Pester Lloyd, Januar 1877 (Jahrgang 24, nr. 1-31)

1877-01-14 / nr. 14

. . . . 5 «-»"· d f in frage scheint in Deutschland wirklich” und nicht in, ‚agitatorischer Einbildung, von Tag zu Tag größere Di­­mensionen anzunehmen. Wahrscheinlicher jedoch ist die An­­nahme, wonach dieses Umsichgreifen der politischen Ar­­beiter-Demagogie den Kampfesmuth des Fürst-Kanzlers er­­höhen wird ; die Bersuche seiner Repression können heftiger, gewaltsamer werden und auf der Bahn, welche mit den Kompromiß-Bestimmungen des jüngsten Reichs-Justizgesäßes betreten wurde, weiter fortgeschritten werden.­­ Diese A­ustigbestimmungen bildeten einen hauptsäch­­lichen Motor der bedeutenden Wahlbewegung dieser Tage. Der markante Zug dieser Bewegung heit , der Unfriebe, das Unbehagen an den bestehenden sozialen, materiellen, staatlichen und parlamentarischen Verhältnissen Deutsch­­lands. Dieser Geist offenbart sich in den Erfolgen gespal­­tener, gehäfsiger Oppositions-Fraktionen, die an sich weder eine einheitliche Parlaments-Partei, geschweige denn eine mögliche Negierungs-Unterlage bilden können, aber starr sind in der Macht der Leidenschaften und in der Einigkeit der Bem­einung, jedenfalls starr genug, um eine gesunde Parlamentslage­ unmöglich zu machen und die Bildung einer mächtigen überwältigenden Majorität zu verhindern. Die A Justizgefege, im Ganzen und Großen eine hervor­­ragende Errungenschaft staatlicher Einheit, haben, wie ge­­sagt, hieran bedeutenden Antheil. Wohl nicht so sehr die Schöffengerichte, deren Heranziehung an die Stelle proble­­matischer Geschwornengerichte als Erforderung eines gesun­­den Konservativismus gelten mochten, wohl aber der Zeugnißzwang, der die Breßfreiheit in ihrem innersten Wesen bedroht, und somit auch die Aktionsfreiheit aller Parteien angegriffen hat. Jedenfalls hat diese Bestimmung hervorragenden Antheil an dem Ergebnisse der­­ Reichstagswahl, welches als Antwort des deutschen Volkes auf dieselbe erscheint. Erst die Eröffnuing der Reichstags-Session selbst wird Licht in das Chaos dieses Ergebnisses bringen, und dann erst werden wir Gelegenheit haben, das positive Prinzip der neuesten Parteigestaltungen zu erkennen. Bis dahin fünnen wir blos das Vermiegen einer ungeklärten, vielgestaltigen, negativen F­ ronde fonstativen. (Vudaperk,1s.schuner. Trüngst wurde von einem Wiener Blatte die Armee­­frage angeregt,welche heute,nachdem die Grundsätze der­­ Heeres-Ver­fassung bleibend festgestellt sind,nicht mehr jene­­rveittragende politische und staatsrechtliche Bedeutung hat, die ihr zu Begin­n der Ausgleichs-Aeraeigene war,sondern lediglich die numerischen Probleme,die Höhe des Kriegs­­standes­ und der Präsenz-Ziffer umfaßt.Diese Frage h­at wohl,insbesondere seit dem Einbruch der wirthschaftlichen Katastrophen keinen Augenblick auf gehört aktuell zu sein, aber sie tritt jetzt m­­it größerem Gewichte auf,weisl nach den Bestimmungen des Wehrgefeges schon zu Ende des laufenden Jahres legislatorische Entscheidungen für oder­­ wider die Aufrechterhaltung des auf zehn Jahre firirten Bahlenverhältnisses erforderlich sein werden. Als neue Aus­­gleichssfrage wird die Angelegenheit von der Wiener Bresse behandelt und diese Bezeicnung ist insofern allerdings moti­­vit, als die Lösung von dem einmüthigen Votum der beiden Parlamente bedingt ist; im Grunde jedoch dürfte es in dieser Frage, wenn nur bis dahin die auswärtige Lage geklärt sein wird, wenig „auszugleichen“ geben. Von Ge­genfügen der Anschauungen oder Interesen kann hier nicht­s die Rede sein. Gemeinsam, wie die Heeres-Organisation, it auch der Drud, den sie auf die Finanzen und die Volfswirtsschaft ausübt. Ungarn trägt die dreißig Per­­zent der Kosten nicht Leichter, als Oesterreich die siebzig Perzent und die Zerrüttung, welche die übermäßige In­ansprucnahme der Bolfsleistungen zu Kriegszwecken im Gefolge hat, ist hier nicht um einen Grad geringer als drüben. Es kann daher seinem Zweifel unterliegen, daß in dem Augenblice, als es möglich und zulässig sein wird, die Armeefrage Lediglich vom rein wirthschaftlichen Gesichts­­punkte zu behandeln, voller Einklang zwischen Desterreich und Ungarn bestehen wird. Allein das eben ist der bri­­tische Buntt, und darin gipfelt die ganze Trage,­­ob bis zur legislatorischen Behandlung der Sache die auswärtige Situation in der einen oder andern Richtung einen stabilen Charakter gewonnen haben und für die Parlamente sein anderer Zwang bestehen wird, als er in den finanziellen Zuständen Oesterreichs und Ungarns ausgeprägt liegt. Der Zusammenhang zwischen der auswärtigen Kom­­plikation und der Armeefrage ist so klar, daß er gewiß nicht weitläufig bewiesen werden muß, und je Fritischer das Stadium, in welchem die Orient Frage sich gegenwärtig befindet, umso schwieriger ist es, die Reduktion der Wehr­­frajt auch nur akademisch zu besprechen. Was nach der Zösung der orientalischen Wirren als gewichtige M­anifesta­­tion der Volfsmeinung erscheinen würde, kann unter den heutigen Umständen kaum den Werth eines frommen Wuns­­d­es haben, und was später als der Ausdruch einer klaren Tendenz sich zu praktischer Geltung hervorringen würde, kann heute leicht als Unbesonnenheit verurtheilt, oder als Bhraje ohne Inhalt zu den übrigen gelegt werden. Die vorzeitige Diskutirung der Armeefrage als solcher büntt uns daher unnüg. Wenn sich indessen ungeachtet aller Verwiclungen der auswärtigen Situation, ungeachtet aller Gefährdung, melde gerade die Orient-Frage für unsere Deonarchie enthält, wohl das Wort zurückdämmen, der Buife unterdrücken, nicht aber die Wothbwendig-­keit wegdefretigen läßt, aus ,welcher dieses Wort und dieser Wunsch entsprungen ; wenn die Sorge um eine glückliche Lösung der Orientekrise die Sorge um die Be­­­wältigung der inneren finanziellen Wirren nicht zu verdrängen im Stande ist, und wenn die Opferwilligkeit der Berfer Oester­­reich-Ungarns zum Schuge der Interessen dieser Monarchie nicht einen Moment die Opfer vergessen machen kann, welche beide Theile an Gütern der innern Wohlfahrt bringen, dann tritt wohl eine andere Frage in ihr Necht, die wir bereits flüchtig angedeutet, auf die aber zurückzukommen, durchaus nicht vom Ueberflufse erscheint, die Frage, ob nämlich die eben angeführten Ums­tände nicht von der Art sind, daß sie nothwendig den Gang unserer Orientpolitik­ beeinflussen müßten, ob mit anderen Worten Die Leitung unserer aus­­­wärtigen Politik nicht auf eine so­lch­e Lösung der Orient­ mwirren bedacht sein müsse, welche endlich einmal den Zwang unter welchem die Parla­­­mente bei der Behandlung der Airmees­frage stehben, beseitigen würde?! Thatsache 1, Daß Oesterreich-Ungarn Die gegenwärtige Last des Armee-Erfordernisses auf die Dauer nicht ertragen kann, dag Schon heute die Quellen im Berfiegen sind, aus denen auch die Armee ihre Säfte zieht, daß noch ein Luftrum foldher Kriegsbereitschaft den sichern Zusammenbruch zur Sorge haben müßte, und wenn nun eine auswärtige Politik überhaupt seinen höheren Zweck verfolgen kann, als den Bestand des Staates zu sichern, so liegt die Kon­­sequenz, die sich daraus für unsere Orientpolitik ergibt, nahe genug. Es gilt, für eine Lösung und nicht für eine Beschleppung der Orientkoife zu wirken; es gilt, die Gefahr dieser Berwiclung aus der Welt zu schaffen, nicht aber zu einer perennigenden zu machen. ‚ Ein fauler Friede, mit welchem Europa ü­berhaupt nicht gedient sein könnte, wäre vollends für Oesterreich- Ungarn verderbliger als ein Krieg. Zu den unvermeid­­lichen Aufregungen, welche die unmittelbare Nähe des Schauplages in weiten Schweifen der Bevölkerung erzeugen würde, gesellt sich die materielle Noth, und das Zusamm­en­­wirken solcher zwei Faktoren it wohl geeignet, den stärksten Organismus zu untergraben, hinfällig zu machen. Iie aber in Folge der ewigen Nahelosigkeit und der wirthschaftlichen­­ Zerrüttung die Spannkraft der Bevölkerung gelähmt, dann haben ringsum alle Elemente gewonnenes Spiel, die eine Lösung der Orientfrage ohne uns und gegen uns anstreben. Heute hat Oesterreich-Ungarn die Macht die Ereignisse zu bestimmen, die Situation zu beherrschen ; wird dieser Zeit­­punkt nicht in vollem Maße ausgenüßt, um die Orientfrage wenn auch nicht definitiv zu beseitigen, doch auf lange Zeit hinaus ihres gefährlichen Charakters zu entfleiden, so tritt Eines von Zweien ein, und das Eine wäre für uns eben so verderblich wie das Andere. Entweder wir sind dann gezwungen,die erdrüdende Last des Bronze-Aufwands noch länger zu tragen und dann kann sich’S Jedermann ausrechnen, wie lange es währen wird, bis der legte Heft unserer Tragkraft geschwunden ist; oder die materielle Noth wird jede andere Rücksicht bei Seite schieben und man wird trog alles Sträubens unserer­ maßgebenden Kreise die Meduftion der Wehrkraft doch durchlegen, dann verzichtet Oesterreich-Un­­gar auf jede entscheidende Aktion in der einzigen aus­­­wärtigen Frage, welche seine Lebensinteressen ganz u mittelbar berührt. Wenn irgendwo, so gilt in unseren heu­­tigen Beziehungen zum Orient das Wort: Was Du der Minute ausgeschlagen, das bringt Dir seine Ewigkeit zu:­rück, Nicht große diplomatische Motive, nicht weit gezogene internationale Perspektiven, die einfachen P­ostulate innerer stattlicher Existenz verbieten unserer Monarchie, kleine Aus­­kunftsmittelchen zu fordern, welche der übereilten Aggression aus der Klemme helfen würden, aber für die Stabilisirung der Verhältnisse durchaus unwirks­am wären. Eine di­p­o­­matische Schlappe hätte Nußland rasch genug vergessen, sobald er militärisch besser vorbereitet ist, oder vielmehr es wirde in bent­legteren Falle das diplomatische Fiasso bird eine fliegerische Aktion vasc) genug wettzu­­machen bestrebt sein. Können wir uns nun darauf einrich­­ten, jahraus jahrein auf dem qui vive zu stehen, unver­­mandt den Blick gegen Ost und Nord zu heften, auf jede Regung an der unterm Donau zu lauschen und in der Sorge um die ‚Erhaltung des Friedens alle Güter der friedlichen Arbeit preiszugeben‘? Nicht wir haben die Orientfrage heraufbeschworen, nicht wir haben das „Bischen Herzegovina" zu einer europäischen Krise gemacht, nicht wir haben die Geister der Zerstörung entfesselt. Aber nun ist die Frage trop& und gestellt und da ist es Mfsicht, bastle zur forgen, daß sie eine Lösung finde, wie es unser Antereffe erheirscht, das ist, daß alle Konse­­uenzen der Trage gezogen werden in der einen oder der andern Nichtung, damit wir endlich auch in den Laden des Orients mit stabilisirten Verhältnis­­sen rechnen können So erheirscht es, wie gesagt, vor allen Dingen die MNndjigt auf unsere inneren wirth­­schaftlichen und finanziellen Zustände. Die Konsolidirung unserer materiellen Lage bildet einen mindestens eben­so wichtigen Rechtstitel für eine entschiedene Orientpolitik wie die Ausbreitungs-Tendenzen Rußlands , sollte dieses sich für einen­­­ugenblick zum Nachzug bequemen, weil gegenwärtig seine Kräfte nit ausreichen, so folgt daraus keineswegs, daß wir warten dürfen, bis unsere Kräfte versiegt sind. Rußland mag heute mit der Verschleppung der Frage gedient sein, wir misten gerade heute die Löitung herbei­­führen. Budapest, 15. Jänner. Ly. Die Wahlen zum deutschen Reichstag meisen in den bisher bekannt gewordenen Ergebnissen Phänomene auf, die selbst angesichts der ungeduldig erwarteten Schluß­­fzene des Konstantinopler Kongresses geeignet sind, aller­­wärts die größte Aufmerksamkeit zu erregen. Die große M­ittelpartei des Deutschen Reichs, die national­liberale Partei, erzielte zwar, soweit­ die bis jeßt vorliegenden Resultate zeigen, gegenüber den einzelnen viva­­lisirenden Fraktionen die Majorität, doch als absolute Parlamentsmacht steht sie zur Stunde den anderen Gruppen seineswegs gegenüber. Diese Thatsache allein­ wäre von allgemeiner Bedeutung, erlangt aber no ein ganz beson­­deres Qutereffe, wenn wir die Elemente in Betracht ziehen, welchen die Verluste der Nationalliberalen zugute­kom­men, welche siegreichen Fortschritt zu verzeichnen haben. Es sind weder die Anhänger der Fortschrittspartei ; noch Die viel­­fach m­andirten Reiche, Frei, Neun­ und Agrar-Konser­­vativen, sondern die Sozial-Demokraten und Ultramontanen, die sich eines hevarragenden Er­­folges rühmen künnen ; ein Erfolg, der sich nicht einzig in den Menjoritäts-Voten offenbart, sondern in gleichem Maße auc­h in jenen Mem­oritäten, welche faktisch zwar unterlagen, aber durch den bemerkenswerthen Zuwachs an Wahlstimmen — verglichen mit früheren Wahlgängen — den Eindruck einer erhöhten moralischen Gewalt bei den unteren Schichten der Bevölkerung zurichlaffen und die eigenen Bartei-Anhänger zu weiterem Ausharren im Kampfe ermuthigen. Andererseits it der numerisch schwache Sieg der National-Liberalen noch geringer zu veranschlagen, wenn eben die gegen die siegreichen Sozialisten und Ultra­­montanen unterlegenen Minoritäten in Betracht kommen. Es sind auch Diese Minoritäten seine Nationalliberalen. Der linke Flügel des Neichstages , die Fortschrittspartei, stand zumeist und mit den größten Massen im Treffen ; mit viel geringeren Fähnlein die Fraktionen des reichs­­treuen Konservativismus. Beide Parteien haben ein merkwürdiges Fiasso er­­litten. Die Fortschrittspartei mit langjährigen, ruhmvollen Traditionen und noch immer starren Wurzeln im gemeilten breiten Schichten des bürgerlichen Mittelstandes, wird, ge­schwächt und vermindert zwar, ihr Dasein retten und noch immer ein Faktor bleiben, mit dem die Regierung und die Parteien werden rechnen müssen. Die reichstreuen Konservativen jedoch sind nahezu aufgerieben. Im Gegen­­sage zu den­ schroff oppositionellen Praftionen der­­ alt­preußischen, katholischen und partikularistischen Konser­­vativen, die allesammt ältern Ur­sprungs, und stän­­dischem oder sonderstaatlichen Boden — in Deutschland un­d immer ein fester sicherer­ Grund entstam­­­men, sind die neukonservativen Parteibildungs-Bereiche mehr­ oder minder theoretisch angehauchte Negierungs- Experimente. Nun hat sich aber das deutsche Bolt in seiner Mafse und in seinen tiefgehenden Unterscheidungen , den Berliner Regierungs-Experimenten wenig günstig gezeigt und die Reichskonservativen relativ noch­ mehr desavouirt, als die Nationalliberalen. Lestere haben zumeist in Preu­­ßen ihr altes Terrain so ziemlich behauptet, auch in eini­­gen baierischen Städten­ ihre dortigen Führer durchgebracht. Doch steht zur Stunde einem Kordenlied in Berlin, einem Lasker in Breslau, einem Marquard­ten in Baiern noch die Prüfung eines zweiten, absolut entschei­­denden Wahlganges bevor, ein Umstand, der auf die Partei selbst nicht sonderlich erhebend wirken kann; die Sozial­­demokraten hingegen sind schon heute nahezu mit allen ihren Führern d­urchgedrungen ; Hasenclever, Hasjelmann, Bebel, Molt, sie Alle sind gewählt und dazu noch­ ein Häuflein minder bekannter Adepten . Kiebsnecht ist noch in der Schwebe, dürfte jedoch in Sachsen ebenfalls gewählt werden. Die preußischen, sächsischen und rheinischen Großstädte ermieten­ Revier sozialistischer Agitation, während die ultramontane Partei in den baierischen und rheinischen Landbezirken noch in höherem Maße als bisher die Gesinnungstüchtigkeit des Grundbefiges, die blinde Unterge­­bung des Bauernstandes konstativen konnte. In Elsa pt­oth­­ringen scheint die Reichspolitik einige Exem­gentschaften auf­zuweisen und die Wahl von fünf Autonomisten gegen franz­­ösische Biotestler und Ultramontane ist ein ganz anständis­ges Resultat, welches dem Eifer, der Umsicht und der Energie der dort etablirten preußischen Landesregierung zu Ehren gereicht. Wie weit Dieses Resultat jedoch einer inner­lich verfühnteren Stimmung des Volkes selbst zuzuccreiben wäre, läßt sich aus der Ferne schwer bestimmen. Einzelne That sahen freilich, welche auf dem Wege der Breite in Die Oeffentlichkeit gedrungen sind, haffen gewaltigen, gouvern­e, mentalen Hochbruch ahnen. So wurde z. B. der Maire von Meg, Herr Besancon, seines Amtes verlustig und duch einen Regierungs-Beamten provisorisch erregt, weil er als Protest-Kandidat für den Reichstag auftrat. Auch die greise, versöhnliche Gestalt des Bischefs N­eg aus Elsaß wird im Reichstag fehlen. Dieses Resultat, im Kantam­erus von Uriage und Wirkung betrachtet, dürfte für das deutsc­he Bolt jowont, wie für die Bundesregierung manche bemerkenswert­e Lehren und Fingerzeige enthalten, die viel zu far am Tege liegen, als daß ihre Beherzigung in einer oder der andern Form nicht zu erwarten wäre. Die Siege der Ultramon­­tanern besagen es laut, daß die Hera des Kulturkampf­s abgethan sei, wenn auch äußerlich ihre Konsequenzen weiter verfolgt werden — kaum mehr auf lange Zeit. P­rasitsche Erfolge für die Staats-Idee hat dieser Kampf gewiß und­ erzielt — das bemeist eben das jüngste Wahlergebniß. Die Regierung ist ferner nicht minder überdrüssig, als das konservativ-protestantische Deutschland. Nur der einseitigste, abstrafte Liberalismus hängt n­­ch an festen alten, längst überlebten Stichworten. Doch dieser abstrafte Liberalismus­­ biegt heute in Deutschland ziem­lich arg darnieder, wie Dies eben der Wahlsieg ver Sozial­-Demokraten im nicht geringem Miaje beweist. Die erste Folge Dieses Sieges wird eben die kräftigste Diskreditirung des fortgeschritteneren Liberalismus bilden. Möglich, dag die m­aßlose Propagirung der­­ sozial - Demokratischen Idee in allen S­ichten der arbeitenden Strajjen, unter Lohnarbeitern f­owohl wie unter den kleineren Handwerkern und Ge­werbetreibenden, die Bundes-Regierung zu einiger Thätigkeit, zu einigen Konzessionen im In­teresse der arbeitenden Klaffen anspornen wird — wenn auch un­eingestandenermaßen. Fürst Bismarc geht ja gerüchtweise seit geraumer Zeit mit Eatheber-sozialistischen Keen Schwan­ger und mit seiner scharfen Erkenntnis für die reellen Egi­­genzien des Lebens ist es wirklich nicht unmöglich, daß er auch in dieser Richtung etwas thun wird, denn die Arbeiter. sz Den Schluß der Artikelreihe „Die rechtswissenschaft­­lichen Staats: und die Advokatenprüfungen” mußten wir zu unserem Bedauern wegen Raummangels für die nachte Nummer zurücklegen. sz Unterrichtsminister Tréfort beabsichtigt demnächt aus Biofessoren und Abgeordneten eine Enquête einzuberufen, deren wichtigster Gegenstand die Angelegenheit der Professoren-Bil­­dung und des Mittelschullehrer - Seminars bilden wird. Es handelt sich besonders um die Entscheidung der Frage, ob die Heranbildung unwissenschaftlich und pädagogisch tüchtiger Professoren in dem kurzen Zeitraum eines dreijährigen Kurses zu bewerfstel­­ligen sei, oder ob nicht, in Uebereinstimmung mit den Wünschen zahlreicher Fachmänner des In- und Auslandes, eine Verlängerung des Kurses auf vier Jahre unwünschenswerth wäre. Auch soll das Verhältniß der philosophischen Fakultät, respektive der Vorlesungen an derselben, zu den speziellen Uebungen der Lehram­ts-Kandidaten besprochen und geregelt werden. : 3 Schuldig erlaunte und in dem Strafurtheil zugleich aussprach. Gleichzeitig erwähnen wir, daß derlegte (Fünfte) Bericht des Uinterrichtss­inisters an den Reichstag bis Ostern dieses­­ Jahres in deutscher und französischer Bearbeitung erschei­­nen sol, um das Ausland über die Fortschritte auf dem Gesammt­­gebiete unseres vaterländischen Unterrichtemefend in umfassender und verläßlicher Weise zu unterrichten. sz Das Justizministerium hat vor Kurzem eine interessante Entscheidung in Sachen der Rechtsfolgen in Fällen fahr­­lässiger Krida getroffen. Zur amtlichen Kenntniß des Justiz­­ministeriums gelangte nämlich ein Gerichtsfall, in welchem ein Ge­richtshof erster Instanz einen Angeklagten der fahrlässigen un­d der Verurtheilte seine M Wechsel ausü­ben dürfe, nicht als protokol­­lirter Kaufm­ann betrachtet werden und seine geieslich beglaubigten Gesgäftsbücher führen könne. In Folge dessen hat nun der Justiz­minister mittelst Zirkular-Verordnung sämmtliche Gerichtshöfe darauf aufmerksam gemacht, daß dur die betreffenden­ Verfügungen der G.A. VI:1872, und XXXVI:1875 jene Bestimmungen unserer älteren Gesete v. 3. 1840 beziehungs­weise 1844, im­­­meldjen ver­­fügt wird, daß in Folge einer Verurtheilung, wegen falscher oder fahrläsfiger Rrida der Gerichtshof in dem betreffenden Strafurtheile die in dem oben erwähnten Gerichtsfall­ angeführten Zufasverfügun­­gen als Rechtsfolgen auszusprechen habe, außer Kraft ge­löst worden sind, jene gerichtliche Entscheidung aber, w welche dennoch zu einer­­ Verurtheilung wegen fairer oder fahrlässiger Krida die erwähnten Rechtsfolgen angefügt hat, nicht vollstrebt werden kann. 2 «--«« -Ober-Staatsanwaltszmatstgestelltnm.Antvtt seiner längere Inspektionsreise zunächst nach Debreczin gerecht,um­­ sich von dort aus nach den Amtssitzen­ der­ verschiedenen Staatss­anwaltschaften im Norden Ungarns zu begeben.«.­« « »Die Eltern und Freunde der nach Konstantinopel gemsten Mitglieder der ungarischen studirenden Jugend haben­—wie »Naple«meldet—in der Befürchtung,daß bei der Rückkehr der Deputation sich in Triest die Demonstrationen wiedererneuertr könitte11,an die ungarische Regierung das Ansuchen gerichtet,die­­selbe möge beim­ österreichischen Ministerdeannern dahinwirken, daß entsprechend wirfüg ungest getroffen werden,damit der Trichtergröbel die ungarischen Reisenden nicht behel­­ligen könne.Es erweist sich­ umso not­wendiger,diesbezüglich Vorkehrungen zu treffen,da begrün­deter Verdacht obwaltet,daß an den jüngsten­ Ungezogenheiten gegen­ die wehrlosen Reisenden auch die flavischen Mitglieder der Triester Polizei theilgenommen haben. "ig als das dansbarste­­ Felegr.;9epeschend.,;Yesier,ssfoyd". Die ungarische Deputation in Konstantinopele Pera,13.Jänner.(Von uns­erem Spe­­zial-Korrespondenten.Aufgegeben um 8 Uhr 48 Min. Früh, hier angelangt um 6 Uhr 40 Min. Abends.) Die sämmtlichen türkischen Blätter feiern in begeisterten Worten Ungarn und die ungarische studirende­­ Jugend. Die Deputation machte heute eine Fahrt auf dem Bos­­porus . Se. Majestät der Sultan hatte zur Begleitung vier seiner Adjutanten gesendet. Die Deputation Iogirt im Kaiserlichen Lyceum, aus dessen Fenstern sich eine unsäglich prachtvolle Aussicht über den Bosporus bietet . Die Zög­­linge der Anstalt sind unsere fortwährenden, siebenswiürdi­­gen. Begleiter. — Heute machte die Deputation ihre Auf­­wartung bei General Klapta ; der Landsmann empfing die Kompatrioten in der herzlichsten Weise. Morgen findet der Empfang bei Abdul Kerim PBajcha statt, der die Deputation von allen Offizieren seines Ge­neralstabes umgeben erwarten wird. Nach der feierlichen Uebergabe des Ehren-Säbels findet ein großes Festdiner in einem Saale des Seragfireats statt, der in der Regel ausschließlich für den Sultan reservirt ist. Alfenthalben, wo sich die Mitglieder der Deputation zeigen, begegnen dieselben einer Herzlichkeit, die seine Grenzen fennt. Der Aufenthalt ist auf acht Tage in Aussicht genommen. Wien, 13. Jänner. Orig. » Thelegr.) Bei­mäßlichen Nachrichten zufolge ist die Wiederbelegung des Botschafterpostens in Rom duch Baron Haymerle, bisherigen Gesandten im Haag, demnäch ist bevorstehend. Als Folge dieser Ernennung sind weitere Virem­ents im diplomatischen Korps schon für die nächte Zeit mehr als wahrsceinlich. Baron Haymerle's Ernennung wird in Nom als Zeichen für eine neue Bestätigung der freundlichen Ge­sinnungen Oesterreich-Ungarns mit großer Genugthuung begrüßt. Wien, 13. Zämner. Orig-Telegr) Ge rüchtweise verlautet, daß der Tag des Zusammentrittes des Reichsrathes prorogirt werden solle. Heute fand ein Ministerrath statt, der si mit der Bantfrage beschäftigt haben dürfte. — Der Statthalter Graf Taaffe wurde zur Berathung von Maßnahmen in Sachen des Tiroler Landtags nach Wien berufen. = ee «·. N « « Be Wien, 13. Süme. (Orig -Telegen) B „N. fr. Vreffe" meldet: Die Negierung wird jedenfalls gleich in der ersten Lisung des Abgeordnetenhauses eine Erklärung über den Stand der Bankfrage abgeben und nicht erst Die, nach den Beschlüssen der Partei-Stonferenz bevorstehende Synterpellation abwarten. — Dasselbe Blatt schreibt: Das Fiasto der Konferenz ist vollständig. , Die Türkei weist den unberufenen Richtern, die sich versammelt hatten, um ihr das Urtheil zu sprechen, mit ganz unge­wohnter Entschiedenheit die Thu­r. Oesterreich-Ungarn und Deutschland hatten sich in der Frage der BVerfassung an­­fangs auf Seite Rumäniens gestellt, um einen Konflikt zu vermeiden. Ihrem Einflusse ist es zuzuschreiben, daß der Konflikt beseitigt wurde, trogdem entgegengelegte Einflüsse bemüht waren, Rumänien zu einem, die Pforte verlegenden Auftreten zu bewegen. Wien, 13. Jänner. Die „Politische Korrespondenz“ meldet aus Konstantinopel vom 13. d. : Bei sehr gespann­­ter Sachlage dauern die offiziellen Bourparlers fort. Auf einen Umschwung in den Ansichten der Pforte ist kaum zu rechnen ; die Abreise sämmtlicher Botschafter und Delegir­­ten erfolgt kaum vor Freitag ; ein förmlicher Abbruch der diplomatischen Beziehungen ist nicht in Aussicht. — Ein Petersburger Schreiben der „politischen Korrespondenz“ betont, daß die Pforte in der Mäßigung der Konferenz eine Schwäche Rußlands erblide ; sie vergesse aber, daß nicht Rußland, sondern Die Konferenz das Wort führt , wenn der Augenblick genommen sein wird, daß Rußland im Namen Europas sprechen soll, dann werden auch kräftigere, der Pforte verständlichere Argumente nicht ausbleiben. Wien, 13. Jänner. Orig­in ZTelegr) Der „N. fr. Vreife” wird aus Petersburg gemeldet, der Ge­danke einer Intervention beginne ,daselbst fallen gelassen zu werden, so daß auch, wenn die Konferenz erfolglos bleibt und die Bevollmächtigten abreisen sollten, Rußland tol­rt nicht interveniren wird. Wien, 13. Jänner. (Orig. -Telegr) Die Konferenz wird allgemein als gescheitert bezeichnet. Die , Abendpost" reproduzirt Die Meldung des „Temps”, daß im Falle eines Bruches die Botschafter abreisen, der diplomatische Ver­ehr jedoch durch Geschäftsträger auf­recht­erhalten werden würde. Der Eintritt Neußlands in eine Aktion wird hier lebhaft bezweifelt. , Wien­ 13.Jänner.(Orig.-Telegr.)Die »Neue fr.Presse««meldet aus Brüssel:Zwischen­ Beacons­­field und Salisbury besteht keine Meinungsverschiedenheit. Das Kabinet wird den Widerstan­d der Türkei gegen die Wünsche Europas nicht unterstützen.——Sadyk Pascha verläßt erst Dienstag Paris.——Orloff gab gestern ein Kinderfest.—Dem Direktor Sochor der Karl-Lu­dwig-Bahn1 wurde der Hofraths-Titel verliehen. Konstantinopels 13.Jänt­er.(Orig.-Telegr.) Für den Fall der wahrseinlic gewordenen Abreise der fremden Vertreter werden hier ernste Unruhen­ befürchtet.« —Midhat Paschas Gegner sind sehr thätig,dessen Sturz ist möglich.—Es sind positive Ab­zeichen vorhanden­,daß die ursprüngliche Absicht Rußlan­ds,das gesammte diplo­­matische und Konsulatss Personal zurückzuziehen,aufgegeben wurde.Nach der AbreisngiIatieff’s wird ein Geschäfts­­träger die Beziehungen fortführen. Konstantin-Wehr3.Jänner;(Orig.-Tele­ e:gr.) Der Antrag auferleg­ung der Konferenz-Berathungen an einen andern Ort und die Perm­anenz-Erklärung derselben ist in Folge Ablehnung der Mehrzahl der Mächte geschei­­tert.­—Der nächsten Sitzung wird hiermit­ größter Span­­nung entgegengesehe ih Eg ist die Anschauung verbreitet, daß die Pforte in letzter Stunde nachsehen werde. Pera,12.Ja11ner.(Telegram­munsere5 Spezial-Korrespondenten.)In iitimen Kreisen erregt hier eine kleine bissige Notiz des«Levant Herald«'Aufsehen,der gemeinhin fü­r das Organ Elliot’s angesehen wird und neuestens entschieden feindlich«gegen Salisbury auftr­itt.»L..H.«erzählt:Am letzten Mittppoch hadignatiess die Konferenzs Mitglieder,und zunteth disesen­­den Wiarquis of Salisbury auf seiner Yach­t zums Vefpxche nach dem griechischen Kloster Prixikipo gefü­hrt.Nuns ist­ zu wissen, Day dieses Kloster bisher allbelaunt war, als wint­derthätig für — Geistesfranse. Es fragt sich, ob sich Die Wunderfraft des Klosters bei diesem neuesten Experiment ebenso glänzend bewähren werde, wie bisher. 7. 4 Konstantinopel, 12. Jänner. „Agence , Havas" meldet: Wenn bis zum 28. geber sein Uebereinkommen­ zu Stande kommt, sei die Türkei entschlossen, die Feindseligkei­­ten gegen Serbien und Montenegro am 1. März wieder zu eröffnen. Konstantinopel 13.Jä­nner..,Agen­ce Havas«« meldet:Gl­ika übergab Squet Parcha ein­e Note,1111petl­­cher verlangtt wird,die Türkei solle anerke 1111e1t,daß Ru­­mänien keinen integrirendenzheil des ottomn.111ischen«Rei«wie’s bilde. Berlin, 13. Jänner. Der „Reichsanzeiger" "erk­­lärt die Meldung des „Levant Herald“, das Werther in der Konferenzfigung am 11. b. seinen Austritt ankündigte, wenn sich die Pforte nicht kategorisch über die Aunnahme oder Ablehnung der Vorschläge der Menchte erkläre, al vollständig erfunden. Daran anknüpfend bezeichnet das „Wolffsche Bureau" alle Meldungen über eine, angeblich der Herstellung eines friedlichen Abkommens mit der Pforte weniger günstige Haltung der deutschen Regierung als falsih. _ · Bas. Berlin, 13. Jänner. Orig:ZTelegr.) Die Hoffnung auf einen gedeihlicen Erfolg der Konferenz ist ganz und gar aufgegeben ; die Stimmung ist hier entschie­­den gegen jedes weitere Nachgeben und jede. Verschlep­­pung. — Die Nachrichten aus Petersburg lauten ähnlichh. Agran­, 13. Jänner. Orig.-Telegr.­ Nächst der Statkon gepovina der Bahnlinie Zátány-Agram ist in Folge des Regen­­wetters der Eisenbahn-Damm geschädigt. Der heutige Zug hatte mehrere Stunden Verspätung. is Drag, 13. Jänner. (Drig.-Telegr.) Mittags. Die Burlesse mit dem unglückischen Schlachtenleiter Tihernagelf wird heute fortgelegt. Er erregt selbst in ezechischen Kreisen nicht geringe Heiterkeit, daß heute ein förmlicher Empfang bei dem General aus Anlaß beg­riffie fen Neujahrstages inszenirt wurde. A üblicher Were wurden telegraphische Glühwünsche hiezu aus der Proninz bestellt. Um 11 Uhr war Fest­ Gottesdienst in der sonst leerstehenden russischen Kirche. Die czechischen Barteifü­irer waren vollzählig erschienen. Abends soll im caecgischen Theater eine Festvorstellung stattfinden. An einem den nächsten Tage beabsichtigt General ZTihernajeff in der Bar­reda einen Vortrag über die „Taktik­ beim Züge 319" zu halten, zu welchem die Soigen der cachifegen G­eselliyaft geladen werden sollen. Hieran will der General, eine Auseinanderlegung über die vielfach ventilirte IAN bei Verwendung der nach Belgrad gelangten russischen Kriegsgelder knüpfen. Prag, 13. Jänner. (Drig.Telegr.) Mittags. Die Ansammlungen auf der Gasse werden auf Weisung der Polizeibehörde nur mehr geduldet, nachdem füdh herausstellte, da­ Schüler der Mittelschulen harangeirt wurden, an den Ansammlungen vor Tshernajeff­s Wohnung theilzunehmen. Prag, 13. Jänner. Orig.-Telegr.­ 3 Uhr M­adhna. Zihernajeff ist seit 1 Uhr Mittags Gefangener in seinem Hotel. Der Polizeidirektor überbrachte ihm den bös­e Befehl, Prag bis Abends zu verlassen. Motivirt wird die Drbte damit, das Zichernajeffs An­wesenheit iir öffentliche Ruhe gefährde. Zichernajeff darf Niemanden empfangen und das Hotel nicht verlassen. Heute Mitta­g 7" demonstrirte der Böbel in der zufsc­hen Kirche,­­" — | >

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