Pester Lloyd, Dezember 1891 (Jahrgang 38, nr. 309-334)

1891-12-01 / nr. 309

en TO .P«udype5tigdstivkaek. = Biber alles Erwarten hat in Italien die Antwort des Grafen Kälnofy auf die Z­umuthungen des Herrn Ballinger bezüglich der Bapstfrage einen verstimmenden Ein­druck gemacht. Das liegt wohl zum Theil an dem Lücken­­haften der telegraphischen Berichterstattung, welche gewöhnlich aus dem Groben heraus arbeitet und für die feineren, doch wichtigen Nuancen kein Verständnis hat, zum Theil aber auch an der großen Empfindlichkeit unserer Nachbarn gegen aes, was auch nur leise an jenes Problem anklingt. Die Erklärung unseres gemeinsamen Ministers des Auswärtigen selbst war eben­so loyal als Korrest und konnte zu einem Mißverständnisse gar keinen Anlaß bieten. Gleichwohl ist sie­ ­mißdentet worden, wie Dies Bovio und auch aus der von einer gewissen diplomatischen Bedenklichkeit angehauchten kurzen Rede des Herrn Nicotera hervorgeht. In der That scheint es, als wäre Die irrige Auffassung der italienischen Blätter wesentlich auf eine bat der Anfrage des Herrn und Parlamentarier­verwechshung der Ausdriede auvictus führen: man das, was Graf Kátholy über Die Bapstfrage sagte, auf die römische Frage den beiden Begriffen wartet doch ein bezogen sehr bedeutender Unterschied ab. Denn — einftirt, das Fan und Herr Nicotera hat vollkommen Neht —, daß eine Sie existirt nicht für art und auch für die auswärtigen Mächte nicht. Die inverleibung Noms, wie des ganzen Kirchenstaates in den italienischen Einheits­­staat bildet seit einundzwanzig Jahren Rom gehört faktisch und rechtlich den Italienern und Niemand hat Die Befugnis oder die Absicht, dieses längst santtionirte Besig­­verhältniß zu stören. Am allerwenigsten kann solches unserer Monarchie oder der Leitung unserer auswärtigen Politik imputirt werden. Wie wäre es denn denkbar, daß die öster­­reichische ungarische Monarchie ein mit „Italien kmü­pft, wenn es seine politische und territoriale Integrität nicht achten oder nationalen feindselig entgegenstellen wollte? — ‘Je ernster man je wichtiger diese natürliche Gruppirung für die Sicherheit­ der verbündeten Mächte erscheint, desto weniger sollte man einen Argwohn auch nur für möglich halten, der einen sch­weren Zweifel an­ der Haltbarkeit des Bündnisses gleichkommt. 3 Wahrheit aber hat Graf Kálnoty von der römischen Frage gar nicht gesprochen und man kann ihm in dieser Richtung nicht einmal einen lapsus linguae zum Vorwurf machen, wie er auch unterlaufen mag. “Jedes feiner die echte Prägung aufrichtiger Freundschaft und Sympathie und verträgt sehr wohl die allerrigoroferte Prüfung. Wovon er als von einem derzeit noch ungelösten Problem sprac­h, das ist die Papstfrage und Diese ist längst nicht meh­r mit der römischen Agrage identisch. Bei in Rom, Selbstständigkeit Tatholischen der gar die irgend eines Staates it, sich einem geübten Rapstfrage darin römische Trage,nicht jache und einen unanfechtbaren Rechtszustand, der Beziehungen einem Handelt Bindung Tripel-Allianz müsse frei und unabhängig sein. Das des Unterthan erleiden mehr eine Historische That S Hauptelem­ente feiner behandelt und Debatter in einer Improvisation über Stalin trägt ich schlechtiweg um Staliens Papstes Garantien seiner Freiheit und die Forderungen Der Souveränetät Italiens auf der anderen Seite. Boll­ommen forrest und zutreffend erklärte Graf Kálnoty, Der Bapst ein Heiligen Stuhles zu den Gläubigen der katholischen Welt. Denn ein abhängiger und unfreier Papst, welcher font Tannte von den übrigen Staaten doch unmöglich als höchste geistliche Instanz wenn Der genug Unzukömmlichkeiten , unabhängige Papst seinen Einfluß auf innere Staatsangelegen­­heiten unter irgend­einen Rechtstitel ausübt, nun dente man ich vollends einen Heustand, wein der Papst au noch in seiner Eigenscaft als Unterthan eines Landes in das innere Leben der katholischen Völker eingreifen wü­rde. Das wäre die organisirte Fremdherrschaft. Man muß aber der Papst doch irgendwo, sei es nun Italien oder sonst ein Land, residiven, und daraus ergibt sich eben das Problem, wie die Freiheit und Unab­­h­ängigkeit des Heiligen Stuhles mit der Souveränetät des betreffenden Staates in Einklang zu bringen sei. Heute beteht dieses Problem für Italien, weil der Bapst dort seine Residenz hat, aber es könnte genau so für jedes andere Land bestehen, wohin der Heilige Stuhl seinen Sinn verlegen würde. Wohlan, in d­iesem Sinne existirt aller­­dings die Bapstfrage auch Heute noch­ und Graf Kálnoty konnte mit Necht sagen, daß sie noch nicht endgültig­ geldft­ fet. Sa, bestreitet man denn diese Thatsache in Ialien selbst? Die Sonterpellation des Heren Bovio in Der ita­­lienischen Kammer gibt die richtige Antwort darauf. Wenn auf der einen Seite der Bapst mit seiner Stellung zu­­frieden it und sich als „Gefangenen“ betrachtet, auf der anderen Seite eine starke italienische P­artei gegen die Ga­­rantiegefäße Tebhaft agitirt, so­tt es evident, Daß Das Problem no­ eine definitive Lösung gefunden hat. 5 Allein die Papstfrage auch in diesem Sinne it feine internationale Angelegenheit, in welche fremde Staaten sich einmischen könnten oder dürften, sondern, so lange der Papst seine Residenz in Italien hat, eine Angelegenheit, welche, wie Fürst Windischgräg in seiner Neph­t gegen Zallinger richtig betont hat, der Star­­ien allein obdine fremde Einmischung zu regeln ist. Wie und auf welcher Gruundlage Dies zu geschehen habe, das muß der Weisheit und dem guten Willen der italienischen Regierung und des Bapites über­lassen bleiben. Jugend ein Zwang ist selbstverständlich aus­­gescloffen. Der Heilige Stuhl it vollklommen frei in seinen Entscheidungen. Der Bapst kann Das gegen­­wärtig zu­recht bestehende P Verhältnis oder irgend eine neuere Verfügung der italienischen Negierung annehmen, oder er Framm, wenn ihm das Arrangement nicht behagt, Nom verlassen und seine Desidenz anderwärts aufs­chlagen — ganz nach seinem eigenen Gut dünk­en. Sicher ist nur, daß in dem Falle, als ein Beisammtensein des P­apstes und des Königs von Italien in Rom sich als unmöglich Heranstellen sollte, nicht der König, sondern der P­apst, nicht der italienische Staat, sondern Die Kurie den Pia räumen müßte. — Das ist der Stand der Bapstfrage und wir besorgen nicht, durch Die Zhatsachen und Ereignisse desavonirt zu werden, wenn mir sagen, daß diese Anschauungen auch­ von unseren maßgebenden Kreisen getheilt werden. Freilich eine andere Deutung läßt die im Grunde sehr einfache Erklärung des Grafen Kuülnoky überhaupt nicht zur. Wohl mag es in Oesterreich nicht minder, als in O­talien Leute geben, die ein Iteresse daran haben, den Worten des Ministers Gewalt anzuthun und einen Sinn hineinzuinterpretiren, der den Absichten der Regierung ab­­solut fremd ist, doch sollte man dieser auserlesenen Gesell­­schaft, in welcher der Ultramontanismus sie merkwürdig verständnißvoll mit dem Radikalismus begegnet, wahrlich den Gefallen nicht erweisen, Korn auf ihre Leer Eappernde Mühle zu schütten. Oesterreich-Ungarn und Italien, ein­­müthig in der Hingabe an die Ideen und den Inhalt ihrer Allianz, haben Besseres zu thun, als die Anschläge und Agitationen aller Widersacher des Dreibundes zu fordern, die Schon Großes erzielt zu haben mwähnen, wenn es ihnen gelungen ist, auf der einen oder anderen Seste and­er eine augenlol­liche Verstimmung zu erzeugen. DVielleicht hätten wir einigen Grund, uns darüber zu beklagen, daß man in Italien so Leicht geneigt is, einer die und zwischen Einheit nämlich­ persönliche P­ostulat anf aus allerdings Teinen Worte es Stellung um die der einen und ist Zweifel des ja zweifellos oder ihrer eigenen ja Unterthanen acceptirt . Es hat Budapest, 30. November. X Von dem Bedü­rfnisse getrieben, zu Gunsten seiner neuesten politischen Wandlung auf Urtheil und Gemüt der gejrägten Wählermassen einzumirten, ist der Führer der N­ationalpartei, Graf Albert Apponyi, von seinem üblichen Hofstaate begleitet, gestern in Misfolcz­ew­schienen, um seinen dortigen Anhängern die staatsmännlschen und patriotischen Tugenden seiner Bolität in einer wohl­­gejegten Kortesrede vorzuharangairen. Nun it es zwar weder gerathen, noch üblich, Offenbarungen, zu denen Die edlen Triebe des Kortessifers den mpuls gegeben, ernst zu nehmen; allein andererseite macht er das spezifische Gewicht, das der Bersünlichkeit des Grafen Apponyi inne wohnt, Freund und Gegner zur Pflicht. Feine seiner Ema­­nationen unbeachtet zu lassen, aus welcher Veranlassung sie auch erfolgt sein mögen. Auch der Zeitpunkt, in welchem Graf Apponyi diese rhetorische Leitung vom Stapel gelassen hat, spricht ja dafü­r, daß au­fh Dieselbe der Maßstab er unter Kritik gelegt werde. Die Wahlbewegung steht bekamntlich nicht unmittelbar bevor ; eine Nothwendigkeit, jegt, inmitten der Session des Reichstages, sich mit den Wählermassen in lebendigen Kontakt zu fegen, liegt also fü­r die Mitglieder der Volksvertretung durchaus nicht vor. Und wenn das Oberhaupt der Nationalpartei gleichwohl schon lebt, das Banner des Kampfes in der Hand, auf dem Plane er­scheint, um seinen Getreuen dur­­f eine zü­ndende Beredte samfeit Muth und Zuversicht einzuflögen, so muß wohl an­genommen werden, daß er Die Dinge, die er auf dem Herzen hatte, für viel zu dringend und für­ viel zu wichtig ansah, “als daß ihre öffentliche Erörterung einen Aufschub von mehreren Monaten vertrüge. Freilich, wenn wir die Migfoltzer Nede noch so auf­­merft an durchgehen, nirgends finden wir im ihr Momente, die eine so nngente Behandlung rechtfertigen würden. Das Meiste von dem, was Graf Albert Apponyi gestern seinen Zuhörern anvertraute, hat er schon Früher theils in Yap­­berémy, theils im Abgeordnetenhause gejagt; und das wenige Mene in seiner jüngsten Offenbarung it von der Art, daß der Chef der Naitionalen damit nie zu spät vor die Deffent­­lichkeit getreten wäre. Unter die antiquirten Dinge zühlen wir in erster Reihe den gehässigen Ausfall wider das Regime Tipa. Es Scheint, daß Graf Apponyi jedesmal, so oft er in der Deffentlichkeit das Wort erhebt, den unbezwingbaren Drang im fi­ verspürt, seinem Gegner von Gestern eine­ üble Nachrede zu halten. Das Mecht, an einem Regime von fünfzehnjähriger Dauer Kritik zu üben, kann nun dem ver­­ehrten Grafen allerdings nicht abgesprochen werden, zumal ja die Partei, welche die Trägerin jenes Systens gerieten, noch fortbesteht und Die gegenwärtige Regierung bei ihrem Amtsantritte Fein Bedenken getragen hat, zu befennen, daß sie im Geiste ihrer Vorgängerin weiterzuwirken gefonnen sei. Pas wir an der retrospektiven Kritik, in der das Oberhaupt der Nationalpartei ji gefällt, auszufegen haben, it denn auch nur der heftige Ton, sowie das mangelnde Bestreben, sich zu einer minder subjektiven Aussb­auung über eine Epoche der vaterländischen Geschichte emporzuschtoingen. Das fünfzehn­­jährige Wirken Koloman Ti$kas an der Sorge des unga­­rischen Staates gehört der Geschichte an und dieser allein steht es nunmehr zu, ein uniparteiliches und end­­gültiges Urtheil darü­ber zu füllen. Und wenn Graf Apponyi sich schon berufen fühlt, solchem Historischen Ur­­theile vorzugreifen, so müßte er damit anfangen, zu­nächst die Vorurtheile, in denen er gegenü­ber einem politischen Gegner befangen ist, von sich abzustreifen. Thäte er das, so müßte er bei einem Vergleiche zwischen den Öffentlichen Zuständen, die Koloman Tiga bei seinem Amts­­antritte vorgefunden, und jenen, in welchen er das Land seinem Nachfolger übergeben hat, denn Doch Einiges finden, was selbst dem befungensten­ Urtheile Mejpert und Anerken­­nung abgewinnen muß. Als Tifa die Negierung antrat, war Ungarn von einer vierfachen Skrise heimgesucht : die Finanzen waren so zerrüttet, daß Die nationalen Geister von der entjeglichen Berahmung des staatswirthschaftlichen Zusammenbruches wie gelähmt schienen; die Nationalitäten­­verhältnisse waren derart zerfahren, daß man von den wurchelnden zentrivetalen Bestrebungen bereits die Auflösung der neubegründeten ungartigen Staatlichkeit zu besorgen begann; die Beziehungen zwischen Ungarn und Kroatien waren in trostlo­fer Weise gelodert und mit brutalen Fünften rüttelten Die nationalen Erzeffe jenseits der Drau bereits an der Einheit der Stefanskrone, und endlich befand sich die Monarchie damals mitten­drinn in der bosnischen Schwierigkeit, die in Ungarn allgemein als ein Unglück aus gesehen wurde. Und wie war es um all dies bestellt, als der vom Grafen Apponyi so leidenschaftlich verwöhnte Mann aus dem Anm­e schied ? Die Staatsfinanzen sind von ihrem Siecjz­aum geheilt, der unselige Bann des Defizits it geschwunden und trog der reichlichen Detirung aller Bedü­rfnisse unserer Machstellung und der nationalen Kulturbedü­rfnisse bü­rgert sich der Ueberschuß als dauernder Gradmesser unseres staats­­wirthschaftlichen Gedeihens im ungarischen Budget ein. Der Nationalitätenhader ist gewichen und in Kroatien ruht Die Macht in den verläßlichen Händen einer loyalen Me­hrheit, die den Frieden mit Ungarn als die erste Bedingung des Gemeinwohles der K­roatischen Nation betrachtet. Die bosz­nische Okkupation endlich hat alle Befürchtungen, Die fi­an fie Enlipften, glänzend desavonirt ; fie it, statt beständige Seiten heraufzubeschwören, eine Bürgschaft der dominirenden Machtstellung Oesterreich-Ungarns nach dem DOften hin ge­worden. Das sind die Ergebnisse des Regimes Tiga, welches Graf Apponyi als eine Epoche des nationalen Niederganges, als eine Hera der unseligen Entkräftung unseres DVolis­­thums zu verlästern nicht müde wird. Es ist uns unerfind­­ich, was durch Diese scheelsüchtigen Rekriminationen erzielt werden soll ? Die Nation, auf die man einwirken will, müßte mit Blindheit geschlagen sein, um Die Bortheile zu verkennen, die ihr die Negierungsthätigkeit Koloman Tipa’s errungen hat; und daß sie nicht blind ist, daß sie richtiger als Graf Apponyi urtheilt, ist erwiesen durch das ziffer­­mäßige Verhältnis zwischen jener Partei, mit derern Hilfe der frühere Minister-Präsident sein. Politif verwirklicht Hat, und den Fraktionen, die ihn und sein Walten vor der Nation stets angeschwärzt haben. Den­ Grafen Apponyi entgeht freilich nicht der Sinn jener beredten Sprache, welche die Ziffern der parlamentari­­schen Arithuretts in Ungarn führen, und um den Wider­­spruch zwischen seiner Polität und dem Inhalt des Bolfs­­urtheils zu überbrücen, Hat er die Formel von Geiste des Servilismus erfunden, in dessen Bande die Nation angeblich liegen sol. Die Frage ist nem, was der Führer der Na­­tionalpartei unter dem­ Begriffe der „Nation“ versteht? Die Gesammtheit des Volkes kann der verehrte Graf nicht meinen, stellt ?_ Wenn der Doktrin Naum gegeben wird, Daß bei der sittlichen Szenatur unseres Bolisthums die in Mehrheit bes­findliche Negierungspartei nicht die frei urtheilende Majorität der Nation, sondern die servile Meinderheit versehlen vers­tritt: was wird Graf Apponyi thun, wenn er dereinst die Verwirklichung seines Hoffens und Strebens erlebt? Wird er als Negierungschef auf die parlamentarische Minderheit sich fragen und sich in Gegensall zu der Majorität des Ab­­geordnetenhauses stellen, weil jene die Majorität des Bosfes, diese aber den servilen geringern Bruchtheil Desselben vers­tritt? Und welch krafter Widerspruch liegt nicht darin, wenn der Führer der Nationalpartei in einer ab Dexiselben Rede einerseits die Nation als vom Servilismus angefault darstelt und andererseits seine jüngst vollzogene Liufs­­chwendung mit dem Bestreben begründet, eine Katastrophe zu verhüten, die sich einstellen wird, wenn das Fortwuchern des gegenwärtigen Regimes die Nation dazu nöthigt, das verhagte Jod) Durch „Gewalt" und dur)­h die vadifak­ten Mittel" von si) abzuschütteln ? Befindet sich Die Nation wirklich in einem Zustande so hochgradiger sittlicher Fählung, daß ihr Servilismus sogar die gesunde Bethätigung ihres verfassungsmäßigen Selbstbestimmmungsrechtes vereitelt, wie soll dann ein revolutionäres Auffladern ihres Unwillens wider die derzeitigen Machthaber zu besorgen sein ? Besteht aber die Gefahr einer solchen Katastrophe nicht, womit will dann Graf Apponyi seine Linksschwenkung motiviren ? Das muß fürmahr eine schlimme Sache sein, die selbst ein so scharfsümiger und geistvoller Mann wie der Führer der Nationalpartei nur mit so wistischhaltigen Negumenten zu vertheidigen vermag. Und in der That, bei näheren Cin­gehen in das allerneuerte Programm des Grafen Apponyi offenbart sich Die absolute Wichtigkeit Desselben in der klare­sten Weise. „Erweiterung des 1867er Ausgleichswertes auf nationaler Grundlage” — das ist die Hohle Phrafe, welche die Nationalpartei als ihr politisches Glaubensbefenntnig in die Welt pojaunt. Allein der V­oraussegung, daß­­­ieses Desideriun erfüllbar sei, legt die ungeheuerlichste Naivetät zu Gr­unde : der Glaube nämlich, daß eine "Revision des Ausgleichsgefeges einseitig und lediglich zu unseren Gunsten im Bereich der Möglichkeit liege. Die Gefeßgebung vom Sabre 1867, durch welche der Dualismus ins Leben gerufen wurde, ruht, wenngleich mit der Krone abgeschlossen, auch auf der Zustimmung der Bölfer Dejfterreichs. Henikt nun Ungarn eine Revision des Ausgleichs zu seinen Gunsten,­­so liegt es nie in der Natur der Sache, Daß auch die Bülter Desterreichs auf den Plan treten, Darauf bestehend, daß die dem­ ungarischen Staate einzuräumenden S Konzesionen doch­­ gleichwert­ige Gegen­­leistungen zu ihrem Vortheil aufgewogen werden. Und da uns in Oesterreich nicht eine einheitlich organisirte polisz tiiche Nation, sondern ein Konvolut von nach individueller Geltung ringenden Bölfern gegenübersteht, so wäre dies ein Seilfhen und ein Nütteln, doch welches wohl die Keime der föderalistischen Berfegung ausgestreut, keineswegs aber die Bedingungen der inneren Hestigkeit Oesterreich- Ungarns gefördert werden konnten. Der nationale Ehrgeiz des Grafen Apponyi und seiner Getreen hat natürlich in erster Reihe die gemeinsame Armee im Auge Wohlan, wie Stellen sie die Herren die Nationalisirung des ungarischen Theiles der Armnee vor? Soll dieser Prozeß etwa durch einen bloßen Machtspruch des Monarchen bewirkt werden ? Aber nicht Der Wille des Herrschers, sondern s der im Gefeth ausgebrücte Bollswille it ja diejenige Macht, Die über die Organisation des gemeinsamen Heerwesens entscheidet. Und ringen wir im gejeglichen Wege dem Prinzip der Einheit des Heeres nationale Zugeständnisse für Ungarn ab, so stellen im selben Augenblick auch die Ezechen, Slowenen, Polen und alle anderen iterreichischen Völker mit gleichem echte die gleichen Ansprüche — und heißt das nit, die Clemente der Dekomposition in den vornehmsten Faktor unserer Wehrfähigkeit Hineintragen ? AU das it übrigens nicht mehr net; aus dem eloquenten Munde des Grafen Apponyi hat das Land Diese staatsrechtliche Doktrin in jüngster Zeit wiederholt ver­nommen und nichts kann die Absurdität derselben Hand­­greiflicher beweisen, als die Shatjacye, daß selbst eine so faszinirende Berechtsamkeit an der Fairen Zurü­dhaltung, die die Öffentliche Meinung gegenüber dem nationalen Programm vom Anfang an beobachtet, nichts zu ändern vermag. Das einzige neue Moment in der Misfolezer Nede it aber das Bekenntnis, daß die Nationalpartei fortab entschlossen ist, alle Mittel aufzumenden, um die Negierung und ihre Partei zu stürzen. Und dieser Entschluß ist ja bereits durch­­geführt in dem Wahlpakte, den diese Partei mit den prin­­zipiellen Gegnern des 1867er Staatsrechtes eingegangen ist. Wohlan denn, die Thatsache, daß der Partei des Grafen Apponyi der Sturz einer Regierung wichtiger it, als die ungeschmälerte Wahrung des Ausgleichswerkes, welches Die Basis und die Bürgschaft unseres staatlichen Seins und unserer nationalen Entwiclung bildet: diese Thatsache wird die öffentliche Meinung nach ihrer vollen Bedeutung zu mü­rdigen wissen. Und im nächsten Wahlkampfe wird die auf die liberale Partei sic) jingende Negierung von Sieg davon tragen, nicht nur weil sie jene Reformen auf ihr Banner geschrieben hat, welche das Land sehnsüchtig erwartet, son­dern auch ,weil die öffentliche Meinung recht erkennen muß, daß, wenn es der nationalzäußerfilinten Koalition gelänge, das Kabinet Szapary zu stürzen, mit diesem Ministerium auf das Ausgleichsmwert Franz Dedl’3, der staatsrechtliche Friede und Die Großmachtstellung der Monarchie in die Brüche gehen wirden. Jawohl, in der nächstjährigen Wahl­­kampagne wird die Nation ein verheerendes Volksgericht halten über die Hypokrisie der Nationalpartei, welche, ob­­wohl sie sich die Partei der Reformen nennt, sich mit den Gegnern der legieren verbündet, und welche, wiewohl sie das 1867er Staatsrecht wahren zu wollen vorgibt, nicht nr selbst die Zerrüttung des Ausgleichs­werkes anstrebt, sondern auch Hand in Hand mit jenen geht, die gegen das Teptere ganz offen die Waffen des Umsturzes Schwingen, die Wiener Depesche mit Ruhe vollständig [est und nit blos den = , Graf Kälnoky Habe sagen wollen, daß eine Ber tigung (accordo) zwischen Steab­en und dem Papstt­um noch nicht gefunden wurde und daß Oesterreich- Ungarn si, da es sich um eine die berechtigte Empfindlichkeit einer befreundeten und verbündeten Nation berührende Frage handelt, in seinem Falle einmengen könne. Graf Kalnoky habe eine wahre That­­sache behauptet, da eine "Verständigung zwischen dem italie­­nischen Staate und dem Bapste noch nicht gefunden "wurde und sich für fest auch fehmwer finden Lassen werde; er­ habe da­­mit implizite und bar anerkannt, daß es sich hierin um eine interne und blos Italien angehende Frage handelt, was der österreichisch­­ungarischen Regierung, ab­ einer verbündeten Macht, solche Zurück­­haltung auferlege, daß sie die Angelegenheit nicht einmal in freund­­schaftlicher diplomatischer Weise berühren könne. Das sei der wahre Sinn der Worte Káthotya, wenn Here Nicotera erklärte, daß die­­selben unmöglich von dem Minister einer verbündeten Macht gesprochen­­ worden sein können, so bemeise dies, daß der Minister des Innern in der Auslegung von Depeschen sehr unglücklich sei. Die Gesammtheit der Erklärungen des Grafen Kälnoky schließe vollständig aus, daß er irgendwie die Frage der Beziehungen z­wischen Italien und dem Bapíttribum als eine solche von internationalem Charakter ansehe. All die „Opinione” und die „Tribuna“ erkennen an, daß der Minister nicht von de römischen Frage, sondern nur von dem Streite gwahen Italien und den V­apituidum gesprochen habe, und daß er eine friedliche Lösung des G Streites wünschte. „Graf Kältoky,“ schreibt die „reibung“, „hätte besser gethan, zu sch­weigen, da er die Frage ohnedies ausschließlich als eine italienische bezeichnete. Man könne jedoch nicht behaupten, daß er tastlos oder unfreundlich gesprochen habe. Diejenigen, welche in ihn einen Freidenker vermutheten, mögen ihn tadeln." Die „Opintione” schreibt: „Die Erklärungen sind korrek­ und sympathise, wenn auch der Form nach nicht so glücklich und genau, daß sie nicht in einigen Punkten einer freundlichen Eve­lärung bedürften. In derart heillen Sachen sei_ vor Allem die r­id­­fihtelofefte Klarheit geboten.” — Die „Berjfeveranza” urtheilt über­ die Antwort des Grafen Kálnoty auf die Nede B­allinger’s: Die Sprache des Ministers konnte nicht forrester sein und sie gibt zweifellos dem allgemeinen Gefühle der Völker der Monarchie treuen Ausdruck. — Nach einem römischen Berichte der „Bol. Romr." bekämpft der „Bopolo Romano“ sedr nachdrücklich die Ansicht, als ob Graf Kalnoky in seiner Erwiderung auf die Rede des Delegirten Zallinger von einer römischen Frage gesprochen hätte. Das Blatt mißbilligt die Neukerung des Ministers 068 Innern, deren Nicotera, er könne nicht glauben, daß die dem Grafen Kalnoky in den Feund gelegten Worte von dem Minister einer verbündeten Macht ausgesproc­hen worden seien. Herr Nicotera hätte sich auf die Mittheilung, daß der Minister-präsident die Inter­pellation des Abgeordneten B­ovio am nächsten Montag beant­­worten werde, beschränken und ss im Hinblick auf die heid­e Natur des Gegenstandes jeder Auslegung der dem Grafen Rätnoky zus­geschriebenen Aeußerungen und jedes Wrthbild über dieselben ent­­halten seien. Der Minister des Innern habe überflüssigerweise em­­phatisch betont, daß die „römische Frage” geschlossen sei. Wo hat denn — fragt der „Propolo Romano" — der Wiener Kanzler die Ansicht ausgesprocen, daß die „römische Frage” eine offene sei. Wenn man — Der Unterricht 3.Ausschuß des Abgeordneten: Haufes hat in seiner heutigen Lisung seinen Bericht in An­gelegenheit, der Modifikation des Lehrerpensions-Gesetes Festgestellt. Der vom Referenten Spener verfaßte Bericht betont, der Ausschuß habe den Gelegentwurf mit voller Würdigung und nm getheilter Freude aufgenommen, weil derselbe berufen sein wird, die auf diesem Gebiete­ obmachenden billigen Ansprüche und Wünsche zum großen Theile zu befriedigen. Der Bericht hebt ferner hervor, der Ausschuß habe sie davon überzeugt, daß der Landes-Pensions­­und Versorgungsfond zwar mit Inanspruchnahme neuer Einnahms­­quellen, aber ohne Erhöhung der Beiträge der Pensionsberechtigten, ja zum Theil bei Herabfegung verselben die erheblich erhöhten An­­sprüche deben werde. — Syn Gemäßheit des vom Wusichuffe an­­genommenen % ó­n & 8’schen Antrages betont der Bericht ferner, dab in Anbetracht des Umstandes, wonach die aus dem gegenwärtigen Stande der mathematischen Bilanz des Landes­ Pensions- und Versorgungs­­fonds ermessliche Vermögenszunahme den Geluß gestattet, daß binnen zehn Jahren aller Wahrscheinlichkeit nach ein so ansehn­­liches Kapital zur Verfügung stehen wird, welches selbst im Falle einer außerordentlichen Sluktuation der Zahl der Invaliden und — im Falle, größerer Sterblichkeit — der Versorgungsgenüsse der Witwen und Waisen im Stande sein wird, mit seinen Zinsen die Ausgaben zu deben, der Ausschuß auch der Hoffnung Ausdruck gibt, daß es binnen zehn Jahren, nach Maßgabe der neuerlich aufzustellenden günstigen Bilanz möglich sein werde, entweder die Pensionsbezü­ge zu erhöhen oder das Mab der Beiträge herabzufegen oder eventuell die Dienstzeit zu reduziren. Schließlich hebt der Bericht hervor, daß Der Ausschuß die Ekklärung des Ministers, wonach der Gelegentmurf über die Regelung der Lehrerbezüge baldigst eingereicht werden wird, mit Beruhigung zur Kenntnis genommen hat, in der Weberzeugung, dab diese Reform im Vereine mit dem vorliegenden Entwurfe, sowie die für die nächste Zeit in Aussicht genommene Regelung der Pensionen der Professoren der konsessionellen und kommunalen Mittelschulen, auf Fr­ontsciäm­e wiferes Unterrichtämesens von heilsamem Einflusse ein wird. Nach Leitstellung des Berichtes wünscht­ der Vorfigende Sukias Schwarez im Namen des Ausschusses dem Minister Glück zu dieser seiner neuen Schöpfung, welche das 2008 von 7 Tausenden von Hami­lien erleichtern wird. Minister Graf ELAFH dankte dem Vorfigenden für diese Worte und fügte hinzu, er hoffe den Gelegentwurf über die Lehrergehälter fon in der nächsten Woche einreichen zu können und glaube, daß derselbe im Vereine mit dem vorliegenden Entwürfe die Lage unserer Lehrer bedeutend bessern und in Der Zukunft Die besten Resultate zeigen werde. (Allgemeine Zustimmung.) Hiemit war die Sigung beendet. —= Die Petersburger Breffe verzeichnet dankbar die für Nuß«­land­ympathischen Hengerungen Apponyis und Ziha’s. Derartige Worte in den ungarischen Delegationen seien völlig unerwartet. Der „Graichdanin” äußert, sie seien weit bemerkenswerther als die Berliner Uhrasen, und es­ei zweifellos bedeutungsvoll für die ferneren österreichisc­h-ungarisch-russischen Be­ziehungen, wenn fest selbst Ungarn für Rußland " sei. Wer werde dann noch gegen dasselbe sein? — Die süße Gewohnheit deutscher Staatsmänner, so vom hohen Roß herab über die „Zeitungsschreiber" zu reden, wird von der „Vosjischen Ztg.“ sehr zutreffend behandelt ; das Blatt schreibt : „Bald „Hungerkandidaten“, bald „Zeitungsschreiber” — es ist nur gut, daß die Seite, die ihren Beruf verfehlt haben, troß ihrer auf­­reibenden­­ Thätigkeit in dem nervösen Zeitalter nicht so empfindlich sind, um von dem „Beunruhigungs-Bacillus“ ergriffen zu werden, wenn eine Exzellenz in überlegenem Tone mit Achsel zu den von der Pfeise spricht, auf die zu schelten, wenn nicht ein angeborenes Menschenrecht,­­ so wenigstens ein wohl erworbenes Ministerrecht ft. Wenn First Bismarc die Leute von der Feder nicht absonderlich liebte, je min­d, wenn zwei dasselbe ihm­, ist’s nicht dasselbe. Der frühere Deichhauptmann war selbst ein glänzender Journalist ; seine Beiträge für die „Kreuzzeitung“ in alter Zeit sind Musterstii­e der Tagesliteratur. Herrn v. Gaprivi hat man, bei aller Achtung vor seinem guten Willen, weder als Staatsmann noch als Schrift­­steller dem Sürsten Bismard um die Seite zu stellen Veranlassung gehabt. „Zeitungsschreiber !" Am Ende sell das: heißen, ein­ armer Zeunfel, der nicht hat, nichts Fan, nichts weiß! Aber warum fol ein Schriftsteller, der sich mit dem Leben der Völker beschäftigt, weniger Kenntniß der Geschichte, weniger Beobachtungsgabe, weniger volfswirthcchaftliches Willen, weniger Urtheil über bürgerliche Dinge besigen als ein tüchtiger General? Soll ein Kanzler in allen Sättel gerecht sein, ‚ein Rettungsschreiber in feinem ? Vielleicht hat Herr v. Caprivi nie davon erfahren, daß unter den Zeitungs­­schreibern sich Leute finden können, die Geheimrathsstellen ganz leidlich ausfüllen würden, während man unter den hohen und niederen Ministerialräthen am Tage mit der Laterne ruhen darf, ehe man einen findet, der ein leidlicher Zeitungsschreiber werden könnte. Lothar Bucher, Hermann Wagener, Otto Michaelis, Wehrenpfennig waren „Zeitungsschreiber”, und ihr D Verstand wuchs nicht dur das Beamtenpatent. Daß „Zeitungsschreiber" recht gute Minister wurden, soll schon dagewesen sein. In Frankreich, in Italien, in Amerika erfährt man es alle Tage. Kris­t verließ den Nedaktionsstuhl, um si auf dem Ministerjesjel niederzulassen. Die Vereinigten Staaten haben „Zeitungsschreiber” zu Gesandten gemacht, die ihr Geschäft ganz glatt besorgen und­ heiter die Welt belehren können, daß die Politik am Ende seine Geheim­wissenschaft it, in der nur das Amt die Meister­­schaft gibt. Wie mancher „Zeitungsschreiber” vermöchte nicht nach­zumeisen, daß verschiedene große Reden selbstbemußter Volks­­vertreter aus a­ngelesenen Artikeln der Breffe bestehen, und daß Staatsmänner, die si­ch immerhoch über die „Hungerkandidaten“, erhalten dürfen, mit deren Kalbe zu pflügen missen! Freilich scheint es Herrn v. Caprivi auch unbekannt, daß es unter den Mitgliedern des freien Berufes der Presse Männer gibt, die ihrer ganzen Stellung, auch ihrem Gehalte nach, mit seinem Ministerialdirektor tauschen würden. Er scheint nicht zu wissen, daß si unter den „Zeitungs­­schreibern” Personen befinden, denen es an einer glänzenden­­­eamtenlaufbahn nicht fehlen konnte, die Freiheit der Meinung aber, die Selbstständigkeit der Anregung,­ die Vielseitigkeit der Kraftent­­faltung höher stand als die Aussicht auf Nemter, Orden und Titel, die man sich nur zu oft unter Zurückorängung der Ueberzeugung erdienen muß. Die „Zeitungsschreiber” in ihrer Gesammtheit über die A­chtel ansehen, das heißt, des Verständnisses für die Bedeutung ermangeln, welche Breife und öffentliche Meinung in­ diesem Jahr­­hundert beanspruchen. Here Miquel feierte in­ Frankfurt die Presse als das mächtigste Kultuemittel der Gegenwart. Herr.v. Gaprivi sieht in ihr nur die „Zeitungsschreiber”. Sie werden sich zu trösten vermögen, in dem Bemußtsein, daß der leitende Staatsmann, mit nach den Schreibern urtheilt, über welche er zu­ verfügen hat, nicht nach der Presse, melde es verschmäht, die Vorzimmer der Minister zu besuchen und si ihre eigene, unabhängige­­ Meberzeugung auchh gegen die höchsten Wirdenträger ‚zu wahren weiß, ‘ohne dem ‚Glau­­benstage von der amtlichen Grimeisheit zu huldigen.“

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