Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1929. július (76. évfolyam, 146-171. szám)

1929-07-02 / 146. szám

PESTER LLOYD • 2 • hat —, die man heute vielleicht nicht überall nach Gebühr einschätzt. Mag sein, daß eine Zeit kommt, in der Rumänien auf Ungarn angewiesen ist. W er weiß, ob dann nicht manches sich als möglich er­weisen wird, was heute Herr Mironescu als undisku­tabel bezeichnet? Wer weiß, ob dann nicht die Zeit günstig sein wird, um vernünftige Lösungen ohne Krieg durchzuführen und in friedlicher Verständi­gung vorzunehmen. Das wäre eine von den vielen Möglichkeiten, die sich einer friedlichen Revision ides Vertrages von Trianon eröffnen. Es ist aber nicht diese Möglichkeit, an die Ungarn in erster Reihe denkt, wenn es eine Revision des Friedens von Trianon mit friedlichen Mitteln anstrebt. Diese Revision wird sich unserer Überzeu­gung nach aus einer allmählichen Umformung der zwischenstaatlichen Lebensformen von selbst er­geben. Wer nicht blind ist, der muß sehen, wie sich die Idee einer Neuorganisierung der zwischenstaat­lichen Beziehungen in den Köpfen und Herzen von Millionen und Millionen immer mehr festsetzt, wie immer mehr und mehr Kräfte am Werke sind, um einen Zustand zu schaffen, der es ermöglicht, Fragen, die als ein Unrecht empfunden werden, ohne Zu­hilfenahme von Machtmitteln, einfach durch den Druck des allgemeinen europäischen Gewissens einer befriedigenden Lösung zuzuführen. Noch be­findet sich dieses neue Staatensystem in seinen ersten Anfängen, aber seine ständige Ausgestaltung gehört gewiß zu den hervorstechendsten Merkmalen der Ideenentwicklung unserer Zeit. Wohl klaffen derzeit noch weite Lücken in diesem neuen System der zwischenstaatlichen Beziehungen. Aber sie wer­den gewiß ausgefüllt werden, ausgefüllt in dem Geist einer Ermöglichung der friedlichen Lösung von Problemen, die in der Vergangenheit zu Kriegen geführt haben, Ungarn ist so sehr überzeugt davon, jdaß der heutige Zustand ein ungerechter, vom [Standpunkt der ruhigen Entwicklung Europas (nachteiliger ist, daß es fest daran glaubt, die Revi­sion des Friedens von Trianon werde zu den ersten Aufgaben gehören, die dann ihrer Regelung zuge­­jführt werden müssen. Angesichts dieser Möglichkeiten friedlicher (Lösungen des Revisonsproblems läßt es sich nicht behaupten, daß das Festhalten Ungarns an der Überzeugung von einer unabweislichen Notwendig­keit einer Revision des Friedens von Trianon auf kriegerische Absichten Ungarns schließen ließe. Der Gedanke der Revison muß aufrechterhalten werden, (damit die Frage seinerzeit vor jenes Forum gebracht (werden könne, das zu seiner friedlichen Entschei­dung berufen sein wird. Er muß aber gar nicht auf­­jrefahterhalten werden- denn er lebt in der Seele jjedes Ungarn und könnte nicht einmal mit Gewalt [erstickt werden. Bis es zu einer Lösung dieser Frage [kommt, können aber zwischen Ungarn und den (Staaten, mit denen Ungarn in dieser Frage ver­­ischiedener Meinung ist, auch freundschaftliche Ver­bindungen angeknüpft werden, sowie es nicht un­bedingt nötig ist, daß zwischen zwei Prozeßpar teien> die in irgendeiner Frage uneinig sind, Feind­­ischaft auf allen anderen Gebieten bestehe. Eine (Verständigung über die vielen Fragen, die für das (Verhältnis zwischen Ungarn und Rumänien eine Rolle spielen, dürfte gewiß auch dann von Wert (sein, wenn sie an den Vorbehalt geknüpft wäre, daß (in der Frage der Revision des Friedens von Trianon (Ungarn und Rumänien ihren Standpunkt aufrecht­­erhalten, bis diese Differenz auf irgendeinem im internationalen Leben üblichen oder neuzuschaffen­jdessen schiffbaren Seitenarm, der bei Fiumicino' mündet. Hier warteten schon drei neue, festlich be­­iwimpelte Schlepper, die sich an die fünfhundert (Tonnen schimmernder Pracht heranmachten und sie sicher durch die Brandung, wo sich das Gelb des ,,blonden Tiber“ mit dem Azur des Tyrrhenischen (Meeres vermählt, hindurch in den Kanal lotsten. Der (Koloß nahm die Freundlichkeiten mit stoischer Ruhe hin. Sechsunddreißig Kilometer Flußfahrt trennten ihn {nun noch von der Urbs, von der Isola Sacra bis zur [Paulskirche hatte er zahllose Windungen zu überwin­­jden. Aber diesen Weg hatten schon manche Vorgänger genommen, zuletzt der Obelisk, den die Fürsten [Torlonia in ihre Villa nach Rom schaffen ließen, die­selbe' Villa, die jetzt dem Duce als Sommerresidenz (dient. Wahrscheinlich ist der Gedanke an eine (Wiederholung des grandiosen Schauspiels, das seiner­zeit Jahre hindurch die Techniker und Baumeistei jin Aufregung hielt, hier entstanden. Ja, und da liegt er nun, der Himmelsweiser, vor (der Basilika und wartet auf hohen Wasserstand, der ihm den heiklen Aufstieg durch die vierzehn Brücken Roms ermöglichen soll. Ob die Schwierigkeiten ihn {reizen, ob er tückische Zwischenfälle im Traume iausbrütet, man weiß es nicht. Der weiße Riese schläft. Was ist das für ein Ding, fragt wohl mancher, (der unvermutet an den kleinen Flußhafen tritt. Was (sollen die Fahnen? Was geht hier vor? Das ist das Rom Mussolinis, antwortet der blonde Tiber, und ich verbinde es mit dem Rom des (Augustus. Das ist die Colonna Mussolini, die den [Neid der pharaonischen Obelisken erwecken und mit jder Colonna Marc Aurels und der Colonna Trajans (wetteifern wird an Größe und Herrlichkeit.. * Holländisch-indische Probleme. Von Professor Dr. W. M. F. TREUB, früherem holländischen Finanzminister und derzeitigem Fräsi­­j deuten des holländisch-indischen Unternehmenrates. Kolonialfragen zählen zu den wichtigsten un­serer an Fragen verschiedenster Art reichen Zeit, und die sprunghafte und vielfach überraschende Entwicklung besonders der asiatischen Probleme hat manchen europäischen Staat, von denen die über­große Mehrzahl schon genügend mit inneren Schwie­rigkeiten beschäftigt ist, vor Entscheidungen von außergewöhnlicher Tragweite gestellt. Erschwert wurde die Sache im allgemeinen noch dadurch, daß auf der kolonisatorischen Arbeit Europas der Fluch einer historischen Schuld lastet, da die Kolonisa­tionsmethoden früherer Zeiten sicherlich nicht als Vorbild hochstehender Ethik dienen können. Die schlimmsten Ausbeutungsweisen wurden gebraucht und die ostindische Compagnie Hollands hatte gleich den anderen dabei ihren reichlichen Anteil. Die Er­innerung an eine solche Vergangenheit mag verblas­sen, aber sie entschwindet nicht völlig. Damit wurde in den überseeischen Ländern ein Boden geschaffen, der den Keim der Unzufriedenheit willig aufnimmt. Die moderne Zeit hat andere Auffassungen der kolo­nisatorischen Pflichten gebracht. Daß sich diese Än­derung der Auffassungen bei den Kolonisatoren in schwächerem Maße als bei der der Kolonisierten auswirkt, liegt nicht nur in der Natur der Sache selbst, sondern wurde auch noch durch äußere Ein­flüsse, worunter der Weltkrieg die vornehmste Rolle spielte, befördert. Die weiße Rasse hat sich dadurch in den Augen der eindrucksempfänglicheren Asiaten herabgesetzt, ein Fehler, der nicht mehr gutzu­machen ist, dabei aber nicht der erste, noch der letzte war; denn bald darauf war festzustellen, daß die neue an und für sich ganz ohne Zweifel fort­schrittliche und wertvolle Erkenntnis, daß der Kolo­nisator den zu kolonisierenden Völkern gegenüber auch schwerwiegende Pflichten zu erfüllen hat, eine Erkenntnis, die einen Systemwechsel bedeutet, auch die Gefahren eines solchen mit sich gebracht hat, nämlich das Schwanken und Irren in den zur Er­reichung des neuen Zieles nötigen Maßnahmen. Um mich auf Holländisch-Indien zu beschränken, muß ich zuerst darauf hinweisen, daß es nicht weniger als etwa 37 verschiedene Volksstämme mit noch mehr verschiedenen Sprachen und Dialekten um­faßt. Manche Stammes- und Sprachengrenzen sind teils durch die natürlichen Übergänge verwischt, teils bisher noch nicht einmal völlig genau festgelegt. Jedenfalls steht fest, daß diese vielen Völker, die dort zusammengepfercht sind (auf Java ist die Be­völkerung dichter als in Belgien, dem dichtbevöl­kertsten Lande Europas), sowohl ihrer Mentalität, als ihren Veranlagungen nach gewaltige Unterschiede aufweisen, wie zum Beispiel der nackensteife Atjehcr gegenüber dem sachtsinhigeren Javanen, oder der hochentwickelte Balinese gegenüber dem unentwik­­kelten Papua. Diese tiefgehenden Unterschiede erschweren na­türlich die historische Aufgabe Hollands in Indien ganz bedeutend; denn daß Holland dort eine histo­rische Aufgabe hat, ist nicht zu bezweifeln. Im Augenblick, da Holland seine Hand von Ost-Indien abzöge, würde einer der hochkritischen Momente der Weltgeschichte eintreten. Das gefährlichste dabei wäre, trotz ihrer Schrecklichkeit, nicht die Tatsache, daß die indonesischen Volksstämme sich in blutigen Bürgerkriegen gegenseitig zerfleischen würden, son­dern, daß damit eine politische Lage geschaffen würde, die zu einem neuen, gewaltigen Zusammen­stoß gewisser Mächte führen müßte. Leider wählten die Bestrebungen Hollands, die neuen Ideen in die Praxis umzusetzen, nicht stets die richtigen Wege. Irrlümer in der Kolonialpolitik sind, nebenbei gesagt, keine spezifisch holländische Erscheinung, so daß mein Heimatland damit nicht vereinzelt dasteht. Der Grundirrtum lag und liegt darin, daß man versucht hat, in Europa bereits fadenscheinig ge­wordene Ideen auf den Osten verpflanzen zu wollen. Besonders der Parlamentarismus hat in seiner jüng­sten Entwicklung in den europäischen Staaten keine besonders glänzenden Ergebnisse gezeitigt, und wenn man in Europa davon nicht abgeht, so liegt der Grund nicht darin, daß die modernen Parlamente auch nur halbwegs imstande sind, die ihnen ur­sprünglich zugedachte Aufgabe zu erfüllen, sondern darin, daß man sie vorläufig durch nichts Besseres ersetzen kann. Und gerade zu einer Zeit, da in Europa der Parlamentarismus seine Schwäche nur allzu deutlich zu zeigen anfing, glaubte man, ihn nach Holländisch-Indien übertragen zu müssen, wo der Boden dafür noch weit schlechter ist. Vor kurzer Zeit gab es heftige Debatten übel die Verschiebung der Mehrheit im Volksrat in Ba: tavia von den indischen Europäern auf die Einge borenen. Der Kern dieser Sache liegt aber nicht ir der Frage, ob der Europäer oder der Indier im bata-1 vischen Volksrat die Mehrheit hat, sondern darin, daß die Schaffung dieses Volksrates überhaupt eitj Fehler war. Man suchte den Fortschritt darin, daß man die europäische Einrichtung des Parlaments nachahmte, obwohl damit etwas geschaffen wurde] was einerseits den holländisch-indischen Verhältnis) sen nicht entspricht, andererseits aber natürlich auch nur eine schwache Nachahmung bleiben mußte; dem] ein wirkliches Parlament, dem der Minister veranti wörtlich ist, konnte der Natur der Sache nach nich( geschaffen werden. Der Volksrat blieb ein Zwitter] gebilde ohne tatsächliche Kraft, das nur imstande sein wird, die Konfliktatmosphäre zu verdichten] nicht aber sie aus der Welt zu schaffen. Noel? andere Ungereimtheiten folgten, ungereimt, weil sie der orientalischen Mentalität und den Bedürfnisse^ und Entwicklungsfähigkeiten des Landes keine Rechi nung trugen. Man darf eben auf rein europäische Grundlage zugeschnittene Maßnahmen nicht ohne weiteres auf den Orient übertragen. Wenn wir hiei die allgemeine Schulbildung mit Recht als eine natüri liehe und fortschrittliche Grundlage unserer Ent] wicklung ansehen, so entstehen in Indien sofort die Fragen, ob die nach europäischem Muster zugeschnit* tene Schule überhaupt dem Lande angemessen ist und zu welchem Ergebnis die in löblichem Eifer in großer Zahl von Holland ins Leben gerufenen Schm len in Indien führen. In beiden Richtungen sind höchst bedenkliche Erfolge erzielt worden. Die große Zahl der Elementarschulen, die ja sicherlich nicht mehr als einen sehr beschränkten Wissenskreis über­mitteln, haben dennoch genügt, in Indien eine Art geistigen Proletariats zu schaffen; denn schon dieser geringe Wissenskreis hebt den, der ihn besitzt, aus der Reihe seiner Dorfgenossen heraus und hat die bedauernswerte Folge, ihm auch in seinen eigenen Augen einen so hohen Wert zu geben, daß er sich I man sich aber, wenn man erfährt, daß dieses Kind in seiner Glaubensseligkeit bereits Vater eines halbflüggen Sohnes ist, dessen Zukunft ihn; bei allen seinen Hoffnungen und Versuchen vor Augen schwebt. Mit welch überschwenglicher Ver-i götterung hängt er doch an seinem Tibor, in dessen mehr lebensfähiger Art er den schließlichen Triumph seiner eigenen scheiternden Projekte ver-( trauend vorerlebt. Mittlerweile verließ der Verfasser dieser Zeilen Berlin* und das fernere Schicksal des sonderbaren Schwärmers, der aus Ungarn auszog, um in der deutschen Metropole sein Glück zu machen, entzog sich seiner Beobachtung. Da brach sozusagen übei Nacht die so lange vergeblich erwartete Sensation herein. Die Blätter verkündeten sie einem erregt aufhorchenden Leserheer mit erbarmungsloser Elni Dringlichkeit, und demjenigen, der auf sie seit Jahr und Tag mit hastigem Verlangen eingestellt war und der sich nun in ihrem Mittelpunkte befand, ' brach schier das Herz dabei entzwei. Das Drama, das sich in der Wohnung einer westlichen Berliner Vorstadt zwischen zwei feindlichen Brüdern ab< rollte, war kein nervenaufpeitschendes Literatur^ produkt, sondern ein blutiger Knalleffekt des Lebens, dessen ergreifende Tragik — nicht als wuchtig Agierenden, sondern als zufällig hinzugekommenen Dritten — Tibor traf, den so maßlos vergötterten Sohn seines Vaters, der — noch kaum der Schul­bank entrückt — seine „Genielaufbahn“ nun erst be­ginnen sollte. Im Laufe der jüngsten Jahre schien sich Tibor allerdings der väterlichen Einflußsphäre recht bedenklich entzogen zu haben. Als der auf­wirbelnde und zersetzende Geist keilte er sich zwi­schen die beiden Brüder Manasse und Waldemar Friedländer ein. Er hielt sich an den Jüngeren und Stärkeren und fand anscheinend seine Freude daran, diesen gegen den Schwächeren und Unbe- den Weg friedlich ausgetragen werden kann. Wenigstens von dieser Möglichkeit sollten beide Staaten Gebrauch machen, und der im allgemeinen konziliante Inhalt der Rede des Herrn Mironescu ist hoffentlich geeignet, den Weg dazu zu ebnen. Der Brudermord in Berlin. Von GUSTAV ERÉNYI. Vor etwa sieben Jahren ließ sich ein nicht mehr ganz junger ungarischer Schriftsteller mit der Ab­sicht in Berlin nieder, dort den „großen Wurf“ zu tun. Seine Art war es nicht, sich mit der zähen Be­harrlichkeit des zielsicheren Mannes vom Fache im Kleinen durchzusetzen. Auch streute er nicht aus dem Füllhorn seiner Lebensschau bunte Gaben aus, nach denen man instinktiv griff oder die am We­gesrande liegen blieben, als traurige Symbole des ewig gleichen Abstandes zwischen individuellem Schöpfungsdrang und dem starren Unverstand der Menge. Dieses Hirn jagte nach der überwältigenden Sensation, die dem großen Leserdurchschnitt gibt, wonach ihm gelüstet, aber ihn zugleich entwaffnet durch die Kühnheit seiner Einfälle. Was literari­schen Goldgräbern unter den verschiedensten Him­melsstrichen geglückt war, warum sollte es seinem glühenden Streben versagt bleiben: einmal mit dem Film oder dem Schauspiel loszulegen, das doch zu­mindest für eine Saison blendet und verblüfft und seinem Autor die langen, bangen Jahre konsequen­ten Unentdecktseins durch Applaus und Tantiemen vielfach ersetzt? So entsteht eine Serie von dramatischen und kinematographischen Entwürfen, in denen die ver­schiedensten Bestandteile des modernsten technisch bedingten Weltbildes mit Hast ineinandergreifen. Die Konflikte von Ibsens „Volksfeind“ und die Vi­sionen von Karel Capeks Maschinmensch wollen mit den pointierten Seelenproblemen neufranzösi­scher Bühnenpraktiker auf die nämliche Ebene gebracht werden. Bei allen seinen Fehl­schlägen und Enttäuschungen verliert dieser Mann aber keinen Augenblick den rührenden Glauben an sich selbst. Erst recht ergriffen fühlt Dienstag, 2. Juli 192?

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