Pester Lloyd - Abendblatt, Januar 1891 (Jahrgang 38, nr. 1-25)

1891-01-02 / nr. 1

© «18»91.-—31r. 1. Sreitag, B 4 Are er: AUEEREEETEEETSEN IRFER (Einzelne Nummern in Budapest 3 fr. in Der Provinz Aa fr. in allen Vierschleiflokalen.) kő M­rézer 7) BEETTETRSEEET TRETEN TENKES KASE TERT ZEKE SEKI Budapest, 2. Sänner. = Das vor einigen Tagen durch ein Wiener Blatt folportirte Gerücht, daß auf Anregung des Deuts­chen Reiches neue internationale Vereinbarungen „zum Schube gegen Anarchiten und Rihi Listen getroffen und daß neue Beruude “gemacht werden sollen, eine internationale Verständigung bezüglich­ des Asylrechtes und der Auswertungspflicht anzubahmen, it auf telegraphischem Wege in alle Welt hinausgetragen w­or­­den und es erscheint darum angemessen, nochmals zu versichern, daß das bezügliche Gerücht ganz und gar unbegründet ist und daß zumindest hierzulande von derartigen Anregungen nichts bekannt ist. Man hat behauptet, die Affaire Badlewski habe den Anstoß­ gegeben, auf neue internationale Maßregeln zum Schuss gegen Nihilisten und Analisten zu sinnen. In Wahrheit it der Verlauf dieser Affaire nicht darnach geartet, die Nothwendigkeit oder auch mit Ersprießlichkeit verschärfter internationaler Maßnahmen zu­­ er­weisen. Liegt auch nur das geringste Anzeichen dafür vor, daß es der französtsschen Regierung an dem guten Willen fehle, ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung bezüglich der Ausweitung oder Bestrafung nihilistischer­ Verbrecher nachzukommen? Hat nicht die französische Justiz vor etlichen Monaten, in ihrem "Verdikte "gegen russische Flüchtlinge, welche der Fabrikation , von Bomben und Sprengmitteln angeklagt waren, das Gejeß im seiner angersten, Strenge zur Anwendung gebracht und würde es ihr etwa an Handhaben fehlen, den Mörder Padlewski der verdienten Strafe zuzuführen, wenn — die Polizei feiner "g­eworden wäre ist Hat sie doch durchj die Verurthel­­abruyåres,der dein­ Mörder beidchlsucht VorschI­b­et,genugsam erwiesen,"cTießsieden·Fallernstz11­en gesonnen ist Die Justiz in Frankreich istjiberden­twurfer habem daß sie ihre Verdikte durch vorgefaste »Einungen politischen oder freiheitlichen Charakters beeinfluchen »­;von den«Administrativbehörden und der Polizei aber weiß man ganz wohl, daß wenn sie sich ‚durch außerhalb ihres Dienstes geleget­e Niüdfichten bestimmen Lassen, diese Küch­­en gewiß nur dahin gehen, sich Rußland möglichst gefällig zu eigen. Die schärfsten und weitestgehenden internationalen Vreinbarungen würden es nicht verhüten, daß es mitunter, wie es in dem Falle Padlemwsfi geschehen, einem Mörder gelingt, sich der Wachsamkeit der Polizei zu entziehen. Was in dem Falle Madlewski sich als Tüdenhaft oder verbesserunger­bedürftig gezeigt hat, sind Jonak nicht die­ internationalen Vereinbarungen, sondern h­öchstens Die polizeilichen Ein­­richtungen. die übrigens jeder Staat im eigenen Autereise ohne­­hin möglichst zu vervollkommnen sucht. Weder der Fall Badlersti n noch irgend eine Affaire ähnlicher Art der legten Zeit kann Nußland begründeten Anlaß zu Beschwerden bieten. Die ZTürfel, ja selbst England haben in den legten Wochen bei der­ Verhaftung verdächtiger Russen im Rahmen ihrer Gefjege und ihrer völkerrechtlichen Pflichten sich äußerst von nivent gezeigt. Die Polizeibehörden in Konstantinopel haben ich willig in den Dienst Tussischer Polizisten gestellt und wichtige Verhaftungen im Interesse der Legieren vorgenomm­en. Flüchtige russische Verbrecher, die auf einem englischen Schiffe Schuß gesucht, wurden, da die Besonderheit des­ Falles es gejeglich so erheirschte, auf Anordnung des britischen­ Bot­­schafters ausgeliefert. Nian sieht, die internationale Mechanik zur Berhütung oder Bestrafung ınfri­her Verbrechen Fungixt mit vollkommener Präzision, für eine "weitere Ausdehnung oder Beschärfung der internationalen Abmachungen liegt somit eine zwingende Nothwendigkeit" nit vor, und es ist daher von solchen Weakregeln auch nirgends Die Rede gebejen, hätte sein­ fönnen. Ich, meine geehrten Freunde, bin­­ Ihnen gleich, ich bin höchstens, wie man zu Sagen pflegt, aus Ihrem Vertrauen der Erste unter den Gleichen. Der Führer unserer Partei it sein Mensch, sondern das Programm, welches mir gemeinsam­ fest­­gestellt haben und an meldem mir unerschütterlich festhalten. Das mit dem­­ heutigen Tage beginnende Sahr wird uns von neuem zu heftigem Kampf Anlaß geben. Wir müssen für die Vertheidigung einer alten Institution eintreten, welche Früher ein starker­ Wall der konstitutionellen Freiheit war. Wir werden auch viele Pflicht mit G Entschiedenheit erfüllen und sind, während wir auch unsererseits die Verbesserung der Vermaltung mwünschen, entschlossen, der­ Ver­­staatlichung derselben aus vollen Kräften­­ opponiren. 34 hoffe, daß, wir in diesem Kampfe sowohl auf die Sympathie, wie auf die Unterfragung der Nation rechnen können. Und fest empfangen Sie, meine geehrten Freunde, wiederholt meinen Dant für Ihr Er­­scheinen und I Ihre guten Wünsche und gestatten Sie, daß ich auf Sie, wie auf Ihre lieben Familien Gottes Segen herabflehe und Sie bitte, mich auch in Zukunft als Ihren Freund und Bruder zu betrachten, wie in Sie all meine Freunde und Brüder betrachte. Die Rede wurde mit lebhaften Elfenrufen aufgenommen. = Die von und bereits Furz skizzirte Rede, mit welcher der Präsident der Unabhängigkeits: und Actundvierziger-Bartei Daniel Szandy, die Ansprache des Vizepräsidenten Sulins Sufth anläslich der geistigen Neujahrsgratulation Der Partei ermiderte, lautet nach , Egyetértés" ungefähr folgendermaßen : ach bin zwar angenehm berü­hrt, aber: doch das Grscheinen und ‚Die Gratilation meiner dies in unserer P­artei bisher nicht Sitte war. Ich war und műre "auch ohnehin überzeugt, daß Sie Freundschaft, und Vertrauen für mich hegen, wovon Sie mir so viele Jahre hindurch­en Bemeise lieferten. Ich Fann aber nicht umhin, Ihnen fir­­ Diesen ehrenden Besuch märmstens Dant zu sagen. Das verfroffene Jahr war, wie wir Alle milfen, für unsere Partei ein verhängnißvolles , überrascht durch geehrten Fremde, da diese­ Krise war aber in Folge der Prinzipientreue der großen Mehrheit und der unerschütterlichen Anhänglichkeit unser der Mitbürger an unser Programm, nicht so schädlich, mie sie ohne Ihre Prinzipientreue und Die ihrer Wähler fortwährende. aj Aus der P­rovimz. —1. Aus der Bäcska, 1. Sänner (Orig.-KRorr) [Eine neue Kirchengemeinde — Das Zentaer Budget. — Gesundheitszunftand) In der Stadt Zenta wurde in dem Stadttheil „Selföhegy“ eine neue Kirche und ein neues Pfarramt erbaut; zu den Kosten votirte die Stadt Zenta 4000 ff. der neuen Kirch­engemeinde, welche den Betrag in zehn Jahresraten zurü­ck­­zuzahlen hat. — Das 1891er Budget der Stadt Zenta mußte von dem ständigen Komitats-Ausschuß wiederholt zurücgewiesen werden, da dasselbe seine reelle Basis hatte; fhre noth­wendige Angelegenheiten waren sehr geringe und für unwesentliche Dinge horrende Summen aufgenommen. So befinden sich z. B. in Zenta 700 schulpflichtige Kinder, die seine Schule besuchen, weil es an Loyalitäten und Lehrern mangelt. Das Budget wurde nun vom ständigen Ausschuß endgültig festgelegt ; es meist ein Defizit von 39.447 fl. 90 fl. auf, welche Summe mittelst Steuerzuschlages gedeckt wird. — Zmischen der Majorität der Repräsentanz der Stadt Zenta und dem Bürgermeister besteht ein sehr gespanntes Verhältnis. Nicht blos, daß demselben bei der Durch­­führung wichtiger Gemeindeangelegenheiten Sehrwierigkeiten in den Weg gelegt werden, wurde ihm unlängst, weil er einen Komitats­­beschluß nicht Sofort effektuirte, protofollarishd Mißtrauen­­ votirt. Dagegen appellirte der Bürgermeister und das Komitat gab der Appellation auch Folge. Bei der Verhandlung dieses Gegenstandes in der bisser Tage gehaltenen Kongregation suchte der Vertreter Zentas, Abgeordneter Ladislaus Szabó, das bezügliche gute Recht der Zentner nachzumeilen, da er jedoch, in seinen Ausführungen den Oberstuhlrichter Matiovits und die Behörden angriff, wurde er vom Obergespan Bela Sándor wiederholt zur Ordnung gerufen. Das Zentaer Botum wurde nun zur endgültigen Entscheidung dem Ministerium des Sinnern unterbreitet. — An vielen Gemeinden Der­­ Bácsta verbreiten sich Scharlach und Diphtheritis sehr stark. Von den an Sh­arlach er­­frankten 731 Personen sind bisher 192 gestorben. In den Gemeinden Rácz-Milestics, Madaras und Bajmos mußten die Schulen gesperrt werden. s- Gagegnem gtmtem (Ballfeste bei Hofe). Wie man uns aus Wien berichtet,­­ werden im heurigen Karneval außer den Festlich­­kesten bei­ Hofe auf beim­ Erzherzog Karl Ludwig zwei Ballfeste stattfinden. Die Leiche des gemwesenen DOber­­gespans Ludwig Ronan, meldet, wie gemeldet, gestern hier­ gestorben ist, wurde in die Todtenkammer des Kerepeser Friedhofes gekragt. und dort aufgebahrt. Nachmittags findet die Ein­­segnung statt, worauf die Leiche­ zur­­ Beflattung nach­ KRis-Zombor überführt wird. (K­urialrichter Ferdinand Dani.) Aus dem Leben des gestern verstorbenen Kuriarrichters Ferdinand Dani erhalten wir von einem Freunde unseres Blattes einige Notizen, die von dem toleranten­ und humanen Sinne des Verblichenen zeugen und mert­ sind, veröffentlicht zu werden. ... Dani hatte vor Jahren in der Stadtwäldchen- Allee eine Billa fünflich an­fi gebracht, in welche er mit seiner Familie übersiedelte. Diese Billa grenzt hart an das Siechenhaus der Budapester „Chemra- Kadiicha”. Hier war Dani häufig zu Besuch bei dem DWermwalter erschienen, bei dem er sich um die armen alten Sarasien des Hauses stets lebhaft erfundigte, denen er Trost zusprach und mit Rath und That an die Hand hing. Troß seiner hohen Stellung verschmähte es Dani nicht, mit den arm­en Sieben als „guter Nachbar” in un­getrd­ungener Meile zu verfehren. Auch als­ Richter war Dani von geläutertem Rechtssinne. Folgende Geschichte garat­ovijirt den Ver­­storbenen in Prägnanter­ Weise. Anfangs der siebziger Jahre — Dant war damals noch Nid­er an der füniglichen Tafel und einem der Bioilsenate zugetheilt — strengte die Witwe eines Buchhändlers eine ganze Masse von Brozessen mit sehr geringen Substraten gegen verschiedene hauptstädtische und Provinzbewohner — unter denen auch Männer in hoher Stellung js, befanden — puncto nicht beglichener Summen für angeblich noch aus der Zeit des Bestandes der Bu­ch­­handlungsfirma herrührende Bücherläufe an. Auch ein Abgeordneter war d­­er zweifelhaften Chre einer solchen Klage theilhaftig. Die Belägerin machte sich die Sache leiht. Sie sagte in ihrer Klage, daß die zur Klage gelernten Summen den Büchern ihres verstorbenen Gatten entnommen seien; da jedoch­ diese Bücher keine Beweiskraft mehr­ befigen, sie (die Klägerin) selbst aber seinerlei Kenntniß von den Thatsachen befige, somit selbst einen Eid nicht leisten künne, so biete sie dem Gefü­agten den irreferiblen Haupteid darauf an, daß er mit der zur Klage gebrachten Summe nicht im NRüd stande fe. Selbst­­verständlich war­ die­ Annahme der Klägerin die, daß der Betreffende von vermöge seiner Stellung "wegen einer so geringfügigen Summe si zur Eiderleistung nicht melden werde, der Brozek mithin für sie nur günstig enden könne. Der erste Richter verheilte thatsächlich dem Geklagten den ihm aufgetragenen Eid zu. Gefragter appellirte an die königl. Tafel, indem er nachmieg, daß der Eid hier nicht am Piase sei. Habe Klägerin auf Grund einer Rechnung geklagt, so möge sie die Bücher dem Richter vorlegen. Den­nolch rasse sich Ge Hagter in Form eines Gides nicht auf die Brust gehen. Die Schriften wurden an der kön. Tafel Ferdinand Dani zum Referate zugetheilt. Der Rechtsfreund des Geklagten begab er zu Dani, dem er die­ Angelegenheit vortrug und den er bat, der Gadje seine be­­sondere Aufmerksamkeit zu widmen. Dani sprach seine Verminderung über das erstinstanzliche Untheil aus und versprach, die Sache recht bald zum Referate zu bringen. 26 der Adootat sich entfernen wollte und fragte, ob es nicht etwa gerathen wäre, auch die übrigen Herren Richter des betreffenden Senats zu besuchen, sagte Dani mörtlich : „Nicht nöthig, wo ich eine flagrante Rechteverlegung wahrnehme, dort kämpfe ich schon selbst um das verlegte Hecht, und, weiß in solchen Fällen mit meiner Ansicht, auch durchzudringen.” Das Fazit war, daß die fünf Tafel thatsächlich im Sinne des für den Gefragten günstigen Neferats Ferdinand Dani’s entschieden hat. Todesfall. Der gemesene Vizepräsident der Sankt -Ladislaus-Geseliehaft, Advokat und Grundbeleger Karl Majer, ist am 29. Dezember auf seinem Gute Nötencs nach kurzem Leiden im Alter von 61 Jahren gestorben. Trauerfeier­ Der protestantische Waisenhaus-Verein veranstaltet für Weiland den Universitäts - Brofessor fön. Nach Dr. Johann v. Wagner am 4­0. um 4 Uhr Nachmittags im Prunfsaale des­ evang.. Schulgebäudes, Bädergasse Nr. 1, eine Gedenkfeier, bei welcher Pfarrer Horváth, ein Gebet sprechen "und der ref. Bischof Karl S3á­ß die Gedenkrede halten wird.­­(Bonderson. Oper.) Der Regierungs-Kommissär hat — wie „B. 9.” meldet — der Gräfin Iduna Basquez- Molina­­ gekündigt. Die Sängerin war auf drei Jahre mit fteigender Gage (4000, 8000, 12.000 fl.) in der Weise engagirt, daß die Direktion bis 31. Dezember 1890 berechtigt war, den Vertrag zu kündigen. Von diesem Rechten Gebrauch machend, hat die Direktion vorgestern der Künstlerin dur) den Fin. Notar Steinbach gekündigt ; gleichzeitig wurde ihr­ aber­ auf die­ Dauer von zwei Jahren ein neuer Engage­­mentsantrag mit einer Jahresgage­ von 6000 fl. gestellt, über dessen Annahme sie sich noch nicht geäußert hat. Der P­rofessorenkörper der kommunalen Mäpchen-Bürgerschule im III. Bezir­h veranstaltet am 4. b. im Sculfaale ein­ Konzert und­­ Vorstellungen von Reiter­­bildern. Das Erträgniß in den armen Schülerinen der Anstalt gewidmet. In der h­öheren Staat(Töchterschule) wird der Unterricht erst am 7. d. wieder aufgenommen werden. Ludwig Benedes. Für das Geelenheil des so früh verstorbenen Schauspielers Ludwig Benedes hat heute in der Spiefstädter Kirche ein­­ feierliches, vom Abt-Pfarrer Béla Ranovics zelebrirtes Requiem stattgefunden, welchem zahlreiche Mitglieder des Nationaltheaters an­wohnten.­­ Auf der zugefrorenen Donau­ werden schon Webtergangswege geebnet. Derjenige zwischen dem Betöfiplat und dem Brudbad ist bereits fertig und wird , trog des noch bestehenden polizeilichen Verbotes, vielfach benüst. An der Gegend des Blods­­bades ist sogar au­chon eine prächtige Eisbahn eröffnet worden. (professor 2098 Heilverfahren, wird im Allgemeinen Spital auf der Uelk­erstraße in der Abtheilung des Primararztes Dr. Ho­halt fortgelegt. 63 melden sich so viele Leute, daß ein Theil davon­ warten muß, bis für sie genügenv der Raum Dor­handen­ ist. Der P­atientenstand beträgt schon mehr als­ fünfzig. Ein diplomatisches Dd­uell­ Der Sachverhalt, um den es sich bei dem bereits gemeldeten Duell zwischen dem Bot­­schafter Grafen Deym und dem­­Legationssekretär Grafen $ út­om handelt, wird im „W. Tabl.” in folgender Weise Dar­gestellt : — Die Beziehungen zwischen dem­ Botschafter Grafen Deym und dem Legationssekretär Grafn Lü­tzow waren schon im letzten halben Jahre außerordentlich gespannt Der Konflikt hat mit einer kleinere Frage angefangen­,und diesmal wercs eine persönlich­e Etikettefrage,in wel­l­er der Botschaftssekretär Gramenz Lützow behauptete,eine Beleidigung erfahren zu haben.Es handelte sich um die Vorstellung der Gemahlin des Grafen Franz Lützow am englischen­ Hofe- Die Greifin Franz Lü­tzow ist eine vollbürtige Aristokratin,die Tochter eines mecklenburgischen Staatsmannes v.Bornemann und hat nach der Etikette Anspruch darauf,durch die Gemahlin des Botscha­fter­s, Gräfin Deyn1,geborener­ Graffin Schlabrendorf,adeo jeder Königin von England präsentiert zu werden.Aus irgen­d­einem Ver­sehen oder Mißverständniß ist diese Vorstellung unterblieben,und daraus ent­­wickelte sich eine Reihe von Mißhelligkeiten welche schließlich die beiden Kavaliere gezwun­gen haben,sich persönlich mit der Waffe in der Hand entgegenzutreten.Der Zweikam­pf wu­rde durch das besondere Dienstvers­hältniß zwischen dem Botschafter­­nd dem Botschaftssekretä­r hinausgescho­­ben.Es geht nicht an,daß derl­ntergessene seineI­ Vorgesetzte ttz1 im Zweikampf eher emsfordere;­11nd die dienstlichen Rücksichten sind in diesem Falle schwer in Einklang zuc bringen mit den persönlichen Standeseinschauungen­ der beiden Aristokraten­.Da Graf Lützow auf seiner Genugthrung bestand,schntzte er,damit der Zweikampf aus­­gesuchten werden konnte,auf seine Stelle in London und a­­f sein­e Eigenschaft als Mitglied des diplomatischenerpsverzichtheit Ende November 1890 ist Graf Lü­tzow aus dem diplomatischen KoN­PZAUH beschzießen und­ er wirp mich heuer nicht mehr in der Liste der österreichisch­-u­ngarischen Diplomaten gefühlt.Ein anderer »Lützow,Graf Heinrich,welcher als Legationssekretär bei der Botschaf­tn London in Verwendung steht,ist ein Bruder des Grafen FrUz Listzvm Aber selbst nachdem Graf Li­tzo­v aus dem diplomatischen Dienste geschieden war,konnte das Duell nicht gleich stattfi­­dm sdh der Botschafter Graf Franz DeyIst der Herausforderung erst darm Fckgekekftelt konnte,bis er die Genehmigung Sr.Majestät 1c 11d sein­es vorgesetzten Ministers,des Grafen Kalucky,erlangt hatte.Cis Ist­ nur zu begreifen,daß diese beiden Faktoren schließlich dem Botschafter gestatteten,fü­r seine persönliche Ehre auch persönlich einzutreten- Allein1 das ist nicht geschehen,ohne daß vorher lange Verhandlungen jk mit dem Grafen Lützow stattgefunden hätten,­welche denselbenbtz­­kommen solltemf eine Herausforderung zurückzuziehen­ und sich mit einer­ anderen Genugthuung zu begnügen­.Die Verhandlungen wurden hauptsächlich von einem anderen Mitgliede der Botschaft in London, dem Grafen Karl Kinsky,und noch von mehreren anderen hervor­­ragenden Kavalieren sowohl in London,als auch in Wien mitngem Eifer geführt.Indessen hatte die Mission dieser Herren zur Ver­­söhnun­g der beiden Diplomaten den gewöhnlichen Mißerfolg solcher diplomatischer Aktionen und so erhielt der Botschafter Graf Fran­z Deym die Genehmigung, für seine Ehre persönlich einzustehen. Das Duell fand statt. Als Waffe wurde die Pistole bestimmt und zwei­­maliger Kugelmechtel festgeseßt. Die beiden Gegner entsprachen Dieter Bedingung und trog des zweimaligen Kugelmechtels wurde seiner der beiden Kämpfer verwundet; das Duell verlief unblutig, und gelten ist der Botschafter Graf Franz Deym in Wien einge­­troffen, um seine hier weilende Familie, seine Frau und wie welche von dem glücklichen Stesultate bereits telegraphisch verständigt worden waren, persönlich zu begrüßen. Gestern Mittags wurde rar Franz Deym von Sr. Majestät in Audienz empfangen und no­ch­ Abend begab er sich auf sein Gut Arnau nach Böhmen, um über­­morgen auf seinen Posten nach London zurückzukehren, Mord oder Zodtschlag?). Der heutige Polizei­­rapport meldet das erste Verbrechen im neuen Jahre. Gestern Abends fand eine Polizei-Batrouille an der Ehe der Borrétagatte und der Vellöerstraße einen Mann mit blutendem Kopfe bewußtlos auf dem Straßenpflaster liegen. Die zu Hilfe gerufenen Funktionäre der­ Freiwilligen Rettungsgesellschaft beförderten den Vermundeten ins N­ochusspital, wo derselbe heute Morgens, ohne daß er das Bewußt­­sein wiedererlangt hätte, verschied. Der Inspektionsbeamte in der B­olizei-Zentrale, Konzipist Edmund Garlathy verständigte von dem Borfalle den Untersuchungsrichter du jour. Die ärztliche Unter­­suchung ergab, daß der Unbekannte durch Schläge auf den Kopf mit einem stumpfen Instegment getödtet worden it. Die Untersuchung wird festzustellen haben, ob hier ein Mord oder ein Todtichlag vor­­liegt und durch wen das Verbrechen verübt worden. (Feuer) Heute Mittags kam im Zinshause des National­­theaters ein Schornsteinfeuer zum Ausbruch. Der Ruß in den zu den Appartements des Landesfasinns gehörigen Kaminen hatte euer gefangen, welches einen so dichten Rauch und Dualm entwickelte, daß man anfangs ein Dachstuhlfeuer vermuthete. Die ausgerühte Feuer­ mehr löschte jedoch den Brand in der kürzesten Zeit. (Roddiebstahl.) Dem Kaufmanne Soft Basen wurde heute in dem Kaffeehause auf der Kerepeferstraße Nr. 13 ein unwerthvoller Winterrod von unbekannter Hand gestohlen. (Spende). Wir­ erhalten die folgenden­ Zeilen: Geb geehrter Herr Redakteur! Den zahllosen Wohlthaten, welche tägst durch Ihre Intervention der Menschheit ermiejen werden, bitte ich bei folgende zwanzig Gulden gütigst hinzuzufügen, und zwar für das Asyl für Obdakhlose, dessen Einfallen bei Der grausamen Kälte der Hilfe so sehr bedürftig sind. Für Ihre Güte­r vorhinein daufend, achtungsvol Frau Sofet M ő B mer Jen. Babriftsbrand.­ Man telegraphirt uns aus Temes­var: Im Maschimenhause der Dampfsäge der Firma Franz G­o­tt­hilf Söhne, eines der größten ähnlichen Etablissements des Landes, in ein Brand ausgebrochen, welcher die ganze Anlage gefährdet. der Winterszeit sei es unmöglich, Arbeit zu bekommen. Gr lebe von trockenem Brod, wenn er solches von mitleidigen Seelen erhält, unterz gebracht sei er schlechter „als zu Hause die Schweine”. Wenn er erz­­ranfe, sei er vollständig verlassen, da er Niemanden habe, der ihm einen Tropfen Wasser reiche. An der Gegend, wo er sich aufhalte — 500 Meilen von Nem-Norf — behandle man die Ungarn mie die Hunde. Sein einziger Wunsch sei, wieder nach Hause zu reisen. (Ein haarsträubendes Berbrechen) Aus Mezőtur wird dem „E—5” geschrieben . Der hiesige Landmann Stefan Gellért hat vor einiger Zeit zum zweiten Male gehei­­rat­et, fü­r seine junge, kaum 20jährige Frau aber sehr wenig Liebe empfunden, denn wenige Monate nach der Hochzeit nahm er seine Sämmtliche Feuerwehren sind am Brandorte erschienen. Gymnasium in ©.-W.-Ujhely. Man Schreibt uns aus ©.-U-Uihely, 1. Sänner: Wie seinerzeit gemeldet, hat die Subskription, die das in Angelegenheit der Kompletirung des hiesigen fechörtassigen römisch katholischen Gymnasiums eingefegte Grekativ- Komite zu Gunsten des Gymnasiums veranstaltet hat, ein erfreuliches Resultat ergeben. Dom­it das V Bedürfniß noch lange nicht” aededt. Der Präsident dieses Komites Vizegespan Matolai wendete sich daher dieser Tage an die bewährte Opferunwilligkeit der Grokarumd­­befiger des Komitats mit dem Ersuchen, neben anderen Kulturzwecken auch das­­ humanitäre Unternehmen des Grelativ-Komites zu fördern. In Erfüllung der bezüglichen Bitte des KomitePpräsidenten hat nun der Tolosvaer Großgrundhesiger und preußische Kämmerer Baron Friedrich Waldboth von Baffenheim den Reigen eröffnet und dem Bizegespan Mlatolai heute 1000 fl. gesendet. Der Brief des Flusmwanderers,­ ein hier dienen­­des Mädchen aus dem Veßprimer Komitat erhielt dieser Tage vor ihrem nach Amerika ausge­wanderten Diater einen Brief, dessen jammervoller Anhalt eindringlicher vor der unüberlegten Emigration marnt, als der beredteste Zeitungsartikel. Der im seinen Hoffnungen getäuschte Mann Flucht Allen, die ihn verleitet, das Vaterland zu verlassen ; er würde sofort heimkehren, wenn er Geld hätte, denn in .. Feuilleton, und Monellen von Alexander Brody. Go ganz unberührt von dem herrschenden Naturalismus konnte die ungarische Literatur nicht bleiben. Ess haben sich auch hier einzelne Jünger desselben gefunden, einzelne Töne mischten sich auch hier in das allgemeine Echo, welches die Neuerer an der Geire in Europa hervorriefen. Im Allgemeinen ist der Ungar nicht natura­­listisc­h angelegt; die Rhetorik, welche Altes verschönt sind vergrößert, liegt ihm noch zu sehr in den Gliedern, er befindet sich noch zu sehr im Kampfe um seine staatliche Existenz und Vorherrschaft und bedarf dazu der ganzen Ungebrochenheit seines Ethos. Dessen ungeachtet finden sich, wie gesagt, auch hier schon ver­­einzelte Anklänge. Im Grunde genommen hat der zu jung ent­­schlafene Stefan Toldt die „Barifer” Richtung schon vor dreißig Jahren bei und eingeschlagen. Seine „Briefe Anatole’s” riefen genügende Entrüstung gegen ihn hervor. Er ließ sich dadurch nicht beirren, und eines seiner lebten Werke: „Lydia“ war bereits natura­­listisch bis zur­­ Unaufführbarkeit. Den Wendepunkt jenes Dramas bildete eine physiologische Thatsache, deren Wahrnehmung eine junge Frau vor dem Fall bewahrt, da sie für sein Glück der Welt die unverhofften­­­ Mutterfreuden opfern möchte. Toldi hat somit das bei den Heutigen so beliebte Thema der Frauenklinik bereit vor­­geahnt. Toldi blieb lange vereinzelt mit seiner damals als , frivol" verworfenen Richtung. Gift im legten Jahrzehnt begann man aug bei uns über den Naturalismus nachzudenken, obzwar die Produktion nicht stark durch denselben befragtet wurde. Seit einem Luftrum etwa sehen wir eine neue, vorläufig nur libertinistische Wendung in unserem Schriftthum eintreten. Die galante Literatur schießt in die Halme und gründet sie eigene Zeitschriften. Selbst so ernste Schriftsteller wie Dóczy werden libertinistisch, wie seine „Garmela Spadaro” sich getrost mit irgend einem Werk von Guy de Maupassant meffen kann. Und doch ist das nicht der richtige Naturalismus, dessen Wesen man hier wie anderwärts noch immer nicht begriffen hat. Je länger und genauer wir Zola studiren werden, desto deutlicher wird uns die Tiefe und Originalität seines Prinzips entgegentreten. Wir wollen uns die meisten unserer Bemerkungen hierüber bis zur Besprechung des demnächst erscheinenden Romans: „Geld“ des Pariser Refor­­mators aufsparen und hier nur kurz so viel voranfinden, daß man sehr in die Irre geht, wenn man die Stärke des neuen Style in der Verzerrung der schönsten Gefühle, in der Verdrehung namentlich der ehelichen Verhältnisse findet. Einer­ der begabtesten Nachahmer des neuen Styls scheint uns unter unserer Jugend Merander Brady zu sein, der soeben mit einem starren Bande Novellen und Skizzen debütirt.”) Am ausgebil­­detesten scheint­ uns die Nachahmung in seiner ersten, umfänglichen Erzählung: „Schauspielerblut” zu sein. Brody hat den , Afrommoir" und die „Nana“ mit Nuten gelesen. Und wir mollen dies durchaus nicht als Vorwurf gesagt haben. Kein Romantiker der Welt, selbst Viktor Hugo und Gußlom nicht ausgenommen, hat eine so enorme Summe von Lebensbeobachtungen, von Lichtbildern aus allen Schichten der Gesellschaft, von Kulturgemälden aus dem Handel und Wandel unserer Zeit in sich aufgenommen, wie Emil Zola. Man wird unser Jahrhundert aus seinen Werken vollständig rekonstruiren können. Er schildert nicht nur die Natur des Menschen, sondern die Sitten, Ge­wohnheiten, Zustände, Schiäfungen, tiefen Laster und großen Kulturwerte des neunzehnten Jahrhunderts, wie gar sein anderer Boot, und besser, als jeder Kulturhistoriker. In ihm vermählt sich der dochdringende Detailbericht des mit geschärftesten Sinnen bildenden Reporter mit der synthetischen Kraft des Erzählers und­­ Denfers. E35 mag feltsam singen und doch möchten wir den Beweis zu führen nicht jenen, daß der Naturalismus aus dem modernen Journalismus hervorgegangen, ein Kind dieses polypen­­armigen Niefen sei. Der heutige Journalismus hat die Aufgabe der Befriedigung der menschlichen Neugierde in genialstem Maße gelöst. Der heutige Zeitungsbericht ist es, der seine Schrankte in Bezug auf Stoff und Erfahr- und Ergründbarkeit desselben fennt. Der Jour­nalismus hat das Detail zum obersten Prinzip in der Lektüre gemacht. Dieses Detail beherrscht jeden Bericht, sei eine Völkerschlacht, oder ein haarsträubendes Verbrechen, ein Symphonie-Konzert oder eine Theater-Bremiere, ein P­arlamentsskancal oder eine langweilige Akademiefisung der Gegenstand desselben. Das Bublistum will Alles wissen und fehägt den Bericht umso höher, je wahr­­heits­getreuer er ist. In diesr Wahrheit sphricht es vor gar seinem Grtrem, selbst nicht vor den grellsten Farben zurück. Sa, er sucht sogar das Sensationelle Mir behaupten, der Naturalismus mit seinen Traffen Farben und feinen verblüffenden Detailfenntnissen wäre gar nur möglich­ gewesen, wenn nicht zwanzig und dreißig Jahre der freien P­resse ihm vorgearbeitet hätten.­ Der Stoff wurde gerieissermaßen analytisch in den Zeitungen vorbereitet, das Publikum empfänglich gemacht für alle Schrecen der Wahrheit. Wenn 3ola in , Nana" die Schwül­sinniscche Welt Hinter den Gouliffen und in den Theatern, wenn er die seltsamen Liebesaben­­teuer einer Bühnencom­tisane, wenn er die Nennen in Longchamps mit Haft zu nennender Prägnanz in der Miniaturmalerei scil­­dert, so bet nit der Boot, sondern der gemwiegte Journalist, die Blüthe des Reporterthums in ihm gearbeitet. Nur als solcher ver. *), Brödy Sándor. Szinészvér. Két szőke asszony. A halott. A. bölény. Tanulmányfejek. A. boldog szerelemről. Budapeft, Nober: Lampel (Wodianer), 1891, mag er auch die Lafterhöhlen, Paris bei Nacht, die Modemagazine, die Bergmeile, Eisenbahnen und je­­der Reihe wag die disparatesten Elemente, unserer kulturbewegten Zeit zu schildern. In seinen Kultur­tableaur Steht Zola bis fest einzig in der Weltliteratur da und mir getrauen uns zu behaupten, daß er da aus den unerscöpflichen Quellen 528 Journalismus gespeist worden it. Diesen Antheil der Tagespresse an der modernen Entwicklung der Literatur mollen mir hiemit feierlichst reflamirt haben. Brody it den Spuren seines Meisters nachgegangen. Im „Schauspielerblut” hat er endlich die Augen, die­ sonst verzückt gen Himmel blic­en und vor lauter Sternen und Engeln diese irdische Welt ganz vergaßen, recht weit aufgemacht und auf den ung um­gebenden, allerlei gute und böse Dünfte ausathmenden, Höchst unvoll­­kommenen, in feinem Streben erhabenen, in seinem­­ Selbstbemußtfein fomischen Erofloß gerichtet. Er hat ehrlich angefhhnt, was rund um ihn her­vorging und siehe da! gerade der Kontrast des Unvollkomme­­nen und Unzulänglichen, das er schildert, ist im Stande, unsere ganze Aufmerksamkeit zu fesseln und Brody in unseren Augen als einen Autor, der uns belehren und paden kann, erscheinen zu lassen. Das Sujet von „Schauspielerblut” ist so einfach und gemöhn­­li­, wie möglich. Brody greift in die Tiefen, oft in die Hefen des Volkes, wie Zola, der in der Yäulnik des gemeinen Mannes die gerechte Strafe für den leichtsinnigen Vornehmen sieht. Trunksucht und MWolluft haben den Volfskörper vergiftet und die oberen Schichten tragen die Folgen dieser Verwahrlosung. Es ist sehr sehr reich, das Dunkel, meleg den Untergrund der Gesellschaft bedeckt, aufzuhellen. Brody’s Held ist einer jener­ „Hungerleider”, aus denen sich angeblich die Tagespresse refratiren soll. Stefan ist ein naiver Dorf­­junge, der seiner ersten Liebe davongelaufen ist und in der Hauptstadt sein Glück versucht. Mit ergreifender Wahrheit in der Detailschilderung ist die aufsteigende Garriere des dummen ungen dargestellt, der als Schleifenschreiber in einer großen Zeitungsadministration beginnt und im Laufe­ der Zeit fi zu einer Utilite, zu einem brauchbaren Reporter in seiner Redaktion, schließlich zu einem gefeierten Eyrifer und Feuille­­tonisten aufschwingt. Der Journalismus schleift eben seine Leute ab und hat eine eminent pädagogische Bedeutung. Brody nimmt die Gelegenheit wahr, um und echt naturalistisch das Bienenfarbleben einer Druderei, Redaktion, Expedition zu schildern. Dabei nthmen wir bald auf die ihmwüle finnische Atmosphäre dieser vereinigten Berufe. Mit föflicher Naturwahrheit it­t45 Keimen und Gründen der Neigung zwischen dem munteren, trob­blonden Expedi­­tionsmädchen Gera und dem demüthigen, gelangmeilten jungen Schleifenschreiber Stefan geschildert. Mit naturalistischer Unbefangen­­heit sehen wir die Gründung einer zigeunerhaften Menage plastisch gezeichnet, wobei das erste Nest bei­ der Kopfreichen Yudenfamilie mit niederländischem Realismus gezeichnet ist.­­ Sera geht für kurze Zeit zur Bühne und dies gibt Gelegenheit zu trefflichen Skizzen aus dem Gouliffenleben. Wie Bródy die kurze Seligkeit des zigeunerhaften Verhältnisses zwischen Stefan und Sera, das baldige Erfalten und die feige Flucht des Mannes, die tausendfältigen Schmerzen des verführten Meibes, ihre vergeblichen Versuche weniger Wiederkehr zu ihresgleichen, ihre fortwährenden Nachfälle in die Liebe zu ihrem gewissenlosen Verführer, die Mache des betrogenen Maschinenmeisters, das frevelhafte Kofettiren Stefan’s mit seiner ersten Liebe, während er das­ sträfliche Verhältnis zur zweiten fortseßt, in einer Reihe wohlausgeführter­­ Situations­­bilder uns vor die Augen rüht, zwingt er und Achtung ab vor seinem ernsten Studium Zola’s und seinem nicht ungewöhnlichen Talent, die ähnlichen Motive mit täuschenden Budapester Lokalfarben zu be­­kleiden. Worin er aber zum Schluffe von Zola abweicht und was dem besteren auch viele talentvolle deutsche Nachahmer nicht abqueden konnten, das ist die herbe Ethik, welche, ob man uns dies auf den ersten Bit zugeben will oder nicht, alle Schriften des oft seltsam verfannten Franzosen beherrscht. Immer haben mir bei dem Lebieren die Empfindung, er wolle sagen, daß die scheußlichsten Berbredhen nicht dem Einzelnen, sondern der Geseh­ Ichaft zur Last fallen und daß der Poet mit Flammenschrift die marnende Wahrheit an die Mauern der Balätte schreibe. Zola ist durchaus nicht gleichgiltig gegen die Nebel dieser Welt, so scheußlich er sie malt. Er glaubt dem Fortschritt nur umso dienlicher zu sein, je rnd nicht Slofer ex die gesellschaftliche Lü­ge bloßstellt. Dieser höhere Standpunkt fehlt Brady. Er zeichnet virtuos das Einzelne, aber ihm fehlt der zusammenfassende, ordnende Begriff. Gern Stefan ist ein lumpiger Streber, dessen Tob­ige Stiefelfohlen das Glüd zweier unschuldiger Menschen zerstampfen und vielleicht noch­ über manche ehrmiürdige Leiche hinmegschreiten werden. Das Tableau mag im Einzelnen wahr sein, doch ein solcher Naturalismus endigt schließlich in einen nichtswü­rdigen Hohn gegen die menschliche Gesells­­faft überhaupt, in eine Teufelsfrage, die mit dem wahren Gesicht der Poesie eigentlich nichts zu thun hat. Brady ist — und damit trösten wir uun — wo­ nicht bei der legten Phase seiner Entwicklung angelangt. Denn noch Schwächer hat er begonnen. Seine „Zwei blonden Frauen” zum Beispiel sind ein kaum gelungener Bertuch, das Versinfen einer anständigen Frau in den Lasterpfuhl, frei nach Flanbert und Balzac, zu Schildern. Es ist zu deutlich, daß hiefür seine Kraft nicht ausreicht. Immerhin it Brady durchwegs spannend and interessant, wenn auch oft abstoßend. Es lebt in ihm die Kraft der Wahrheit, mi befangener Beobachtung und künstler nich ausdrucksvoller, oft ergreifen­­der Wiedergabe, so daß wir ihm nebst der Ermeiterung seiner Be­­obachtungsfelder in allen Kulturfe­chten aug noch die ethisch-philo­­sophische Erhebung wünschen, damit mir in ihm einen berufenen Be­s­treter des Naturalismus in Ungarn begrüßen können. Dr. Adolf Silberstein, 7 | ' \

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