Pester Lloyd - esti kiadás, 1929. április (76. évfolyam, 73-97. szám)

1929-04-02 / 73. szám

-LLOYD----------- - récBtes und die, wenn auch vorsichtig durchgeführte Agrarreform, die Unzufriedenheit dennoch gemil­dert und, dajs politische Brennmaterial verringert." Diese nüchterne und von jeder Voreingenom­menheit hare Darstellung der-tatsächlichen Lage in Ungarn wird durch die folgende zutreffende Schil­derung der Persönlichkeit und der Regierungsmetho­den des Grafen Stefan Bethlen ergänzt: „Die Besserung der Lage ist hauptsächlich der Tätigkeit des Grafen Stefan Bethlen zuzuschreiben, der heute der Doyen der europäischen Ministerpräsidenten ist. Kr überragt, alle Männer des öffentlichen Lebens in .Ungarn und ist in vielerlei Hinsicht die bedeu­tendste Persönlichkeit in Mitteleuropa. Der Mini sterpräsident ist ungefähr 55 Jahre alt, ein mittel­großer sehniger Mann, mit scharfen Zügen, tief­liegenden Augen und starkem Schnurrbart. Er spricht fließend Englisch und hat eine magnetische 'Persönlichkeit. Spricht man mit ihräj' so gewinnt man den Eindruck, einem Manne gegenüberzu- I stehen, in dem sich Milde mit zäher Willenskraft : paart. Er verfügt über eine merkwürdige Klarheit des Denkens und eine auffallend starke Durchdrin­­gimgskraft. Man sicht auf den ersten Blick, daß i der Graf die Details vernachlässigt und seine gesamte Aufmerksamkeit den wesentlichsten Fragen der Poli­tik und des Lebens widmet. Zugleich ist der Mini­sterpräsident zurückhaltend und ausweichend und selbst diejenigen, die in engster Berührung mit ihm stehen, wissen sich nicht darüber Rechenschaft zu ; geben, wie er sich zu gewissen überragend wichti­gen Fragen eigentlich stellt. In der Politik ist Graf I Bethlen eher ein Taktiker , denn ein Stratege, er ist ein Meister im Parteispiel und entwirft seine Pläne fast von . Tag zu Tag. Kurz, die Schweigsamkeit, die Klugheit und die Persönlichkeit des Grafen Bethlen haben ihm das Vertrauen dreier, beiweitem nicht homogener Legislativen eingebracht und ihm dazu verholten, sieh eine Stellung zu schaffen, mit der ' sich die Position kaum eines anderen; Staatsmannes in Europa messen kann.“ •Außer den rein politischen Ausführungen ent­hält die Studie eine knappe Beleuchtung der wirt­schaftlichen Lage Ungarns und eine Zusammen­fassung der internationalen Beziehungen unseres Landes, die dem vornehmen Leserkreis der Con­temporary ein klares Bild über die gegenwärtige Lage Ungarns bieten. Es gibt in diesem Bilde nm­emen störenden Punkt, den der Verfasser vorsichtig und mit der gebotenen Zurückhaltung streift: unsere Beziehungen zu den Staaten der Kleinen Entente,, doch hofft Sir Charles, daß „es mit der Zeit doch ge­lingen wird, die Schwierigkeiten zu überwinden, die einst als unlösbar erschienen sind“: Révkíoasbespreclnmgen in Paris. . Von DR. ERNST GRAF ZICHY. Am 4. April versammeln sich im Palais Royal zu Paris die Abgesandten von neun Staaten, um die Bedingungen zu studieren, unter denen Artikel 19 des Völkerbundpaktes eventuell zur Anwendung kommen könnte. Die englische Völkerbundliga hat (durch ihre Beauftragten, Lady Gladstone, Sir W. Monghby Dickinson und Sir Walter Napier, anläß­lich der Haager Vollversammlung der Völkerbund­ligen den Antrag gestellt, dem Völkerbund eine Durchführungsmodalität des Artikels 19 zu emp­fehlen für den Fall, daß dieser in irgendeiner Rela­tion pinmal aktuell werden sollte. Die Haager Voll­versammlung setzte den englischen Antrag auf die Tagesordnung der Prager Ratssitzung im Herbst 1928, diese verschob die Verhandlung auf die Früh­jahrsitzung, die vom 11. bis 14. Februar in Brüssel ístattfand. Während der Brüsseler Tagung des politisch­­juridischen Komitees entwickelte sich ein ziemlich reger Gedankenaustausch über den englischen An­trag. Lady Gladstone entwickelte die Gründe, die die englische Völkerbundliga zur Stellung ihres Antrages veranlaß ten. Sie führte aus, sämtliche Artikel be­säßen schon eine Durchführungsärt, die entweder in der Praxis oder aber in einer Kodifikation wur­zelt; bei keinem Artikel des Völkerhundpaktes käme man heute aus Unwissenheit in Verlegenheit,fcwie die Sache anzufassen; die englische Völkerbundliga beabsichtige keine wie immer geartete Pi-opaganda zugunsten der Revision des einen oder des anderen Friedensvertrages, sie stehe unter gar keinem Ein­fluß und bringe nur die in der englischen öffent­lichen Meinung verbreitete Ansicht zum Ausdruck, daß nach zehn Jahren die Zeit gekommen sein dürfte, sich rein theoretisch mit dem Problem der Revisiönsmöglichkeit zu beschäftigen, da dies bis jetzt nicht geschehen sei. Lady Gladstone erklärte; die englische Völkerbundliga halte es daher für ihre Pflicht, vor dem zweitbedeutendsten internationalen Forum einen Modus in Vorschlag zu bringen, nach dem im Falle der Aktualität ein Vertrag revidiert werden könne, und zwar tue sie dies rein deshalb, um den verschiedenen formellen Streitigkeiten, die im Falle einer Revision unbedingt die méritorischen Verhandlungen empfindlich beeinträchtigen würden, rechtzeitig vorzubeúgén. Diese Erklärungen lösten nun m Brüssel die heftigsten Widersprüche und Angriffe aus. Die De­legierten Frankreichs, Belgiens, Polens und Rumä­niens machten geltend, daß jeder, der heute von Re­vision spricht,- sich gegen den Artikel 11 versündige, <1/h. daß-er den Frieden der" Welt bedrohe, dessen einzige Garantie die beslehenden Friedensverträge bilden. Artikel 10 enthalte' die Verpflichtung jedes Völkerbundmitgliedes, gegenseitig die.Grenzen gegen jeden äußeren Angriff zu schützen, und eine Be­strebung, die Grenzen ändern zu wollen, müsse als Verstoß gegen diesen Artikel gewertet werden. Lady Gladstone führte im weiteren Verlaufe der Debatte aus, die Initiative des Völkerbundes, seine Mitglieder zur neuerlichen Überprüfung von unhalt­bar gewordenen Verträgen einzuladen, sei eine „question d’ordre“ und könne als solche laut Ar­tikel 5 mit Stimmenmehrheit beschlossen werden. Diese Erklärung «löste einen wahren Entriistungs­­sturm aus. Frankreichs Bevollmächtigter sagte, dies sei keine „question d’ordre“,. sondern éine „question de desordre“; von einer Beschlußfassung mit Stimmenmehrheit könne unter keinen Umständen die Rede sein, da in diesem Falle der Völkerbund ganz und gar der Tyrannei der kleinen oder der revisions­hungrigen Staaten aüsgeliefert wäre und seine über­staatliche, unparteiliche Stellung einbüßen würde. Die Beschlußfassung über das Ergreifen der Initia­tive laut Artikel 19 bezeichneten die polnischen und belgischen Delegierten als eine der wichtigsten Be­schlüsse „en fait et en mutiere“, also keineswegs als eine „question d’ordre“, sie müsse daher unbedingt dei einstimmigen Beschlußfassung Vorbehalten bleiben. ■ - :: • ■ s,ö Der Delegierte Jugoslawiens beantragte,. noch bevor die englischen oder die ungarischen Abge­sandten auf diesen Schwall von Entgegnungen ant­worten könnten, die Bildung eines Ausschusses zum gründlichen Studium dér Frage; und der Prä­sident schloß die Debatte1. Bei rler Wahl der Ausschußmitglieder schlug der polnische Delegierte eine Liste vor, in der nur die Große und die Kleine Entente vertreten waren. Da ergriff der ungarische Delegierte das Wort zu einem Protest gegen eine, - derart- einseitige Zusam­menstellung des Ausschusses und schlug vor. man sollte die gegebene : Liste mit den- Delegierten Deutschlands, Bulgariens, Ungarns und* des Natio­nalitätenkongresses ergänzen, was ’auch angenom­men wurde. Der Standpunkt, deh Ungarn sowohl anläßlich der Pariser Sitzung als auch bei jeder anderen Gele­genheit in der Revisionsfrage einnehmen: sollte, ist der folgende: Es ist kein Verstoß gegen den Arti­kel 10, eine Vertragsrevision auf friedlichem Wege herbeiführen zu wollen, da besagter Artikel aus­drücklich von einer „agression exterieure“ spricht. Unter „agression“ aber kann man nur eine Be­drohung mit Machtmitteln, also be.vvaffnqten Ein­marsch oder Mobilisierung, piif der Absicht' eines Einmarsches verstehen. Letzterer Fall müßte selbst­verständlich als Bedrohung' v$es Weltfriedens nach Artikel 11 beurteilt werden. Da der Völkerbund selbst weder in der Frage, ob ein Vertrag undurchführbar geworden ist, oder eine internationale Lage den Weltfrieden bedroht, entscheidet, noch aber selbst die Revision eines sol­chen Vertrages oder eine Lage durchführt, sondern rein eine formelle Einladung an seine Mitglieder er­läßt, dies zu tun, derep, Befolgung ip. Ermangelung jedweder Sanktion nicht als .obligatorisch angesehen werden kann, muß die Frage der Beschlußfassung unbedingt in dem Sinne entschieden werden, daß zu ihr die Mehrheit der Stimmen genügt. Die nicht zu unterschätzende Wichtigkeit der bevorstehenden Pariser Tagung liegt nicht in dem eventuellen Erfolg oder Mißerfolg, mit dem sie enden wird. Nicht die Resolution, die sie im Sommer in Madrid der Vollversammlung der Völkerbundligen unterbreiten wird, birgt die historische Bedeutung dieser Besprechung in sieh, sondern rein die Tat­sache, daß nach zehn Jahren dies die erste, inter­nationale Zusammenkunft ist, die sich mit dem Arti­kel 19 offiziell zu beschäftigen hat. Es ist dies das untrügliche Zeichen für das Erwachen des Welt­gewissens, für das Sichmelden des Bewußtseins der Wahrheit und Ehrlichkeit, in den breitesten Schich­ten der öffentlichen Meinung. Und eben der Um­stand, daß es England ist, auf dessen Veranlassung der Artikel 19 Gegenstand einer internationalen Be­ratung bildet, verleiht der Frage die größte Bedeu­tung. Es ist zu wünschen, daß dié Pioniere, die den verbarrikadierten Weg zum Artikel 19 nächste Woche in Paris freizulegen haben werden, auf der ethischen Höhe ihrer Aufgabe stehen. Wir Ungarn, denen der Artikel 19 der Hoffnungsparagrapb ist, der uns eine schöne, glücklichere Zukunft verheißt, blicken mit den größten Erwartungen nach Paris, und im vollen Bewußtsein der damit verbundenen großen Verantwortung; will ich als Vertreter niei­­nes Vaterlandes an diesen Verhandlungen teilneh­men, glücklich, .unserer nationalen Sache meine bescheidenen Kräfte zür Verfügung stellen zu dürfen. .- •_ - ■ - ---------------------------— Kedden a Rádióban a neEiflsetkosä müseresere-soro* zalban a berlini rádióállomás műsorának közvetítése >?•* - - - Dienstag,-2.April.£Qft Vom Tage* Zwei Verordnungen des Volkswohifahrtniinistcrs zur Sozialversicherung. Im-G.-A. XL: 1928 über die Alters- und Invaliditäts­versicherung (Lex Vass II) ist der Volkswohlfahrtministei ermächtigt worden, die Normen der freiwilligen Ver­sicherung im Verordnungswege' festzulegen. Kraft diese? Ermächtigung hat der Volkswohlfahrtminister in der Sorintagsnummer des Amtsblattes eitle Verordnung übe* die freiwillige Alters- und InvaliditälsvcrSicherung publi­ziert. Im Sinne dieser Verordnung, Z. 1552/1929 ein. N. M. M., sind zur freiwilligen Versicherung berechtigt ohne Rücksicht auf Geschlecht und Staatsbürgerschaft dia selbständigen Gewerbetreibenden, Kaufleute, Geistlicha und sonstige Angestellte der gesetzlich rezipierten und an­erkannten Konfessionen, die Angehörigen der Honvéd, der Zoll- und der Stromwache, die Advokaturskandjdaten und die kön. Notarialskandidaten, die Privatbearnten, Werk­­tiihrer, Handlungsgehilfen usw., insofern ihr Einkommen sich zwischen 6000 und 12.000 Pengő im Jahre bewegt, dipolmierte Hebammen, nicht versicherungspflichfige An­gestellte und Familienmitglieder, Gerichts Vollzieher, Agenten, nicht versicherungspflichtige Haüshalfungsange­­stellte, ferner sämtliche Personen, die für den Pall der Krankheit freiwillig versichert werden können, sowie nicht .versicherungspflichtige Taglöhner, Angestellte des . Hausgewerbes, Angestellte der diplomatischen Vertretungen, die nicht im Genüsse der Exterrito­rialität sind, usw. Alle diese Personen haben An­spruch auf freiwillige Versicherung, insofern sie darum ersuch'ep und sie sich nach zweimaliger ärztlicher Unter­suchung als zur Versicherung geeignet erwiesen haben; Grundbedingung ist das noch nicht erreichte 55- Lebens­jahr, Die Versicherten werden in zfehn Gruppen eingeteilt, die Versicherungsbeiträge, sowie die Wartezeit und die Rente sind nach den verschiedenen Gruppen verschieden bemessen. Kraft der Verordnung können sämtliche Per­sonen, deren Versicherungspflicht erloschen, ist, die Ver­sicherung durch fortgesezte. freiwillige Einzahlung de? Beiträge aufrechterhalten, falls sie .ihre diesbezügliche Ab­sicht innerhalb dreier Monate nach Erlöschen der Ver­sicherungspflicht: anmelden und mindestens eine Monats-* gebühr entrichten. 5 : Die Sozialversicherung umfaßt nunmehr mit Aus­nahme der landwirtschaftlichen Bevölkerung alle'* Kai tegorien der . Arbeitnehmer. Die Versicherung der in der Landwirtschaft Angestellten erfolgt demnächst durch ein Söndergesetz, das in der Herbstsession dés Abgeord­netenhauses zur Erledigung gelangen dürfte. In einer zweiten Verordnung, die der Volkswohl­­< fahrtminister unter Zahl 1700/eln. N. M. M; gleichfalls in der Sonntagsnummer des Amtsblattes publiziert, sind auf Grund der im § 218 des G.-A. XXI : 1927 über die obligatorische Krankheils- und Unfallversicherung die Statuten der Landes-Sozialversicherungsanstalt enthalten« Die Verfügungen der Abschnitte I bis XI über, die Mit­glieder der Anstalt, ihre Rechte und Pflichten stimmen ‘iáit deii einschlägigeh gesetzlichen Bestimmungen, restlos überein. In den Abschnitten-XII-únd XIII-wird die Aüfo­­notni’e der Sozialversicherungsanstalt geregelt. An der : Spitze der. Autonomie stehen als Zentralorgane die Ge­­• neralversampilung, die Direktion und das Präsidium, sowie eine Reihe von Kommissionen und Ausschüssen. Als Lókalorgané der Autonomie figurieren die Bezirks­ausschüsse, die Ausschüsse der Unternehmungskassen und , der Ausschuß der Debrecener kaufmännischen Kranken-Unterstützungskasse. Die Mitglieder der Ge­neralversammlung werden mittels eines bis in alle. Ein­zelheiten aüsgearbeiteten Wahlverfahrens für die Dauer von fünf Jahren in geheimer Abstimmung zur Hälfte aus den Arbeitgebern und zur Hälfte aus den Arbeit­nehmern gewählt. Die erstmaligen Wahlen finden am 12. und 13. Mai d. J. statt. Die Generalversammlungen der Anstalt sind öffentlich. Die Direktion besteht aus 40 Mit­gliedern und ebensoviel Ersatzmitgliedern, die gleichfalls in geheimer Abstimmung für die Dauer von fünf Jahren gewählt werden, und zwar zur Hälfte aus der Reihe der Arbeitgeber, zur Hälfte aus der der Versicherten, Das Präsidium besteht aus 10 Mitgliedern und 10 Ersatz­­niilgliedern; sie werden aus dem Schoße der Direktion gewählt und bestehen je zur Hälfte aus Arbeitgebern, zur Hälfte aus Versicherungspflichtigen. Die beiden Verordnungen wurden mit Wirksamkeit vom 22. März d. J. an in Kraft gesetzt. Die zweite SachverständigenkonSeirenz. Paris, i. April. (Wolff.) Reichsbankpräsident Dr. Schacht hat, da private Äußerungen von ihm in der ausländischen Presse, mißverständlich wiedergegeben worden zu sein scheinen, den Pariser Vertreter des Wölfischen Tele­­graphenjíureáús Zu folgender Erklärung über seine Auf­fassung von dem bisherigen Verlauf der Konferenz er­mächtigt: Die Pariser Besprechungen innerhalb dér Répá­ra tionskonferenz haben sich bisher in durchaus freund­­willigem Geiste'.bewegt. Die Bedeutung dés Gegenständes, nämlich die finanzielle Regelung internationaler Be­ziehungen auf Jahrzehnte und damit die endgültige Liquidierung des Krieges lassen jedoch, noch manche Schwierigkeiten erwarten und eine längere Dauer der Verhandlungen voraussehen. Bei dem allseits vorhande­nen güten Willen zur Verständigung und zur Aufbrin­gung der .notwendigen Geduld bei den schwierigen Ver­handlungen besteht jedoch die Hoffnung auf einen er­folgreichen Verlauf der Konferenz durchaus weiter. ÖSTERREICH. «er Konflikt in der Metallindustrie. Wien, 2. April (Ung. Tej.-Korir.-Bureau.) Nach Meldungen aus Graz scheint sich in der steirischen Metallindustrie nách dem Eingreifen des Landeshauptmanns von Steiermark eine friedliche Lösung vorzubereiten, so daß die Aussperrung von zwei Industriebetrieben zurückgenommen und ein Generalstreik vermieden werden dürfte. Die Lage im Konflikt in der Wiener Metallindustrie ist stanionär.

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