Pester Lloyd, Februar 1879 (Jahrgang 26, nr. 32-59)
1879-02-01 / nr. 32
BLIdapest-31.Jättner.MacMahon gefühthind mit ihm der letzte «·-Pfeiler des persönlichen Regimes,Gråvy zum Präsidenten gewählt und durch ihn das republikanische Prinzip an der Spitze des Staates Sicheltung erhoben,eine republikanische Kammer,ein«republikanischer Senat,die Verwaltung und die Justiz von den monarchischen Schlacken befreit,die Armee dem republikanischer Läuterungs-Prozesse unter wor er glänzender,siegreicher konnte diessiexublik ihren Aufschritt nicht bewerkstelligen und fast geblendet wirddkws Ange von solcher Fülle des Erfolges.Hat nun Frankreichs hundertjähriger Kampf um die Staatsform auch seine Schulkavolution durchgemacht und ist die Republik das dauernde Gebildeicichselcer Zeit?Allerwärts und sicherlich ganz unmittelbar in Frankreich selbst drängt sich heute diese Frage auf und dies allein beweist,"daß derinnerchhalt den äußeren Errungenschaften nicht entspricht.Und ziehen wir die geschichtlichen Erfahrungen zu Rathe und fassen wir die Elemente ins Auge,aus denen die Publik sich zur Herrschaft hervorger1111;;e11,so schcitzt eine skeptische Auffassung der Lage in hohem Grade begründet zu sein.Wie paradox es auch klingen mag,wir wagen den Satz aufzustellen:je ernsteres um die republikanische Organisation wird,desto schlimmer für die Republik.Die letztere verliert das wirksamste ihrer erhaltenden Motive,sobald sie aus dem Stadium des Geduldetwerdens in das Stadium absoluten Herrschens übergeht. . Denn vergessen wir vor allen Dingen nicht,daß die dritte französische Republik bisher nur eine Smmue verschiedener Negationen darstellte-Sie war die provisorische Formel,bei welcher das vielfache Prätendentendum sich bedrohigennormte,Weil sie keiner der monarchischen Parteien diente und keiner präjudizirte.Sie war eine Republikdehrlegenheit,ein Nothbehelf für nie bestimmte Zeit,als solche wurde sie geduldet,rußte sie geduldet werden und in dieser Gestalt hätte sie ihre Existenz gut oderjiltes,aber immerhin beträchtlich lange fortfristen können.Jeder,der seine Forderung an ankreich zu stellen hatte,begnügte sich mit der Anweisung auf die Zukunft, da er sie im Augenblick nicht realisiren konnte,und die Republik MacMahours erschien mirwiedichrwalterin eines Gutes zahlreicher Erben;sobmld aber die Republik sich als ausschließlicher Eigenthümer Frankreichs etablirt und die monarchischen Parteienr zur Hoffnuungslosigkeit verurtheilt, werden sie alle Hebel anregen, um ihre eigene Erpropriation zu verhindern. Und die Macht, die materielle Macht Frankreichs it nicht republikanisch ; Ob sie orleanistisch, legitimistisch oder bonapartistisch ist, gleichviel, sie ist monarchisch und sie wird sie gegen den Zivang am so stärfer aufbäumen, je stärfer der Druckf, der sie in die neuen Formen einfügen soll. Diese Gefahren zu unterschäßen, wäre thöricht. Das französische Bolt hat die republitanische Idee noch nicht in Blut aufgenommen ,und was auch Die traditionelle Phrase jagen mag, die Republik ist heute weniger populär, als jemals. Solange der Kontinent von dem Absolutismus oder von Schein-Konstitutionalismus beherrscht war, konnte man sich Freiheit, Fortschritt und Vollswohl nicht anders, als im Zusammenhange mit der republikanischen Form denken. Solange es schien, als könnten die Auswüchse der Monarchischen Institution ne beseitigt werden, wenn der Monarchismus selbst beseitigt wird, war die Republis Die Zuflucht jeder freien Bestrebung. Wer wollte aber leugnen, daß dies fs gründlich geändert hat? Wem dinft Heute noc die Monarchie als die Verkörperung des bösen Prin- 318, als der Inbegriff aller Uebel, von denen Völker und Neiche heimgesucht werden, und wo ist Heute das Land und das Bolt in Europa — Rußland selbstverständlich ausgenommen —, welches das Walten der monarchischen Sypee wie einen Truck empfände ? Kann Frankreich unter der Herrschaft der Republik jemals freier sein, als Italien es kenne unter dem konstitutionellen Monarchen it? Kann Frankreich unter der Herrschaft der Republik jemals mächtiger sein, als Deutschland es trog seinem schweren Monarchismus it? Kann Frankreichs Wohlstand sich unter Der Herrschaft der Nepublis jemals Kräftige entwickeln, als Englands nationaler Wohlstand unter den monarchischen Institutionen ? Die Völker sind nachgerade von dem Hir hun zuvorgeformen, die Imstitutionen und Staatsformen als G Selbstzweck zu betrachten, sie schägen dieselben nach ihren Wirkungen auf die Interessen der Bildung, der Freiheit und Wohlfahrt und wenn die Republik in Frankreich ihre Segnungen erst zu bewähren hat, wie will man hoffen, Daß sie im Fruge alle jene breiten Schichten erobern könne, in denen Groß aller revolutionären Stürme der monarchische Gedanke feste Wurzeln gefaßt hat? Selbst aber, wenn man sich über die Imtensität der republitanischen Sdee in Frankreich täuschen wollte, in einem der wichtigsten Britte ist eine ZTäuschung schlechterdings unmöglich — in Hinsicht der Beziehungen der Armee zur Republik. Die französische Armee ist ihrer Gestmmung nach so wenig republikanisch, wie irgendeine Armee des Kontinents. Die glorreichsten Erimmerungen der französischen Armee leiten auf den Monarchismus zu und und am Ende ist es doch nur die Tradition, welche den Geist des Heeres bestimmt. Angesichts dieser Thatsacge eröffnet sich der Ausblick auf einen verhängnißvollen Beinesspalt, über welchen keinerlei Purifikations-Maßnahmen hinweghelfen. Wenn ein Staat zu seiner Existenz eines großen Machtfaktors, wie das stehende Heer, nicht entrathen tan, aber nicht die Fähigkeit besißt. Diesen Machtfaktor unbedingt zu gewinnen, so krankt er an einem Widerspruc, an welchen er früher oder später zu Grunde gehen muß. Nun ist aber die französische Republik in einer Lage, die ihr die Aufrechterhaltung und Entwiclung eines starken amd imponirenden, Heeres zur Existenz-Bedingung macht, sie verfügt aber nicht über jene Mittel, welche geeignet sind. Die Armee, für die Danzer an das Schicksal der republikanischen Born zu retten, weil solche einer Nepabfit überhaupt nicht zur Verfügung stehen. Und man spreche nicht von den Ideen, welche das Heer begeistere ; die große Maffe macht sich überhaupt seine Gedanken, dort aber, wo der Denkprozeß beginnt, beginnt auch der Individualisumg, welcher in der französischen Armee schärfer ausgeprägt it, als in jeder anderen, und mit dem Individualismus macht die Aspiration sich geltend, der sein Zier im Staatsleben zu hoch it, und der sein Unternehmen zu gewagt erscheint, um das Ziel zu erreichen. Die abstrafte Ipee fir ich alleint das Medium nicht, in welchem die tausend Ambitionen und Nivalitäten, die verschiedenen Neigungen und Bestrebungen eines großen Heeres harmonisch zusammmenfliehen könnten; es muß eine persönliche Autorität bestehen, vor welcher jedes Streben sich beugt; wer möchte sich aber bereden, daß irgend ein Parlamentarier an der Sorge Frankreichs, und heiße er min Grevy oder Gambetta, einen bezwingenden Zauber auf die Armee ausüben werde, ja wer möchte sich bereden, daß die Präsidentschaft der Republik, das ist eine zeitlich begrenzte, allen möglichen Wandlungen ausgelegte und zudem nichts weniger als inhaltsvolle Würde, dem Heere, und speziell dem französischen Leere, als imponirende Ariorität erscheinen könne? Ueber diesen Gegentag kann man sich einen Augenich Hinwegtäuschen, aber man kan ihn nicht aus der Welt schaffen. Amerika Fan isr alle Zeiten eine Republik bleiben, es hat Fein stehendes Heer und es braucht ein solches nicht, die Schweiz befindet sich diesbezüglich in übelicher Lage — aber Frankreichs anderthalb Millionen Bayonnete können nicht mittels republikanischer Baubersprüche in den Kreis Grevy’s und Gambetta’s gebannt werden. Und es ist von Schlimmer Vorbedeutung, daß es der in der umeefrage war, welcher den großen Erfolg der Nepablitaner herbeigeführt hat. Die Eurifikation mag einigen jüngeren Elementen des Heeres fürderlich sein, aber sie entfremdet der Nepablit den Kern der Armee und sie schafft ein Gefühl des Unbehagens und der Unsicherheit in den lesten den Persönlichkeiten, dessen sich alsbald jene Gewalten bedienen werden, Die es immer und überall verstanden haben, die Unzufriedenheit des Heeres für ihre Zwecke auszubeuten. So haben sich denn die republikanischen Staatsmänner dranfweigs als kurzsichtige Staatsmänner erwiesen. Zu hastig wollten sie den Cntwidíunger Prozeß beschleunigen und nun banfen sie Gefahr, auch die früheren Resultate desselben zu verlieren. Hätten sie den Dingen den normalen Lauf gelassen, ohne ihn zu foreigen, hätten sie sich darauf beschräuft, über Den Bestand der Republik in ihrer bisherigen Beschaffenheit zu wachen und würden sie ihre Bestreben darauf gerichtet haben, aus der Verwaltung und Justiz nicht die Personen, sondern Die Gefäße und Einrichtungen des Monarchismus zu beseitigen, so hätte es mit der Zeit doch gelingen können, der Republik immer weitere Kreise zu erobern, sie sicher und widerstandsfähig zu begründen. Wie die Sachen heute stehen, werden in gleicher Weise die Armee, wie der Naditalismus den Boden für die Monarchie urbar machen. Das an sich wäre freilich sein Unglück, aber es ist zu fürchten, daß eine neue Gefolge haben werde, . Krise Schwere und tiefgehende Erschütterungen im Budapest, 31. Männer. F. v. K. Feldzeugmeister Baron Nodidh, Statthalter und Militär-Kommandant von Dalmatien, i Dieser Tage aus Zara in Wien eingetroffen und auch schon von Sr. Majestät in besonderer Audienz empfangen worden. An und für sich Hätte diese Thatsache nichts Bemerkensz werthes und nichts Seltenes zu bieten. Sind wir ja doch gewohnt, mindestens einmal im Jahre die Statthalter der entfernteren Provinzen Oesterreichs in der Kaiserlichen Residenz zu sehen, um dem Monarchen und den Seiten der Negierung mündlichen Bericht zu erstatten über Die Lage der Dinge in ihrem Amtsbereiche und sich persönlich von den leitenden Männern jene Informationen zu holen, die sich besser in unmittelbarem Gedanken-Austausche ertheilen lassen, als in noch so ausführlichen und intinten Präsidialreservaten. Wenn wir also treosdem die Awesenheit des karitatinischen Statthalter in Wien Heute zum Vorwurfe einiger Bemerkungen nehnen, so finden wir hiezu in jenen, auch in unserm Blatte registrirten Gerüchten Anlaß, wonach fest mit dem Baron Nodich unter Anderm auch die endlische Regelung der Wehr Angelegenheit in den süddalmatinischen Bezirkshauptmannschaften besprochen oder vielleicht auch ausgetragen werden sol. Angesichts der bevorstehenden Nevision des Wehrgewethes, sowie angesichts des Unstandes, daß bei der Regelung der administrativen Verhältnisse in der benachbarten Herzegovina früher oder später dennoch auch die Frage gelöst werden muß, in welcher Horn Herzegovien und Bosniaken zum Waffendienste herangezogen werden sollen, Dürfte Wiener Negierungskreisen, oder nachdem von solchen bei der perennirenden Peinifzerkrise daselbst nicht gut die Niede sein kann, so wollen wir — vielleicht zutreffender — sagen, in den obersten Machttveisen das Bedürfniß geweht worden sein, vorerst im eigenen Hause reinen Tisch zu machen. Und in der That, wir würden ein solches Bedürfnig nie zu nauvlich finden, denn das Verhältnis der süddalmatinischen Bevölkerung zur Wiener Zentral-Regierung und allderen Organen ist ein derartiges, daß wir zu den drastischesten Ausdrücken greifen müßten, wollten wir es richtig kennzeichnen. . Die beiden Staaten der Monarchie haben in ihrem vollen Umfange neben vielen anderen Lasten und materiellen Opfern die im jeder g Familie, üt jedem Haushalte unmittelbar und drohend empfundene Bürde der allgemeinen Wehrpflicht gutwillig auf si) genommen; nur im tiefsten Süden des Neiches erhebt sich ein kleiner Bruchtheil der Bevölkerung, und zwar jener Theil, der ja sonst in Folge seiner Gesindelhaftigkeit nichts bedeutet und nur den Schuß der Gesebe und die Wohlthat der Verwaltung genießt, ohne die geringste Leistung, ohne die mindeste Steuer — dieser Bruchtheil der Bewässerung, sagen wir, erhebt sich und erklärt: Quod non! Er thut nicht mit. Eine lächerlich schlechte Ausgabe des , Ugocsa non coronat!" Vergebens wird den tragigen Leuten vorgestellt, daß ihnen das Gefeß ohnehin eine Erleichterung gewährt, wie sie ja sonst gar Niemandem im ganzen Neide gegönnt ist; sie sind nämlich die Einzigen, die gänzlich enthoben sind von dem Dienste im stehenden Heere und bies in der heimathlichen Landwehr, also im eigenen Bezirke ihre Waffenpflicht zu erfüllen hätten. Aber das Alles interessirt die Leute nicht. Sie sind taub gegen alte Vorstellungen ; sie erklären einfach: „Wir brauchen nicht einer Wehrgefeß und eure Landwehr, wenn jemand in unsere Felsenschluchten eindringen will, so werden wir fon selber mit ihm fertig, was aber jenseits unserer Berge vorgeht. Emmert uns nicht." Und da halfen weder das Aufgebot einer Armee-Division von 12.000 Soldaten, noch der Feldhernwig verschiedener General, — die Herren Bocchesen behielten recht, sie massakrerten ein paar Jugend Soldaten, bekamen dafür den berüchtigten General pardon von Kuezlac und bis zur heutigen Stunde hat man es nicht mehr versucht, die Bergbewohner der in Rede stehenden beiden Bezirkshauptmannschaften zur Nation zu bringen. Im Geunde genommen man der Monarchie eigentlich an den zwei oder drei Landwehr-Bataillonen, welche die Bezirke von Nagusa und Cattaro zu stellen hätten, nicht viel gelegen sein. Ob sie diese paar Bataillone hat oder ob sie sie nicht Hat, ist für den Stand der Landesverteidigung am Großen und Ganzen gleichgiltig. Es vereinigen sie aber hier prinzipielle, politische und sittliche Momente, um der ganzen Sache ein sehr ernstes Gepräge zu geben. Wie ist es mit der Macht und dem Ansehen eines Reiches von 36 Millionen Bewohnern bestellt, wenn ein paar tausend ruppige, struppige Berg-Sansenlotts nicht zur Achtung und Annahme eines allgemein angenommenen und giftigen, aud fir sie obendrein mod ganz eigens erleichterten Gefeges zu bringen sind? Warum sollen nicht eines schönen Tages, doch den Erfolg der Renitenz ermuthigt, die Henezidaer oder Poppensiedler aufstehen und erklären, wie thun auch nicht mit? Und welche Autorität wollen unsere Negierungs-Organe in der grenze nachbarlichen Herzegovina gewärtigen, wenn Die Herzez gorzen gewahren, daß Diese Organe unvermügend sind, mit den Widerspänftigen im eigenen Hause fertig zu Werdenz als Wahrscheinlich sind siegende Fragen Wiener Kreise heute veranlassen, den Statthalter von Dalmatien endlich zu entscheidenden Schritten in Dieser, im Ganzen nicht sehr erbaulichen, Angelegenheit aufzufordern. Es wäre aber wahrlich auch die höchste Zeit, der nm schon zehn Jahre währenden Gejeßlosigkeit in der DBocca und in der Krivose sie ein Ende zu machen und jene Energie zu entfalten, die allein geeignet it, von rohen Bergstämmen daselbt richtige Begriffe über ihr Verhältnis zur Monarchie und über ihre Pflichten und Rechte beizubringen, es diese und ähnliche, sehr nahe und Erwägungen, welche die berufenen Deinden’ Sie liberalen Reichtjagd-Partei hielt heute Abends unter Borsig Baul Szontäghs eine Konferenz. ‚Stefan Markus meldete eine Interpellation des Inhalts an: Welche prophylaktischen Maßregeln die Negierung gegen die Cinjúleppung der Bei in’3 Merk gerebt habe? Medner beabsichtigt, diese Interpellaion in der norgigen Meidetags-Lisung: zu stellen. nu nn | | Minister-Präsident TiBa gab bezüglich einiger Punkte der Interpellation sofort beruhigende Aufschlüsfe und versprach, sich im Lause über die Frage ausführlicher undetaillirter äußern zu wollen. Die Konferenz nahm die Antiwort zur Kenntnis. Sodann gelangte der Antrag Fröhlich’s und Genosfen betreffs Vorlage einer Webersicht der zehnjährigen Ergebnisse des Staatshaushaltes für Verhandlung. Dr Minister-präsident hält es zwar nicht für motivirt, die amtlichen Organe des Staates mit der Abfassung derartiger Elaborate zu belasten, denn derleitet eigentlich Sache des Privatfleißes und Privatstudiums; gleichwohl hat er gegen die Ausnahme des Antrages im Prinzip nichts einzufenden. Die Konferenz beschloß, diese Angelegenheit als eine offene Frage zu betrachten. Zur Reform der Universitäts- Studien. Bon Dr. jur. ©. Kleinfehrod, Professor der Nehte an der 1. Universität München. München, im Läner seiner Lehrtätigkeit auch in anderer Form, als Der der die jüngsten anregenden Artikel, Reform der Universitäts-Verhältnisse betreffend, Haben in deutschen Universitätsfreisen vielfachen Beifall, theilweise auch Widerspruch gefunden. Die von Ihnen berührten Fragen interessiren in gleicher Weise die deutschen, wie die österreichisch-ungarischen Universitäten, wie ja überhaupt die Verhältnisse hier überall die gleichen sind. Für die heutige Besprechung greifen wir die Frage dr Kollegiengelder als eine der allerdings reformbedürftigsten auf, zugleich aber als diejenige vage, welche bei den hiebei zuächst betbeis ligten, den Professoren, dem lebhaftesten Widerspruche, begegnet. Es ist nicht allzu lange her, daß obige Frage im Abgeordnetenhause zu Wien verhandelt wurde und Minister Unger für Beibehaltung der Kollegiengelder eintrat, wobei er bemerkte, Da ihn jeder Gulden Kollegien-Honorar immer besonders gefrent habe als spezielle Anerkennung seiner Lehrthätigkeit. Wir anerkennen dieses offene Geständniß, glauben aber, daß ein Professor die Anerkennung Geldzahlung finden kan. Nicht streitig it vor Allem, daß die Einrichtung der Kollegiengelder ihre Entstehung Verhältnissen verdankt, welche längst untergegangen sind, daher es sich mir darum fragen kann, ob Gründe bestehen, diese denn zu Tage eigentlich wurzellose Institution noch ferner beizubehalten? Wir können aus den gewichtigsten Gründen diese Trage nur vermeinen. 1. Zunächst ist es eine wahre Anomalie, daß die Professoren, welche, wie andere Staatsbeamte ihr ständiges, systemisirtes Gehalt genießen, fir Erfüllung ihrer berufsmäßigen Pflichten io besondere Einnahmen beziehen. Der Richter bezieht s einen Pfennig über sein Gehalt und vor den Parteien gar nichts, sollte ihn auch der Geschäftsdrang nötigen, zu dessen Bewältigung die Nacht zu Hilfe zu nehmen. Für den Professor gibt es dagegen gar keinen Geschäftsdrang ; ob er viele oder wenige Zuhörer in seinem Kolleg hat, ist bezüglich der für dasselbe bestimmten Stunden ganz gleichgiltig; "außerdem, ist bei der in Oesterreich-Ungarn wie in Deutschland allenthalben geniigend zahlreichen Befegung der Lehrstühle eine Ueberladung der Professoren mit Kollegien nicht möglich. Wenn ein Professor täglich drei Stunden, also wöchentlich achtzehn Stunden, lieft, gilt er schon als außerordentlich stark beschäftigt, während der Beamte täglich wenigstens 6 Stunden im Birrean ammierend sein muß, also doppelt so lang, als der Professor im Dienste eingespannt it. Das Einzige, was dem Professor in Oesterreich- Ungarn als außerordentliche und wunbezahlte Leistung zugemuthet wird, ist, daß er alle drei Semester ein collegium publicum von wöchentlich wenigstens einer Stunde liest. Wir behaupten, daß der mittelst folder collegia publica erzielte Nugen gleich Null it, nehmen wir ein Semester von 20 Lesewochen an, was schon viel it. Fam da in 20 Stunden, die noch dazu von 8 zu 8 Tagen gegeben werden — vorausgesegt, eine solche Stunde entfällt nicht wegen eines Feiertages, nur irgend etwas Gründliches und Erschöpfendes, gegeben werden ? Mindestens sollte in Oesterreich-Ungarn, wie für die preußischen Professoren, die Bestimmung eingeführt werden, daß jeder ordentliche Professor in jedem Semester ein wenigstens einstündiges collegium publicum ait halten hat. Medrigens wollen wir nicht verschweigen, daß es auch in Deutschland mit Diesen collegia publica häufig nicht weit her ist, indem dieselben nichts sind, als abgezweigte Stücke irgend eines Hauptkollegs. Wohl wird ein recht gewissenhafter Professor dies nicht thun, wie dann aber, wenn er nicht gewissenhaft ist und sein einstündiges Pensum möglichst bequem ableiert ? Wer kontrolirt ihn dem? Hiemit it zugleich eine andere Anomalie in unserem (auch Dent deutschen) Universitäts-Wesen berichtt: Der BEDE TOT „orberteti ohne ND TEO ez Wo kommt dies sonst noch vor? Ein Brofessor muß es in bezquemlicher Einrichtung seiner Dienstleistungen son arg treiben, bis einmal das Ministerium intervenirt. Dazu kommt noch: wohl selbstverständlich ist es, Daß Der Brot seifer etwas schreibt, die Wissenschaft fordert, denn wer sollte dies sonst? Der Beamte Hat Hiezu schlechterdings seine Zeit. Wie dann aber aud es gibt viele solche Professoren — wenn er nichts schreibt, seine ganze Dienstleistung, sich darauf befgränzt, Jahre lang Die nänlichen, längst zusammengeschriebenen vergilbten Hefte abzulesen ? Sagt ihm da das Ministerium: „schreib’ etwas? Und doch muß im jedem Semester die Rate des Studenten den Anhalt dieses alten Heftes besonders bezahlen! Sind dies nicht schreiende Uebelstände ? 2. Wir behaupten, gestübt auf langjährige Erfahrung an drei Universitäten, einer österreichischen und zwei deutschen, daß die Einrichtung der Kollegiengelder einen forrumpirenden Einfluß auf die Professjoren ausübt; mit dürren Worten gesagt: wegen der Jagd auf ollegiengelder. Namentlich auf kleineren Universitäten, deren Professoren gering bezahlt sind, kommt es vor, daß dieselben in der That bemüht sind, möglichst viele Stunden zu sejen, um das nicht ausreichende Gehalt aufzubessern, während wir andererseits fragen, hat irgend Jemand wohl schon einmal gehört, daß sich ein deutscher Brofessor mit dem Halten von collegia publica übernommen? Daher kommt es auch, daß manche Brofessoren so wenig oder nichts schreiben , sie ershöpfen sich im Kollegiengeld-Zusammenlesen. Kommt noch dazur, besonders bei kleineren Universitäten, der gegenseitige Neid auf jeden Gulden mehr, welchen der „Kollege einnimmt, Denn man rechnet sich nach. Möge Niemand glauben, daß wir übertreiben; es ist sa, und wir könnten sofort vor aller Welt den Beweis der Wahrheit des Angegebenen Liefern. Möge man Doch endlich die Ursache dieser unwirdigen Zustände beseitigen ! 3. Die Einrichtung der Kollegiengelder führt zu verschiedenen Nachtheilen gerade wie Diejenigen, wegen welcher die Universitäten überhaupt bestehen: die Studivenden. Es hat eine in der That recht abführende Wirkung, wenn der erste Gedanke des die Universität beziehenden Studenten Der it, was muß ich zahlen? Diese Trage geht beider Der, was hör ich am besten? vor. Der unbeimittelte Student wird gerade mm so viel hören oder — wie der Kunstansdruch heit — belegen, als nöthig ist. Damit ihn das Semester angerechnet werde, umd dann wird er sich einen Professor suchen, welcher das betreffende Kolleg, z. B. Erbrecht, eine Stunde weniger (also billiger) löst, als ein anderer Professor. Meist ist hier der Billigere nicht Der Bessere, dem gerade er biffiger, damit doch Hörer zu ihn Formen, in sonst nicht jeder Sol der Fall gewesen wäre. Bon von Benegien, als den vorgeschriebenen Bachkollegien, in der uns bemitterte. Student selbstverständlich Durch seine Armuth ausgeschloffen, leidet also Nachtheil “an seiner allgemeinen Bildung? Man wende uns nicht ein: „Der arme Student wird Homoralfrei. Durchauns nicht Jeder; 8 ist Hiezu ein bestimmter Grad von Armed nötig, über dessen Vorhandensein die Professoren (als judices in propria causa) entscheiden. Deten wir z. B. einen Beamten mit 1200 fl. Gehalt, zahlreicher Familie, und ein Sohn bezieht die Universität. Man würde sehr irren, anzunehmen, daß derselbe Honorar frei wurde, jo Dringend es angezeigt erscheint ; man rechne doch, ob er dem Vater, ohne Schulden zu machen, möglich ist file VBandekten 50 Mark, fir Zivilprozeß-Praktitum 40 Mar (dies sind die Anlage in Preußen) zu zahlen? Man hat seinerzeit im Wiener Abgeordnetenhause gesagt: Die Honorarzahlungs-Pflicht habe das Gute, daß der Student lieber in das Kolleg gehe, denn er wolle doch für fein Geld anf Etwas haben. Dies ist nit richtig; erstens zahlt in der Regel nicht der Student, sondern sein Vater, dann besucht ein Student nie deshalb eine Vorlesung, weil er oder sein Vater dieselbe bezahlt hat, sondern weil ihm der Dozent gefällt, wenn nicht, dann will er sich sie fett gezahltes Geld nicht auch noch langweilen. Höchstens verschafft er sich einmal die „Skripten“, um zu sehen, was der Professor erammiet, wenn dieser Erammator it. Hauptsächlich sollten aber die Kollegiengelder deshalb entfallen, damit das gegenseitige Verhältniß zwischen Brozfessoren und Studirenden ein rein md in wissenschaftlichen Ssntereffen fi) begegnendes sein möge und die stets ums gemüchliche Geldfrage nicht auch das ideale Gebiet der Wissenscaft und ihrer Lehre überziehe. Muß den die Jugend nicht einen Lehrer vor Eifer und Tichtigkeit, welcher sein Honorar bezieht, Doppelt so Hoch verehren, als einen Dozenten, welchem sie Summerte oder Tausende hat zahlen müssen? . Auch die Fugend rechnet nach, und warum folgte sie nicht ? 4. Ihren neulichen Vorschlage einer einzuführenden Substitution der Kollegien-Gelder „durch ein von den Otdivenden zu zahlendes mäßiges Schulgeld können wir ae beistimmen, nicht aber deshalb, damit die Professoren einen Erlas für das wegen der neuen Einrichtung Ber- Yovene erhalten, dem wir finden, daß ein allgemeiner Anspruch auf Schadenerfah nichts besteht, wennt Folge von weinen menschlichen Einrichtungen seitherige Sentereffek verlegt werden. Zum Beipiel: Wie viele Profthalter sind durch die Entstehung der Eisenbahnen geschädigt, selbst ruinirt worden? Hat jemand daran ges dacht, ja sie selbst nicht, daß man ihnen deshalb eine Ente fchädigung zahlen müsse? Dagegen müssen wir die Einsführung eines Schulgeldes, welches unter die Professoren nach dem Zahlenverhältniß der bei dem einzelnen hörenden Studirenden zu vertheilen is. Deshalb befürworten, weil der Professor, will er nicht in seiner Wissenschaft zurückleiben, sich Literatur auschaffen muß, eite Genugthnung, welche an den Beamten nicht gestellt werden fan. Ihrem ferneren Vorschlage auf angemessene Erhöhung der Professoren-Gehälter wüßten wir Feine weitere Vegrindung hinzuzufügen, und so hoffen wir, daß mit der veralteten, innerlich nicht mehr zu rechtfertigenden, die wichtigsten Interessen benachtheiligenden Institution der Kollegien Gelder möglichst bald aufgeräumt werden möge ! (Ein Schlußartikel folgt.) deshalb Hieft e 5 e. e . . Die Regierungskrise in Frankreich. Die legten Nachrichten über den Verlauf der Krise finden unsere Leser in den Telegrammen unseres heutigen Blattes. Die brieflichen Mittheilungen, melde uns zugehen, sind durch die überrachend-schnelle Lösung der Präsidentschafts-Frage überholt. Wir reproduziren im Folgenden Diejenigen Meldungen, welche nach fortdauernd einiges Interesse beanspraßen künnen. Der Bariser Korrespondent der „Times“ erzählt (unterm 98. Männer) folgende Heußerung, welche der Mahal von Mac Mahon gegen Duranne gethan haben soll: « ,8% mal jede jung, als Karl X. auf dem Throne war; ich erinnere mich aber, welchen Gindrud es auf mich machte, als ich hörte, er sei gefallen, weil Herr v. Bolignac seine S Konzessionen gewähren wollte. Im Jahre 1848 war ich ein Man und ich tadelte Heven Guizot, weil er dich seine Weigerung die Reformen zu gewähren, eine Revolution hervorgerufen hatte. Ich habe in dieser legten zwei Tagen viel über diese Dinge nachgedacht. a AS Kuriosum erwähnen vor hier, daß Die „Times“ vom 29. Jänner, welche uns vorliegt, weit ausführlichere Berichte über die Krise hat, als die französischen Blätter von 30. Jänner, welche uns mit der heutigen Bost zugelongen sind. * bg 63 Der von der Regierung in der Giltung vom 28. Jänner der Kammer unterbreitete Ummertie-Vorschlag lautet folgendermaßen : Art. 1. Die wegen Handlungen, die sie auf den Aufstand von 1871 beziehen, in contumaciam verhängten Strafen költen im Gnadenmege erlassen werden, vorausgeleßt, dab der Verurtheilte darumm nachsucht. = »«Art.2.Brutdemühtgen blicken 11,da ihm die Begnadigung notifizwk word misßfällt-gegen deantrthekltemder-nach Frankreich zurückgekehrt ist,jedes weitere im ArL 476 der Straf- Moses-Ordnung vol.1csel)cneVerfahren weg(D.h.dchers urthcclfekimm(1·.1c)selbst nicht mehr verlangen,daß man ihm aufs neue den Prozeß mache und in kontradiktorischem Vorfahr-mn entscheide.) Art.7.DidhvickIcst der kmttmdiktorisch oder incsont mandatmn wegen Theilnahme an den Ausstandc vonJskl verhäiigten Strafen keimen im Gnadenwege erlassen werden.(Dahingehört de erJrimNer staatsbürgerlichen Rechte und die Stellunng der cilizeissjlufsicht) Abg.Louis Blaic bringt denselben Wrieftics Antrag einwie Viktor Hugo, im andern Hause. Erst von 83 Mitgliedern unterzeichnet. Abg. Escargiel bringt einen besondern Antrag auf Erlaß einer Amnestie für die Parsonen ein, welche seit 1870 zn dem Departement Dstoyrenden von Kriegsgeriiten verurtheilt worden lag. Marcommolih bringt folgenden Anmestie - Entwourf ein: Art.1.Anmestirt wird jeder,der seit der letzten Amnestie vom 1870 wegen politischer Verbrechen oder Vergeheil,sowie wegen Preßvergehen verurtheilt worden ist. Art. 2. Die Wirkungen der Amnestie erstrecen fh auch auf die gemeinen Verbrechen und Vergehen, welche vermöge Der Absicht und des politischen Zwecks der Thäter . in einem offenbaren Zusammenhange mit den Ereignissen , vom März, April und Mai 1871 stehen, wie Anmafsung öffentlicher Uenter, wivergebsliche Verhaftungen, Nequisition u. s. w. Art. 3. Bien drei Monaten hat Die Negierung über die Ausführung dieser Maßregel bei den Kammern Bericht zu erstattern und die namentliche Liste der Verurtheilten vorzulegen, welche sie in diese Anmefzte nicht einzubegreifen für angemessen gefunden hat. Art. 4. Ein Austhug von 6 Abgeordneten und 6 Senatoren wird die Beschwerden der Verurtheilten, die sich durch Verweigerung der Annestie gekanzt glauben, zu prüfe haben. Alle diese vier Vorlagen werden als dringlich zugelassen und einem und demselben Wustepuite überwiesen. Die Handels-Konvention mit Oesterreich-Ungarn wird auf Antrag des Handelsministers Teifierene de Vort als dringlich an den Tarif-Mrsfuß geleitet. Dann werden verschiedene Vorlagen in Betracht gezogen, darıter auch ein Antrag des Ag. Tarıf auf Herablegung der Dienstzeit in der Marne. 63 . FE # s .. . Dem „Monttene Universel“ zufolge hatte das Ministerium folgende Ernennungen beantragt : General Favre an Stelle des Generals dr. Lartigure in Limoges ; General Clincant an Stelle des Generals Bonchali in Lyon; General Sauffier (oder General Califfet ?) an Stelle des Generals Bataille in Orleans; General Billot an Stelle des Generals Ranfon in Montpellier. 636 * Weber die Yeßten Greisniffe in Ftanlreic) bringt die „Neue freie Breffe” aus Baris folgende Meldungen : don wa N)