Pester Lloyd, Dezember 1898 (Jahrgang 45, nr. 303-316)

1898-12-16 / nr. 303

% . , ; Budapest, 15. Dezember. § Die traurige Lage unsres Bolisjhul­wesens zur Zeit der Wiederherstellung der Verfassung spiegelt sie am Klarsten in der Thatsache, daß die ungarische Legislative die radikale Regelung bDieses Hochwichtigen Imweiges der staatlichen Agenden als eine der dringendsten Pflichten betrachtete. In der That wurde auch der bezügliche Gefegentwurf sofort in Verhandlung gezogen, nachdem Die von staatsrechtlichen und staatsfinanziellem Gesichtspunkte unaufschiebbaren Gefege geschaffen waren. . 60 kam der G.A. XXXVIII. 1868 „über den öffentlichen Unterricht in den Volksschulen” zu Stande, seit dessen Promulgieung eben dreißig Jahre verflossen sind. Dreißig Jahre, auf deren Ergebnisse Die­jenigen, die von den Scöpfern Dieses Gesehes noch unter uns inweilen, mit nicht geringerem Gtolz zurliedblichen Tönnen, al­­s Gene, deren A­ufgabe es gemwejen, während dieser langen Zeit durch die gemwissen­­­hafte Durchführung und Anwendung des Gefäßes. Durch die Abstellung etwaiger, im praktischen Leben aufgetauchter Mängel dem ganzen Lande die intensiven Gegnungen zu filtern, Die den eigentlichen Zweck der Reform bildeten. Es genügt, einen Blick auf die ersten Ausweise des Unterrichts­­ministeriums über den Rolls­chulunterricht zu werfen. Die dort enthaltenen betreibenden Daten mit den" Ziffern des jüngsten Ministerialberichtes zu ver­gleichen, um sie erkennen, in welch hohem Maße unser Boltsschulgefeg in jeder Richtung sie bewährt hat. In dem vom 15. Dezember 1870 Datirten ersten Berichte wies Baron Sosef G­ötvös der Vater des in Rede stehenden Gefeges, das er auch glücklich über die ersten, aber ärgsten Kinderfronkheiten Hin­weg­­brachte, in elegischem Tone auf die Syndolenz hin, die im großen Publikum und auch bei einem namhaften Theile der Behörden in allen Fragen zu Tage tritt, welche den Bolfer­unterricht betreffen. Aus diesem Grunde bezeichnet er die Dopferunwilligkeit des Staates und Geduld als die kardinalen Erfordernisse für eine Besseiung der einschlägigen Verhält­nisse. Num denn, Baron Eötvös Hat, wie immer, so auch Unsere Geseb­­gebung hat für Zwede des V­olksschulmeiens stets die weitest­­gehenden Opfer mit größter Bereitwilligkeit gebracht und die Stufenmeife in Erscheinung getretenen Erfolge haben es den interessirten Kreisen leichter gemacht, der langsamen aber gesicherten gän­zlichen Entwicklung mit Geduld. ent­­gegenzusehen, hier willige Ohren, offene Hände gefunden. "­­Mittler­weile erfolgte aber auch der systema­tische Ausz besis des Volksunterrichts durch Gesetze und Verordnungen. Der allgemeine Fortschritt dechmdes brachte es mit sich, daß nicht blos der Staat,so­rdern auch die Kommunen,Ver­­schiedene Körperschaften und,nicht eben in letzter Reihe,die Konfessionen auf diesem Gebiete eine regere Thätigkeit ent­­falteten.Der imu­er weitere Kreise umfassen­de Koalitions­­gesetz brachte auch hier seine segensreichen Wirkrrrrgerr zur Geltung und schließlich zeigte es sich in reichem Maße,daß gute Thaten gute Früchte tragen. Die unleugbaren Erfolge, welche der Boltsschul-Unterricht schon in den ersten Jahren der Geltung des ©.­U. XXXVIII . 1868 aufwies, wirkten auf alle betheiligten Kreise aneifernd. Die Eltern wollten die Segnungen Dieser Institution ihren Lindern in immer weicherem Maße zurheil werden lassen. " Die Schüler wurden duch die größere Aufmerksamkeit, welche ihnen und den Schulen überhaupt von Behörden und Einzelnen zugewendet wurde, zu größerem Fleiß an­gespornt. Die Lehrer, wie auch die übrigen Organe des Vollsschulwesens sahen sich so in Den Mittelpunkt des allgemeinen Synteresses, der SKontrole. der Deffentlichkeit verseßt, was naturgemäß ebenfalls nur­ von guten Folgen ber­gleitet sein konnte. All dies ist in erster Linie den jeweiligen­ Zeitern des Unterrichtsverforts zu verdanken. Baron Sofef Eötvös und alle seine Nachfolger, unter diesen aber namentlich der gegenwärtige Synhaber Diejes P­or­tefenilles, Dr. Wlajjies, erkannten die besondere Wichtigkeit, welche das Boltsschulwesen für die weiteren Stufen des Unterrichts und Für alle Schichten der Bevölkerung hat. E 3 war immer das enfant dhemi der Minister und der Geiesgebung und seine Förderung bildete stets den Gegen­ spezieller Fürsorge von Seite aller Faktoren, die hier mitzuwirken haben. Nur unter solchen Umständen war es möglich, Diesen Theil unseres Unterrichtswesens einem so glücklichen, uns gestörten Gedeihen zuzuführen, ihn so auszugestalten, daß unsere Volfsschulen heute, obwohl wir von der Voll­ommen­­heit noch ziemlich entfernt sind. Dennoch schon den gerechten Anforderungen entsprechen. Sie verwirklichen ihren 3wed sowohl Hinsichtlich jener Hunderttausende von Kindern, die mit der Absolvirung dieser Schulen auch ihre Studien been­den, wie auch Hinsichtlich jener, für welche die Volksschule nur die erste­­ Stufe der zu erflimmenden Studienleiter bildet. Jene erhalten hier nebst den eigentlichen Elementar­­gegenständen einen­ klaren Begriff von Der Welt und ihren Erscheinungen, von den Hechten und Pflichten des Bürgers und des Menschen, und da auch der Bildung des Herzens und des Gemüths nicht mindere Sorgfalt zugewendet wird, als der des Geistes und der Vernunft, so erhalten hier die Kinder eine in jeder Richtung feste Basis für ihr späteres Leben und Die Eignung, alle ihre Fähigkeiten zum eigenen Wohle und zum Wohle der Gesammtheit anzuwenden. Sinder aber, die aus der Volksschule Höhere Unterrichtsanstalten aufsuchen, können si schon dort eine solide Grundlage Fire ihren rascheren und besseren Fortgang erwerben, da die Volksschule mit den höheren Lehranstalten in systematischen, organischem Zus­­ammenhang steht, so daß dort nichts Ueberflüssiges unter­richtet, hier nichts unnöthigerweise von vorn begonnen wird. Wie schwierig es war, dieses Resultat herbeizuführen, ergibt ich wohl am­ besten aus einer Schilderung der Zur­stände, die im Jahre 1870, also nach dem ersten Jahre der Wirksamkeit des Volksschulgefeges, auf­­ diesem Gebiete geherrscht haben. Mach dem aus dem eben erwähnten Jahre stammenden ersten Berichte des Unterrichtsministers über den Stand des Bollsschulunterrichts besuchten damals von 2,284.741 schul­­pflichtigen Kindern im Alter von 6,15 Jahren nur 1,152.115 die Bolfsschulen, so daß nahezu die Hälfte ohne Schulunterricht aufwuchs. Die Ursachen dieser geradezu ent­­jeglichen Thatsache findet der Bericht in dem gänzlichen Mangel von Schulen in zahlreichen Gemeinden, in der Unzu­­länglichkeit und Unzwedmäßigkeit der bestehenden Schulen hinsichtlich der Loyalitäten und der Lehrmittel, im Mangel an Lehrkräften und an Anstalten für deren Ausbildung, und s­chließlich in dem ungenügenden Bildungsgrade der Lehrer, die dabei noch gezwungen sind, auch andere Funktionen zu über­­nehmen. Es bestanden damals im ganzen Lande 13.798 Bolts­­schulen, an welchen insgesammt 17.792 Lehrkräfte wirkten. Von diesen besaßen sehr Viele gar keine Befähigung, im Zempliner Komitat gab es sogar siebzehn Lehrer, die selbst des Schrei­­bens unfündig waren. Die Besoldung der Lehrer war so gering, daß sie selbst zur Bededung der nothwendigsten Bedürfnisse nicht genügte und auch ihre soziale Stellung war so untergeordnet, daß ihnen jede moralische Autorität gegenüber den Kindern fehlte. Staatliche Lehrerbildungs- Anstalten waren damals erst im Entstehen begriffen, da bis dahin nur einzelne Konfessionen solche Anstalten unter­­halten hatten. Der ganze Bericht it von dem tiefen Schmerz­ durchtränkt, Den­ Baron Sofjei Eötvös über diesen Desolaten Bustand empfand ; andererseits aber dringt Schon der erste Schimmer — der­ beseligenden Hoffnung einer baldigen grümdlichen Befreiung durch, Für welche der weile, umsichtige Staatsmann auch die geeigneten Mittel angibt. Leider war­ es ihm nicht vergönnt, alle diese Mittel in Anwendung zu bringen und an dem Anblic ihrer Früchte sich zu erfreuen. Aber seine Ansichten, seine Pläne gingen als Heilige Tradition auf seine Nachfolger über. So bildet denn der heutige Stand des Bollsschul­­­­wesens nur­ die Erfüllung der Hoffnung, welche der erste ungarische Unterrichtsminister erweckte und zu deren Ber­­irklichung er die ersten, Jahrzehnte überdauernden Maß­nahmen getroffen hatte. Denn nur die stete Berückichtigung der Berfügungen des Barons Edtvds, die Weiterentwicklung des Volksschulwesens in seinem Geiste, die Vervollkomm­­nung aller einschlägigen Institutionen in der von ihm es möglich gemacht, unseren Boltsunterricht auf sein jebiges Niveau zu heben. Wie bereits bemerkt, kann auch Hier Die­ Aufgabe des Staates und der maßgebenden Faktoren : noch nicht als gänzlich beendet betrachtet werden. Nach­dem vor­­jährigen Berichte über den Stand des Unterrichtswesens besuchten von 2,925.115 schulpflichtigen Kindern 2,333.876 die Volksschule. Der Berzentraß der seinen Unterricht genießenden Kinder ist daher troß der absoluten Zunahme der Schulpflichtigen auf 20 ° 5 gefallen. Die Zahl der Volls­­schulen hat sie auf 16.884, die der Lehrkräfte auf 26.650 erhöht. Äh­nliche Fortschritte sind aug in Betreff all jener Fragen zu verzeichnen, deren Mangelhaftigkeit Baron Edtoos als Ursache der traurigen Verhältnisse vor 1869 bezeichnete. Aber diese Mängel bestehen troß der angedeuteten enormen Fortschritte noch, wenn auch glücklicherweise in wesentlich geringerem Maße. Immerhin besagt auch Heute noch ein beträchtlichen Beizentrag schulpflichtiger Kinder die B Wolfs­­­ angedeuteten Richtung hat stand fchüle nicht,­­ die Schulen hajfen, was deren Bahl, Be­schaffenheit und Einrichtung betrifft, noch immer Manches zu wünschen übrig, und auch das Einkommen und Die Ver­sorgung der Lehrer machen nicht jede weitere Sürsorge über­­flügig. AM das trägt aber nur Dazu bei, daß Herr v. Wlaffies, der erst vor einigen Monaten in der glückichen Lage war, dem Lande ein viel Heiteres Bild über den Stand des Volksschulmeiens zu bieten, in dem edlen Ber­streben nicht erlahmt, innerhalb der Grenzen unserer finanziellen Kräfte in jeder Richtung Abhilfe zu Schaffen. Die von ihm geplante Errichtung von tausend neuen Boltsschulen, sein rühmenswerthes Projekt bezüglich der Schaffung entsprechender Lehrsäle und Lehrer, Wohnungen, die kontinuirliche Verbesserung der materiellen Lage der Lehrkräfte und die stetige Entwiclung der hier in Betracht kommenden Bildungsanstalten werden sein hohes Biel gewiß bedeutend fordern. Wir wünschen und Hoffen, es möge unserer Unterrichtsleitung vergönnt sein, wenn Das folgende Jahrzehnt der Geltung des Rolls­chulgesebes zur Neige geht, das ungarische Volksunterrichtswesen als voll­­endetes Ganze dem Lande darbieten zu können. Daß dem Minister Wlasjies ein großer Theil dieses Endresultats wird zuzuschreiben sein, das steht schon nach seinem bisherigen Wirken und dessen Ergebnissen außer Zweifel.­­ . Budapest,15.Dezember. Fr.Kaum ist der Friedensver­trag zwischen­ Spanien und den Vereinigten Staaten von Nordamerika unter­­zeichnet und Portor­eo in denständen 11nc­e Sanr’s,und schon blitzt der Draht aus dem anderen Welttheil die Nachricht herüber,daß die mittelamerikanische Kanalfrage von Seite der nordamerikanischen Bundesregierung nunmehr energisch ihrer Lösung zugeführt werden soll.Die schmale Landenge,durch welche Nord­­und Südamerika in losem Zusammenhange stehen,soll nicht länger sich als trennendes Hindernis für den natürlichen Wasserweg zwischen dem Osten und Westen Nordamerikas aufthürmen;ein neuer Welthandelstweg soll geschaffen werden,welcher in erster Linie den­ amerikanischen Interessen dient und es den unternehmenden Yankees gestattet,in erfolgreichem Wettbewerb mit dem handel­­treibenden Europa auf den japanischen,chinesischen, malaische­r und australischerr Märkten er erscheinen.Die Durchführung dieer gigantischer­ Unternehmens,arsdem­ die innerlich korrumpirte französische Republik sich beinahe verblutete,wird dem zähen und energisch-n am­erikanische­r Volke,desse Ingenieure an die Ueberwindung gewaltiger Naturhindernisse gewöhnt sind,zweifellos gelingert,un­d damit dürfte sich das Aussehen des gesammten europäischen Welt­­­handels mit einem Schlage verändertr.Welche ungeheuren Vortheile speziell der amerikanische Handelsverkehr aus der Erbauung dieser neuen Wasserstraße ziehen wird,ergibt sich am besten aus der Berechnung des Zeitgewinns,den die amerikanischen Handels­schiffe dadurch erzielen.Wenn man die Fahrgeschwindigkeit der m­odernen Ha­ndelsschiffe mit 1L See­­meilen per Stunde annimmt(eine Ziffer,die eher zu hoch, als zu niedrig gegriffen erscheint),so ersparen die von New­ York auslaufenden Schiffe,­welche den Mittelland-Kanal benützen,nach San Francisco 35 Tage,nach Valparaiso 12 Tage,nach­ Hongkong 15,nach Jokohama 20 und nach Melbourne faftll Tagen von New­ Orleans nach Francisco circa 40 Tage und von Sam Francisco nach Liverpool 23 Tage.Was eine derartige Zeitersparniß fürben-Handel bedeutet,bedarf wohl keiner weiteren Erörterung,und­ speziell die amerikanische Baumwoll-u­nd Eisenindustrie wird dadurch einen gewaltigen Aufschwung nehmen,der das ohnehin schwer ringende Europa noch schwerer treffen wird.­Wir in Westerreich Ungarn habeIt die tieftraurige Beruhigung,daß unsere Exportverhä­lt­nisse mangelsa­ntensität dadu­rch weniger getroffen werden,aber die Welthandel treibender­ Völker,in erster Linie En­gländer,De­utsche und Franzosen­, müssen dadurch stark in Mitleidenschaft gezogen werden.Es fr­agt sich nun in erster­ Linie,wie das handelsgewaltige Albion die Nachricht von der geplanten a­merikanischen Unternehmung aufnehmen wird.Die innige Interessen­­gemeinscha­ft der beiden angelsächsischen Nationen,welche englischerseits in jüngster Zeit so auffällig betont wurde, erleidet dadurch­ den ersten ersten Stoß. An dem häftigen Gefühl selbst verschuldeter Bereinsamung im europäischen Konzerte warf man sich kritischerseits bei dem ersten Zusammenprall zwischen amerikanischen und europäischen Interessen in die Arme Amerikas und ermöglichte dadurch der aufstrebenden Republik die brutale Auswügung der wohlfeil erfochtenen Siege in bisher unerhörter Weise. Der Dank hiefür ließ nicht lange auf sie warten. Heute (don direrten sich) Die City-Kaufleute bedenklich Hinter den Ohren trauen ob der Haltung ihrer Mean in dem spanisch­­amerikanischen Kriege, denn sie werden Die Briten sein, welche einen Theil der Zeche zu­ bezahlen haben. Wie genau die englische Handelswelt die Gefahr erkannte, welche ihr von der Ausführung des Mittelland- Kanals drohte, zeigt am besten das Verhalten der englischen Negierung gegenüber diesem Unternehmen. Schon zu Beginn der fünfziger Jahre war die amerikanische Negierung unter dem damaligen Präsidenten Taylor der Kanalfrage durch die Landenge nähergetreten, und zwar faßte man amerikanischer­­seits die 320 Kilometer lange Linie, welche von Creytown am Saraibischen Meer durch den Nicaragua-See und längs des San­uan-Flusses nach Brito am Stillen Ozean führte, ins Auge. Dieser Kanal sollte unter die Herrschaft Nicaraz­guas Fallen, zugleich aber die Unverleglichkeit und Selbst­­ständigkeit dieses Staates durch die Vereinigten Staaten garantirt werden. Dieser Bestimmung jedoch trat damals England auf das entschiedenste entgegen. Da er den Kanal­ nicht in Die eigene Hand bekommen konnte, wollte es nicht gestatten, daß die Vereinigten Staaten diesen hochwichtigen Verkehrsweg für sich in Beschlag nehmen, und nach lang­­wierigen, ziemlich erregten Verhandlungen schlossen beide Mächte, den bekannten Clayton-Bulwerschen Bergrtrag, welcher heute noch in Kraft steht. Laut d­ieses Vertrages verpflich­teten sich­h sowohl Nordamerik­a als an Großbrita­nnien, niemals von einem tomale melcher Durch Nicara­gua gebaut würde, Befib zu ergrei­fen, Desgleichen nicht von dem Lande an seinen beiden Ufern sondern ge­meinsam. Dessen M­en:colitat zum tantiven und: alle Reihe aufzufor­dern, Das Gleiche zu thun Duch diesen Vertrag gebunden, verschoben die Amerikaner das ganze Unternehmen auf einen günstigeren Zeitpunkt, und die von den Franzosen in Angriff genommene Durchstechung der Landenge von Panama ließ die Frage vollständig ver­­sumpfen. Erst der bekannte Zusammenbruch dieses internatio­­nalen Unternehmens, welchem übrigens das englische sowie das amerikanische Kapital gleich feindlich gegenübergestanden war, ließ die Frage des Nicaragua-Kanals in Amerika neu aufleben. Doch reichte die finanzielle Kraft der entstandenen Privatunternehmungen bei dieser gigantischen Arbeits­­leitung nicht aus und immer mehr brach sich die Exk­enntniß Bahn, daß nur die Regierung­­ der Vereinigten Staaten allein im Stande wäre, Dieselbe erfolgreich zu Ende zu führen. Die vor mehreren Jahren eingelegte Baukormission stellte fest, daß zur Durhführung des Kanals eine Summe von circa 350 Millionen Dollars und eine Arbeitszeit von zwei Jahren nothwendig sein würde. Andererseits erklärte aber auch die Kommission, daß die Erbauung dieses Kanals von Seite der amerikanischen Staaten die Möglichkeit frie­­gerischer Berwiclungen nicht ausschließe, und daß Nord»­amerika nur dann sein Eigenthumsrecht auf den von ihm erbauten Kanal geltend machen künne, wenn es nebst einer entsprechend starren Flotte auch starre Marine-Stügpunkte auf den Antillen befige! Diese gewünschten und nothwendigen Stoßpunkte haben die Vereinigten Staaten, Dank der Unterstütung Englands, in dem spanisch-amerikanischen Kriege mit Leichtig­­keit errungen. Die ohnehin bereit achtunggebietende Flotte soll nach dem neuen Flotten-Bauprogramm im Fürzester Zeit nahezu verdoppelt werden, aber angesichts der Ver­­fahrenheit der europäischen Mächte wartet das junge Fraft­­steigende Neih nur einmal die Durchführung seiner Rüstungen ab, sondern beginnt sofort mit den Kanalarbeiten. Der Zeitpunkt Hiezu ist wahrlich nicht sehlecht gemählt, vor wenigen Monden noch hätte eine derartige­ Absicht wahrscheinlich eine europäische Allianz vereinigt, vor der auch das selbstbewachte Amerita Hein beigegeben hätte, heute it hiezu wenig Aussicht vorhanden, und dann ist es noch fraglich, ob die Vereinigten Staaten, deren Prosition heute eine ganz andere ist als vor kurzer Zeit, sich irgend­einer Pression gegenüber gefügig zeigen würden. Sobald jedoch der neue Wasserweg fertiggestellt ist, hat Europa seine ton­angebende Rolle für alle Zeiten im Stillen und Atlantischen Ozean ausgespielt. Die westlichen Staaten Südamerikas, welche bisher die stärksten Abnehmer Europas waren, werden doch außerordentliche Zeitersparniß, welche ihnen die neue Wasser­­straße verbürgt, die besten Kunden der östlichen industrie­­­­reichen Staaten N­ordamerikas werden. Erst duch den Mittelland-Kanal wird, die alte, oft angefeindete Monroe Doktrin, „Amerika den Amerikanern”, zur vollen, greifbaren MEDER SZER SEETT ZAN E SEK EVES Ü SZT GOZAOT OTT SET BET SZEKSZ STEEL FICHTE KEETENETETN ESZES EHE BENSEREISESZEN IT LITE TERSTEHTEHLFELEEN USE SEELE SCHEN . Feuilleton. Die Weihnachteinstellung der Bunf­­aem erblichen Bereins, die Landschaft mit Gratefeldern und Schnittern auf einem in gefälliger Form gehaltenen Krug, man dient unmilitärlich an jene fein Sn unserem Zeitalter der Maschine und der Schablone,­­ wo man hauptsächlich bestrebt ist, billige Masfenwaaren herzustellen, ohne Rücsicht auf künstlerischen Charakter und feinen Geschmack, ist es als ein wahres Wunder zu betrachten, daß das Kunstgewerbe nicht ganz untergegangen ist, sondern im Gegentheil sich auf eine hohe Stufe erhoben hat. Das Kunstgewerbe war ja thatsächlich eine Zeit lang in Gefahr, ganz zu verflachen und von der Bildfläche zu vers­ch­winden; jeder lange haben es die Künstler unter ihrer Würde gehalten, Gegenständen, die für den praktischen Zivweg bestimmt waren, den Stempel ihrer künstlerischen Individualität aufzubrücken. Man wird diesen Hochmuth doppelt lächerlich finden, wenn man in der Geschichte de Kunstgewerbes zurückblättert und dort Namen [ert mie Dürer, Holbein, Benvenuto Gellini 2c. Der Aufschwung, der in den legten zehn Jahren stattgefunden hat, ist in nicht geringem Maße der Errichtung von Kunstgewerbeschulen zu verdanten; seither haben Kunst und Kunstgewerbe einander die Hand gereicht, man hat einen persönlichen Kontakt zwischen Zeichner und Handwerker her­gestellt und vor Allem auch die Handwerker dazu erzogen, eigene Ent­­würfe für ihre auszuführenden Arbeiten herzustellen. Auch war man bestrebt, bei Einführung von bisher noch nicht kultivirten Kunstgewerbe­­zweigen den Handwerkern mit guten Vorbildern an die Hand, zu gehen. Diese hohen Ziele verfolgt auch der hiesige Kunstgewerbeverein und dank den rastlosen Bemühungen seines M­räsidenten Georg v. Räth konnte das Kunsthandwert auch bei uns binnen weniger „Sabre sich in schönster Weise entwickeln, wovon man sich überzeugen kann, wenn man einen Rundgang durch­ die im Kunstgewerbemufjsum auf­ der Üilderstraße veranstaltete Weihnachts-Ausstellung macht. Eine angenehme Weberraschung bilden die in einem Schranfe ausgestellten, von D. 3. Bed entworfenen und in Bronze aus­­führten Gegenstände: Teller, Krug, Meffer, Gabel­­. Bed, den wir in vortheilhafter Weise aus den Millenniums-Medaillen kennen, hat ohne Vioeifel die großen französishen Künstler Noty, Chaplain, Cazin, Charpentier, Dupuis, Lalique, Bonscarme 2c, genannsstudirt und weiß, daß sie die Renaissance der Medaille bilden. Ihre Werke sind von ungewöhnlicher Schönheit und manche Medaillen erinnern an die besten Arbeiten des berühmten Stempelschneiders Gnaenentes, welcher 400 vor Christus lebte, und von dem zum Beispiel das munders­bare PBeladorahmen von GSyralus mit dem Kopfe der Penelope und dem siegreichen. Viergespann herrührt, Bed sucht j in seinen Medellen durch große Einfachheit und saubere technische Ausführung zu mieten und rivalisirt mit den besten franc zöschen Künstlern. Auf dem ausgestellten Teller ist in der Mitte ein Neb­eltopf angebracht, als Dekoration verwendet er ftott in sehr geschichter Weise die von modernen Künstlern beliebte Pflanze: das Löwermaul (Leontodon taraxacum), ungemein fein und zart ist empfundene Landschaft auf einer Blatette von Dafar Noty »La Bergeres, Bed fühlt vollständig modern, seine Arbeiten athmen eine ergquichende Kirche, bei ihm ist sehr anzuerkennen, daß er auch in Bezug auf Ornamentation mit dem alten Styl gebrochen hat, er schöpft aus ganz neuen Duellen. An Bielfeitigkeit wird Bet durch Professor Raul­ Horti übertroffen. Nach seinen Entwürfen sind eine ganze Menge von Gegenständen gearbeitet und zeugen von großem Fortschritt. Hervor«­zubeben sind in Form und Farben­­ gut wirkende Töpferarbeiten, die zum Theil an Thuner Majolita erinnern, sodann originelle Rahmen, welche als unwürdiges und paffendes Gehäuse für hochmoderne Ges­mälde unwill­ommen sein werden, ferner eine in Zinfguß ausgeführte Umrahmung mit Schwertlilien, geschmadvolle Lederfachen, zwei prächtige große in Holz und Leder ausgeführte bequeme Lautenil3 mit einfacher, aber gefälliger moderner Ornamentation, desgleichen zwei in Kupfer getriebene Basen, ein Rauchservice in Bronze­n, f. m.. Zu erwähnen it auch, daß Horti mit vielem Gefihd im der Reichorner’schen Fabrik gemachte Bronzen patinirt; von Sintereffe dürfte es sein, zu erfahren, daß er Diese Kunst unlängst beim Baroff-Denkmal ange­­wandt hat.­­ Einzig in ihrer Art sind die gleichfalls­ nach eigenen Entwü­rfen hergestellten Zsolnay’schen Sachen,welche zwei große Glas­­schränke fülle.Er verwendet nicht n m­ehr die allzu überladenen persischen Ornamente,mit denen er früher seine Gefäße bedeckt hat, sondern schwelgt nur in den firisirenden Farbentönen des Metall­­glanzes,erliebt es,seine Vasen mit einfachen Ornamenten,z.B.einer Weintrause zu schmücken;m­eisterhaft versteht er es,Glanz mit Glasu­r zu verschmelzen.Man sieht es seinen Arbeiten an,daß er nach modernen Formen strebt.Hie und da verwendet er auch ungarische Motive,aber ganz­ nach eigener selbstständiger Auffassung.Was immer erturs auch bietet ist von so hervorragender Technrik,daß er sogar die bei niedriger Temperatur im Muffelfeuer gebrannten spanischen Gefäße mit Metallglanz beimeitem übertrifft. Auch auf dem­ Gebiete dr Glasindustrie hat Ungarn in den legten Jahren mit großem Erfolg gearbeitet. Man hat sich vor Allem die neuesten Errungenschaften Amerikas zu Nage gemacht und den Sauptrepräsentanten dieser Richtung, 2. B. Tiffany zum Vorbild genommen. Das eigentlich Spezifische der weltberühmten Glasfenster dieses genialen Nem-Dorfer Meisters besteht darin, daß der Effekt nicht duch Bemalung, sondern durch verschiedenfarbige überein­­ander gewebte Blasplatten erzielt wird, die in ihrer Gesammts mwirfung den gewünschten Ton ergeben. Man kann bei Mar Roth, der diese Industrie bei uns eingebürgert hat, nicht von Direkter Nachahmung sprechen, denn er hat bei seinen Fenstern eine eigene Erfindung angewendet. Die ganze Reihe von ihm ausgestellter Glasfenster machen den denkbar günstigsten Cindrud und wirken nicht nur durch die Gluth der Varben, sondern auch durch die Zeichnungen, die zum größten Theile von Roth selbst herrühren; eine ganz grandiose Wirkung hat er in seinem Fenster, das ein Feuerwerk nachbilden soll, erreicht. Es ist sehr zu hoffen, daß­­diese neue Industrie bei und allgemein Anklang finden wird, vor Allem bei Defür­rung großer öffentlicher Bauten. Wie wunderbar müssen, der Beschreibung nach, die in dieser Manier ausgeführten Glasfenster der St.-Michaelsirche in New.Dort mirken ! Dort spielen sie auch in den Häusern von reichen Privaten eine große Rolle, man ist sogar so weit gegangen, ganze Treppen aus opaleszentem Tiffany-Glas herzustellen. Auch auf einem weiteren Gebiete der Glasmofall hat sich Roth mit Glüc hervorgetben; er will diese Industrie der Lagunens­­tadt auch bei uns einführen. ALS recht gelungen zu betrachten ist der große, farbenmirlende Rembrandt-Kopf und einige andere von ihm ausgestellte Gegenstände. Einen ganz ausgezeichneten Eindend machen die modernsten Entwürfen von Rippl-Rónai ausgeführten Möbel für den Grafen Theodor Andraffy: ein großer ovaler Optish und ein Schranz mit oryolirtem Bronzebeschlag; nicht weniger wirtungsvoll it auch das gewirkte, in wenigen Farben gehaltene Supra­porta, das eine Landschaft darstellt. Prächtig wirkt ein langer Fries, auf welchen Kürbisblätter und Blüthen in stylisirteer Weise verwendet sind. Die­ Begabung Nenat’s scheint entschieden auf dem Fünftgewerbligen Gebiete zu Liegen, und es ist mit Freunden zu begrüßen, daß dieser Künstler nicht verschmäht, dieses breite und lukrative Feld zu kustiviven. Dab sich sogar unsere beten Künstler mit Kunstge­werbe befassen, bemweilt ein von Philipp L £pple gezeichneter Schrank, den er seinen Farben­­fasten nennt. Sehr habig ist auch ein Bib­erkasten und ein Schreibtisch vom Architekten Ladislaus B á­g­e, sie erinnern und zwar an die Tiroler Gothi­, doch spielen namentlich in den Beischlägen auch viele ungarische Motive mit. Dagegen haben wir uns für die von Nuprechtu Komor ausgestellten Speisezimmer-Einrichtun­­gen in ungarischem Style wenig begeistern künnen ; sie sind zu phantastisch, dabei steif und in den Formen nicht gefällig ; eine recht hübsche farbige NYatarsia-Arbeit erbliden wir in der Schlaf­­zimmer Einrichtung von Ludwig Bolgár, sie it ganz in französischen Geiste gemacht. Was sonst an Möbeln ausgeftelt ist, bemeist den auch bei uns eingebürgerten englischen Geschmack­ auch sind eine Menge von Ledermöbeln zu sehen. Ein erfreulicher Fortschritt läßt­ sich diesmal auf dem Gebiete der­ Teppichindustrie Konstativen. Besonders fielen uns auf die nach Entwürfen­ von 3. Baßari hergestellten "Heinen Teppiche mit Herbstrosen in Töpfen, die sich vom dunkelblauen Hintergrund in wirkungsvoller Weise abheben; die Torontaler Fabrik leistet in ges­iebten und geknüpften Teppichen mit ungarischen Delfins Tüchtiges ; dies gilt auch von den gelnüpften Teppichen. Für Ledergalanteriemaaren hat Professor Rud. Boro3 viele gute Zeichnungen geliefert. Besonders fielen uns Notizbilder in Ledermotall auf, ferner solche, bei welchen das Ornam­ent mit Blindbrud hergestellt, theils bemalt, theils vergoldet ist. Sehr schön wirkt Die von Franz Helbing entworfene Einbanddede zum »Költök Albuma«. Fan U­rmösir Benczur hat wieder gut gelungene, mit ungarischen Ornamenten bemalte Arbeiten (Kassetten 2c.) aus­­gestellt ; sehr sauber sind aug die von Fräulein H­aubßman genähten Brandarbeiten, namentlich der große Spiegel, werfen Nahmen oben ein echt modernes Köpfchen und auf beiden Seiten rothleuchtende Blumen zieren. Die Professoren Fort­um Hapranef haben die Soldschmiedelunft in Danfensweicher Weise gefördert, indem sie neue Formen mit Siebenbürger Gmail verbinden. Unter den schmiedeeisernen Gegenständen sind tüchtige Arbeiten, sie meisen jedoch nichts Neues auf; auc dürfte der allzu überladene Kaminvorlag aus Aluminiumbronze mit elektrischen Glühlichtern nicht nag Ledermanns Geschmach sein ; er ist zwar sehr genau ausgeführt, aber übertrieben reich. Heutzutage flieht man nach einfachen großen Formen. Ein sehr erfreuliches Zeichen ist es, daß die Weihorner’sche Fabrik auf Anregung des Kunstgewerbevereins mit gutem Erfolg den Binfguß mit Kupferpatina betreibt. Gutes wird auch in Galvanos brongen und namentlich zumeist aus getriebenem Kupferblech Ders gestellten figuralen Gegenständen, welche als monumentaler Schmut für große Gebäulichkeiten dienen sollen, geleistet. Die Porzellan-Industrie, welche durch zwei bekannte Fabriken vertreten ist, zeigt bei uns einen zu stark konservativen Zug; mit Bors liebe imitivt sie noch immer den Meißener Borzellan. Was gemacht, wird, ist gut, weist leider aber nichts Neues auf. CS műre sehr zu münschen, daß sie im Beiste der modernen Kunst etwas ganz Selb­st­­ständiges leisten und dadurch auf der Pariser Weltausstellung ein großes Wchlaggebiet finden würde ; gerade die moderne Ornamen­­tation würde sich als Verzierung ausgezeichnet eignen und man könnte die Motive in gefälliger Form in unzähliger­­­eise variiren. Eine Pester Firma hat den Versuch gemacht, die in den lesten Jahren von der königlichen Borzellan-Manufaktur in Kopenhagen hergestellten und viel bewunderten Basen nachzuahmen. Diese Aufgabe scheint aber nicht zur vollen Befriedigung gelungen zu sein, weder in technischer no­cn zeichnerischer Hinsicht, es fehlen ihre eben Künstler wie Lisberg, Heilmann, Smidth, Mortenber 2e. Auf dem Gebiete der F­rauenhandarbeit­en bei und ganz Hervorragendes geleistet, namentlich durch die unter dem hohen Protertorat der Erzherzogin Lysabella stehenden Schulen. Die in Gziffer wird durch die bewährte Kraft der Marie Hollöfy geleitet; dort wird der Zeichenunterricht in gleich hohem Make nie die Ausführung selber betrieben. Auch dieses Jahr ist wiederum ein großer Fortschritt zu konstatiren. Dies beweisen die zahlreich aus­gestellten Gegenstände, vor dem die im Haushalte der Frau Erzherzogin Isabella gebrauchte Kinderdede, sodann das in überaus distinguirten Farben gehaltene Pluviale und ein reich geft­chter Paraventüberzug mit Granatenmuster, Weberall sehen mir die Ber­ebelung der Stilmustermotive ohne Beeinträchtigung des Charakters. Auch die Budapester staatliche Frauenindustrie, melde unter­ der tüchtigen Zeitung der Frau Gustan Wendt mich) steht, ist auf­ der Ausstellung vertreten. Was sie uns bietet, scheint etwas veraltet. Eine breitere Behandlung und namentlich applizirte Arbeit, melche ss gerade für den modernen Styl ausgezeichnet eignet, műre sehr­ empfehlenswerth. Nach dieser Richtung hat Frau G.Riffomsty sehr Gutes geleistet, ihre zwei ausgestellten Arbeiten in ganz moderner­­ Auffassung und feinen Farben fallen als Vorboten einer neuen Ära der Hausindustrie angenehm ins Auge. D.r.Gabriel v.Töret­. « nach: - .

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