Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1931. március (78. évfolyam, 49-73. szám)

1931-03-01 / 49. szám

Minderheit das Recht besitzt, im eigenen National­staate ihre, nationale. Eigenart voll auszuleben. Die anderen alle sind Barbaren, die man am liebsten — wäre es nur möglich — vertilgen möchte. Die schwerste Sünde wurde dadurch begangen, daß infolge der Propaganda des Nationalitätenprin­zips eine Begriffsverwirrung entstanden ist. Man hat das Sprachgemeinschaftsbewußtscin mit dem Volks­gemeinschaftsbewußtsein verwechselt, zwischen denen ein großer Unterschied besteht. Als staatsbil­dender Faktor kommt nur das Volksgemcinschafts­­bewußtsein in Betracht. Diese Begriffsverwirrung ist um so sonderbarer, als es vielleicht keinen Staat gibt, der den genannten Unterschied — sei es bloß als einen Ausnahmefall — nicht kennen würde. Die Iren sprechen Englisch, besitzen aber ein selbständi­ges Volksbewußtsein. Die Bretonén sind Franzosen, trotz ihrer keltischen Sprache. Die Deutschen muß­ten zu ihrem Leidwesen erfahren, daß ein bedeuten­der Teil des elsässischen Deutschtums sich als zur französischen Gemeinschaft gehörig betrachtet. Dem­gegenüber sind die Sorben, Kaschuben und Masuren Deutsche. Ungeachtet dessen, daß die slowakische Sprache der tschechischen ähnelt, besitzen die Slo­waken ein ungarisches Volksgemeinschaftsbewußt­sein, während die Ungarisch sprechenden Csángós der Moldau ein rumänisches Bewußtsein an den Tag legen. Und wir müssen weitergehend betonen, daß die ungarländischen deutschen Minderheiten nicht infolge einer gewaltsamen Magvarisierung so weit­gehend ungarisch geworden sind, sondern weil sie zu einem großen Teil ein mit dem Ungartum ge­meinsames Volksbewußtsein besaßen und noch heute besitzen. Die Begriffsverwirrung führte dazu, daß sie infolge dieses Umstandes ihre Pflicht darin er­blickten, sich auch sprachlich dem Ungartum anzu­schließen. Selbst die Anhänger der gewaltsamen Magyarisierungspolitik — Grünwald, Rákosi — ent­stammten nicht dem eigentlichen Ungartum, sondern diesen Kreisen des Deutschtums. Es fehlt uns hier der Raum, das Volksgemein­schaftsbewußtsein und seinen Ursprung eingehender zu beleuchten. Wir müssen annehmen, daß es existiert und daß es, trotz jeder gegnerischen Propa­ganda, vielerorts verkümmert, vielerorts beschädigt, noch heute dem feindlichen Ansturm Trotz bietet Im Unterbewußtsein der Massen verborgen lebt seine konservierende und schöpferische Kraft, kann aber infolge des Terrors der modischen Zeitidee, des Na­tionalitätenprinzips, nicht zur Vorherrschaft ge­langen. Nirgend in der Welt wird der Fluch des Natio­nalitätenprinzips so schwer empfunden, wie im Donautale. Im Westen berühren sich die Sprachen auf verhältnismäßig engem Gebiet; da stehen also einander bloß Nachbarn gegenüber, aber bei uns ist ein überwiegender Teil des Gesamtgebietes gemischt, hier sät also das Prinzip unter zusammenlebenden Völkern die Saat des Hasses aus. Solange das Na­tionalitätenprinzip herrscht, können wir eine Wen­dung unseres Schicksals zum Besseren nicht erwarten; solange kann auch von Revision oder irgendeiner anderen friedlichen Lösung nicht die Rede sein. Ein Sturm der allgemeinen Entrüstung würde binnen 24 Stunden eine jede Regierung hinwegfegen, die ohne Zwang auch nur ein Dorf von fremdsprachiger Bevölkerung einem anderen Staate abtreten würde. Sah man es vor zehn Jahren noch nicht, so muß man es heute sehen oder wird es morgen sehen müssen, daß auf Grund des Nationalitätenprinzips im Donautale kein Frieden erzielt werden kann, daß man dadurch bloß eines erreicht: das größere Elend der größeren Zahl. Doch solange man nicht zu dieser Einsicht gelangt, kann man es der ungarischen öffentlichen Meinung nicht verargen, wenn sie sich gegen nationale Zugeständnisse verwahrt, denn bis dahin ist dies keine Sünde, sondern bloß eine Mani­festation des gesunden Lebenswillens. Wir wollen hier die inneren Widersprüche des Nationalitätenprimsips nicht einzeln darlegen. Wir wollen bloß darauf hinweisen, daß die Sprache — besonders bei uns — mit den übrigen ethnischen Eigenschaften bei weitem nicht im Einklang steht, daß also die Sprache die Völker nicht kennzeichnet. Aber auch in sprachlicher Hinsicht gibt cs so große übergangsgebiete, daß die Sprachgrenzen bloß auf dem Papier existieren, im Leben aber nicht. Ist es der Propaganda gelungen, dem Nationalitätenprinzip trotz all seinen hier nicht einzeln darlegbaren Ab­surditäten zum Siege zu verhelfen, so haben wir keinen Zweifel daran, daß man einer Idee, die cLic gemeinsamen Grundelemente der hier lebenden Völ­ker betont, diese Völker also miteinander verbindet, anstatt sie voneinander zu trennen, durch zähe Pro­paganda ebenfalls zum Siege verhelfen könnte. Und wenn einmal die Nationalität aufhört, eine Re­ligion zu sein, hört auch die nationale Unterdrückung auf. Und dann wird man sich verwundert fragen, welche seelische Vergiftung diese vielen blutsver­wandten Volkselemente ' zu tödlicher Feindschaft gegeneinander aufstacheln konnte. Aber dann werden vor dem Richterstuhle der Welt auf der Anklagebank voraussichtlich diejenigen sitzen, die mit solch seniler Hartnäckigkeit an dieser altersschwachen Idee festhalten, ohne deren gründ­liche Wegräumung kein Friede, keine Ruhe und Verbrüderung der Völker zu hoffen sind. • 5 * Sonntag, 1. Marx 1931 PESTER LLOYD Die Denkwürdigkeiten des Fürsten Bülow. Von Wilhelm II. zur deutschen Republik. Nun ist der dritte Band der Denkwürdigkeiten des ehemaligen deutschen Reichskanzlers Fürsten Bernhard Bülow erschienen und das neue Buch wird weder Freund noch Feind des verblichenen Staatsmannes Enttäuschung bringen. Es konnte auch keine Enttäuschung bringen, denn nach den bisher veröffentlichten Bänden wußte ja der Leser im vorhinein, was die neue Publikation enthalten werde, nämlich eine zum Teil amüsante, zum Teil interessante Lektüre, die jedoch weder als ernste Geschichtsquclle noch als verläßliche Zeitschilde­rung gelten kann. Bernhard Bülow hat viel gelesen, viel gesehen und viel gehört; er schreibt recht gut, kann ironisch und boshaft sein, und seine Auf­zeichnungen würden zweifellos nicht nur viel lesenswerter, sondern auch viel beachtenswerter sein, wenn dieser Staatsmann weniger eitel gewesen wäre. Aber seine Eitelkeit legt sich wie ein Nebel auf seine Schriften; sie benebelt ihn und seine Leser. Man muß unwillkürlich an Nietzsches hartes, nach seiner Bayreuther Hymne niedergeschriebenes Urteil über Wagner denken, das in der Behauptung gipfelte, Wagner sei kein Tondichter, sondern ein Schauspieler. Dieses Wort war sicherlich ungerecht. Mit weit mehr Recht kann man jedoch sagen, Bülow sei kein Staatsmann, sondern ein Komödiant gewe sen. Er spielte die Rollen, die ihm andere — vor allem Kaiser Wilhelm 11, und dann der unheimliche Souffleur im Ministerium .des Äußern Herr von Hol­stein — vorschrieben oder zuflüsterten, und wie dies bei Komödianten vorzu kommen pflegt, war jeder sein Feind, der ihn nicht lobte, wurden alle Kollegen hinterrücks verhöhnt und alle „lobenden Zeitungs­ausschnitte“ sorgsam aufbewahrt, so daß man sie jetzt gesammelt in den Denkwürdigkeiten finden kann. Wie schon in den bereits bekannten Bänden, rühmt Fürst Bülow auch in diesem dritten — dem letzten seiner politischen Memoiren — den eigenen staatsmännischen Scharfblick. Er glaubt, versichert er zUm mindesten hier schwärz auf weiß, daß er alles besser gemacht hätte als seine Nachfolger, ja mög­licherweise der Weltkrieg unterblieben, sicherlich aber der Eintritt Italiens in den Weltkrieg unter­blieben wäre, würde man seinen Rat befolgt und — was ihm besonders wichtig erscheint — ihn wie­der ans Staatsruder gestellt haben. Einen Beweis für seinen Weitblick erbringt er leider nicht. Sein Rezept, Italiens Neutralität zu erkaufen, und zwar durch Überlassung Südtirols, war naiv, denn seither verbreiteten die Denkwürdigkeiten italienischer Staatsmänner volles Licht über Italiens Kriegsab­sichten und der Vorwurf Bülows: die deutschen und ganz besonders die österreichisch-ungarischen Diplomaten wären naiv und unfähig gewesen, fälH auf ihn zurück. Seine tendenziöse Darstellung del Ereignisse kennzeichnet jedoch nichts deutlicher, als die Schweigsamkeit in seiner Schwatzhaftigkeit Im neuesten Band seiner Memoiren betont er irnmei wieder, daß die österreichischen und ungarischen Staatsmänner den Krieg wollten und er erwähnt mit keinem Worte Stefan Tisza, dessen Opposition gegen alle Kriegs- und Eroberungsabsichten selbst in den meisten französischen und englischen Memoiren rit­terlich hervorgehoben wird. Bülow hatte die Schwäche der Komödianten. Er konnte nicht andere Politiker loben, oder doch nur solche, die ihn lobfen. Dazu war freilich Stefan Tisza nicht zu haben, denn er kannte Bülow und wußte, daß der Nachfolger Bismarcks weder das Genie noch den Charakter des Eisernen Reichskanzlers geerbt hatte. Vorspiel des Weltkrieges. Wie schon erwähnt, macht Fürst Bülow eher die Diplomaten und Feldherren der Mittelmächte für den Ausbruch des Weltkrieges verantwortlich, als die Chauvinisten der Entente, die an allen maß* gebenden Stellen ihre verhängnisvolle Tätigkeit ausübten und den Weltbrand entzündeten. Fürst Bülow wirft dem Kaiser Wilhelm vor, daß er „an dem Gängelband der Wiener Politik in den Welt* krieg hineinstolperte“ und den Krieg ohne alle Vorbereitungen begann. Er schreibt wörtlich: „Ich habe Wilhelm II., Bethmann und Jagow mit harmlosen Kindern verglichen, die im Walde Pilze suchen. Noch zutreffender wäre der Vergleich mit törichten Knaben, die mit einer Granate spielen, ohne zu wissen, daß sie geladen ist und bei täppi­scher Berührung explodieren kann.“ Ob diese Gleichnisse zutreffen, sei nicht untersucht. Jeden-« falls ist der Ton, den Bülow seinem Kaiser gegen-i über anschlägt, nichts weniger als respektvoll. An einer anderen Stelle will Bülow Österreich-Ungarn für den Weltkrieg verantwortlich machen, wirft dem Berliner Auswärtigen Amt vor, daß es den In* halt des Ultimatums kannte, dies jedoch leugnete und daß sich sowohl der Reichskanzler Bethmann, wie dessen Vertrauensmann Jagow, und vor allem der deutsche Botschafter in Wien Tschirschky vom Minister des Äußern Grafen Berchtold dupie* ren ließen. Die folgenden Sätze aus den Memoiren kennzeichnen Bülow. „Bei Jagow,“ so führt er aus, „spielte die kleinjunkerliche Voreingenommenheit für die „ehrwürdige und heilige“ habsburgische Monarchie mit. Den anderen Mitgliedern der Berli­ner Zentrale imponierte ein Vollblutaristokrat, Vlies- S Der Bau einer gLiter* Nähmaschine ist PRÄZISIONSARBEIT Deshalb kann nicht jede Fabrik eine Nähmaschine hersteilen SINGER NÄHMASCHINEN aber werden in SPEZIALFABRIKEN mit jahrzehntelangen n . . Erfahrungen qebaut Darum nochmals: SINGER NÄHMASCHINEN sind weltberühmt SINGER NÄHMASCHINEN AKTIENGESELLSCHAFT BU DAPEST/ iv. Semmelweis-u.H

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