Pester Lloyd, Mai 1886 (Jahrgang 33, nr. 120-150)

1886-05-01 / nr. 120

(4 & — Budapest, 30. April. CH) Nach seinem vollendeten siebenzigsten Jahre, angelangt bei den höchsten Lebenszielen, welche per­­sönliche Ambition erstreben mag, nach einer Laufbahn, die stets nach dem Erfolge hin­gerichtet war und niemals mit den zeitlichen Verhältnissen in bemüßte­n Gegentage stand so ist Dr. Theodor Bauler heute verschieden. Und wenn die Nachricht von diesem Tod­e hinausdringt in das Land, wird sie wohl nicht das erschütternde Echo finden, welches den Heimgang der Großen im Neid­e des öffentlichen Lebens zu begleiten pflegt, aber sie wird sicherlich überall mit herzlicher Theilnahme ver­­nommen werden. Das Todtengericht, das jegt über ihn beginnt, wird den Namen des Verstorbenen vielfach mit Sympathie, allezeit wird es Denselben mit Hochachtung nennen. Der größte Theil seines Lebens verlief in ruhiger Abgeklärtheit, welcher persönliche sowohl als politische Kämpfe fremd blieben. Selbst die Zeit der heftigsten nationalen Fehde verbrachte Bauler ruhig auf seinem Lehrstuhle und während einerseits auch Die feindselige Staatsgewalt nicht umhin korm­te, seine Verdienste durch mehrfache Aus­­zeichnungen zu würdigen, waren Dieselben andererseits duch die Nation dankbar anerkannt und reichlich gelohnt. Die Gunst der Mächtigen jener Zeit vermochte nicht seinen Rechtssinn zu beugen und nie bot er die Hand zu einer Mairegel, die mit der Verfassung und den Gelegen Ungarns im Widerspruche stand. Fa, das ge­ben Theodor PBauler’3 war genug trefflich ausgefüllt, daß es Feines erborgten oder geschenkten Nuhmes be­­darf, und so kann ohne Umstände konstatirt werden, daß die Zeit seiner Lehrthätigkeit in den fünfziger und sechziger Jahren die ersprießlichste Periode seines Lebens gewesen ist. Ueber das Niveau der Gelehr­­samkeit, das damals bei uns allgemein war, regte seine Gestalt nicht unbeträchtlich hinaus; eine glänzende Fähigkeit des Vortrages half ihm einen Gelehrtenruf erringen, der sich sonst nur ale die Frucht langjähriger und au­ßergewöhnlicher lite­­rarischer Leistungen einzustellen pflegt. Wenn sein Name auch niemals durch große wissenschaftliche For­schungen hinausgetragen wurde über die Grenzen unseres Landes, wie z. B. derjenige seines Kollegen Sulius Kaug und Anderer, die zu jener Zeit Die Zier­­den der Bester Hochschule gemesen sind, so beherrschte er dagegen im Lande ganz uneingeschränkt die Geister der Agend. Den heimischen Theoretikern galt er häu­­fig für den ersten Juristen Ungarns und das war sein geringer Titel, in einem Lande, das die Rechts­­wissenschaften stets Hoch gehalten hat. Jahrzehnte Hin­­dusch strömten Schüler in immer größerer Zahl nach seinem Lehrsaal und zogen sie hinaus ins Leben, da verblieben sie noch lange unter dem Einflusse seiner Autorität. Er hat eine ganze Generation von Juristen erzogen und war dieser lange Zeit hindurch­ Vorbild und Meister. St Doch die Mehrzahl derjenigen, die später an seine praktische Thätigkeit mit der herbsten Kritik herantraten, durch ihn in Die Wisssenschaft ein­­geführt worden und huldigten doch selbst seine Alters­­genossen willig seinem gelehrten Rufe! Wohl hat ihn die Bollsthümlichkeit auch später gelegentlich auf ihre Flügel genommen, aber sie trug ihn nur mitten hinein in das Gemwühl der Par­teien und da war es vielleicht nicht immer die Partei seiner Wahl, die sich am ungeflümsten an ihn heran­­drängte. Er befand sich eben,­­ so wie er die Lehre fanzel verließ, auf einem fremden Boden ; das hatte er bereits als Richter erfahren und darum bot ihm das richterliche Amt nur spärliche Freuden. Nicht länger als auf dieser Bahnr verweilte er in dem durch den Tod Skofef Eötvös erledigten Unterrichts-M­ini­­sterium, das er bald verließ, um des Erbe Balthasar Horvát’s anzutreten. Bei zwei Gelegenheiten, und im Ganzen mehr als zehn Jahre lang hat er in seinen bereits schwächer werdenden Händen die Leitung des ungarischen Justizwesens gehalten; die geheilig­­teten Funktionen des Rechtsstaates in ihrer Freiheit und Reinheit zu bewahren, it ihm anvertraut ges­­esen. Wenn eine solche Aufgabe zugleich­ die err­habenste und die verantwortungsreichste­it in jede­m Lande, so­ll­te es Hundertmal mehr in einem Lande wie Ungarn gemesen, mo eine neue Organisation der Justiz maßlose materielle Sch­wie­­rigkeiten bot, welche nur die Kraft und die Umsicht überwinden konnte und wo — was schlimmer­­er als die Unfertigkeit der Organisation, schlimmer «I» der Mangel Fodifizirter Gejege —, wo der Geiz der Nation, die Meinung’ der Gebildeten, der Entschluß der politischen Gesellschaft, ‘die Bildung der Hac:­mönner noch nicht uo weit‘ vorgedrungen war, das Wesen der modernen Rechtspflege, in ihrer Hoheit, in ihrer Unbeugsamkeit und in ihrer Humanität, völlig zu erfassen und gebührend­­ anzuerkennen. ZTrat dazu noch eine ‚Seit, Die aller Eingebungen eines leiden­­schaftlichen Reaktionsbegehrens so zugänglich ist, da konnte es leicht geschehen,­ daß wir in den Wirbel des Nachschrittes Hineingerisfen­ wü­rden, nachdem Die B Periode des Fortschrittes bei uns kaum flüchtige Spuren zurückgelassen hatte. Der Mann, der an der Spithe der ungarischen Justiz fand, mußte da von einem Enthusiasmus gestählt sein, damit er nicht selbst unter­­gehe, geschweige,denn, daß, er die ihm anvertrauten Spntereffen vorwärtstrage. Fü­rwahr die Männer des Jahres 1848 haben ihre moralische­ Niederlegenheit­egenüber allen ihren Nachfolgern auch in der eine Faden Thatsache bekundet, daß sie sich zum­­ Justize­minister seinen ,Geringeren und seinen Anderen als Franz Deutz erfroren. Nicht leichter zu bewältigen aber waren die Schwierig­­kkeiten, welche das Justizwesen in unseren­ Tagen zu bewältigen hatte, in einem gemissen­­ Belang waren­ sie sogar weit erheblicher, als jene des Jahres der großen freiheitlichen­ Bewegung.Wenn Theodor Pauler sich« nicht immer völlig über die Strebungen und die Strömungen erheben konnte,die ihn»umgaben.­—» sollen wir darob mit seinem Andenken streng ins Gericht gehen? Was er im Laufe einer zehnjährigen Negierung gethan und daß er zehn Jahre regierte, das geschah zumeist­­ in Uebereinstimmung mit dem größten Theile der Öffentlichen Meinung und die parlamentarische Opposition ist ihm Häufig eine kräfti­­gere Stüge ge­wesen als der gouvernementale Heerbann. Wenn er, der bürgerlich Geborene, sie u. A. für die Fivei­ommilie ereiferte, so mochte man sich darüber mit Grund wundern — aber fanden seine Worte etwa nicht verständnißvolle Zustimmung bei der überwiegen­­den Mehrheit aller Parteien der Vertreter jenes un­garischen Volkes, das wahrlic nur zum allergeringsten Theile Ursache Hat diese Einrichtung zu segnen? Wenn er, nachdem er einige weitreichende Reformen eingeführt hatte, plöglich innehielt vor weiteren Reformen — dürfen wir ihm daraus einen Vorwurf machen, die wir Zeugen waren und fortwährend Zeugen sind, wie selbst jene ersten Errungenschaften täglich verlästert u­nd verkleinert werden ? Und wenn er, an der­ Schwelle­­ des Grabes, gebrochen an Körper, an Willen und an­­ Geist, seine unweite Hand zum Palte mit den Meächten‘­­ des Stillstandes reichte — durfte ihm das übel an­­gerechnet werden in einer Zeit, da die Rüstigen und die Starten ihr Gaups willig unter das oc, des DOpportunismus beugten ,­­ unbesiegbaren Willen getragen und durch feinigen vielleicht weniger Eignung besaß, als wünschenswerth und wohl auch nothunwendig sein mochte, da war das sein V­erhängniß weit mehr als seine Schule. Nimmer wird das jedoch die­­ Verdienste aufheben, Die er sich erworben, al er mit hingebungsvoller Begeisterung in Tausenden von ungarischen Sünglingen ebenso hin­e gebungsvolle Begeisterung für die Wissenschaft merkte und pflegte. Nichts wird endlich die Erinnerung weg­­wischen an die Lauterkeit seiner persönlichen Lebens­­führung, an seine puritanische Einfachheit und Die schlichte Liebenswürdigkeit, die über sein ganzes Wesen ausgegossen war. Auf dem Gebiete, wo er heimlsch gewesen, wird ihn Niemand vergessen machen — auf jenen Gebieten, wo seine Schöpfungen seltener vom Erfolge gekrönt waren, wollen wir harren, ob seine Nachfolger sich glücklicher abó­er erweisen werden ! Die Zeiten werden auch für Diese Hart sein und sie werden schwere Kämpfe überdauern müssen. Es hat sich im Verlaufe der jüngsten Zeit in unserem öffent die sich aus­breitet mit der Rapidität und Unberechenbarkeit einer jeden Epidemie, und­ die sich in Schroffen Widerspruch feßt zu allen Auffassungen über die Würde und die Unabhängigkeit des Nichterstandes, die im Westen Europas zu dem eisernen Etat der Meinungen aller Gebildeten gehören. Kein Sujet hält man derzeit bei, uns für geeigneter, willige Leute zu alimentiren, als die sogenannte Stoli­theit und Un­nahbarkeit der Richter, und wenn wir lesen, daß seit einem Jahrhundert die besten Geister unter Franzosen, Deutschen und Engländern Diese exzep­­tionelle Stellung der Richter unter Die fostbarsten Güter des Volkes gezählt haben, fragen wir und ob wir bei ihnen auch in die rechte Schule gegangen sind und ob sie auch wußten, was der berühmte „nationale Genius“ erheirsche ? Wenn wir erfahren, welche Ideen über die Gleichheit vor dem Gefege, über eine recht­­schaffene Strafrechtspflege, über den Schuß des Bür­­ger gegen die Fehler der Justiz, über den Schuß der Justiz gegen die Einflüsse der Macht und über die Scheidung der Gerichte von der Administration am helllichten Zuge umgehen : da wird es uns fast bange, gedenken wir des künftigen Justizministers. Und über­legen wir das Alles, da fehren wir nicht ohne Nah­­rung zurück zu dem reife, der heute eingegangen ist in das Neid­ ewiger Gerechtigkeit und dem in anderen Bettläuften vielleicht auch der Lorber des Graatg­­mannes geblüht hätte, wie zu dieser Stunde der Lorber des trefflichen Lehrers, des berühmten Nedners und des ehrenhaften Dienschen seine bleichen Schläfen schmüdt, er überall dort, wo er erwählt und berufen war, seinen Plan mit hohen Ehren ausfüllte. Wenn er auf - © ·-»"· Mein, an der’ Bahre des ehemaligen Justitz­ministers ist es nicht Pietät und Ehrfurcht vor dem Tode allein,was die Kritik schweigen heißt,sondern es ist die aufrichtige Ueberzeugung,daß der Da—hin­.. gegangen ein Allem,was er that,vom besten­ Wilzlen, von den hintersten­ Intentionen geleitet war,und­ daß einen Bosten gestellt wurde, für wen er in solcher Seit­­­e lichen Leben eine Meinung gebildet, Budapest, 30. April.*) m. Zum so und so vielten, zu ungezähltem Male müssen wir lesen, wie die russische Regierung auch heute Die neuesten maßlosen Angriffe der panslavisti­­schen Breise gegen die österreichisch­­ungarische Monarchie desavonirt und auf das Lebhafteste bedauert, während doch die ganze Welt weiß, daß es nur eines Wortes, eines Winfes seitens derselben tuffi­­schen Regierung bedürfte, um jenen politischen Schreihalsen den Mund zu stopfen. Heute ist es das zur Vervollstän­­digung unserer Wehrkraft eingebrachte Landsturmgejeg, welches die tuffische Vresse zu patriotischer Entrüstung gegen unsere Monarchie entflammt und ihr angesichts der großen dem heiligen Rußland daraus erwachsenden Gefahr die Ber­pflichtung auferlegt, den öffentlichen Geist des eigenen "S kandes gegen die offensiven Gelüste dieses unruhestiftenden, friedenstörenden österreichisch-ungarischen Nachars in Ber­wegung zu geben. Wir wollen uns über den Zmweg unseres Landsturm­­geseßes hier weiter nicht auslassen. Die Leser dieses Blattes sind von dessen Bedeutung und Tragweite, daher auch von dessen Nothwendigkeit gegenüber der großen Ueberlegenheit der anderen Gromächte genau unterrichtet und wir sprechen nur die Wahrheit aus, wenn wir behaupten, daß die Heber­­zeugung von dieser Nothwendigkeit — so sehmerz fi­ man dieselbe auch finden möge — in unserer patrioti­­fen Bevölkerung denn doc eine allgemeine ist. Bedürfte es noch eines Beweises für die Unerläglichkeit jenes Gewebes, so wäre ein solcher eben in der Berserkerwuth zu finden, mit welcher die russischen Journale dieser bevorstehenden Kräftigung unserer Wehrmacht begegnen, welche ein unerlaub­­ter Strich durch ihre Rechnung zu sein scheint. Doc dies it­ an fi, nebensächlich, wohl aber missen wir fragen, warum das nicht-offizielle Rußland fest so arg mit den Waffen Hlirren, ja in die Kriegstrompete stoßen darf, während das offizielle Rußland, voll der freundschaftlichen Bereicherun­­gen für uns ist und alle Hindernisse Hinwegzuräumen Der fliffen scheint, in welche es selbst von Fall zu Fall der so w­ünschenswerthen Pazifizirung der Balfan-Halbinsel ent­gegenstellt. Die Erklärung für diese neueste Kopfwendung des rus­­­­sischen Janus ist nicht schwer zu finden. Durch die journali­­sische Hege gegen die österreichisch-ungarische Monarchie sol die Aufmerksamkeit des großen russischen Publik­ums von dem Mißerfolg abgelenkt werden, welchen die Regierung aus der bulgaro-rumelischen Kampagne nachhause gebracht hat. Denn vergebens wurde versucht, denselben durch Hervor­­hebung der angeblichen Erfolge zu verheben, welche Ruß­­land beim Zustandekommen des türkisch-bulgarischen Abkom­­mens erzielt haben will. Heute nämlich zeigt sic) [chon ange­­sichts des türkisch-griechischen Konfliktes, daß die von Nuß­­land betriebene und durchgefegte Streichung jenes Punktes, wonach Bulgarien der Türkei, im Falle eines Angriffes gegen sie, zu militärischem Beistande verpflichtet werden sollte, als ein Vortheil für Bulgarien aufzufassen sei. Denn wenn Die Türkei gegenüber den Provokationen Griechenlands zum militärischen Angriff schreiten muß — poli­­tis märe in diesem Falle gewiß sie der ange­griffene Theil —, so würde Bulgarien vielleicht zur militä­­rischen Heeresfolge aufgefordert, was sicherlich nicht in dessen Bortheile gelegen wäre. Leistete es aber die Heeresfolge nicht, so wäre das Zerwürfung mit der Türkei­ fertig, mit deren Geneigtheit Fürst Alexander bis auf Weiteres sehr zu rech­­nen hat. Nun aber ist Dieses Dilemma glückich beseitigt und es mögen Diejenigen nicht ganz Unrecht haben, welche behaupten, der Fürst habe jenen dem Selbstbewußtsein­­ der Türkei so schmeichelhaften Punkt in das Abkommen nur best­halb aufgenommen, damit er von den Russen, welchen derr selbe sehr verdächtig scheinen mußte, ausgemerzt werde. Und so hat Bulgarien, wohl dur Nußlands Dazuthun, aber ganz gegen dessen Absicht, vollständige Freiheit in seinem mi­­litärischen Thun und Laffen, was jedenfalls besteh­­t, als wenn es durch irgendwelche Vertragsbestimmung an die pol­­itische Aktion der Türkei gebunden wäre. Wird Fiürst Alex­­ander gut und kräftig regieren — zwei Begriffe, die sich hier vollständiger als je anderswo zu deden haben werden —, so kann ihm nach fünf Jahren die Verlängerung der Statt­­halterschaft in Ostrumelien nicht fehlen, und das ist für ihn und für das Land wichtiger, als die Befriedigung eines ic­er Seder. Heinlichen persönlichen Chrgeizes, welchen nicht ar­ haben oder denselben höheren Zmweden hintanzustellen gewiß zu den Vorzügen dieses Fürsten gehört. Nußland hat daher au­sütnsichtlich der Detailbestimmungen des türkisch-bulgarischen Abkommens gar seinen fachlichen Erfolg gehabt und dies soll nun wohl beim russischen Bublikum durch eine Preß­­kampagne gegen ung vertuscht werden, welche umso erfolg­­verheißender erscheint, als ja wir, wie man dort aus Er­fahrung weiß, gar nicht oder nur höchst häffig hinüberzu­­schießen gewillt und gewohnt­ sind. ·«---- «­­Jn Verbindung mit der journalistischen Hetze«gegen uns steht,als Blitzableiter,auch die Thätigkeit,welche, Rußland"jetzt in der türkisch-griechischen Frage­ entwickelt, und welche Durch die Berufung des Herrn v. Giers, solwie der russischen­­­ertreter in S Konstantinopel, Athen und Bukarest nach Livadia, dem Frühjahrs-Aufenthalte bes Ezars, zu besonderer Bedeutung erhoben werden sol, gleichsam als märe auch hier Rußland die tonangebende, die entscheidende Macht. Wir werden sehen, wie’ eg mit Diesem Vorgehen beschaffen it. Durch die Intervention Frankreichs ist der türkisch­­griechische Streit vor derhemd mindestens vertagt worden. Wenn nun dieses diplomatische,jedoch wie wir noch imme­r hoffen wollen,Von einigermaßen dauerndem Erfolge begleitete Eingreifen Frankreichs auf­ dessen philhellenische Traditionen zurückführt,so möchten wir dem bescheidene Zweifel entgegensetzen.Sehen­ wir doch,wie Gludstoffe,der bekannte Griechenfreund,seine Schützlinge heute ganz unsanft behandelt hat,weil m­an die Politik eines­ Staates eben­ nicht vom Gefühlsstandpunkte aus betreiben kann.Im Uebrigen­ war die«fra1­rzösische Politik zur Zeit des Krim­­krieges nichts«­wen­­iger als griechenfreundlich.Frankreich hatte jetzt eine gottzchichere Ursa­che,aus seiner politischen Passivität zu­ Gunsten Griechenlands,d.h.um es aus der Südwafse zu Führen, Hervorzutreten und hat Dies gethan, weil er sicher sein konnte, das mit gegenwärtig durchaus Fein friegerischer Präjudiz zu Schaffen, während er gleichzeitig dem ganzen Welt theile, Eine Meacht natürlich ausgenommen, einen großen Dienst erwies, ob es den anderen Mächten hier zuvorge­­kommen oder im Einvernehmen mit ihnen vorgegangen ist, bleibt vorderhand gleichgiltig. Frankreich aber hat sein Dime treten in eine aktive Politik auf einen späteren, voraus­­bestimmten Zeitpunkt verschoben . Jedermant­ wird nus ver­­stehen, wenn wir den Wunsch aussprechen, dieser Zeitpunkt sei ein möglichst ferner. Er mußte daher auch bestrebt sein, den tü­rkisch-griechischen Konflikt Friedrich aus der Welt zu Schaffen, weil in dem politisch unberechenbaren Orient selbt totale Streitfragen zu den weitestgehenden, alle europäischen Mächte berührenden Verwillungen führen Fünnen — Ber­eichlungen, denen Frankreich allein dann nicht fernbleiben­ durfte. Er würde daher, selbst wenn Griechenland so unklug wäre, den Krieg wirklich herbeizuführen, sich den eventuellen Koerzitiv-Maßregeln anderer Mächte keineswegs t­asächlich zu widerlegen versuchen und dies umso weniger, als ja selbst ven besiegten Griechen von Seite der Pforte — das weiß man bestimmit — politisch sein Abbruch geschehen konnte. Was Maßland betrifft, so hat er keine andere Ten­denz, als die Wirrnisse auf der Balfan-Halbinsel zu for­­dern; deshalb ist ihm auch­ der türkisch-griechische Konflikt willkommen, aus welchem die Zitifel, wie immer die Sache sich entwickelte, wenigstens finanziell geschwächt hervorgehen mußte. Selbst diese unblutige­ Mobilisirung wird den Sultan eine erklebliche Anzahl von Millionen fosten, und es sollte uns nicht wundern, wenn­ Nußland vielleicht bald noch bestimmmter, als es bisher geschehen ist, auf die Zahlung der aus 1878 Dativenden Kriegsentschädigung dringen oder Garan­tien verlangen würde. Griechenland ist freilich Durch die fojt­­spielige Mobilisirung auch nicht­ weicher geworden — ein Staat aber, der eine Zukunft hat, ist da doch immer besser fituirt, als derjenige, welcher nur eine Vergangenheit besigt. Es wird ziemlich allgemein geglaubt, daß Die xuffische Bolitit insgeheim Die Griechen in­ ihrem Wider­­stande gegen die Abmahnungen der Mächte bestärkt hat, ja vielleicht auch­­ selbst nom bestärkt; wenn wir aber fragen würden,­­ was Griechenland von Dieser angeblich moralischen (lucus a non lucendo) Unterstügung später in praxi zu erwarten hätte, so reduzirt sich dies auf — Nichts. An Geld Hat Rußland selbst großen Mangel und wie es den riechen irgendwie militärisch zu Hilfe kommen sollte, das ist nicht abzusehen, so Lange die englische Flotte da ist und — wie wir oben auseinandergefegt — von Frankreich Feine Feindseligkeit zu gemärtigen hat. Die russische Schwarze-Meer-Flotte ist durch die Meerengen ferne gehalten; es könnte daher höchstens ein Theil der­­ baltischen Flotte mobil gemacht werden, der der englischen Streitmacht in seinem alle gewachsen wäre, in jenen fernen Gemässern auch jeder Basis entbehrte, ja nicht einmal für seinen Kohlenbedarf gesichert aufkommen könnte. Steht Griechen­­land dann einmal mitten in den Kalamitäten,­­dann műre auch für. Rußland Die­ Zeit da, wie in den Jahren der Mer gierung, des Königs Otto, fi in­ale inneren Angelegen­­heiten Griechenlands zu mengen, dort wieder Fuß zu fassen und den archimedischen Punkt für die Revolutionirung der Balfan-Länder wieder zu gewinnen, welcher, so persider , in Bulgarien ihm unter den Füßen weggezogen wurde. Griechenland hat genug der Sympathien, in­ Europa, um versichert zu sein, daß es mit seinen berechtigten Aspira­­tionen nicht allein steht und daß es nicht verzweifeln darf an der Realisirung seiner begründeten Forderungen. Wir, in Oesterreich-Ungarn, sind gewiß, nicht die Leuten, welche sein Aufblühen und Gedeihen lebhaft wünschen — der­ Reit­­punkt für eine Aktion aber ist gegenwärtig nicht der richtige und die Griechen werden wohl daran thun, sich vorderhand zu fügen. ALS gute Freunde aber müssen wir aussprechen, daß die Wege, welche sie seit dem fünfzigjährigen Neu­­bestande des Neic­es gewandelt sind, sie­ nicht, so bald in die Zupftapfen ihrer großen Vorfahren führen werden. Von dem Zeitpunkte an, wo Sparta seinen Lyfurg gezeugt hatte, ward Griechenland groß: Solon und Thales, Pythagoras und Sokrates, Plato und Aristoteles, Epaminondas und Leonidas, Aristides und Rhosion, PVerisses, und­ Alcibiades, Philipp und Alexander, waren in jahrhundertelanger Reihen­­folge die Kinder von Lysurgos’ Geiste.­ Möge dem neuen Griechenland auch ein neuer Lysurg beschieden sein, und rascher als­ im Schwedengange der Jahrhunderte werden feine Geschiche glänzend sich erfüllen. Ein Staat kann nicht allein durch die Hilfe von außen leben und groß werden; er bedarf dazu der eigenen inneren Kraft, und Griechenland hat versäumt, solche in jenem Maße zu erwerben, wie es die seit seiner Wieder­­aufrichtung dahingegangene Zeit erlaubt hätte. Wir ver­wundern die Helventhaten der Griechen in dem beinahe hundertjährigen Kampfe um ihre Unabhängigkeit und Freie­heit ; wir können aber nicht billigen, daß sie, nachdem sie dieses ihr großes Zier erreicht hatten, durch Uneinigkeit im Innern ihre Konsolidirung versäumt, daß sie, den Blick stets auf auswärtige Vergrößerung gerichtet, sich in fortwährende Kon­flikte mit der Pforte festen und ihre Finanzkraft erschöpften, ohne dabei ihre Wehrkraft zu heben und zu festigen, daß sie sie in ihrer ganzen Politik stets nur durch vage, von den jeweiligen Gegnern der Pforte ausgestreute Versprechungen bestrichen liegen. Heute war oder ist Griechenland noch auf demselben Wege ; möge es erkennen, was es von einer Macht zu erwarten hätte, welche es in den Jahren 1768 bis 1792 zur Empörung gegen die Türkei aufgestachelt und nach endlosen Opfern und Leiden im Frieden von Kufchufs Kah­ardshi und von Zaffy nahezu vergessen hat; von jener Deacht, welche er im Freiheitskampfe­n Dieses Jahrhunderts verleugnet und im Stiche gelassen , welche durch unablässige Intriguen seine Konsolidirung während der schwachen Re­gierung des Königs Otto verhinderte , von jener­ Macht endlich, welche den Gegenzug z­wischen Slaventhum und Sriechenthum erfunden und auf ihre Fahne geschrieben hat. Doch wir sind weit von unserem Thema abgenommen. Wir wollten nur sagen, daß wir es müde sind, den Prügel­­jungen für verunglückte Unternehmungen der­ rufsischen Staatszunft abzugeben. Alle Welt weiß, und auch die ruf­­fische Treffe­it davon überzeugt, daß wir gewiß seinen Krieg mit Rußland wollen und Alles gern beitragen, um mit unserem mächtigen Nachbar auf gutem, ja freundschaft­­lichem Fuße zu bleiben. Aber gegen jene zweitheilige Politik müssen wir uns denn doch mindestens journalistisch zur Wehre fegen, und wir würden an­ das Urtheil Europas appelliren, wenn wir nicht schon m­üßten, wie sehr ohnehin das russische Volk allgemein bedauert wird, sich durch der­artige Zumuthungen an seinen gesunden Sinn, an sein ge­sundes Urtheil, öffentlich diskreditiven Laien zu müssen.­­­­ Der Wiener Korrespondent der „Narodni Listy“ suchte den aus R­o­m wieder in die österreichische Hauptstadt ein­­geführten serbischen Minister des Aeußern, Oberst Franatropice auf, um angesichts der durch das Verhalten Griechenlands vere­inderten Lage auf der Balfans Halbinsel dessen Anschauungen über die nächste Zukunft der orientalischen Frage einzuholen. Der Korrespondent erkundigte sich zunächst über die Provenienz einer Zeitungsmeldung, welche von einer Entrenue z­wischen dem Kaiser-König Franz SYofef, dem Czar und dem König Milan im Jühherbst dieses Jahres zu erzählen mußte. Darauf sagte Fr­a­­naffovics, ihm sei nicht bekannt, daß König Milan eine Ein­­ladung zu einer Zusammenkunft erhalten hätte,­­ müßte dies nur während seiner Abwesenheit von der Heimath geschehen sein, aber auch da s­ei unwahrscheinlich, da er über alle wichtigen Vorkommanisfe auf dem Laufenden erhalten werde. Der Minister glitt dann selbst hinüber auf die momentane Situation Griechenlands und äußerte si auf Grund ihm zugegangener Mittheilungen: Um­­ offen und aufrichtig zu sein, muß ich gestehen: Die Situation isich heute fr­ü­­her und bedenklichber als sie amlegten Samstagmar Der Schritt $reycinet’s, respektive des französischen Gesandten in Yb­ben war ein ganz selbst­ Bändiger, er erfolge ohne die Grimwilligung, ja sogar ohne Zustimmung der übrigen Mächte. Als der Botschafter Mo ug den griechischen Minister- Präsidenten zum Nachzuge bewogen hatte, meldete er diesen seinen Erfolg den übrigen Gesandten und forderte dieselben auf, um Sin­­frastionen anzufuchen. Die Gesandten b­aten dies jedoch nicht, son­dern überreichten, ohne bei ihren respektiven Negierungen weiter an­­gefragt zu haben, das Ultimatum. Wenn Jest Delyannıiz in Abrede sielt, dem französischen WBotschafter die Ab­­rüstung Griechenlands versprochen zu haben, dann bleibt Herrn Freyceinet nichts übrig, ad Delyannis zu dementiren, indem er die authentische, dem französischen Botschafter gegebene Antwort publizirt. Daß sich die griechische Negierung noch fest zum Kriege entschließen könnte, glaube ich durchaus nicht, denn bei dem ausgedehnten Litorale könnte Griechenland der großen Ueber­­macht nicht lange Stand halten, und seine Handelshäfen wären bin­­nen Kurzem ein Opfer der Vernichtung. Die Stellung Delyannig ist die denkbar peinlichste, da er wieder vorwärts, noch ründwärts kann. Die kriegeris­che Stimmung in Griechenland ist derart entflammt, daß ihm jeder Nidzug unmöglich gemacht ist. Deshalb hat er fest auch andere Saiten angeschlagen, weil er den bedenklichen Gindrud wahr­­nimmt, welchen seine dem französischen Gesandten gegebene Erklä­­rung auf das friegerische Bolt gemacht hat. Doch täusche man sie nicht darüber, daß Griechenlands kriegerische „ Verlage irgendwie erfolgreich sein werden. Man wird das Land zum Nachzug swingen, aber dann allerdings droht dem­selben eine frredliche Revolution bei welcher eine Wiederholung der Aat­trophäe am Maraton-Felde, bei welcher die K­onsuln getöpft wurden nicht un­möglich ist. Will die griechische Regierung einer solchen Even­­tualität vorbeugen, so muß sie die Reserven sofort entwaffnen und die reguläre Truppe derart disloziren, daß jeder Aufstand nur Reime erdrüct werden fan. Sie werden begreifen, daß bei einer solchen Boltsstimmung sig Trilupis weigert, die Regierung zu über­­nehmen. Daß Delyannis schon heute geschlagen Hat auf der Hand und seine weitere Aufgabe kann nur bes Terrains für seinen Nachfolger sein. Der Korrespondent fragte nunmehr, ob, Griechenlands Friede auf der eintreten werde, worauf Franassovics antwortete: Durchaus nicht! Wir bereiten uns ganz im Gegentheil auf neue und noch größere Unruhen, auf noch blutigere Kämpfe vor Auf gibt es so viele unerfüllte Wünsche, so viele und so viel Unzufriedenheit, daß vorläufig der Balfan-Halbinsel dem unzufriedensten aller Orientstaaten. Was die Bestrebungen Griechenlands betrifft, ein freundschaftliches Verhältnis zu Serbien und Bulgarien und eine Balfan-Föderation herbeizuführen, so meinte Granafsovica, er misse dlos von den Bestrebungen Griechenlands, Bul­­garien zum ersten Schritt einer Annäh­e­­rung an Serbien zu veranlassen. Nation der Balkanstaaten sei wegen der Verschiedenheit der Grieden einziehen man. Griechenland, bulgarischen und unmöglich, genau abgegrenzt werde. Bulgarien, welches fest denien eine vortheilhafte Stellung errungen habe, hätte Nation am wenigsten zu wünschen, der Die Balkan-Halbinsel größte Gefahr , die ob mit der Liegt Ebnung Abrüstung Eine Föoe­­gried ist die enttäuschte Hoffnungen dort meder Nähe, noch droht serbisc-bulgarischen Interessen als nicht der Anteil dieser drei Länder in allerdings für so diese von lange Mazedonien gegenüber Maze­­Föder |

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