Pester Lloyd, Oktober 1897 (Jahrgang 44, nr. 236-261)

1897-10-02 / nr. 236

fix-, P f L- si « WHYLZYHUss L s- s. ARTEN­A­E. - s­U UNTEREN I -ss«»-’s—r — MBudapest N Oftober­­. Wenn die eben untergehende Sonne zum nächsten Male wieder hoch am Zirmamente steht, wid Se. Majestät der König seine ungarische Haupt und Nesidenzstadt bereits verlassen haben, und damit findet eine Reihe glän­­zender Zeittage ihren äußerlichen Abschluß. _ Allein die freudige Erregung, welche, diese ganze Zeit über die Gemüther beherrschte, wird no­ lange nachzittern, und wenn einst Die­ neuere­­ Geschichte Ungarns geschrieben wird, werden Die Ereignisse dieser Tage eines ihrer glänzendsten Blätter füllen. Ungarn erfreut sich wohl schon seit drei Jahrzehnten vner­ geieglichen Selbstständigkeit, und die ihm dadurc g­ewährte Freiheit der­ Bewegung hat einen, man könnte für fagen ftiiemlfchen Aufschwung herbeigeführt, an welchen bisz­her mit Derjenige » glauben mochte, der ihn aus eigener U­nshauung kennen gelernt. Allein daß diese Erkenntniß ich heute der gesammten europäischen Kulturwelt bemächtigt die Erkenntniß, daß Hier an dem Gestaden der Donau in der Theiß nicht blos „interessante Völkerschaften” ahnen, sondern daß an dieser Stelle ein ungarischer Staat existire, ein Staat im modernen europäischen Sinne, der daher auch in europäischen Dingen etwas zählt und etwas zu sagen hat, die Verallgemeinerung dieser, heute von seiner Seite mehr angefochtenen Erkenntniß haben wir doch zu nicht geringem Theile den Ereignissen der jüngst verflorenen Tage zu ver­danken. Und nicht nur nach außen Hin haben dieselben das Ansehen Ungarns erhöht; sie haben auch unser Gelbst­­bewußtsein gesteigert, unseren Muth gestählt und unsere Hoffnungen auf das fernere Emporblühen, auf eine noch weit glänzendere Zukunft dieses jungen­­ Staatswesens neu beleht. Freilich wird­ diese blühende Zukunft, an welche and wir freudig glauben, und nicht als Geschenk des Himmels mühelos in den Schoß fallen; es wird anhaltender, schwerer und ernster Arbeit bedürfen, um sie uns zur sichern, allein die duch ein SKahrtausend bewiesene Lebenskraft und Energie unserer Nation birgt dafür, daß sie vor, dieser Arbeit nicht zurückschreden werde. Die Verhältnisse, hinter denen sie dieselbe in Angriff nimmt, haben sich gegenüber der Vergangenheit unvergleichlich günstiger gestaltet. Nament­­lic jenes große Hinderniß, das mehr als einmal den Fort­­schritt dieses Landes plöglich Hemmte, ja dasselbe zuweilen um Jahrzehnte zur­ewarf, die Mißhelligkeiten im Innern und, zumal während der legten vier Jahrhunderte, der leider­ne zu häufig wiederkehrende Gegenfaß zwischen der Nation und ihrem­­ Herrscher, dieses Hindernis ist Heute glücklich überwunden, und an seine Stelle ist die vollste Harmonie getreten, welche sich, so oft sich dazu Gelegenheit bietet, in wahrhaft herzerquidender Weise fundgibt. Wenn wir — min bei den jüngst verfroffenen Tagen zu­ bleiben — die hohen Gäste unseres Königs förmlich mit Enthusiasmus empfingen, mit einem Enthusiasmus, der dem Außenstehenden, mit den Verhältnissen nicht Vertrauten sogar als überschwänglic erscheinen mag, so hatte dies nicht nur darin seinen Grund, daß wir voll und ganz die hohe Ehre zu­schagen mußten, welche unserem Lande und unnserer Hauptstadt durch jene D Besuche widerfuhr, sondern ein noch weit mächtigeres Motiv lag fir uns darin, unmittelbar vor unseren hohen Gästen, mittelbar aber vor der ganzen­ Welt zu dor­ mentiren, mit­ welcher. Ennigkeit wir an unserem Herrscher Hängen, und da mit uns gar, nicht, genugthun fünnen in Beweisen der Verehrung und der Sympathie für Diejenigen, welche er seiner Freundschaft wir­­dig. Gemiß, der warme Ausdruch der Anerkennung, welche sowohl der Deutsche Kaiser, wie der König von Rumänien unserer Nation’ und unserer Hauptstadt zollten, die Sch­wungvollen Worte, mit denen sie wiederholt bes ihnen hier zutheil gewordenen­ Empfanges gedachten, wir freuen uns ihrer, und sie werden in unserem danfbaren Gemüthe noch lange nachhalten, aber das für uns Werthvollste war dog) die Zufriedenheit unseres eigenen Herrschers und der beglühende Gedanke, daß die­ in der Ehrung seiner Gäste zutage tretende Liebe und Ber­­ehrung der ungarischen Nation für seine erlauchte Per­­son auch ihn auf das innigste erfreut haben müsse. Ungarn, um speziell die in diesem alle mehr denn je die ganze Nation vertretende Hauptstadt, glich in diesen Tagen einer­rau, der es — wir dürfen das wohl ohne Unbescheiden­­heit jagen — an anziehenden Eigenschaften nicht fehlt. Die daher von den verschiedensten Seiten die schmeichel­­haftesten Worte zu Hören bekommt; sie wird Diesel­­ben­ wohlgefällig entgegennehmen und­ freundlich erwidern, allein das Alles tritt sofort in den Hintergrund, wenn Derjenige, dem sie gegeblich angetraut ist und dem sie für alle Zeit Treue geschworen, ihr mit einem warmen­­ Hähde­­drude Liebevoll ins Auge blicht und ihr mit einem freund­­lichen Worte erneut die Gewißheit bietet, daß auch er ihre Gefühle innig und aufrichtig theile; sie fritt dann beseligt an seine Brust, und Beide durch­dringt mächtig das Gefühl, Daß sie, zu­einander gehören und für immerdar miteinander. „verbunden TEN Ve­rs ©“ hat denn au der hochherzige Akt unseres Monarchen vom 25. September geradezu elektrifirend auf Die Bevöl­­kerung des ganzen Landes gewirkt. Nicht als ob damit gerade die allerheißeste Sehnsucht der Nation befriedigt und irgend einer ihrer allerdringendsten Wünsche wäre. Jene hervorragenden Historischen Gestalten, mit­­­ deren Statuen der Hochsinnnige Fürst die Hauptstadt seines ungarischen Staates beschentt, waren nicht kleiner, so lange ihr Andenken nur in der Geschichte oder in der Tradition lebte, und sie werden nicht größer werden, wenn einmal Abe Bildung in Erz oder Stein für alle Welt sichtbar­ er­­scheint. Allen der Gedanke, welcher aus jenem aller­­höchsten Handschreiben spricht. Die Intention: der Nation auch doch ein äußerliches Zeichen erkennbar zu machen, daß auch in der Künigsburg aufrichtige Pietät gehegt werde für all die Braven, welche in irgendeiner Phase der tausendjährigen Geschichte Ungarns für den kulturellen Bortiegritt, für die Macht und das Ansehen, die Befestigung der Nechte und Freiheiten der un­­garischen Nation gearbeitet und, wenn nöthig, auch gekämpft "haben, — die Erkenntniß Dieses Gedankens, dieser Intention war es, welche, völlig abgesehen von der Form, mit elementare Gewalt alle Herzen ergriff und Die frohe Weberzeugung bestärkte, daß Derjenige, welcher die glänzen­­den Epochen der ungarischen Geschichte in solcher Weise verherrlicht, die Zahl dieser glänzenden Epochen ungarischer Geschichte um eine zu dreimehren —­and seinerseits jederzeit aufrichtig bestrebt sein werde. Und so wünschen wir denn, daß die jüngst verflossenen Tage unseren König ebenso viel’ Herzensfreude und ebenso innige Zufriedenheit gewährt ‘haben mögen, wie­ sein Ber­­teilen in unserer Mitte sie in allen reifen unserer Be­­völkerung geschaffen hat. Wir nehmen nicht Abschied fir lange Beit, denn Se, Majestät gedenkt ja im eitzigen Tagen wiederzukehren. Er­ wird uns dann im Tcehlichten Alltags­­gewat­de an der Arbeit‘ finden u­nd auch seinerseits sich des ungestörten Zuhanfeseins im tranlischen Kreise erfreu­en innen. Wie die nachte Zukunft sie gestalten werde, das vermag freilich heute Niemand ‚vorherzusagen, allein wenn auch auf den Festesjubel nunmehr ernstere Tage folgen­ folgten, von Seite Ungarns, wird­ es sicherlich, niemals an anferchtigen Willen und eifrigem Bemü­hen fehlen, der auf­­tauchenden Schwierigkeiten Herr zu werden. Die, wie sich eben im der jüngsten Zeit deutlicher denn je gezeigt hat, im Grunde doch identischen Interessen der Nation und der Krone mit­einander in Einklang zu bringen und die in so glück­­licher Weise hergestellte Harmnorie vor jeder Störung zu bes wahren. u erfüllt fentivt fi) das Heute im österreichischen Abgeordneten­­haufe vorgetragene rppfe als dies Weukerung eines Generalzahlmeisters, melden es darum zu thun it, die technische Seite seines Amtes möglichst Tajch zu absolviren, der sich jedoch wohl Hütet, seinem Werke Seele und Leben einzuhauchen. Die Regierung will Steuern, sie will sebenhundert Millionen , was sie dafür dem Volke zu geben, beabsichtigt, welche Duellen des Erwerbes sie zu können gedenkt, welche Beziehungen sie zu den benachbarten Staaten, herstellen mag, welche politi sie im Allgemeinen zur befolgen, winscht, über all das hat Here v. Bilinsti sich gründlich ausgeschwiegen. Es scheint, der Österreichische Finanzminister hatte nie den einen Gedanken, den Staats­­votanschlag ungefährdet einzubringen ; für das Uebrige soll die Majorität des Parlaments sorgen. Gelingt es ihr, die Obstru­ktion zu besiegen, dann wird es auch ein regelrechtes Budget geben ! — wo nicht, dann eben nicht ! 1 Budapest, 1. Oktober. —h, Im Steihe der Unwahrscheinlichkeiten Hat sich heute ein unerwartetes Ereigniß vollzogen. Ein M­inister ist im österreichischen Abgeordnetenhau nie zum Wort gekommten­, ohne durch Gepolter oder Schmährufe dauernd unterbrochen zu werden, hat dieser Minister eine lange­­rede gehalten und hat mit derselben eine der wichtigsten Funktionen ein­­geleitet, welche der Volfsvertretung zukommen, das be­deutsamste Recht derselben bilden. Die Obsteuttion hat augenscheinlich eine Partie eintreten lassen, sie verhinderte die Wahl der Delegation nicht, sie stemmte sich auch nicht gegen die Unterbreitung des Staatsvor­­anschlages für das nächste Jahr, die heute von Seite des Finanzminiters Nitter v. Bilinsti in Begleitung­­ eines längeren Expotts erfolgt i­. Für uns hat das öster­­reichisiche Budget vielfältige I­nteresse. Wir verfolgen mit­­ Bergnügen die materielle Kräftigung. Die Steigerung des­­ Tragvermögens in Oesterreich , wir haben überdies 10 zahl­­­­reiche Berührungspunkte in der Bestenertung und in den Ausgaben, daß wir jederzeit begierig sein müssen, den Inhalt eines neuen Budgets kennen zu lernen. Konstativen wir vor Allem, daß die rapid steigenden Ausgaben nicht mir die volle Bededung finden, sondern daß sogar auf einen MWederschuß von drei Millionen Gulden (allerdings ohne Nachicht auf eine etwaige­­ Erhöhung der erst später zu votivenden gemeinsamen Ausgaben) gerechnet wird. Der Etat unseres eng verbündeten Nachbarstaates ist auf über 720 Millionen Gulden angewachsen und der Finanzminister­it im Stande, diesen Betrag auf Anleihe zu deben. Wenn das Fein Beweis von ökonomischer und finanzieller Kraft eines Staates ist, dan missen wir wahrlich nicht, wo irgend ein anderer verläßlicherer Meaßstab zu finden wäre. Aber nicht nur die Höhe der Summe en­t­­scheidet hier, sondern auch der Umstand, daß sich Dieser Budgetvoranschlag auf­­ Basis einer Reform der direkten Steuern aufbaut, welche eine gerechte, bessere und klarere Vertheilung aller Lasten involeirt und daher auch­ für breite Schichten der­ Bevölkerung eine Entlastung bringt. Der Finanzminister nennt wohl das kommende Jahr ein finanziell fritisches,­­weil 57 Millionen Gulden sicherer Steuereinnahmen­­ entfallen und an deren Stelle eine andere, ihrer Ergiebigkeit nach noch nicht bekannte Einnahme treten wird. Diese Zag­­haftigkeit ist recht nett, aber wer glaubt es Herrn v. Bilinsti, daß er wirklich Zweifel hege bezüglich des Erfolges des neuen Einkommensteuergejeges? Die Einstellungen in dem Budgetvoranschlage beweisen sofort das Gegentheil; sie gipfeln sogar in einem Mehrertrag, und da die direkten Steuern das Sachgrat des Budgets bilden, ist es als sicher anzunehmen, daß die österreichische Finanzverwaltung Die präliminirte Einnahme ac erreichen werde. Herr v. Bilinski hat aber doch einigen Grund gehabt, sich wenigstens scheinbar einer gemeilten Stepsis hinzugeben und Dieser ist darin zu­ finden, daß er eine Stube fü­r seine neuen Steuerprotekte brauchte, Die nach vielen Richtungen sehe empfindlich treffen werden, Da it vor Allem die Transportstewer dann die Konsumsteuer für Ruder und Dann, die bei Zustandekommen des wirthschaftlichen Ausgleichs in Aussicht genommene Er­hd» Demyder Dram­timer ®, Clevnmududer ftewer. Der österreichische Finanzminister gebraucht Die rednerisch geschickte Wendung, vorerst die Eventualität einer Aufhebung des Kleinen Otto und des Rettungsstempels, allerdings nur ganz platonisch, in Aussicht zu nehmen, um nach Betheuerung seiner leeten Intentionen­ mit der­ positiven Mehrbelastung herauszurüden. Ohne auf das Meritum der Sache selbst einzugehen —— die Beurtheilung dessen, ob die beiden neuen Steuern den Verhältnissen entsprechen oder nicht, ft Aufgabe des österreichischen Parlaments —, möchten wir Eines hervorheben. Die Zuderkonsumsteuer ist bei uns­­ vor wenigen Jahren, Die Transportsteuer im Jahre 1875 unter schwierigen Umständen eingeführt und ebenso damals wie auch seither arg Eritisirt worden. Die Härtesten Urtheile wur­­den eben in Wien gefällt; es wurde und die Schädigung materieller Interessen und was die Transportsteuer, betrifft, auch speziell österreichischer Interessen zum­ Vorwurf gemacht. Und nun zeigt es sich, daß die Finanzpolitiker in­nen nicht um­­ ein Haar m weiler, nicht um­ ein Haar erfinderischer sind, als Die­ u­frigen. Sie greifen zum Belastung der Transporte, zu Berbhenerung des Güterverkehrs in einem Momente, in welchem sie vierzig Millionen aus der Er­­höhung der Konsumsterer in Aussicht nehmen, während wir Diese Steuer in einem Augenblice­ einführten, in welchem es galt, die Ordnung im Staatshaushalte um jeden Preis herzustellen. WB­ir wurdem zur Zeit der Noth ge­­tadelt, und sie empfehlen die Transportsteuer feßt, wo sie sich entschlossen haben, die Beamtengehälter, die Diener­bezüge, die Kongrua um Jage, achtzehn Millionen Gulden aufzubessern, dem­ verfroffenen Fünfundzwanzig Jahren hat Ungarn seine Beamtengehältr um zwei Millionen Gulden. Oesterreich Die jeinigen um achtundzwanzig Millionen Gulden erhöht, und da wird­ stets von der „Kraft” Ungarn gesprochen, welche natürlich die Erhöhung der Quote Ungarns ‘zu einem unabweislichen Gebote der Gerechtigkeit macht ! ‚ Sind­ die Verhältnisse die gleichen ? Nein, Oesterreich hat große Sparten, es hat aber auch unendlich mehr Nessourcen und hat die Organe der Verwaltung unendlich besser gestellt und versorgt. Die Frage der Voti­ung­ der gemeinsamen Ausgaben hat der österreichischen Negierung augensteinlich­ nicht viel Kopfzerbrechens verursacht. 26 das Provisorium zu Stande kommt oder nicht, wie im leiteren Falle die quotiale Auf­­theilung gejeglich festzustellen sein wire, das erscheint ihr von geringer Relevanz, sie nimmt die im vorigen Jahre beiwilligte Summe als approzimativen Bedarfsbetrag und läßt im Medrigen unsern Herrgott einen braven Mann fein. Ueberhaupt schweigt Herr v. Bilinski, offenbar um seiner unweitern Behelligung ausgefeßt zu sein, ü­ber den­ Ausgleich, über das Provisorium, über die Bank, über die Baluta, für über Alles, was die Gemüther in Erregung hält und wichtig ist: für­ die unmittelbare Gegenwart und für die nahe Zutunft. Man wäre auf hierzulande begierig­ gemesen, über all dies ein Wort aus so kompetentem österreichischen Munde zu vernehmen, wir müssen uns aber bescheiden und abwarten, was die Ereignisse bringen. So pritz Budaneit, 1. Oktober.­­ „Sekretäre ohne Oberhaupt”, so wird in Madrid das eben zusammengebrochene Ministe­riu­m Azcarraga­,in einem Meanifest bezeichnet, das den Gesprächsstoff aller politischen Klubs der Hauptstadt Spaniens bildet. Das Oberhaupt fehlt eben seit dem 8. August Dieses Jahres. Canovas del Bastillo ft be­­fanntli­ an jenem Tage das Opfer eines Meuchelmordes geworden. Aber die Herren „Selxetäre" Haben in festem Seite, weil sie vermuthlig bei anderen nicht verfügen können, getreulich fortgewirthschaftet, und wenn dieser Geist höchstens als aufgedunsener Zwerg erscheinen und die kräg­­liche Lage des Landes nicht meistern kann, dan müssen selbst die glühendsten Verehrer Canovas schor eingestehen, er sei gerade zu jenem Zeitpunkte gestorben, über den hinaus sein­ politischer N­uhm unversehrt nicht zu erhalten war. Tretlich wurde er als der Einiger aller monarchischen War­­teten­ Spaniens gepriesen; aber nur dem Mufstande auf Cuba hat er es zu verdanken. Daß er in der öffentlichen Somie und das mar Meinung einen solchen Ehrenposten befleiden durfte, es auf Cuba s­chief zu gehen anfing, gleich mit Dem Beginn des Aufruhrs, stellte Sagafta, der Wührer der­ Liberalen, jeden­­ ernsteren Angriff gegen das konservative Ministerium ein und gerade dadnee konnten sich auch die konservativen Fraktionen mit­einander vertragen. Das war vorher nicht der Fall, das­s­ es auch jeht nicht mehr; vornehmlich darin hat sich mit Ganovas’ Tode die Situation in Spanien verschlechtert. Erheblichere M­ittel hat seine mythische Kumajt der politischen Einigung nie bejeilen, aber die Thatsache, daß Die parla­­mentarische Nathlosigkeit wenigstens eine ganz Darmonische war, hat für den Nationalstolz der Spanier ausgereicht, Die Erinnerung an den Verstorbenen auf ein so hohes Pestament zu stellen, daß seine Autorität als eine völlig­ unnahbare gilt. Genug daran — Francisco Silvelas will von Nomero Xobledo, Martinez Campos schon gar nichts von Pidal wissen, jeder d­ieser konservativen parteileuchten hält den Anderen nur für eine Blende, und da die Königin-Regentin, die vor drei Tagen aus San Sebastian nach der Hauptstadt zurü­ckgekührt ist, den Thron und das Wohl Spaniens mit gutem Necht Fir nicht ausreichend gesichert inmitten der dichten Dunkelheit hielt, die den machtgezierten Köpfen ihrer Rathgeber entströmt, soll sie an Diese die Aufforderung ge­­richtet haben, sie den Liberalen entschieden zu nähern, damit den immer d­rohender fi aufb­im­menden Gefahren die Parteien Spaniens sich verbindet entgegenstem­men. Diese Aufforderung hat das Ministerium Azcarraga als Vertrauensentziehung erachtet und mit seiner Demission bez­antwortet. Nicht ohne vorher sich ein gediegenes Anrecht “auf öffentliche Geringschäßung erworben zu haben, die in jenem M­anifeste einen ‘ziemlich derben. Ausdruck Findet. Das Ministerium hat sich in recht Träglicher Weise gegenü­ber dem Erzbischof von Mallorca benommen, der den Ffinanzz­minister Navarro Neverter mit der Exkommunikation Hein­suchte. Der Grund für diese Heimsuchung ist ein gewiß Höchst sonderbarer. Eine vornehmlich aus einem größeren Waldsompler bestehende Verlassenschaft war vom Grblafjer auf einen gemiilsen Zeitraum zur Nubnierung dem Guts­bisthum zugemiesen worden und sollte später dem Fiskus heimfallen. Der Termin war abgelaufen; da aber der Erz­bischof noch eine weitere Gewährung des Benefiziums wünschte, verblieb es in geistlicher Veimwaltung, die von einem Pfarrverweser gelobt wurde. Da­ jedoch Dieser den Waldlompfer theils vernachlässigte, theils geradezu ver­­wüsten lief, ordnete der Finanzminister die­­ Eine­verleibung in die staatliche Verwaltung an. Und daraufhin wurde er ek­ommunizirt. Das Vorgehen des Erzbischofs läßt sich Fanonisc) so wenig begründen, daß es nicht nur von vielen seiner Kollegen, sondern auch vom Nuntius , selber nicht­ gebilligt wurde, denn da ist ja eigentliches Kirchengut nicht angetastet oder gewaltthätig geschmälert worden. Das Vorgehen des Kicigenfürsten ist ja auch wirklich nur ein Symptom­ der inneren Verhältnisse Spaniens, es zeigt nur, wie gering er selber und wie gering seiner Meinung nach die Bevölkerung das Ansehen der Ne­gierung­ veranschlagt. In einem im Syrnern gefestigteren Staate hätte Dieser­ geistliche Wü­rdenträger einen solchen Schritt der Ueberhebung fi zweimal überlegt und dann ert nicht gewagt, denn Die Erwiderung für ein solches Unterfangen wäre beispielsweise in Frankreich, das ja auch­ gut katholisch und der auserwählte Liebling des Bapstthums und der­ Kirche ist, wohl eine andere gewesen, als das Kabinet Azcarraga sie sir angemessen fand. In Frankreich hätte ein solcher Erzbischof sich gründlichen Webungen in der Aftese, hingeben müssen; in Spanien hat sich die Negie­­rung zu vollständiger Selbstdemüthigung verurtheilt. Sie hat, ohne Die G Staatshoheit dem­ Erzbischof gegenüber, der am Ende doch­ auch ein spanischer Unterthan ist, nur im Mindesten zur Geltung zu bringen, dich ihren Botschafter Abhilfe vom Balk­an erbeten. Und das hätte sich erheblich anders auch unter dem glorreichen Canvas nicht ereignet, dem selbst Silvelas zu wenig reichtens ergeben war, und der sich idon deshalb mehr Bidal zuneigte, dessen Herz eine Kutte sein könnte, Dessen Hirn Tan viel mehr als den Anhalt und den Horizont einer klösterlichen B­üßerzelle besigt. Es hätte sich idon darum nicht anders ereignet, weil font der Zusammenhang der konservativer Mat­uraltionen gefährdet gewesen wäre. Nun aber ist dieser Zusammenhang s­chon völlig verloren gegangen,­­wie wieder das M­anifest bezeugt, dessen Meheber nun konservative Boli­tifer sein sollen, die da die eigene Parteiregierung zu Tome promtittiven.. bestrebt sind. Und das gibt einigermaßen Auf­schluß über die Weigerung des Kabinets, sich mit den Liberalen zu vereinbaren. Es ist ja ebenso wenig wie seine Partei in sich selber einig. Und in einem solchen Zustande sol es die Verantwortung für die bevorstehenden Bezwh­lungen tragen ? Hier Liegt die Ursache: durch die Mißerfolge auf Cuba sind die Konservativen zerbrödelt worden und sie machen sie gar nicht ungern aus dem Stande, um für die Zukunft mindestens eine kleine Beschönigung zu gewinnen. Die Miß­­erfolge auf Cuba haben aber auch­ die patriotische Selbst­ Iosigkeit der Liberalen so lange und so blendend erstrahlen lassen: to wollten auch so lange als möglich der Verant­­­wortung ausweichen. Die Spanier wollen es nicht gelten lassen, daß der neue amerikanische Gesandte, General Wood­­ford, sich, natürlich im Auftrage seiner Regierung, bis zu einer Vezession vorgemwagt hätte. Nun, was die Form be­­trifft, mag man ihnen die­ Selbstbeschwichtigung gönnen; aber der S Inhalt der von ihm überreichten Note, in der sich die Union ihr ferneres Verhalten zu erwägen vorbehält, wenn bis Ende des Jahres Cuba nicht beruhigt sein sollte ;­dieser Inhalt wird wohl jedem Nichtspanier mit einer Eression verteufelt ähnlich sehen, noc dazu mit einer durch­aus nicht mäßigen, da eine bestimmte Handlungsweise innerhalb eines bestimmten Zeitraumes gefordert wird. Und hat man in Spanien denn auch nur halbwegs begrü­ndete Hoffnung, diese Beruhigung zu­ erreichen ? Generals. Weyler,­­ von dem Die» “eigener Mutter sagte : » „Dieser von meinen Söhnen hat Fein Herz“, eilt troß seiner grausamen Kriegführung von Niederlage zu Niederlage, ein großer Theil des Heeres auf Ciba Trankt am gelben Fieber, die Nachshibe aus Spanien sind wegen der versiegenden Hilfsquellen problematisch " und auf Der Sufel ist eine finanzielle Katastrophe zu befürchten : Die Beamten befonden ihr Gehalt mehr als ein Vierteljahr un­d nachhinein, und da­nn in Banknoten, somit mie in Halbwerth, auch die Offiziere werden nicht mehr regelmäßig bezahlt, und sogar mit dem Gold der Mannschaften ist uran an sieben bis acht Monaten im Rücstande. Im Miutterlande hat Die Regierung, um zu Geld zu gelangen, neue Monopole geschaffen und in Anbetracht des billigen Silberpreises Sichermünzen ausprägen Taffen ; aber damit anch durch das Steigen der Wechselfurfe sind nur die Breite der Lebens­­mittel in die Höhe gegangen. Ein Haufluk an Geld macht­ ich im­ Den Negierungswaffen nicht bemerk­­bar... Und das sollte eine Gewähr für den Erfolg­ bieten ? Freilich will Sagafta, weni­ger die Regierung übernimmt, den Cubanern eine gewiisse Autonomie gewähren. Die Autonomie allein ist gewiß nicht das gesuchte Arcanum, das da Hilfe zu­ bringen, das die Gesinnung der Cubaner, deren man freventlich und geradezu zmwedlos die Heimath verwüstete, plöglich in eine spanienfreundliche umzuwandel vermag. Und wenn gar die Autonomie derjenigen ähnelt sollte, die Canovas den gleichfalls revoltirten P­hilippinern zugedachte, die dem Bandenführer Agrinaldo 10.000 Mann zuführte und dahin geht: „von mum ab seid ihr mindig, kommt aber unter Polizeiaufsicht in ein Gefängniß" — dann gewiß nicht. Vielleicht aber auch bei einer weitgehenden Autonomie nicht mehr ; der legte Sieg der Insurgenten hat diese troßig gemacht und mit großem Selbstvertrauen­ erfüllt. Sie sind zu Verhandlungen nur mit den­­ Xene­­ti­anern bereit. Und da sagt das Manifest: „Wir wollen eine starre Regierung, falsschen Hoffnungen, steine die Finanzlage ; wir wollen nicht, daß der nordameri­­kanischen Anmaßung B Zugeständnisse­ gemacht werden, wir wollen nicht, daß Spanien selbst wieder der Schau­­plan eines blutigen Bürgerkrieges durch die Karlisten werde, die sich vorbereiten, aus unseren Leiden Vortheile zu­ ziehen," feine Zügen über Cuba, Zünschung ficher , Ganz richtig, ganz patriotisch gewollt; aber wie soll das Alles verhindert werden? Guter Wille und Leidenschaftliche Deklamation reichen ja dafü­r nicht aus. Auch ein Regieru­ngswechsel nicht. Unter Sagatta und den Liberalen war die innere, zumal die autonome Verwaltung ebenso korrupt, wie unter Canovas und den Konservativen ; sie haben beide Sozialdemokraten und Republikaner gezüchtet. Dazır sei noch die äußere Gefahr: wahrlich, man begreift es beinahe, daß selbst der Garlismus seine Heit für gelommen erachtet... Freilich nur, um im Trüben zu filchen; aber jegt, wo die Koalition der monarchischen Parteien Stark gelodert ist, erinnert man sich und will für ich­, an die vor dreißig S­ahren in Spanien eingetretene Wen­­dung, da das verzweifelte Vort für die Monarchie die Republik eintauschte, in der Erwartung, damit fürt die Mißstände Reformen einzutauschen. " feine | Noch vor Budapest, 1. Oktober, x Ant Athen scheint die ruhige und Faltblütige Erwägung der Situation noch immer nicht eingeführt zur sein. Das Ministerium Nalli hat wohl den zwischen der Pforte und den Mächten abgeschlossenen Friedens­­vertrag der Kammer vorgelegt, aber auch zugleich­ die Vertrauensfrage gestellt und ist bei der darauf folgenden Abstimm­ung in der Minorität geblieben. Das Kabinet reichte hierauf seine Demission ein und der König dürfte nun keine geringe Märde haben, ein M­inisterium zu bilden, welches die Annahme des Friedensvertrages in der Kammer directauießen vermag. Wie seinerzeit Delyannis vor der Kriegserklärung nicht mit der nöthigen Aufrichtigkeit und Entschlossenheit der öffentlichen Meinung gegenüber» treten wollte, sondern durch seine Machenschaften mit der „Ethni­e Hetairia” und Durch die gewissenlose Anfachung des­­ Chauvinismus den Krieg verursacht Hatte, sc­heint auch Nali gar nichts gethan zu haben, die aktuelle Zwangslage in ihrer Einfachheit und Klarheit den griechischen Wolfe und seinen Vertretern vorzuführen. Zehn Tagen schien es, als ob die Kammer in wenigen Sigungen ihre Aufgabe erledigen würde, denn die „Aropolis",­ wie andere Athener Journale, vertraten Die Auffassung, daß sie Griechenland den Mächten fügen und den Friedensvertrag annehmen müsse. Nach den Meldungen der legten Tage zu urtheilen, scheint eine lebhafte Agitation gegen die internationale Finanzkontrole ein­geleitet worden zu sein und dazu kamen noch die „Seiden“ von Nezeros und Larisfa, welche der Negierung und dem König­ eine Erklärung übersenden ließen, wonach sie der Annahme eines entehrenden Friedens den Tod auf dem Schlachtfelde vorziehen. Es fällt wohl nicht allzu sehr in die Waagschale, ob der zukünftige hellenische Kabinetschef Nalli, Baimis oder gar Delyannis heißt. Gewiß­l wäre es zu münchen, wenn Delyannis, der die Hauptschuld für den Krieg trägt, nin­mehr auch die Verantwortung für den Friedensvertrag auf sich nehmen müßte. Wie man sich auch in Athen gegen den Friedensvertrag wehren mag, so viel ist gewiß, daß derselbe schließlich angenommen werden mu­ß. Griechenland vermag den Krieg gewiß nicht fortzulegen, da ihm nicht nur die finanziellen Hilfsmittel, sondern auch­ halbwegs brauchbare Truppen dazu fehlen. Hat Doc exit vor wenigen Tagen der griechische Kronprinz selbst dem­ Nedatient der „Akropolis“ gegenüber den­ vollständigen Mangel an Disziplin und Organisation im Heere als die Hauptursache für die beschämenden Niederlagen bezeichnet. 63 mag auch Optimisten in Athen geben, ‘Die da meinen, Griechenland hätte im Falle einer direkten Verhandlung mit der Pforte günstigere Friebensbedingungen erreicht oder Doch wenigstens die internationale Finanztonreile vermieden. Vielleicht glauben dieselben Kreise, die Großmächte würden über eine erneuerte­­ Verblendung oder Hartnäckigkeit Griechenlands eisschreden und eine neue Reduktion der Friedensbedingungen bei der Pforte durchlegen wollen. Bon all dem k­ann jedoch seine Rede sein. ‘Das Petersburger Kabinet hat bereits in unzweis­­deutiger und entschiedenster Weise erklärt, daß Rußland seine diplomatische Aktion im’ der griechischen Frage für beendet ansehe, und jedenfalls Griechenland seinem Schiefal ü­ber­­lassen werde, falls es" den Brah­mimarfrieden nicht acceptiren sollte. "Alle maßgebenden Großmächte haben diese Auffassung zu der ihrigen gemacht und speziell das Berliner Kabinet hat überdies erklärt, daß es unter allen Umständen auf der Einführung der Finanzkontrole beharren­ werde. Man braucht also den Lärm, der soeben in Athen geschlagen wird, nicht sehr ernst zu nehmen. Die Diplomatie wird auch dem neuen Kabinet den Standpunkt Kar zu machen wissen und wenn die Griechen erfahren werden, daß es nur Die Alternative gibt : Annahme des Friedensvertrages oder Auslieferung an die Gnade oder Ungnade der Türkei — dann wird die griechische Kammer nach einigem Gepolter den Vertrag gewiß annehmen. Wollte man nur den Versuch mit einer geheimen Abstimmung machen, die große Majorität wäre dem DVertrage ganz bestimmt gesichert. ie mn KG,

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