstill­­stande nur profitiren , es wäre denn, daß sich beseitigte, was uns heute von höchst verläßlicher Seite aus Belgrad geschrieben wird, daß nümir unter den serbischen Miliz das Heimweh epidemisch zu werden droht. Wohl waren Bi­gr schreibt unser Gewährsmann — die biederen Landleute auf einen dreimonatlichen Kriegsdienst gefaßt, daß man sie aber nicht zur Ernte, ja nicht einmal zur Bestellung der Winter­­saat heimkehren lassen will, das überstieg ihre Erwartun­­gen und brachte ihre Opferfähigkeit arg ins Gedränge. Es it bezeichnend für die Stimmung, daß ein Befehl Tscher­­najeff's den Angehörigen der Kombattanten den Zutritt ins Lager verbietet, weil sich die Beispiele­­ wiederholten, daß Krieger, denen die Klagen ihrer Weiber und Kinder das Herz weich machten, den Schießprügel von fi warfen und auf und davonliefen. Die brutale Haltung der russischen Offiziere erleichtert den guten Leuten ihren Dienst eben auch nicht und so dürfte eines Morgens die Desertion en masse, wie sie Die Baschi-Bozuls im türkischen Lager­ be­­treiben, an im Lager Zchernajeffs einveigen. . sz Der telegraphisch bereits friszirte" Petersburger Brief der „Pol. Korr." über die Erfolge des Grafen Sumarakoff, welcher es in dieser Korrespondenz allerdings seltsam genug aus­­nimmt, lautet wörtlich: „Die bisher so fieberhaft erregte Stimmung ist heute einer ziemlich beruhigten und zuversichtlichen gewichen, nachdem die Mission des Grafen Sumaratoff-Elfton nunmehr als erfolgreich betrachtet wird. An den russischen Negie­­rungskreisen wird die Befriedigung­­ über diesen Ausgang unver­­hohlen ausgesprochen, indem nunmehr Rußland, Hand in Hand mit Desterreich, in der Lage it, feinen Vorsschlägen bei der Pforte den rechten und energischen Nachdruch verleihen zu können. Das gemeinsame Handeln Rußlands und Oesterreichs láss beide Mächte als Mandatare des Willens Europas erscheinen und i­ es auch der zwischen den beiden Mächten eingetretenen Ver­­ständigung zuzusschreiben, daß das Einvernehmen der europäischen Mächte erhalten und die Türkei in ihrer Ablehnung der Friedens- Vorschläge foli­t bleibt. Die Aussicht, daß die Pforte in letter Stunde die englischen Friedens-Vorschläge dennoch in unveränderter Form annehme, ist eine sehr geringe und wird in hiesigen diploma­­tischen Kreisen auf diese Eventualität nur wenig gerechnet. [8 Reihen des Gruffes der gegenmarti­ns und der erschöpften LangmuthH Ruf­­and 8 kann die Thatsache dienen, daß der sammt Frau und Kin­­dern bereits unterwegs nach Konstantinopel befindliche General Ignatieff nach Livadia zurückbeordert wurde, um die für heute anberaumte Ankunft des General-Adjutanten Samaratoff und neue Insteuktionen abzuwarten. Dorthin it geftern Abends plößlich auch der Großfürst-Thronfolger abgereist, um an den folgen­­schweren Berathungen theilzunehmen, deren Inhalt leicht zu er­warhen ist. Die nach wochenlanger Pause wieder aufgetauchte Kon­­ferenz-Idee wird von den hiesigen maßgebenden Kreisen für den Augenblick als verfrüht bezeichnet: Wohl wäre Nußland vor wenigen Wochen einer europäischen Konferenz mit großer Genug­­tduung beigetreten, aber im gegenwärtigen Augenblice,ist man an Leitender Stelle der Ansicht, daß die Situation­ durch langwierige Verhandlungen noch verworrener würde, und daß man jegt auch überhaupt nicht Worte, sondern Thaten bedürfe. Zur Bera­­thung der gegenüber der Bforte ABB­ELEGET Maßnahmen hält man hier eine Konferenz für überflüssig, sie wird erst nö­­tig, en x a ee ftion mit er gefrön­ein wird, zur Bestätigung und weiteren Ordnun des bereits Geschehenen.“ h 1­3 = Aus Bufarest wird dem „P. N.” betreffs der Durch­­züge waffiicher Soldaten geschrieben, daß die Bujarester drei Eisen­­bahn-Gesellschaften bereits die nöthigen Verfügungen behufs Ein­­richtung planmäßiger Prilitärs Transporte getroffen haben ; der Korrespondent , des zitirten Blattes glaubt demnächst in der Lage zu sein, über die Fahrpläne selbst Mittheilung machen zu können. . Nuftschuh, 2. Oktober. Oxig-Korr­ Gestern Nac­­mittags gab es hier großes Gedränge und wildleidenschaftliche Sze­­nen. Große Volfsmengen, Türken und Bulgaren gemischt, eilten an das Donau-Ufer, da sich in der Stadt mit Birgesfchnelle die Nach­richt verbreitet hatte, daß das türkische Dampfboot „Sophia“ mit einem großen Transport Verwundeter, unter denen sich auch viele Ber­rümmelte befänden, angefonmen sei- Und es hatte dar­mit auch seine volle Richtigkeit. Es waren 90 und einige Vermun­dete, die da amen ; die meisten waren in dem bekannten Ueberfall verwundet worden, den die Serben am 25. v. M­. Früh auf die türkischen Positionen machten, und da die Lazarethe von Widdin und Adlieh ohnedies mit Kranken und Verwundeten überfüllt sind, wurden die transportfähigen Leute bieher gesendet, um von hier mit der Bahn nach der Festung Schumla überführt zu werden, wo fende findet. Schon von weiten konnte man an dem Verbande ige­rmeh erlennen, welche das Oudlút gaben, vétítkunelt u werden. «ch Feihtt * mit eigenen Augen an, denen die Nase, 5 das rechte Ohr, und 3 Bann, welchen das Lin abgeschnittegmword­enbar. Fi olt. 5) ‚habe te) die Wahrnehmung gemacht, daß die so Berjem­imiefte Mk sht gern den Bliden der Neugierigen exponir un­d tebet Sch veranlaßte den, Standbett beglei Gtund. zu erforschen, und so erfuhr man von Bé Bi fihh deshalb Shämen, sich zu zeigen, weil man barkehstannte, bak sie sich nicht tapfer genug werthe, a felh an den Serben haben fangen lassen. Der Auflich Ofer D­elte Selpaten vie unge der türkischen Bevölferung Die gyi bitterung. beyoor : selbst die ‚Disligen Vulgaten Wandten üg entwirtet ab. Die Bewegung und die Wuth Türen gegen DE Serben und Montenegriner und mo, möglich sehr gege­nchiber derselben, die Auffen, ist eine sicht­­bar steigende. Alles verlangt unbedingte, energische Fortführung des Krieges und Niederwerfung der Batallenstaaten. Kristeärezus unktiong"— aufrunds der Jüngsten Ereimsseden geräumt sein wird. Allgemein billigt eh diesen Beschluß, und Hart ine finanziellen Schwierigkeiten Gestern Famen spe vier und ein lyrisches Bataillon hier derüb­er di­w an, melde wohl an und mit einer ae ‘Zahl mollener Deden Berleb, shhon na en­ Stunden Rast nach dem Kriegs- Schauplag abyüden­­ mußten. Da d­ie im Felde stehenden Truppen idon jet viel, durch die des Nachts und am Morgen ge­fühle Temperatur zu Leiden­ haben, 6, werden denselben fortwährend voße, Quantitäten von marinen Deden aus den Magazinen von Iddin, N­uftihuk und Schmula zugesendet, wodurch der ohnedies Thon ‚riesig große Train sich noch ungebührlich vergrößert und so die­­ Schlagfertigkeit und freie Bewegung der Truppen vielfach err­schwert, wo nicht gar oft gefährdet. . Die Offiziere, der, gestern in’s Feld abgegangenen Verstär­­kungen hatten dermaßen viel Gepäck, daß man ss nach europäischen Begriffen von Feldausrüstung darüber rein entfegen müßte. Eine ganze endlose Wagenreihe mußte denn auch aufgeboten­ werden, um diese wenigen Bataillone in Marsct zu bringen. Wenigstens­ die Hälfte all dieser kleinen und großen Päde hätte man ganz gut zurücklaffen können; da waren Bölster, Fußteppiche, Tichibufs, Nargileh u. dgl. nügliche Dinge mehr, als gelte es, sich’s vor Ale­­zinaß recht häuslich einzurichten. und auch gewiß für Oesterreich-Ungarn »« Auf dem gestern stromaufwärts gefahrenen­ Passag«ierschiffe der«österr.Donau-«Dam­pfschifffahrts Gesellschaft befanden sich fryei russische Marines Offiziere in Uniform,welche s­ich augenscheinlich absichtlich etwas mehr bemerkbar machten und dadurch den Berger der Türken erregten.Der Zuzug der Russen nach Serbien findet sehr weit weniger­ aus der Donau statt als bisher,dafür aber wird Rumänienr Tag und Nacht mit«gron Transporten überschwemmt und habe ich selbst Geschictze mit ruuschen Artilleristen in Uniform undomplet ausgerüstetem­ Pferderntransportiren gesehen. « der türkischen Bevölkerung werd­e Machten erhöht.Das bedeutsamste interessanteste Gerücht ist wohl jenes,welches«den Eintritt Rumäniens in die kriegerische Aktion und zugleich die in nächster Zukun­ft bevorstehende Erhebung des Fürstenthums zum Königreiche und die Einverleibung Siebens­bürgens und der Vukovina in dasselbe signalisirt(Sonst nicht«s. D.ed.);man sieht daraus,daß d­ie Rumänen den Serben nicht nachstehen wollen.Mit dem guten Willen wird den Rumänen aber schwerlich geholfen­ sein,denn«,sowenig furchtbar die serbischen Milizen auch sind, die rumänischen Dorobangen geben ihnen nichts vor.­ Der äußern Erscheinung nach sehen sie wohl viel besser aus als ihre serbischen Kollegen, aber wie in Rumänien überhaupt so Manches nur Firnip­i­, so auch hier: nichts Gediegenes, nichts ‚wahrhaft Soldatisches. . (F.s.)London,6.Oktober.(Orig.-Korr.)Ichfreue mit ihnen eine bedeutende Konversion melden zu können Lord Russell,der eigentlich den Kreuzzug gegen die Türken inaugurirt hatte,und von dem die kurzsichtige,selbstmörderische englisches­ Isoli­­tik im Schlepptau von Rußland am stärksten empohlen worden war, sieht nu endlich ein,daß das ganze Geheul bloßer Schwindel und für russische Interetsen berechnete Aufhesung war. Doch ich will nicht mehr über den Brief sprechen, sondern densel­­ben wiedergeben. Das Schreiben lautet: Was ich wünsche, ist, daß in Orient s­chriftliche Grundlage und nicht die christliche Religion blos adoptiert würden. Die Menschen sollen einander lieben und nicht queuliche Und­aten gegen­einander ausüben, mögen dieselben für oder gegen die türkische Regierung gerichtet sein. Der Krimkrieg hatte nicht den Zweck, die Türkei zu vertheidigen, sondern die Pläne Rußlands zu bekämpfen. Es ist wohl bekannt, daß der Kaiser von Rußland ein Gegner der bürgerlichen und der religiösen Freiheit ist. (Wie ganz anders lautete die Sprache vor einigen Monaten!) 39 kann nicht wünschen, so fährt Lord Nuffel fort, Rußland an der Spite der Regierung in der Türkei zu sehen, und ich will nichts thun, um dieses Ziel zu befördern. Wenn in der Türkei eine Ver­­änderung stattfinden soi, dann wünsche ich, daß das türkische Bolt allein mit der Regierung seines eigenen Landes betraut werde, und daß sie zu ihrem Motto die Worte „Wahrheit und Gerechtigkeit“ "Die hochgradige Extregun noch doch eine Menge von machen sollten. Hätte Lord Nuffel vor Monaten so gesprochen, dann mwiürden die Atrozitäten oder Oreuel-Spekulanten seinen so großen Anhang gefunden haben, dann m­­rde Rußland nicht in seiner Anmaßung und in seinem Glauben bestärft worden sein, daß das englische Wort vollständig blind für sein eigenes Interesse geworden sei und blos dem Gesange der Sirenen an der Newa zu folgen beab­­sichtige, dann würde der Abenteurer in Aler­nat es nicht gewagt haben, mit seinen tartarischen Horden ganz Europa troßig in das Antik zu schlagen, indem er die Rolle des Königs von Serbien spielte. Kurz Europa würde dann die Lösung der orientalischen Stage viel leichter geworden sein als in dem Schwindel in Eng­­land, der mit den bulgar­ischen Greueln getrieben wurde. Die Greuel sind fon an und für sich haarsträubend, allein die Politik, welche auf Grund derselben von einigen Agenten Rußlands und sentimentalen Politikern für England ausgedacht worden war, ist ebenfalls haarsträubend. Durch den Brief Lord Ruffel’s werden wohl Vielen die Augen geöffnet werden. Heute Nachmittags fand in der City eine Versammlung ein­­flußreicher Kaufleute und Bankiers statt, um der Regierung ein Ver­­­trauensvotum zu ertheilen. An dem Meeting betheiligten sich der Lordmayor, Mr. Baring, der Gouverneur der Bank von England und sonstige angesehene Männer.­­ Eine Depesche Earl Derby­s. London, 7. Oktober. In seiner Nebe an die Deputation des Cu­y-Meetings hatte Earl Derby erwähnt, das er in wenigen Tagen im Stande sein werde, eine an Sir 9. Elliot in Konstantinopel abgesendete Depetche zu veröffentlichen, aus welcher vollständig detaillirt die Ansichten der Regierung und die Forderungen, welche sie bezüglich der von­­ den Türken in Bulgarien verübten Oreuelthaten stellen konnte, er­­sehen werden würden. Diese Depetche ist nunmehr vom Auswärtigen Amte der Oeffentlichkeit übergeben worden. Sie lautet wie folgt: „Auswärtiges A­mt, 21. September 1876. Sir! Ihrer Majestät Regierung empfing am 14. b. Ihre Depesche Nr. 964 vom 5. b. nebst angeschlossener Kopie des Berichts des Herrn Baring über seine Untersuchungen der unlängst gegen die christliche Bevölkerung Bulgariens verübten Ausschreitungen. Ihrer Majestät Regierung war durch die von Em. Erzellenz bieher gesendeten vorläufigen Berichte Heren Baring’s vorbereitet, daß die von den türkischen Barchi-Bozuls und Ticherkesfen verübten Ver­­brechen der ernstesten Natur seien, und sie bedauert, in dem gegen­­wärtigen Bericht alle diese Besorgnisse in der vollsten Ausdehnung bestätigt­­ zu­ finden. Obgleich einige der veröffentlichten Gerüchte sich als unbegründet erwiesen haben, kann es seinem BZieifel unterliegen, daß das Verhalten des Bali von Adria­nopel duch Anstörung einer allgemeinen Bewaffnung der Muselhanen zu der Zusammenrottung von Räuber und Mörderbanden beitrug, die unter dem Vorgeben, die Insurrek­­tion zu unterdrücken, fi Verbrechen schuldig machten, welche­­ Here Baring mit Recht als die scheußlichsten bezeichnet, welche die Geschichte dieses Jahrhunderts beflect haben. Ueberdies si­eß schlußgerecht ermieten, daß von der Mehrzahl der Provinzial-Behör­­den in der Gestattung oder Duldung solcher Ausschreitungen nicht­­ allein die schuldbarste Apathie entfaltet wurde, sondern daß wenig oder gar nichts Wirksames gethan worden ist, um das Geschehene wieder gutzumachen. Während 1956 Bulgaren wegen Betheiligung an der aufständischen Bewegung, die zu seiner Zeit einen gefähr­­lien Charakter trug, verhaftet wurden, sind nur etwa­smangig der Mörder von wehrlosen Männern,­rauen und Kindern bestraft worden. Es scheint in der That, daß der Autorität der Pforte Hohn gesprochen und die türkische Negierung in Konstantinopel e­in Unkenntniß über die Wahrheit gehalten wurde. Unter seinen Um­­ständen kann es Ihrer Majestät Negierung für möglich halten, daß die Pforte verleitet werden konnte, Beamte zu befördern und zu defoh­ren, deren Handlungen dem türkischen Heid­e sowohl zur Schande, wie zum Nachtheil gereicht haben. Die Mebelei in Batat soll, wie es heißt, am 9. Mat stattgefunden haben, aber am 21. Juni , es­ der Pfarter noch­ unbekannt gewesen oder von derselben übersehen worden zu sein, noch wurden die Umstände­­ lichtgezogen,bis Herr Baring sie aufdeckte.Aus seinem Berichte erhellt,daß 80 Frauen und Mädchen nach muselmanischen Dörfern, deren Namen er angebt,geführt wurden und daß sie sich dort noch befinden,daß die Leichen«der hingemordeten O«pfer zur Zeit seines Besuches noch unbeerdigt umherlagen,und daß nichts gethan worden,um dieserüber dieser Verbrechen zu entdecken oder zu bestrafen.Es ist unnöthig,daß ich mich im Einzelnen über die verschiedenen Stellen in dem Berichte des Herrn Baring verbreite, welche zeigen,«wie wirksam Fanatismus und Gewaltthätigkeit ihr Werk gegen­«die Bevölkerung dieser unglücklichen Provinz verrichtet haben-Selbst jetzt ist keine ernste Anstrengungemacht worden, um die Bevö­lkerung für die ihr zugefügten­ Nachteile«zu entschäl­digen und wirksame Fürsorge für ihre künftige Sicherheit zu treffen. Das weggeschleppteieh und die geplünderten Gegenstände sind nicht wieder ersetzt worden,die Häuser und Kirchen liegen noch immer in Trümmern,die Bevölkerung leidet Hunger«;Industrie und Ackerbau liegen darnieder,und diejenigen christlichen Dörfer, die bisher verschont geblieben,fühlen keine Sicherheit dagegen,daß auch an sie die Reihe komm­­en möge.Gewaltthätigkeiten,solche,wie der Mudir«inAvrat-Khan eingeräum­t,dauern noch immer fort,und die Pforte ist machtlos oder unthätig. Ich Habe Em. Erzellenz be­­reits Kunde gegeben von der gerechten Entrüstung, welche die über diese Greuelthaten veröffentlichten Berichte in dem Wolfe Großbri­­tanniens ermwedt Haben, noch kann ich bezweifeln, daß ein ähnliches Gefühl in ganz Europa prävalirt. Die Pforte darf es nit wagen, mit der öffentlichen Meinung ans­derer Länder zu­ streiten,, noch kann sie annehmen, Daß die Regierung Großbritanniens oder irgend einer der Sig­­natarmächte leichgiftig fest gegen die Leiden der bulgarischen Bauern unter diesem Ausbruche wachsüchtiger Grausamkeit zeigen ießt Ih­mwebenden Fragen muß die sein, daß, den Lil fe Schadloshaltung gewährt und ihnen fünftige Side die in Sie Em. Erzellenz sollten au­f« Fahrlässigkeit der LokalbehördenIln­d der Unzulänglichkeit der von Edith Efendi angestellten Untersuchungsprediert,dessen»der Pforte erstatteter amtlichechricht,wie es scheint,kein zuverlässiger ist. Damit EnJe Exzellenz Vorstellungen wohl verstanden werden mögen wollen Sie dem Großvezir am­ Schlusse der Audienz ein Memoran­dum der«Vemerkun­ge 11 zustelle 11«,die Sce auf Befehl der Königin an Se.Majestät deult anzurecht entst ruirt worden sind.Ich bin u. s. w. (Gezeichnet :) Derby.“ ans Zages= Tagesweuigkeiten. Auszeichnungen.­ Se. Majestät. hat dem pensionirter Honved-Obersten August Terstyangiy tarfrei den­ Charakter eines Generals ad honores, dann dem Hilfsämter-Vizedirektor im Ministerium des Innern Gustav Baltai als Anerkennung seiner langjährigen treuen und­ eifrigen Dienste und dem pensionirten Direktor der Agramer Lehrerpräparandie und städtischen Schulen Franz Klah­s als Anerkennung seiner A0jährigen ausgezeichneten Dienste auf dem Felde des Unterrichtswesens das goldene Verdienst­­kreuz mit der Krone verliehen. Personalien.­ Die österreichischen Minister sind mit dem heutigen Frühzug, nachdem die Verhandlungen beendet, nach Wien zurückgekehrt. Auch der Erzbischof Samaria ist heute Früh nach Wien abgereist. (Für den Honved-Kadeten- und Offiziers- Bildungskurs) sind — „Bud. N.” zufolge — heuer sehr wenige Anmeldungen erfolgt. Der Kurs wird am ersten Tage des nächsten Monats eröffnet. (Der Distrittual-Konvent des Montan- Distriktes) hielt heute unter Borsig des Barons Nad­­vanßfy und des Superintendenten seine zweite Sagung. Nach Authentisation­ des Protokolls der gestrigen Berathung wurde der ‚Bericht der Finanz-Kommission über den Stand der Distriktualfaffe, woelcher eine Befseiung der Verhäftnisse Konstatirt, verlefen und zur Kenntniß genommen. Der Bericht über den Stand des Schemnißer Lyceums erwähnt, den eifreitlichen Fortschritt der Anstalt und dient zum Anlasse, um den am L­yceum wirkenden Profes­­soren den Dant der Versammlung auszusprechen. Im Zufan- Lyceums-P­rofessoren um Aufbefserung ihr materiellen Lage zur Verhandlung­ von allen Seiten wurde die Berechtigung des Gesuches anerkannt und die Gewährung desselben von der Befseiung der finanziellen Lage des Distriktes abhängig gemacht. Sin das Konsistorial-Gelit wurden gewählt als Präsident: Raul Szontagh, Vize-Präsident: Stefan Görgey, zu ordentlichen Richtern: Moravcsii, Dr. Karl Szelenyi, Josef Rudnay, Merander Doleshall und zwölf Erjagmitglieder. Dne größere Debatte veranlaßte nur das Ansuchen der Gemeinden Nagy-Las und Mezö-Bereny um Ausdehnung jener Aufnahme-Bestim­mungen, die im vergan­­genen Jabre vier anderen Gemeinden, wie Komlos und Csaba, bei­züglich der Vornahme der Wahlen bewilligt wurden, auf die peti­enden Gemeinden. Dem Anruhen wurde mit Berücsichtigung der in den Gemeinden herrschenden Verhältnisse Folge gegeben. (Kriegs-Brieftauben.) Von vertrauenskundiger Seite erhält „Hon“ folgende Mittheilung: Von­ den in der Komorner Festung auf Staatskosten gezüchteten Brieftauben wurden gestern Nachts auf einem Solardampfer 30 Stüd in zwei Käfigen ‚mendhange damit fommt das Gefuch der Daniel Deronda. Bon George Eliot. — Deutsch von Adolf Strodtmann. Erster Band. — Biertes Buch. Omendolen bekommt ihren Grmwählten, 30. Kapitel. (75. Fortlegung.) Örandcourt verband mit seiner Neffe nach Gadsmere zwei ernsthafte Absichten: einmal wollte er die Nachricht von seiner bes­vorstehenden Heirath in Berfon überbringen, um diese erste Schrif­­rigkeit endgültig zu erledigen; sodann wollte er von Lydia die Diar­manten seiner Mutter zurück haben, welche er ihr vor langen Jahren anvertraut hatte, mit dem Wunsche, daß sie sie trage. Ihre Er­schei­­nung paßte für Diamanten und gab ihnen das Aussehen, als seien sie das Geld einigermaßen merth, das für sie bezahlt worden war. Die in Rede stehenden Diamanten waren feine Berge von Licht — es waren nur Erbsen und Bohnen für Ohren, Hal und Haar; aber sie repräsentirten einen Werth von einigen tausend Pfu­nd und Grandcourt wünschte sie begreiflicherweise für seine Gemahlin zu­­ haben. Wenn er Lydia früher gebeten hatte, sie ihm zurückzugeben, aus dem einfachen Grunde, damit sie in sicherem­ Verwahr kämen und in einer Bank deponirt würden, hatte sie sich ruhig, aber bes­­limmt gemeigert, mit dem Bemerzen, daß sie durchaus sicher auf­­gehoben seien und hatte zuleit gesagt: „Wenn Du jemals eine Andere heiratheft, will ich sie ihr geben; beabsichtigst Du eine Andere zu heirathen?” Zu jener Zeit: ‚hatte Grandcourt seinen Bemweggrund, der ihn gedrängt hätte, auf seinem Verlangen zu bestehen, und man mußte ihm zu seinem Lobe nachsagen, daß er die Neigung, seine Macht auszuüben, indem er Andere einschüchterte oder­ enttäuschte oder sie zu einer Wuth reiste, die sie nicht äußern durften — eine Neigung, die bei ihm zu­nahm, als andere Triebe schlaff wurden — Lydia gegenüber stets im Zaume gehalten hatte. Ein strenger Exklärer hätte vielleicht ge­­sagt, daß die bloßen Thatsachen ihres Verhältnisses zu­einander, die trübselige Lage dieser von seinen Willen abhängigen Frau, ein beständiger Schmaus für seine Herrsehsucht seien. Allein feiner Milde gegen sie lag noch etwas Anderes, als dies, zugrunde, die fort­­lebende, obschon verwandelte Wirkung der Macht, die sie über ihn besessen hatte; und diese Wirkung, das gelegentliche matte Zurück­­finden in Neizungen, die einst einen Genuß’boten, dessen sein Leben fest entbehrte, hatten ihn aber­ und abermals geneigt gemacht, sich lieber an eine ihm vertraute Vergangenheit zu halten, als sich zu der Erwartung von etwas Neuem aufzuiaffen. Allein fest hatte das den besten Gewinn Neue sich feiner bemächtigt und drängte ihn,­­daraus zu ziehen, Jau Glasher fa in dem behaglichen Zimmer, wo sie gewöhn­­lich ihre Vormittage mit ihren Kindern verbrachte. Dasselbe hatte Henkeigh,der­ Knabe,sprang empor und fragte:Mama,ist es der­ Müller mit meinem Esel? ‚ein viereckiges, vorspringendes Fenster und blickte auf einen breiten K Kiesweg und einen Nasen, der sich zu einem kleinen Bache, welcher­­ in den Teich fiel, hinunterzog. Auf einem niedrigen schwarzen Schranke, auf dem alten Eichentische und den rot­braunen Leder­­stühlen lagen die Spielfarben, Bücher und Gartenanzüge der Kinder umher, auf welche eine mütterliche Dame in Pastellfarben von der Wand mit Lächelnder Nachsicht herableliete. Die Kinder waren sämmtlich da. Die drei Mädchen, welche um ihre Mutter Herum neben dem Fenster saßen, waren Miniaturporträts von ihr,­­ dunkeläugige Brünetten mit fein geschnittenen, rothmangigen Ge­­sichtern, die Kleinen Nasenlöcher und Augenbrauen seltsam ausge­­bildet, als wären sie zwerghafte Frauen, während die Xeltefte nur neun Sahre zählte. Der Knabe saß in einiger Entfernung auf dem Teppich und beugte sein blondes Haupt zu den Thieren einer Noahs- Arche herab, indem er sie einzeln mit gebieterisch dräuender Stimme ermahnte und gelegentlich die friedigen Gefehte, um zu sehen, ob die Farben sich wohl hielten. Sofefine, die Xeliefte, hatte ihre französische Stunde, und die Schwestern, mit ihren Puppen auf dem Schoße, saßen ehrbar genug für Madonnenbilder da. Frau Glasher hatte eine sorgfältige Toilette gemac­ht — jeden Tag sagte sie sich fest, Grandcourt künne plöglich eintreten. Ihr­ Kopf, der, troß starrer Ab­­magerung, eine unvertilgbare Schönheit in dem feinen Profil, dem wellig gelodten Dagy und den scharf gezeichneten Brauen wies, erhob si majestätisch über ihrem broncefarbigen, sammtbefesten Geiden­­gewande und der goldenen Halskette, die Grandcourt vor Jahren zuerst um ihren Hals geschlungen. Nicht daß sie Freude an ihrer Korlette gefunden hätte; ihr Hauptgedanke, wenn sie sich im Spiegel sah, war: „Wie verändert!" — aber was ihr noch Gutes im Leben übrig­ blieb, wollte sie bewahren. Wenn ihr Haupt­­wunsch erfüllt wäre, konnte sie sich denken, daß sie die Statt­­lichkeit einer Matrone, die für den höchsten Mang geeignet war, erlangen wide. Die kleinen Gesichter neben ihr, fast genaue Bedjüngungen des ihrigen, schienen von den blühenden runden Linien zu erzählen, die einst dort zu erbliden gerieten, wo man fett hohlwangige Bläffe sah. Aber die Kinder Füßten die blaffen Wangen und fanden niemals, daß ihnen etwas fehle. Diese Liebe­ war­­tet das eine Ziel ihres Lebens. Plöslich wandte Fran Glasher ihr Haupt von Sofefinens Buch ab und Hörte: Pit, liebes Kind! Mich dünft, es kommt Jemand: «­­s · . Er erhielt kein­e Antwort und wiederholte,auf das Knie sei­­­ner Mama hüpfend,seine Frage in nachdrücklichem Tone.Aber­ die Thür ging auf und der Diener meldete Herrn Grandcourt am­ «Glasher erhob sich in einiger Aufregung.Henleigh machte ihm ein finsteres Gesicht aus Verdruß, daß er nicht der Müller war, und die drei kleinen Mädchen schlugen ihre dunklen Augen fcüchtern zu ihm auf. Niemand von ihnen fand besonderes Wohlgefallen an diesen Freunde ihrer Mama — in der That, als er die Hand der Frau Glasher ergriffen hatte und dann sich ummandte, um seine andere Hand auf Henfeigh’s Haupt zu legen, begann dieser energische Spröß­­ling den Arm des Freundes mit seinen Füßen wegzustoßen. Die klei­­nen Mädchen fügten sie verschämt darein, unter dem Kinn getät­­schelt und geäißt zu werden, aber im Ganzen schien es besser, sie in den Garten zu­ fehiden, wo sie gleich darauf mit­ den Hunden auf dem Kieswege tanzten und plauderten. — Bon wo fommst Du ? fragte Frau Glasher, als Grand­­court seinen Hut und Heberrod abgelegt hatte. — Bon Diplom, antwortete er langsam, indem er ihr gegen­­über Bla nahm und sie mit einem aufmerksamen Blid ansah, den sie sofort bemerkte. — Dann bist Du mehl müde? — Nein, ich ruhte auf der Anschlußstation aus — ein wider­­wärtiges Zoch! Diese Eisenbahnfahrten sind immer verwünscht lang­­weilig. Aber ich erhielt Kaffee und rauchte. Grandcourt zog sein Schnupftuch hervor, rieb sich das Gesicht, und sah, das Tuch wieder einstechend, auf seine übereinander geschla­­genen Kniee und untadelhaften Stiefel, als hätte ihm ein Fremder ge­­genüber gesessen, statt eines vor Erwartung zitternden Weibes, das aus jedem seiner Worte und Blide Hoffnung oder Furcht zog. Er beschäftigte sich jedoch wirklich mit dieser Zusammenkunft und ihren wahrscheinlichen Folgen. Man diente sich den Unterschied im Grade der Aufregung zwischen dieser Frau, welche die Jahre zu einer bes­wußteren Abhängigkeit und einem ungestümeren Verlangen geführt hatten, und diesem Manne, den sie zu einem mehr und mehr gleich­ giltigen Gigensinne abstumpften. — 34 erwartete Deinen Besuch — ich hatte so lange, nichts von Dir gehört. Vermuthlich kommen die Wochen Einem in Gads­­mere länger vor, als in Diplom, sagte Frau Glasher. Sie hatte eine rasche, schneidende Art zu reden, die mit ihren Zügen in Ginslang­­ zu stehen führen, wie der Ton und die Klangfarbe einer Violine mit ihrer Form in Einklang steht. — Ba a, dröhnte Grandcourt. Aber das Geld wurde Dir von der Bank ausgezahlt. — Freilich, antwortete Frau Glasher kurz, von Ungeduld­­ gefoltert. Immer sonst — wenigstens schien es ihr so. — Hatte Grandcourt mehr Notiz von ihr und den Kindern genom­men, als er es heute t­at. — So, hob er wieder an, seinen Badenbart streichelnd und sie anfangs nicht anblidend, die Zeit ist mir in einem wahren Sturmschritt vergangen; gewöhnlich schleicht sie langsam genug. Aber mir ist recht viel paffirt, wie Du weißt — hier wandte er seine Augen zu ihr Hin. — Was weiß ich ? fragte sie scharf. Er machte eine Pause, bevor er ohne Veränderung seiner Haltung erwiderte: Daß ich mich zu verheirathen gedenke. Du sprach mit Fräulein Harleth ? — Hat sie Dir das gesagt ? Die blassen Wangen sahen noch bleicher aus, vielleicht wegen des wilden Feuers in den Augen über ihnen. — Nein. Lush sagte mir’s, war die langsame Antwort. 68 war, als würden die Daumschraube und der eiserne Stiefel durch heranschleichende Hände dem Harrenden Opfer vor Augen gestellt. — Großer Gott! sage nur gleich, daß Du sie heirathen willst, brach sie leidenschaftlich hervor, während ihre Kniee zitterten und sie die schmalen Hände frampfhaft verschränkte. — Natürlich, so etwas mußte früher oder später einmal kommen, Lydia, erwiderte er, jet fette er wirklich die Daumschraube an, da er den Schmerz nicht zu verschlimmern wünschte. — Du führt nicht immer die Nothwendigkeit davon ein. — Wohl möglich. Aber ich sehe sie recht. An diesen wenigen, ss Gesprochenen Worten Orandcourt’s erkannte sie einen so unerschütterlichen Widerstand, als hätten ihre dünnen Finger in einer fest geschloffenen eisernen Thür gesteht. Sie rannte ihre Hilflosigkeit und biebte davor zurück, sie durch irgend einen Appell zu erproben — sie bebte davor zurück, in ein todtes Ohr zu schreien und todte Kniee zu umklammern, nur um das reg­­lose Gesicht zu sehen und die eisigen Glieder zu fühlen. Sie weinte weder, noch sprach sie: sie war zu sehwer bedrückt durch die plößliche Gewißheit, melche eben so viel eisigen Schauer wie Anreiz zu auf­­regendem Denken in sich barg. Der vernichtete Halt ihrer sumpfenden Hoffnung erregte ihr in diesen ersten Augenblicken ein entgeßliches Gefühl. Zulest erhob sie sich mit einer krampfhaften Anstrengung, und sich einzig ihres Elends bewußt, preßte sie ihre Stirn mider die harte, falte Scheibe des Fensters. Die Kinder, welche auf dem Kies­­wege spielten, nahmen dies für ein Zeichen, daß sie etwas von ihnen wolle, und liefen auf sie zu, ihre holden Gesichter erwartungsvoll empor wendend. Dies rvüttelte sie auf: sie schüttelte den Kopf, minste ihnen, fort zu gehen, und fanf, von diesem schmerzlicher Borfall überwältigt, auf den nächsten Stuhl zurück, (Bortfesung folgt.) |

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