Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1931. április (78. évfolyam, 74-97. szám)
1931-04-01 / 74. szám
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Die optimale Zielsetzung unserer Landwirtschaft könnte geographisch so ausgedrückt werden, daß in der zoll politischen Einheit, der wir uns eventuell anschließen werden, je mehr westliches und je weniger östliches Zollgebiet sein sollte. Offenbar könnten wir uns pol tisch glatter und wirtschaftlich wirksamer an die deutsch-österreichische Zollunion anschließen, wenn innerhalb dieser Zollunion — was auch unserer geopolitisch komplementären Lage entspricht — wir mit Österreich in ein näheres Verhältnis treten würden, als mit Deutschland. Deutschland könnte zum Beispiel ohne Widerspruch seiner Agrarier die in Österreich naturgemäß nicht unterbringliche Hälfte unseres Weizeiiüherschusses übernehmen, hingegen könnte der österreichische Markt vielleicht ganz allein unseren Mastviehexport aufnehmen. Die Technik de.r Differenzierung ist im Plan der deutschösterreichischen Zollunion gegeben. Gegen die Einfuhr einzelner unserer Agrarerzeugnisse könnten sich die deutschen Agrarier vorübergehend oder saisonmäßig auf derselben Zwischenzollinie verteidigen, die sie lür die Übergangszeit der österreichischen Industrie zugestanden haben. Gleichzeitig könnten die Österreicher uns gegenüber restlos auch diesen Abschnitt einer Zoll Verteidigung aufgeben, da sie diese aus dem Gesichtspunkt ihrer besonderen landwirtschaftlichen Struktur nicht benötigen. Vielleicht könnte sogar unser engerer ungarischer Anschluß an Österreich innerhalb der deutsch-österreichischen Union den scharfen germanisch-nationalistischen Charakter des geplanten Zollblocks mildern und vor dei“ nüchternen öffentlichen Me'nung Europas den rein wirtschaftlichen Charakter der Zollunion in Vordergrund rücken. Falls unsere verantwortliche Regierung aus irgendeinem aufgetauchten, oder noch zu entstehenden Motiv den Anschluß an die Union nicht für wünschenswert erachten sollte, oder falls die Union aus außerhalb liegenden Gründen vereitelt würde, dann könnte außer den freundschaftlichen italienischen und den freiwerdenden österreichischen Märkten die Frage eines engen handelspolitischen Verhältnisses mit der Tschecho-Slowakei anftauchen. Es würde jedoch für uns der gemeinsame Besitz des tschechischen Marktes mit den Agrarstaaten der Kleinen Entente infolge der Schroffheit der tschechischen Agrarier, wie auch wegen beschränkter und einseitiger Aufnahmefähigkeit des tschechischen Marktes — Österreich besitzt 23 Prozent Ackerboden, Tschecho- Slowakien 42 Prozent mit 9.50 Spiritusfabriken und 130 Zuckerfabriken, die Futter für das Mastvieh im Überfluß erzeugen — kaum Wert besitzen. Abgesehen von den sachlichen Hemmungen erscheint es mehr als fraglich, ob in der Tschecho-Slowakei, obwohl diese von einem wirtschaftlichen und politischen Unwetter bedroht ist, bereits die Geister so weit gereift sind, wie die Verhältnisse. Es ist zum Verwundern, daß Frankreich sich noch immer nicht im klaren dariiilier ist, wie wenig Verständnis die tschecho-slowakischc Methodik und in ihr auch die handelspolitische, für den Ersatz des zerstörten Gleichgewichts der mitteleuropäischen Wirtschaftskräfte bewiesen hat. Selbst für die Rolle, für die beiden Agrarstaaten der Kleinen Entente der deutschen Anziehungskraft gegenüber einen Markt zu sichern, wurde die Tschecho-Slowakei zu leicht befunden. Die wirtschaftliche Tüchtigkeit des tschechischen Volkes kann nicht geleugnet werden und bat Bedeutendes geleistet, der politische Appetit des Landes erweist sich aber im Vergleich zu seiner wirtschaftlichen Konsumfähigke.it als viel zu groß. Präsident Dr. Gustav Gratz faßt sodann die Ergebnisse der Debatte dahin zusammen, daß das Institut im gegenwärtigen Zeitpunkte weder für, hoch gegen dm geplante Zollunion Stellung zu nehmen wünsche. Er erachtet jedoch den jetzigen Zeitpunkt für geeignet, um durch Einbeziehung von Experten ein wissenschaftlich gut gesichtetes Material vorzubereiten und auf diese Weise später darlegen zu können, wie sich die Interessen unserer landwirtschaftlichen und industriellen Produktion, die Lage unseres Handels und Verkehrs gestalten würden, falls wir der deutsch-österreichischen Zollunion beilreten und wie sich diese Verhältnisse dann gestalten würden, wenn wir diesem Gebilde fernbleiben sollten. Diese Arbeit, die eine umfassende Datensammlung erheischt, müsse bereits jetzt begonnen werden, damit uns die Ereignisse nicht unvorbereitet treffen. Bezüglich der in der Debatte erwähnten, noch unfertigen Details der deutsch-österreichischen Zollunion erwähnt der Redner, daß Deutschland und Österreich während dos Krieges gelegentlich der Salzburger Verhandlungen binnen dreier Monate unter viel schwierigeren Umständen ein bedeutend größeres Vcr.handlungsmaterial bewältigt haben. Wir haben demnach nicht allzu viel Zeit für unsere Vorbereitungen. Der Präsident schließt sodann die Sitzung mit der Emmziation, daß der Plan der auszuarbeitenden detaillierten Monographien über die wirtschaftspolitischen Wünsche der verschiedenen Zweige unserer Volkswirtschaft in kurzer Zeit vorgelegt werden soll. • 4 • Der Streit um die Zollunion. Zur Rede Curtius’. (Telegramm unseres Korrespondenten.) Paris, 31. März. Die ersten Kommentare über die Presseerklärungen Schobers und die Rede des Reichsaußenmiivisters Curtius zeigen, daß das Gefühl des Mißtrauens, das vom Anfang an die hiesige Stellungnahme zum Zollabkommen bestimmt hat, noch heule besteht. Schobers Erklärungen, heißt es dm Oeuvre, sind weder eine Antwort noch eine Auslegung. Briands Politik bezweckt eine Union, die gerade derartige Mitteleuropa-Versuche unmöglich machen würde, doch diese Union solle durch Übereinkunft und gegenseitige Zugeständnisse Zustandekommen, nicht aber durch Übermacht der einen Seite, Le Temps bemerkt über die Rede Curtius’, der Rcichsaußenmirtister habe sich ein leichtes Thema gewählt, indem er auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten liingewiesen habe, die die Union notwendig gemacht hätten; diese Depression könne keineswegs die Methoden rechtfertigen, die die Regierungen in Wien und Berlin angewendet hätten, um gegen alle Verträge zur Zollunion zu gelangen. Die Argumente Curtius’ müssen sorgfältig geprüft werden, da das Vertrauen auf Deutschlands guten Glauben viel zu stark erschüttert sei, als daß man noch an den Anschein von gutem liecht glauben könnte, den Berlin zu retten versuche. Was man im ersten Augenblick sagen könne, bestelle darin, daß die Beweisführung Curtius’ auf falsche Fährte gerate, indem er zu beweisen versuche, daß das österreichisch-deutsche Abkommen ein erster Schritt nach der europäischen Zusammenarbeit darstelle. Die Art und Weise, wie Berlin und Wien itire Vereinbarung abgeschlossen haben, beweise, daß die beiden Regierungen jeder europäischen Zusammenarbeit vorgreifen wollten, um einen dem Wesen nach deutsch-österreichischen Plan zu verwirklichen. Journal des Débats erklärt, Deutschland werde seinen großen Plan systematisch verfolgen und zugleich zu allen möglichen Winkelzügen Zuflucht nehmen, um diejenigen zu beirren, die bereit seien, sich betrügen zu lassen. Das Blatt meint damit die Engländer, die auch jetzt wie in den Jahren 11109 bis 1914 sich wie einfache Zuschauer benähmen, die kein direktes Interesse an der ganzen Angelegenheit besäßen. Berlin, 31. März. (Wolff.) Im Anschluß an die Rede Dr. Curtius’ gab Staatssekretär Dr. Weismann vom preußischen Staatsministerium folgende Erklärung ab: » — Was dieser Wiritersitzungsperiodc des Reichsrates ein besonderes Gepräge gab, war die Art harmonischer Zusammenarbeit zwischen der Reichsregierung und dem Reichsrat, als der Vertreter def Länderregierung, was dazu führte, daß der Reichs rat mehrfach dazu auserschen wurde, wichtige politische Erklärungen entgegenzunehmen. Auch heute hat der Reichsrat wieder eine derartige Erklärung aus Ihrem Munde, Herr Reiehsministcr, entgegengenommen. Es lag Ihnen daran, Mißverständnisse, die außerhalb unseres Landes über Sinn und Zweck des Vorgehens der Reichsregierung entstanden waren, richtigzustellen und die angezweifelte Vertragstreue Deutschlands erneut zu betonen. Wir danken Ihnen dafür und geben der Hoffnung Ausdruck, daß auch außerhalb dieses Kreises Ihre Ausführungen das Verständnis finden möchten, das sie verdienen. Berlin, 31. März. (U. T.-K.-B.) Die Rede Dr. Curtius’ hat in Berliner politischen Kreisen eine ausgezeichnete Aufnahme gefunden, da sie den deutschen Standpunkt mit absoluter Bestimmtheit vertritt und dabei schon durch ihren ruhigen Ton wesentlich dazu beitragen wird, das ganze Problem in das Stadium der sachlichen Behandlung hinüberzuleiten. Der Reichsrat hat die Rede mit einer Aufmerksamkeit angehört, die der Spannung entspricht, mit der sie als Antwort an Briand und Henderson erwartet worden war. Die Beteiligung an der Sitzung war so stark, daß sie nach dem großen Saal des Hauptaiissclinsses verlegt werden mußte. Außer den Reichsratsmitgliedern sah man auch führende Parlamentarier, darunter den Reichstagspräsidenten Lacbe. Telegramm des Pester LJoyd.) Berlin, 31. März. Die heutigen Erklärungen des Reichsaußenministers Dr. Curtius werden von der gesamten Presse mit lebhafter Zustimmung aufgenommen. Die Blätter lieben insbesondere die Bemerkung des Außenministers hervor, daß durch die deutsch-österreichischen Vereinbarungen die Unabhängigkeit Österreichs nicht angetastet werde, und betonen, daß weder Benes, noch Briand Beweise földié Unzulässigkeit des deutsch-österreichischen Vorgehens erbracht hätten. Die Vereinbarungen seien unter peinlichster Wahrung der Souveränität beider Staaten getroffen worden. Die Germania meint, es heiße nicht gegen die Verträge, sondern im Geiste der Verträge handeln, wenn man Wirtschaftsmauern abbauen wolle, die im Jahre 1919 ohne Weitsicht und ohne Erkenntnis der Notwendigkeit aufgerichtet worden seien. Die Vossische Zeitung erklärt, die deutsche Regierung sei auch durch die Attacke Briands nicht in ihrer Überzeugung wankend geworden, daß sie das Recht hatte, das Abkommen mit Österreich zu schließen. Interpellation in der französischen Kammer. (Telepeamm des Pester Lloyd.) Paris, 31. März. Die interfraktionelle Kammergruppe der Linksparteien hat sich heute unter dem Vorsitz des ehemaligen Ministerpräsidenten Herriot mit dem deutsch-österreichischen Zollabkommen beschäftigt und beschlossen, in der Kammer eine Interpellation über das Abkommen einzubringen, um eine ausführliche Aussprache noch vor den Parlamentsferien zu verlangen. Voraussichtlich wird Herriot, der bereits vor einigen Tagen in der Republiq-ue ® Jede Mutter, die ihre Kinder gut ernähren will, leauft Mittwoch, Í. April 1931 Schachtelemmentaler Stauffer scharf ablehnend Stellung genommen hat, im Laufe dieser Diskussion als Wortführer der interfraktionellen Gruppe sprechen. Die radikale Linke hat ihren Vorsitzenden, den ehemaligen Minister Laurent-Eynac beauftragt, in der Interpellationsdebatte über das deutsch-österreichische Zollabkommen das Wort zu ergreifen. Die Fraktion nahm eine Entschließung an, in der dem Außenminister Briand die Unterstützung der Gruppe bei seiner diplomatischen Aktion zur Verteidigung der Verträge zugesichert wird. Die Wirkung in England. (Telegramm des Pester Lloyd.) London, 31. März. Auf verschiedene Anfragen im Unterhause über die etwaigen Auswirkungen einer Zollunion zwischen Deutschland und Österreich erklärte Handelsminister Graham, daß es, solange die Bedingungen und Zollsätze der Union nicht bekannt seien, unmöglich sei, endgültige Angaben filier die Auswirkungen eines solchen Abkommens auf den englischen Handel zu machen. Falls die Zollsätze der geplanten Union so bleiben, wie sie heute seien, dann würde seiner Ansicht nach der englische Handel kaum merklich ; von diesem Abkommen betroffen werden. Abschließend betonte Graham, daß die ganze handelspolitische Seite der geplanten Zollunion seiir sorgfältig untersucht werden würde. London, 31. März. (U. T.-K.-B.) Evening Standard veröffentlicht einen j längeren Artikel des vornehmen englischen Publizisten : und ehemaligen konservativen Abgeordneten A. A. Baumann, des langjährigen Redakteurs der Saturday Review, \ über die deutsch-österreichische Zollunion. Der Verfasser : meint, der Unionsplan sei eine Phase des historischen Kampfes zwischen dem Germanen- und dem Slawentum. Unter französischem Einfluß hätten die Slawen durch die Friedensverträge große Gebiete auf Kosten der Germanen und der Ungarn erhalten. Niemand versuchte, zu prüfen, ! wodurch Rumänien cs verdient habe, einen Teil Ungarns Í als Belohnung zu empfangen. Die Aufteilung Deutsch; lands und Österreichs unter slawischen Völkern sei eine Unklugheit gewesen, die alle nur einigermaßen geschichtskundigen Staatsmänner bedenklich gestimmt habe. Der Verfasser erklärt ferner, in diesem Kampfe mit den Germanen zu sympathisieren und die österreichisch-deutsche Annäherung als Gegeristück zum französisch-pólnisch! tschechischen Block aus vollem Herzen zu begrüßen. Wickham Steed 'begreife viel von der europäischen Politik, er hasse aber Österreich von der Zeit her, da er Wiener Korrespondent der Times war. Er könne den Gedanken nicht vertragen, daß Österreich zu einer Großmacht werde. Der französische Widerstand und die Nervosität Hendersons zeigten, wie überlegen die alte Diplomatie mit ihren höflichen Redensarten den neuen Methoden gegenüber gewesen sei. Eine rumänische Erklärung. Rom, 31. März. (Stefani.) Das Preßbureau der rumänischen Gesandtschaft teilt den Blättern folgendes mit: Die Blätter haben ! eine Erklärung des Vizekanzlers Schober über die Verhandlungen zwischen den Beauftragten Rumäniens und Deutschlands in bezug auf den Abschluß eines Handelsvertrages veröffentlicht. Es ist festzustellen, daß diese Verhandlungen mit den deutsch-österreichischen Besprechungen nichts zu tun haben. Rumänien hat im Zusammenhang mit dem deutsch-österreichischen Vertrag keinerlei Verpflichtungen übernommen. DEUTSCHLAND. Ein geheimes Sprengstofflager der Kommunisten. <Telegramm des Pester Lloyd.) Breslau, 31. März. Nach einer polizeilichen Mitteilung wurde gestern abend ein umfangreiches geheimes Sprengstofflager der Kommunisten entdeckt. Es war in der Garage untergebracht, in der das Lieferungsauto der kommunistischen Schlesischen Zeitung stand. Mehrere Personen wurden verhaftet. Die beschlagnahmten Sprengstoffe hätten ge- I nügt, mehrere Häuserblocks in die Luft zu sprengen. Ge! riiehtweise verlautet, daß auch in anderen Städten kom; munislisehe Sprengstofflager gefunden wurden. (Telegramm des Pester Lloyd.) Berlin, 31. März. Zu der Beschlagnahme des geheimen Sprengstofflagers der Kommunisten in Breslau und den Hausdurchsuchungen bei Kommunisten in verschiedenen anderen j Städten des Reiches berichtet Tempo in großer Auf| machung, die Berliner Polizei habe Samstag im Aufträge | des Oberreichsanwaltes eine Reihe Hausdurchsuchungen i und Verhaftungen vorgenommen, die sich auf die kom{ munistische Parteiorganisation bezogen. Der Aktion des Oberreichsanwaltes liege der Verdacht zugrunde, daß kommunistische Terrorgruppen sich in den Besitz von Sprengstoffen zu setzen gesucht haben. Nach einer Breslauer Meldung soll das dort beschlagnahmte Sprengstofflager etwa 40 Kilogramm Dynamit enthalten haben. Verbot des Kcichsjugcndtagcs. (Telegramm des Pester Lloyd.) Berlin, 31. März. Der Polizeipräsident hat den von den Kommunisten für die Osterfeiertage ausgerufenen Reichsjugendtag in Berlin auf Grund der neuen Notverordnung verboten. Bekanntlich entstanden in Leipzig beim letzten Reichsjugendtag nn Jahre 1930 bluFge Zusammenstöße, be: denen es mehrere Tote gab.