Pester Lloyd, April 1888 (Jahrgang 35, nr. 93-120)

1888-04-03 / nr. 93

— : . ERTIBE 1888, — ir. 93. Abonnement für die österr..ungar. Monarchie. Für den „Reiter­lopd" Morgen und Abendblatt“ (Erscheint aug Montag Früh und am Morgen nach einem Feiertage.) nenne Ludapest Mit Yofiversendung: Ganzjährig fl.22.— BVierteljäptl, fl.8.50 « selbjährlich»11.—Monatlich»2..­Halbjzhkklch»z-l-Monaulch Ganzjährlichfl.24.— Bierteljabzl, fl. 6.— ß „220 Rittern-sm-xofliitfensuug des gsendskatte-.. t.1.—ittktetiäbttid­atbk. süs-diescufltitttzrauenzeitung.-.-... sie-— u , az . .. . « - MIUPUWMMHIIKUUM­ In det Administration dei,,estek sktot zwß so kotheagesse N die durch alle Bestimter. 7:14, 1. Sto@, außerhalb Budapesı mittelsi Rostanıne f LLOYD. Inserate und Grifchal­ungen für­­ Den Orenen predifant werden angenommen: Budapet in der Administration, Dorothkazate Dr. 14, erstien Sto@, ferner: in den Annoncen:G­rebitisnen Leopold Lang, Dorstbeaszafis 9; Haasenstein , Vogler, D­­o tizagaffe Nr. 115 A. V. Gold­berger, Vaächi­uttza9; Anton Mezei Dorstbeazafie 6. 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Abonnentent für das Ausland (Morgen- und Abendblatt). reliefjährlic­het uns mit direkter Kreuzbandsendung: fir Neutschland, Bulgarien, Antenegro, Rumänien und Serbien 9 fl., für alle übrigen Staaten 10 fl, 50 Br. Abonnements werden auch aufgenommen für:­ Belgien beim postamte Köln 17 M. 78 Bf., A bei den deutschen Postämtern 13 M. 75 Bf., England und Amerika beim Pefta­nte Köln 17 E­rasburg 17 .M. 78 Bf., Italien, Griechenland­ und Egypten beim Postamte Triest 11 fl. 19 fr., Niederlande beim Boltamte Oberhausen 17 Ms. 78 Pf., R zumänigen Boitämtern 17 Frcs. 20 Ets., Scymseig bei den Schweizer Postäm­tern 18 Frcs. 30 It8., Serbien und Idonternenrn bei den dortigen Postämtern 16 Frce. 60 Ets., Titelret bei den dortigen österreichischen Woltämtern 7 fl. 88 fr. für Rußland nur Dane Die M. 76 Bi., Frankreich, Spanien und Bartugal beim Postamte anerunien bei den kaiserl. rufsischen Mostämter 27 fl. 50 tr. in God pre anmo. Budapest, 2. April am Mit der­ Sentimentalität, mit welcher der ge­reifte Mann, in stillen Stunden auf die entschhundenen Züge­ seiner „Lugendefeleien“ zurückpaut, bliden auch die Bölter­ auf­ ihre halbvergangenen. Schwärmereien. Wie Die Regungen , eines verspäteten ohannistriebes, wirde heute in jedem Parlamente Europas eine Omanation über die allgemeine Abrüstung belächelt werden. Parteien, Journale, Individuen, welche ernst genommen werden sollen, hüten sich, mit der herrnhuterischen Gesellsschaft der Friedens­­freunde, welche alle Interessengegenfäge­ der Staaten durch Schiedsgerichte schlichten wollen, in zu nahe Berührung zu kommen. Abrüstung, Abschaffung der stehenden­­ Heere, Normal-Kriegsbudget, Miliz, Armeen — — — das sind Schlagworte, die heute keinen Kurs mehr haben. Mit fata­­listischer Ergebenheit fügen sich­ daher die Völker in die sch­were Rüstung des eisernen Jahrhunderts, und wenn die Waffen- oder Schmiedemeister den Zeigefinger auf die Nase legen, um nachdenklich zu erklären, daß da noch eine Schiene angelegt und Dort noch eine Platte verstärft werden müsse, 19 lasfen wir es ruhig geschehen als etwas Unabänderliches oder Unab­wendbares. Im alten europäischen Staaten sind daher die Geister und Gemüther für­ die militärischen Eingengen der vor länger als einen­­ Vierteljahrhundert in Berlin zuerst inaugurenten Blut- und Eisenpolitik genügend zubereitet, um den Vermaltern des Kriegsportefeuilles und ihren­ Forderungen eine weitaus höhere Empfänglichkeit ent­gegenzubringen als eherem. Und wie es scheint, wird auf der­ neue gemeinsame Kriegsminister von Dieser Lage der Dinge Nugen ziehen, denn die jüngst laut gewordenen ‚Ver­­­sicherungen, daß weder das ordentliche noch das außerordent­­lie Heereserforderniß für das nächste Jahr eine Vermehrung aufwessen werde, hat íchon aus dem Grunde einen Höchst problematischen Werth, weil zur Stunde die Negierungsanlage noch gar nicht end­­gültig festgestellt sind, wichtige Einzelheiten jegt erst ausge­arbeitet werden und die definitive Schlußfassung dem ge­­meinsamen Ministerrathe vorbehalten bleibt, welcher gegen den 20. April in Aussicht genommen ist. Wenn mir also gut unterrichtet sind — und nach den seltsamen Erfahrun­­gen, welche wir anläßlich des jüngsten Ministerwechsels ge­­macht haben, ‘wobei es sich gezeigt hat, daß in unserer gemeinsamen­­ Negierungsmaschinerie die Iinfe Hand nigt weiß, was die rechte hat, müssen mir Diesen Sa voransjhiden —, so handelt es sich bei jenen beschwichtigenden Bereicherungen nur darum, die in Börsen- und Geschäftskreisen aufgetauchten Gerichte, als be­absichtige die gemeinsame Regierung mit einer neuen, nach vielen Millionen zählenden außerordentlichen Kreditforderung vor die Delegationen zu treten, als gänzlich unbe­­gründet zu erklären. Die Mehrforderungen im außer­­ordentlichen Heereserfordernisse werden zwar ziemlich­ be­­trächtliche sein,­­aber im­ Allgemeinen fid nicht auf neue, An­schaffungen, sondern­­ auf jene V­orsichtsmaßnahmen fid be­­tehen, welche in den verwichenen Monaten bewirkt wurden, deren­ Kosten aber sie in dem Rahmen jener Summe be­­legen, welche die Regierungen auf eigene Verantwortung gegen nachträgliche Indemnität der Heeresverwaltung zur Verfügung gestellt hatten. Wenn es also auch kfeineswegs richtig ist, daß die Mehrforderungen viele Millionen betragen werden, so dürfte andererseits Die Heeresverwaltung doch schon aus dem­­ Grunde im nächsten Jahre kaum das Auslaugen mit Den für das laufende Jahr bewilligten Summen des ordentlichen Heereserfordernisses finden, weil Die reitenden Sreije schon unter dem­ jüngst vertroffenen Kriegsminister nah­ mancher Nichtung eine Ausgestaltung der ‚Heeres: Organisation anstrebten und von dem gegenwärtigen Kriegs­­minister, der aus dem frisch pulsirenden Teuppenleben ins Kriegsamt Übertritt, kaum vorauszufegen it, daß er in sei­­nen Entwürfen Hinter seinem vorsichtigen und­ haushälteris­­chen Vorgänger zurückleiben werde. „Ein Theil der beab­­sichtigten Ausgestaltung wird allerdings exit dann durch­­zuführen sein und im Budget des Kriegs­, sowie der­ beiden Landesvertheidigungs-Ministerien Finanzielle Wirkungen zei­­gen, wenn die Erneuerung des Wehrgeheges für Die rechte Dekade dieses Jahrhunderts vollzogen­ sein­ wird., indessen gibt es organisatorisch-administrative Wünsche, die sich schon fett und unabhängig von der bevorstehenden Verlängerung Maßnahmen plant man bei uns fernegwegs, oder Beschärfung des Wehrgeheges durchführen lassen, so­­bald nur das nöthige Kleingeld verfügbar­ ist. Hiezu gehört in erster Linie die Standesver­meh­rung der $gußtruppen, auf deren Noth­­wendigkeit in den beteiligten Seiten schon seit geraumer Zeit hingewiesen wird. Der Friedensstand einer Ifanterie- Kompagnie zählt — einschließlich der Offiziere und ihrer Diener — 86 Mann. In Deutschland zählt er 120 Mann, während in Frankreic­h Kriegsminister L­ogerot erst vor Kurzem der Kammer angekündigt hat, er beabsichtige Dem nächst eine Geießvorlage zu unterbreiten, um den Friedens­­stand der Kompagnien bei den F­ußtruppen von 100 auf 125 Mann zu erhöhen. So einschneidende und Fortspielige Untere Kom­­pagnien werden ich auch in Zukunft mit­ einem Friedens­­stande von 86 Mann zufriedengeben mi­ssen, aber das Ver Iangen ist fein unbescheidenes, daß diese 86 Mann wenigsteng annähernd vorhanden seien und nicht bloß auf dem Papiere stehen. Nur unter ehr günstigen Garnisons-, Dienst­­und Gesundheitsverhältnissen rüden­­ unsere Kompagnien mit 60 Mann zur Uebung aus; in der Regel erreicht aber der ausrüdende Stand einer Infanterie- oder­ Jäger-Kompagnie Taum 54 bis 56 Mann, so daß ein tapferes Bataillon Taum 216 bis 220 Mann stark erscheint,­also nicht einmal die Stärke Der innere Dienst, der Garnisonwache-Dienst, die Kommandieung in die die verschiedenen Kanzleien, in die Kadetenschulen, in den­ Intendanzfurs, in die SKriegsschule, in Die Bruder Schiegschule, in den Stabsoffizierskurs, in die sonstigen Kurse (für die Feld-Gendarmerie, optischen Signal fur, für degt und Z Turnlehrer u. 1. mw.), endlich­ Erkrankungen, Beurlaubungen aus Gesundheit- oder Familienrüdfichten, vor Antritt eines Zivilstaatsdienstes, vor dem UWebertritt in den Ruhestand, Furz eine schwere Menge tiefer und ähnlicher Anlässe absorbiren jeden Tag im­­ Jahre einen so hohen Pferzentrag vom Friedensstande der Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften, daß es sehr begreiflich it, wenn Die Kompagnien in der oben erwähnten geringen Stärfe ausrüden, beziehungsweise in den Unterrichtsräten erscheinen. Sollen aber Die praktischen Uebungen ihren Lehrzweck für Offiziere und Mannschaften erreichen, so­lt eine angemessene Stärfe des ausrudenden Standes unbe­­dingt erforderlich. Die Kompagnien, welche in der Kriegs­­formation vier Züge zu drei bis vier starren Schwärmen haben, behelfen figy im Frieden ohnehin mit der Bildung von drei, oft auch nur von zwei Zügen mit zwei Schwär­­men von kaum 6—8. Mann. Damit läßt sie aber auf dem Uebungsplage nicht gut arbeiten, weil Offiziere und Mann­­schaften.. mit so rudimentären Elementen der Unterabthei­­lungen seine richtige­­ Vorstellung von der Thätigkeit einer Kriegskompagnie im­ Felde, von den Bedingungen der Distanzen, von den Anforderungen der Zeit für die Kolonnen­­bildung, für die Entwickung, für die Raumbeherrschung der Schwärme, und für viele andere Dinge zu gewinnen vermögen. Wenn­ die Kompagnie nicht mindestens mit­ 60 Mann ausreicht, so leidet der praktische Unterricht sogar empfindlich und die Zerrbilder der Friedensübung verbreiten unter den­­ Unteroffizieren und Soldaten irrige Vorstellungen.­­Eine ausgiebige Erhöhung des Friedensstandes der Fußtruppen würde aber nicht nur an den finanziellen Schwierigkeiten scheitern, sondern auch, wenigstens vorläufig, durch Die gejegliche­ Begrenzung des S Kriegsstandes erschwert sein. Immerhin lädt sich aber kaum ein Widerspruch err heben, wenn man »bestrebt ist, den angedeuteten Mängeln wenigstens theilweise dadurch zu begegnen, daß die in Die Kadeten schulen, melde die meisten Offiziere und Mannschaften der Truppe entziehen, kommandirten Personen einen­ eigenen­ Stand. formiren, ähnlich jenem der Miltär-Bildungsanstalten. Es handelt sich hier um unge­fähr 110 Offiziere und um etwas mehr als 2000 Frequen­­tanten und Diener, welche nach den gegenwärtigen Verhält­­nissen auf den Stand ihrer­ Truppen zählen, bei ihren Kompagnien, also, fehlen. Werden sie jedoch­­ überfomplet geführt, d. h­. bilden die Kadetenschulen einen eigenen Stand, so missen diese 110 Offiziere und über 2000 Mann bei ihren Truppenkördern durch andere Leute ersegt werden, die dann nicht blos auf dem Papiere, sondern bei ihren Unterabtheilungen auch t­atsächlich vorhanden wären. Damit wü­rde wohl nur eine mäßige, aber immerhin bei dem jenigen geringen Stande merkliche Vermehrung der Prä­­senzstorfe erzielt werden. Budapest, 2. April. Ueber die Situation in der rumänischen Hauptstadt erhalten wir die folgenden nicht sehr erbau­­lich singenden Mittheilungen : ss. Bukarest, 29. März. Hat sie auch in der Bevölkerung dank dem­ energischen Einschreiten der Behörde die Furcht ‚vor neuen Nähestörungen einigermaßen gelegt, so ist die gegenwärtige Situation doch noch­ lange nicht danach beschaffen, daß man sie­ als ‚eine voll­­kommen normale bezeichnen könnte. Denn nut genug damit, daß die vereinigte Opposition ihre Skandalpolitik auch in der heutigen Kammer­­figung fortgelegt hat, sind auch mehrfache Anzeichen vorhanden, von meiden auf eine geplante Wiederaufnahme der Meetings und Straßendemonstrationen in vergrößertem Umfange geschlossen werden­ann. Bereits­­ gestern hieß es, daß einige der Opposition angehörige Groß­­grundbesiger ihre Gutsbauern nag Bukarest beordert haben, um den Regierungsgegn­ern bei ihren ferneren Demonstrationen Zuzug zu get ‚­ften. Wirklich soi denn auch eine große Anzahl von L­andleuten zigeu­­nerischer Abkunft, angeblich Gutszigeuner von den Befigungen­­ Ber­­nesca’s, an der Barriere aufgehalten und am Betreten der Hauptstadt gehindert worden sein. Trogdem wird versichert, daß ich an der am Sonntag stattfindenden Oppo­sition versammlung Tausende von Landleuten bethheiligen werden. Wer die tramrige Lage unserer Bauern fennt, von roelden in Folge der schlechten Mais-Ernte und des legten strengen Winters selbst in der unmittelbaren Umgebung der Hauptstadt Hunderte durch Kälte und Hunger umgekommen sind, der weiß, daß unseren Dörflern gemeiß sein selbstständiges Interesse an den gegenwärtigen politischen Kämpfen zugemuthet werden kann. Wenn sie daher in Bukarest erscheinen, um an Oppositionsversammlungen teilzunehmen, so sind sie entweder dazu Tommandirt oder auch dafür bezahlt werden. Recht aussichtsvoll flingt auf die Mittheilung der „Sndspendance Roumaine”, daß am sonntägigen Meeting auch 3000 $Leithhaner theilnehmen werden. Denn die Lleith­­hanergehilfen Bukarests stehen betreffs ihrer Neigung zu gemaltthätigen Ausschreitungen nicht im besten Rufe und kann die Ankindigung ihrer Theilnahme am sonntägigen Meeting wohl nur die Aufgabe eines Windes mit­ dem Zaunpfahl der Sicherheitsbehörde gegenüber erfüllen. So bedauerlich es aber auch sein mag, daß die Opposition zu den brutalsten Mitteln der Einschü­chterung und des Terrorismus ihre Zuflucht nimmt, so ist es doch noch meit beflagen Umwerther, wenn, wie es leider der Fall ist, die oppositionelle Wü­hlerei auch auf die heißblütige st­udirende Jugen­d ausgedehnt wird. Soeben erfahre ich, daß eine große Anzahl von Studenten der Safiyer Univer­­sität, welche ihrem Herrn und Meister, dem berüchtigten Senator und Professor Marzescu, bei seinen Bemühungen, die Regierung zu stürzen, nach Bukarest zu Hilfe eilen wollten, in der Eisenbahn­ration Grivina aufgehalten wurden, um mit dem nächsten Zuge nach Safiq zurük befördert zu werden — Was die gestern Furfirenden Gerüchte­ anbelangt, daß die Regierung eine Art kleinen Belagerungs­­zustandes über Bukarest verhängen wolle, so wird mir versichert, daß Minister-Präsident Joan Bratian( sich) gegen jede Schmälerung, der unter seiner Mitwirkung dem Lande verschafften konstitutionellen Frei­­heiten ausgesprochen habe. Mehrere der vorgestern und gestern wegen ihrer Betheiligung bei den Neuhestörungen im Metropoliehofe verhaf­­teten Personen sind bereits aus der Haft entlassen worden und sol auch­ einer bisher allerdings noch unverbürgten Meldung zufolge Herr N. Flera aus eigener Entschließung der Regierung wieder auf freien Fuß gestellt werden. An den Sikungen der­­ rumänischen Deputir­tenkammer vom 29. und 30. März kamen die Straßen tram alle wiederholt zur­ Sprache. An der Sikung vom 29. März theilte der Justizminister Giani die Verhaftung der Deputirten Flera und Filipescu mit und ersucht die Kammer, sich darüber zu äußern, ob diese Herren weiter in Haft bleiben oder auf freien Fuß belassen­ werden sollen. Bann widerlegt die Beschuldigung der , Bovita N­ationala”, wonach die Minorität in der Kammer erschienen sei, um die Majorität zu erschießen. „Es ser wahr,“ fährt Redner fort,, „Daß einige Mitglieder der Minorität be­waffnet waren, aber unter dem Regime der Batausch sei man­ gez­wun­­gen, den Revolver bei sich zu tragen.” (Lärm, Unter­brechungen, Brotestationen.) Dr. Ramniceanu: „Meine Köchin hat mich davon verständigt, daß die Opposition bewaffnet in die Kammer kommen werde.” (Heiterkeit) — Bana spricht über den dem SFleva gelegten Hinterhalt, was den Präsidenten der Kammer veranlaßt, zu­ bemerken, daß Fleva nin darüber befragt habe. — Buteulesceu:: „Sie sind nicht berechtigt, Kommentare zu machen.” — VBräsident: „Ich werde die Kammer Tonfuh­iren, um Sie zur Ordnung zu rufen.” Die gesammte Minorität erhebt sich, um dagegen zu protestiren. (Lärm.) Banu: „Warum hat man Herrn Fleva verhaftet ?" . (Eine­ Stimme: „Der Leichnam.” — Butculescu:r „Es­st eine Schande.) — Dijescu wird ange­sagt, auch einen dtevolver getragen zu haben — Dijescu protestirt. Lirm) — Banu: „Wir waren in legitimer Ber­chbeidigung und berechtigt auf Diejenigen zu hießen, welche uns ermorden mollten. (Lärm.) Die Autopsie des Reichnams des getödteten Thürstehers­ läßt vermuthen, daß die Kugel einem Militärgewehre entstamme.” Dr. Ramni­­?R­­­ceanu: „E38 mal eine Sprengkugel“. Es folgt hierauf ein unbe­schreiblicher Lärm, Beleidigungen werden laut, die Deputirten ver­­lassen ihre Gige. Epuresen besteigt die Rednertribüne. „Ihr seid die moralischen Urheber des Mordes." Der Skandal beginnt von­ neuem. „Herunter mit dem Nenner, Hurdio, Hurdio!" läßt sich die Minorität vernehmen. Boldur-Epureanu: Anges­sichts dieser Infamien erkläre ig, daß ich zur Opposition übertrete” Dimancea bespricht Die gegen­­wärtige Zage, bedauert die blutigen Vorgänge, beschuldigt Fleva, daß er ih­­m die Spike griechischer ‘Placintaverläufer gestellt habe, um eine Revolution zu provoziren und schlieft mit nachstehendem an Demeter Bratianı gerichteten Appell: „Ohrmirdiger, Vater, Du hast an der Errungenschaft unserer Freiheiten mitgereickt, fomm in _unsere offenen Arme.” (Beifall der Majorität.) Es wird hierauf eine Motion verlesen, wonach die Deputirten Fleva und Filipescun auf freien Fuß zu stellen sind. "Dieselbe wird den Sektionen zur Virgenzberathung übermittelt. An den Sektionen votirte Herr Mortin gegen die Frei­­lassung Filipesen’s und für die Haftentlassung Fleva’s.­­ Die Sitzung vom 30. März, in welcher der Regierung ein Vertrauensvotum ertheilt wurde, nahm folgenden Verlauf: Carp bringt zur Verlesung einen schriftlichen Protest des ver­­hafteten Deputirten Filipescn und protestirt sowohl in seinem, mie im Namen der Minorität gegen die ungewegliche Verhaftung Fleva’3 und Filipescu’3. B. Gradisteanu verlangt die auf den verurtheilten Obersten Maican Bezug habenden Altenstüde. Tache Fonesceu eignet sich Die von Herrn Fleva angekündigte Interpellation, betreffend die im Kriegsministerium begangenen Diebstähle, an. Mefu interpellert die Regierung über das an die Distriktspräfekten gesandte Telegramm, betreffend die Unruhen in der Hauptstadt, und beschuldigt das Kabinet, doch erwähnte Depetche die öffentliche Meinung irregeleitet zu haben. (Beifall der Minorität) 3.­­ Lahovary interpellert ven Minister den Sinnen, ob es wahr sei, daß er Auftrag gegeben hätte, auf Das Bolt zu schießen. Der Vizepräsident Herr Bizantz ersudt,­ da der Bericht ‚über den Vorschlag, die Deputirten Sleva und Filipesch zu enthaften, noch nicht vorliegt, 'einstreiten die Beantwortung Der Thronrede 'auf­ die Tagesordnung "zur jegen. Die Herren Bar, Bernesen und­ Bidgrafchen protestiren gegen­­ diesen : Bor ‚Schlag, da doch zuerst über das Schiäsal der verhafteten Borisvertreter entschieden werden müsse. Die Situng wird auf eine halbe Stunde suspendirt, um dem Referenten Zeit zu lassen, seinen diesbezüglichen Bericht auszuarbeiten. Bei­­ Wiedereröffnung der Situng interpellert Lahovary den Kriegsminister, wer den Soldaten am 27. b. Auf­­trag gegeben hätte, ihre Gewehre zu pußen, damit die eingeleitete Untersuchung nicht entdecken solle, der auf das Belt geschosfen habe. Xenopolu verliert den Bericht in der Affaire Flena­silipesen, welcher dahin lautet, den Vorschlag betreffend die­nthaftung „Dieser Herren zurü­ckzumessen. &3 entspinnt sich hierauf eine­r Debatte zw­ischen Gradisteanu und Courescu, ob die zwei Motionen der Mi­­norität, die eine betreffend die Enthaftung der Herren Flera und Filipescu, die andere, enthaltend ein Mißtrauensvotum an die Adresse der Negierung, verbunden werden künnen oder nicht. Die darüber konsultirte Kammer­ entscheidet sich für die Konnerion. Herr Bilacios verliert ein der Regierung zu ertheilendes Vertrauensvotum und bemerkt, daß die Regierung nur ihre Pflicht erfüllt habe, sich­­ der Armee zu bedienen, welche die unter dem Kommando der Minoritäts- Deputirten stehenden Banden verhinderte, das Parlament zu firmen. Herr U. Djuvara: „In unseren politischen Kämpfen gibt es Lafaien, welche gehorchen, und Soldaten, welche für eine See kämpfen. Diese Lesteren sind­ die Mitglieder der Opposition. (Sich zur Majori­­tät mendend:) hr behauptet, ebenso Liberal zu sein, " mie mir, aber ihr lebt vom Liberalismus, während wir für denselben leben. Bmischen den Gouvernementalen‘ und uns, den Dissidenten, besteht ein großer Unterschied, da die Ersteren glauben, daß die­­ Freiheiten sich im Blute ertränken, während mir der Ansicht sind, daß dieselben aus dem Blute entstehen. Warum verfolgt man Fleva? Weil er’ alle Diebstähle anzeigt und gegen­ alle Infamten protestirt. So gegenüber, tet Ioan Bratianı, und, während Ieva in der­­­ Mitte des Wolfes gegen­­ die Angriffe der­ brutalen Ge­­alt ankämpft, banfeu­rt Brab­an­t, and auf den Straßen rinnt das Blut des Wolfes. ES ist nicht wahr, Das das Bolt das königliche Balais belagert habe, denn es Fehlte immer „ES lebe­ der König" und nur als die Gendarmen­ez angriffen, wurden Die Rufe „Nieder mit Bratianı“ laut. 3 milden Cud und uns. befinden sich Zeichen und kann von einer Verständigung nicht mehr die Rede fein. Ihr stempelt fest Fleva zum Mörder, und erst vor Kurzem sagte einer von Euch, daß man leva aus dem Gefängnisse­­ herausholen wolle, um ihm ein Ministerportefeuille anzutragen. Das Gefängniß bedeutet Für Sleva eine Ehre, die Minister baut eine Ch­ande.“ (Lang. anhaltender Beifall der Opposition). Eugen Statescu macht sich über das konservative Glaubensbekenntniß des Heren Carp lustig und fragt ihn, was er mit seinen neuen Freunden Droveanu und Banu ge­­macht habe. Panı:z „Ich verlange das Wort, um diesen Menschen zurechtzumessen.“ (Betäubender Lärm.) Statescu: „Ich bin über die Zukunft der liberalen Institutionen sehr besorgt und befürchte, daß die konservative Bartei, welche sich der liberalen Elemente als Instru­­­ment bedient, dahin gelangen meide, ihre Macht auf dem Sarg der öffentlichen­ Freiheiten zu befestigen. Die Regierung hat sein­ Blut ver­­gießen lassen, sondern sie hat die öffentliche Ordnung aufrechterhalten und die Unabhängigkeit und die Rechte Des­ Warlan­ents gegen ein abscheuliches Attentat gewahrt. Die Minorität it dahin gelangt, die Majorität zu terrorisiren. Der Liberalismus der Regierung ist so weit gegangen, daß man der Opposition gestattete, die Freisprechung Dro­­veann’s zu feiern, ebenso wie den Jahrestag der Gründung der „Gpoca“, wo ein Fremder (Herr Refu) sich ersühnte zu sagen : „Der König­ muß, sich unterwerfen oder abdanfen.” Die Opposition spielt ein gefährliches­ Spiel, sie möge daher Acht eben. .Ich weiß nicht, ob die Manifestanten vor dem­ Palais für den König sympathisirten, aber so viel, weiß ich, daß an der Spite der Manifestanten sich Leute befan­­den, welche sich gegen die fremde Dynastie erklärten, und in­ diesem Lande eine tantomistische Bolität einführen wollen.“ NRebner wird von der Majorität lebhaft beglücuwünscht. Folgen noch einige persönliche Bemerkungen, worauf die beiden Motionen der Opposition zurach­­gewiesen und der Negierung ein­­ Vertrauensvotum votirt wird. As Nachlese zu den Kramallen veröffentlicht der „Iruman. 099" vom 29. März die folgenden Details: Das Leichenbegängniß des getödteten Thirstehers fand gestern Abends in aller Stille statt, um das Aufsehen des Rubiitums nicht zu erregen. — , Boin$a Nationala” berichtet, daß am Montag, einige Stunden vor den Vorfällen vor dem Balais, die Herren N.­­Blarem­­berg und Bonifaciu Florescu an einem Tische in der Konditorei des Herrn Fiallovsty jagen und man hörte die Worte: „Wir wollen im Palais ein neues Ministerium erzwingen oder den König an der Kehle heranschleppen.“ Der Justiz­­minister, Herr Giant, soll im Ministerraty jeder eifrig für die Frei­lassung der Herren Nt. Flera und­ Filipescu gesprochen haben. — Er hat si ein Komite gebildet, welches den Opfern der legten Straßen­­krawalle zu­ Hilfe kommen wil.Dasselbe besteht aus mehreren Damen der Aristokratie und aus den Herken AC Catargi1I,J. Lal­ovary u(nd 91.Marghiloman.—Der,,9)konntorul Oficial« öffentlich­t einen Bericht über die letzten Straßenunruhe,aus welchem hervorgeht,daß bei dieser Gegenheit 17 Gendarmen und mehrere Straßensergeanten Verwundet wtrden.——Vom Junimistenführer Herrn Carp wird folgende Aeußerung erzählt:Als ihn ein Deputirter fragte,was er bei Gelegenheit der Strafzenkrawalle gethan hätte, wenn er Minister-Präsident gewesen wäre,ant­wortete er:,,Ich hätte Euch bis auf den letzten Mann erschießen lassen,allein ich hätte die Form gewahrt.«« anwirchei­ ist in­ Bukarest neuerdings eine Minister­­krisis ausgebrochen­.Bratianu demissionirte,weil die Kammer sein­en Antrag,das Budget rasch­er zu erledigen, ablehnte,und nachdem Fürstthika die ihm vom Köni­g übertragen­e Mission,ein neues Ministerium zu bilden­, ablehnte,wur­­de der frühere Gesandte am Wiener Hofe, Carp,mit dieser Aufgabe­ betraut.Gelingt es ihm,wie man vermuthet,ein Koalitionsministerium zu Stande zu brin­­gen,dann dürfte endlich wieder Ruhe und Frieden in die erregten Gemüther einkehren und die innere Politik ihren­­ freilich nach rumänischen Begriffen­ regelmäßigen Lau­f nehmen;auf die Auswärtscholitik des Königreiches bleiben die Vorgänge in­ Bukarest nach wie vor ohne jeden­ Einfluß.(S.Tlgr.) rifchen Reichstages, melde sie in Wien versammeln, Privatpersonen und Ausländer; sie genießen nicht nur seinen privilegirten Schuß, Sondern sie fallen sogar unter­ das Fremdenrecht. Ein ungarischer Delegirter könnte somit wegen einer in Ausübung seines Berufes ge­­machten Aeußerung von den österreichischen Gerichten zur Recentschaft gezogen werden; er könnte nach der strengen Konsequenz des Gesetes sogar wegen einer in Ungarn gegen Oesterreich begangenen Hochver­­rätherischen Handlung von den österreichtichen Gerichten verfolgt und verhaftet werden, ohne daß die österreichtischen Gerichte verpflichtet wären, bei irgend­einer Körperschaft um die Zustimmung zu ihrem Vorgehen nachzusuchen. Die ungarischen Gefege sind eben für die österreichischen Gerichte nicht verpflichtend; vom­­ Standpunkte der österreichischen Gefeßgebung sind, die ungarischen Delegirten schlechtweg Fremde, die mie jeder Ausländer zu behandeln sind. Eben darum — fann an auf ungarische Delegarte, die in Wien während der Delegations-Session meilen, der §. 2 des Ges­teßes vom 27. Juli 1871 Anwendung finden, wonach Ausländer aus Oesterreich, polizeilic ausge­wiesen werden können, wenn sich ihr Auf­­enthalt daselbst aus Anrichten der öffentlichen Ordnung oder Sicher­­heit als unzulässig darstellt. Das ungarische Ausgleichsgejeg hat, die Frage des I­mmunitätsrechtes, ungleich Liberaler gelöst, §. 47 dieses Gejeges spricht von den „Mitgliedern der Delegationen”, er stellt die österreichischen Delegirten den ungarischen vollständig gleich und räumt jenen die gleichen Vorrechte mie diesen ein. Auch hier ist ein Punkt, in dem sich die beiden Ausgleichegelege nicht decen, und die praktische Folge dieser Intonsequenz ist, daß die österreichischen Dele­­girten in Budapest den vollen Immunitätsiitus genießen, während­ die ungarischen Delegirten in Wien denselben vollständig entbehren. 63 wird sich früher oder später empfehlen, die Bestimmung des §. 47 des ungarischen Au­sgleichgefeges in das­­ österreichische Dele­­gations-Gefege herüberzunehmen und­­ den in Wien­ si sammelnden ungarischer Delegirten jenen. Rechtsjhus zu gemähr­­n auf roelchen sie Fraft ihrer Stellung berechtigten Anspruch aber. = Der Handelsminister wird — mie die , B. Korr.” erfährt — in einer der müdsten Situngen de Abgeordnetenhauses den Fischerei:Gefegentswurf unterbreiten. Derselbe sol eventuell noch in der gegenwärtigen Sek­tion verhandelt werden, einer Kriegskompagnie. (236 Mann) erreicht. : Ver-- =Die»N.fr.Pr.«macht darauf aufmerksam,daß in der österreichischen Gesetzgebung in Bezug auf das Immunitätsrecht der Delegationen­ eine Lücke vorhanden ist. Das Gesetz ü­ber die Delegationen hat zwar für den Immu­­nitätsschutz der österreichischen Delegirten Sorge getragen,man hat aber Die Abfassung des §. 23 des Delegations-Gejeges offenbar­­­ über­­sehen, daß beide Delegationen stets an demselben Orte zu tagen­­ haben und daß daher, wenn die Delegations-Session auf österreicht­­igem Boden­ stattfindet, auch die Immunität der ungari­­schen Delegirten­ gesichert sein müüsse. Nach dem heutigen Stande der österreichtischen­ Gejesgebung sind die Delegirten des unga- ; . .._= Der mit der Geefchifffahrt - Gesellschaft Desterreiz SHitch-u­ngarischer Lloyd abgeschlossene Vertrag, bezüglich dessen Artikulirung der Gefegentmurf dem Abgeordnetenhause in der morgigen Gitung unterbreitet werden wird, umfaßt 31 Artikel, sowie ein auf 16 verschiedene Artikel desselben bezü­gliches umfang­­reiches Protokoll. Der Vertrag mit dem Lloyd wurde diesmal zum ersten Male nicht blos in deutscher, sondern im Original auch in ungarischer Sprache abgeschlossen. „ Der vom 31. März datirte Amnestie-Erlaß des Königs von Preußen lautet in seinen mesentliebsten Bestim­­mungen folgendermaßen : Wir Friedrich, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. wollen, um Unseren Regierungsantritt durch einen Mit umfassender Gnade zu bezeichnen, I. allen denjenigen Personen, melde bis zum heutigen Tage wegen Beleidigung der Majestät oder " eines Mitgliedes des küniglichen Hauses,­ megen Verbrechen, oder BVer­­gehen in Bezug auf die Ausübung der staatsbürger­­lichen­ Red­e, wegen der als Widerstand gegen die Staategemalt ,oder, als Verlegung der öffentlichen Ordnung bezeichneten Verbrechen und Vergehen, wegen der in den Paragraphen 196, 197. des Strafgelegbuchs gedachten Beleidigungen, wegen der mittelst :der Breffe begangenen vorgesehenen Vergehen und­­ Uebertretungen, wegen der betreffend das Versammlung- und Bereinigungsrecht ‚strafbaren Handlungen, der Erkenntniß oder Strafbefehl eines preußischen Zivilgerichts zu Frei­­heits- oder Geldstrafen rechtskräftig verurtheilt sind. Diese­­ Strafen, soweit sie noch nicht vollstrebt sind, unter Niederschlagung der noch rücständigen Kosten in Saaden erlassen, ihnen auch die etwa ab­­er­annten bürgerlichen Ehrenrechte­nwiederverleihen und die etwa aus­­gesprochene Zulässigkeit der Stellung unter Polizeiaufsicht aufheben. Auch wollen Wir die von Amts­wegen zu stellenden Anträge des Justizministers bezüglich­ solcher Verurtheilungen, erwarten, melde erst nach dem heutigen Tage wegen einer vor demselben begangenen, amter . die vorstehende Bestimmung fallenden strafbaren Handlung erfolgen oder, welche erst nach diesem Tage rechtskräftig werden. — II. Ferner wollen Wir diejenigen Personen, gegen melde bis zum heutigen Tage wegen Uebertretungen Haft­ oder Geldstrafen oder wegen anderer als der unter I. bezeichneten Vergehen Freiheits­­strafen von nicht mehr als sechs Wochen oder Geldstrafen von nicht mehr als einhundertfünfzig Mann oder beide S trafen vereinigt von " einem preußischen Zivilgericht rechtskräftig verhängt worden sind, diese Strafen, soweit sie noch nicht vollstrebt sind, und die noch rückständi­­gen Kosten in Gnaden erlassen.­ ­ · # Berlin, 30. März. (Orig.-Korr) Die Reformen im Infanterie-Reglement und­ die anderseiten militärischen Reorganisationen, welche Kaiser Friedrich vorbereitet, hat man sich nag Andeutungen aus Fachkreisen als sehr, erhebliche vor­­zustellen. Die uns gewordenen Mittheilungen bestätigen durchaus, daß die militärischen Autoritäten eine Vereinfachung des Greizir­­Reglements und eine intensivere Durchbildung der Mannschaften unter­ thunlicster Beschränkung des bloßen Drills schon längst für dringlich erklärt haben. Kaiser Friedrich hat als Kronprinz in seinen damaligen hohen militärischen Stellungen diesen Bestrebungen ein lebhaftes und werkthätiges Interesse entgegengebracht, und es war nicht bloß der General v. Obernit, welcher sich unter der aufmuntern­­den Zustimmung des Kronprinzen mit diesen wichtigen Dingen be­­schäftigte, sondern auch­ andere Autoritäten, so beispielemetje Graf. Haeseler, auf dessen Urtheil Kaiser Friedrich) das höchste Gewicht legt und meldet als der zukünftige Generalstabschef anzusehen­­­, waren wiederholt in der gleichen Richtung vorstellig ge­­worden. Kaiser Wilhelm konnte sich indessen nicht zu d­urchgreifenden Aenderungen entschließen. . Wohl sein zweiter Monarch ist in Bezug auf militärische Reformfragen so vorurtheilsfrei und so schnell bereit zum Umlernen gewesen wie er­ aber am Spätabend seines­­ Lebens . ·­r mochte doch wohl das bedächtige Zaudern des Greises stärker sein als «die Entschlußfreudigkeit des Feldherrn und Organisators. Wer­ man auch nicht allzu sehr in ihn. So drang Auch von diesen Dingen galt viel­­leicht das Wort des alten Kaisers: „Mein Herr Sohn mag es damit einmal anders halten.“ Und es scheint, als ob es fest in vielen Be­ziehungen anders gehalten werden soll. So it beispielsweise die an­gesü­ndigte Abschaffung der Frühjahrsparaden auf dem Tempelhofer Telde mehr als eine Sache der bloßen Form. Auch aus dieser Maß­­regel, ebenso aus der wahrscheinlichen Abschaffung der Offiziers- Erauletten, spricht der Geist verständiger Einfachheit und vornehmer Schlichtheit, in welchem der Kaiser regieren zu wollen gelobt Hat Dasselbe kann man von der Vereinfachung im Ordensriesen jagen, zu deren Durchführung bereit die einleitenden Schritte gethan sind. Außer den Erhebungen in den Grafen­ und Fürstenstand sind, wie wir hören, auch mehrfache Verleihungen von Adelsprädikaten an bürgerliche Personen zu erwarten. Man hat sich in dieser Beziehung ,auf Heberraschungen gefaßt zu machen. Die Andeutungen, die darüber verbreitet werden, bleiben, weil sie unkontrollvbar sind, zunächst besser auf sie beruhen. Es ist mit Recht bemerkt worden,daß Stöcker zu den Gottes­­diensten in der Charlottenburger Schloßkapelle bisher nicht ein einziges Mal zugezogen worden it. Die Auszeichnung, den Gottesdienst vor dem Kaiser zur leiten, wird ihm wohl auch in Zukunft nicht zutheil werden. Er muß aber daran erinnert werden, daß Stöder auch vom Kaiser Wilhelm fast nie in Anspruch genommen wurde. Die Abend­­mahlsfeier und die Andachten im Palais sind mit wenigen Aus­­nahmen von Kögel abgehalten worden, neben dem allenfalls die Herren Schrader und Bayer, gerade wie­der beim Kaiser Friedrich, in Funk­tion traten. Die Anzeichen einer verstärkten und geheim­nißvollen Bewegu­ng in der Sozialdemokratie beschäftigen die zuständigen Behörden in hohem Grade.Das Flugblatt,welches die sozialdemokratische Geheim­­organisation als Antwort auf die Kaiserproklamation in zahlreichen Städten gleichzeitig httt verbreiten lassen,bedeutet weit mehr,alß .

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