Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1931. szeptember (78. évfolyam, 197-221. szám)

1931-09-01 / 197. szám

Einzelnummer an Wochentagen tg, an Sonntagen 32 Heller. Abonnement: Für Budapest: mit täglich zweimaliger Zustellung und für das Inland Morgen­und Abendblatt: Vierteljährlich 18 P, monatlich 6.40 P. Für das Morgenblatt allein vierteljährlich 11 P, monatlich 4 P. Auoh auf das Abend­blatt allein kann unter den gleiohen Bezugs­bedingungen abonniertwerden. Fürdie sepa­rate Zusendung des Abendblattes nach der Provinz sind vierteljährlich 1 Pengő zu entrichten. Für Wien auch durch Herrn. Qoldsohmidt Für das Ausland mit direkter Kreuzband­sendung vierteljährlich: Für Oesterreich und Polen 20 Pengő, für alle übrigen Staaten 30 Pengő. Abonnements werden auch bei sämtlichen ausländischen Post­ämtern entgegengenommen. Manuskripte werden nicht zurückgestellt Telephon der Redaktion: 848-20.FESTER LLOYD MOKGENBLATT B luseratenaufnalime: ln Budapest, in der Administration des Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, J. Blocknor, J. Blau, Boros, Braun, Győri & Nagy, taasenstein & Vogler, Ludwig Hegyi, Simon «(lein, Cornel Leopold, Julius Leopold, Nagy. hirdető-iroda, Julius Tenzer, Uray. Generalvertretung des Pester Lloyd für Oesterreich: M. Dukes Nachf. A.-G., Wien, Wollzeile 16; für das sonstige gesamte Ausland: Rudolf Mossa A.-Ű. Einzelnummer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 32 Heller, Abendblatt 16 Heller. — Für Oesterreioh: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Oft Redaktion u.Adm.: V., I*ária Valéria-tioca Kb. Telephon der Administration: 849-00 78. Jahrgang. Budapest, Dienstag, 1. September 1931. Nr. 197 Ramsay Macdonald: der Ministerpräsident ohne Partei. Budapest, 31. August. (K—i.) Im Drama der englischen Krise ist die psychologisch interessanteste Rolle die des Minister Präsidenten Macdonald. Um seine Person wogt ein erbitterter politischer Kampf. Feinde von gestern er­blicken in ihm den Träger des echtesten patrioti­schen Verantwortungsgefühls, vieljährige politische Freunde verlästern ihn als Verräter. Seine Haltung steht in der Parteiengeschichte Englands in der Tat beispiellos da Daß ein Ministerpräsident, Chef eines Parteikabinetts, über Nacht eine neue Regierung bildet, in der er und seine Kollegen aus dem frühe­ren Kabinett keine Partei mehr vertreten, sondern sozusagen als Privatleute durch das Vertrauen Sr. Majestät des Königs an der Führung der Staats­geschäfte teilnehmen, ist in der Geschichte des mo dernen englischen Parlamentarismus eine unerhörte Erscheinung. Welchen Teil des parlamentarisch ge­äußerten Volkswillens vertritt der Chef der nationa­len Regierung? Sein eigener Wahlbezirk forderte ihn auf, sein Mandat niederzulegen. Seine alte Par­tei verleugnet mit ihm jede politische Gemeinschaft. Ohne eine sichtbare politische Anhängerschaft im Lande, regiert er als Persönlichkeit, ganz auf sich gestellt. Wie ist in einem Lande mit der heikelsten und entwickeltsten parlamentarischen Tradition dieses „Dreiparteienkabinett“ möglich, in dem zwei Parteien durch ihre Führer und vier ehemalige Führer ohne Partei vertreten sind? Und schließ­lich: wie ist es möglich, daß ein Staatsmann, dem es auf die Prinzipien, auf die Doktrin seiner Partei ebensosehr ankommt, wie auf das praktisch Not­wendige und Nützliche, bewußt alle Bande zerriß, die ihn an seine Partei und an seine politische Ver­gangenheit knüpften? Der Fall Macdonald ist für Nahestehende wie für Fernstehende ein psychologi­sches Rätsel. Es ist jetzt nicht das erste Mal im Leben dieses Kämpfers, daß er, von allen früheren Freunden ver­lassen, allein auf dem Feld eines ehrlichen Kampfes bleibt. Am Kriegsbeginn opferte er bereits seine Führerstellung in der Partei, als er mit imponieren­dem ethischen Mut sein Wort — allein selbst unter den Sozialisten Englands — gegen die Beteiligung Englands am Kriege erhob. Seine damalige Haltung ist mit der jetzigen in einem Punkte zu vergleichen: auch damals zögerte er nicht, auf seine ganze poli­tische Zukunft zu verzichten, wo es galt, für seine Überzeugung einzustehen. Es gibt aber einen großen Unterschied zwischen dem Macdonald von damals und dem Macdonald von heute: der damalige Mac­donald opferte eine Zukunft voll der größten Mög­lichkeiten, opferte sie als Sozialist, der seine Über­zeugung mit dem Votum für das organisierte Völker­morden nicht zu vereinbaren vermochte; der heutige hat bere ts alles hinter sich, was politische Karriere, Ruhm und Macht einem Manne bieten kann, er han­delt als ein über die Parteibindungen und Partei­glaubenssätze Hin usgeiangter, dem der Beifall und die Lästciung der Massen gleichgültig ist. Handelte der Kriegsgegner Macdonald in ethischem Pathos, so liegt im Entschluß des Chefs der nationalen Re­gierung etwas wie Resignation, wie weiser Verzicht. Und doch noch etwas mehr: normale politische Weisheit wäre es gewesen, wenn er angesichts der •ängsten Finanzkrise, die mit den Mittein der Labour Politik doch nicht behoben werden konnte, einfach und unwiderruflich demissioniert hätte. Seine Regierung war eine Minderheitsregierung ge­wesen: es stand ihr nicht anheim, ganz nach eigenem Rezept die Wirtschaftsübel des Landes zu kurieren. Der Rückzug vom politischen Kampf hätte Mac­donald die gleichen taktischen Vorteile bringen können, die die jetzige intransigente Oppositions­stellung seinen ehemaligen Parteifreunden gibt. Anstatt der so bequemen Oppositionsstellung hat Macdonald die Notlösung einer Dreiparteienregie­rung gewählt. Was hat ihn dazu bewogen? Die englische Wirtschaft befindet sich in einem Zustand der chronischen Krisen. Der Alarmruf des May-Berichtes, der auf die Unordnung der Budget­lage mit einem so lauten Sensationseffekt hinwies, beschleunigte nur die Ereignisse; er trug mit dazu bei, daß die Krise zu einer akuten Vertrauenskrise wurde. Aber jeder gründliche Beobachter der eng­lischen Lage mußte seit längerer Zeit feststellen, daß die englische Wirtschaft weder an einer überdimen­sionierten Arbeitslosenversicherung, noch an einem gleichgewichtslosen Budget, noch an ständig zurück­gehenden Absatzmögliciikeitcn in der übrigen Welt krankt, sondern daß all diese Erscheinungen als Teilsymptome eines tiefer liegenden Übels mit­einander Zusammenhängen. Seit dem Kriege sind in der gesamten Struktur der Weltwirtschaft tief­gehende Änderungen eingetrelen, denen sich die eng­lische Wirtschaft nicht in gehörigem Maße anzu­passen vermochte. Die englische Wirtschaft leidet an einer gewissen Starrheit, einer Festgefahrenheit in alten Gleisen, aus der sie nur durch eine ent­schlossene Reformpolitik befreit werden kann. Eine solche Politik hatte den Labour-Leuten vorge­schwebt, als sie vor mehr als zwei Jahren die Re­gierungssitze eingenommen haben. In diesem Zeichen nahmen sie große und anspruchsvolle legislative Werke in Angriff, die jedoch teils am Minoritäts­charakter der Labourregierung scheiterten, teils allein zu einem jungen Herrn, wenn auch in Be­gleitung junger Damen, ließ“ und sie selbst keine Einladung auf sein Handelsschiff erhielt, bat der Kapitän die GeneraJin, die Honneurs zu übernehmen. Die gute Tafel zwang die stolze Dame, die erste und doch zweite Rolle bei diesen Partien zu spielen. Kapitän Wold hatte nur Augen für seine Nachbarin. Dabei verstand sie kein anderes Wort als Russisch; auch dieses in primitiver Form. Aber sie kämpfte oder tanzte mit ihrem Partner auf dem Deck, oder lockte ihn mit Katzenbewegungien, um die Wette zu laufen, oder kletterte auf das Schiff sgeländer und saß, verschlafen und geheimnisvoll lächelnd, wie eine Sphinx im Silberglanz des Mondes. Sie trug einfache Kretonkleidchen und auf dem Kopf — manchmal das Gesicht in orientalischer Weise verdeckend — ein feines goldgesticktes kaukasisches Gewebe. — Liebes Mädchen, stichelte die Generalin, wer hat Ihnen diese Mode beigebracht? Miß Mary erwiderte keine Silbe; nur ihr Lächeln wurde um eine Nuance insolenter. — Verlaß dich nicht zu sehr auf dich seihst, Marja, hörte ich eines Tages ihre Mutter im Neben­zimmer schelten. Du bist zu selbstbewußt. Vergiß den Giuseppe nicht! — Der ist schon längst weg, erwiderte Marja, die — wenn sie sich von Fremden unbeobachtet glaubte — eine freche und manchmal schreiende Stimme hatte. Laß mich in Ruh! Was soll ich nach deiner Meinung machen? — Mich mit diesem Herrn sprechen lassen. — Das heißt einen Kleinbürger, nach Vaters Art, heiraten. Danke. — Für mich war dein Vater gut. — Du warst ja nur eine ... Köchin im Hotel.. . Die Stimmen wurden gellender. Man vergaß, daß ich das Nebenzimmer bewohnte. wegen dringlicherer Sorgen, vor allem dier der Arbeitslosigkeit, wieder in den Hintergrund treten mußten. Dann kam plötzlich die akute Krise, die Erschütterung des Pfund Sterling, die kaum za fassende Weltgefahr eines englischen Finanzzusam­menbruchs. Was war da zu tun? Macdonald hatte bereits in seiner ersten Unterhausrede als Minister­präsident im Jahre 1929 den Ausdruck gebraucht, er betrachte das Haus als einen Staatsrat, der ohne Parteirüoksichten das für die Nation Nützliche und Notwendige verwirklichen soll. Jetzt, inmäten der akuten Krise, war der Augenblick gekommen, das, Wort vom überparteilichen Staatsrat in die Praxis umzusetzen. Es kam ein besonderes Moment hinzu:; die unanittelbare nationale Aufgabe besteht: darin, das Budgetgleichgewicht wiederherzustellen und die große Finanzgefahr abzuwenden. Es wurde Mac« donald zur festen Überzeugung, daß diese Aufgabe nicht von einer Partei, sondern von allen drei Par­teien in gemeinsamer Anstrengung bewältigt werden; müsse. Dann kamen die harten Tatsachen: die Un«: möglichkeit, die große nationale Einigung anders als durch schwere Abstriche am A rbe i t slos i gkei t set at zis verwirklichen; dann die Erkenntnis, daß die Ar* beiterpartei unmöglich für die Kürzung der Arbeits­losenbezüge zu haben sei. Aber Macdonald sah in. diesem Augenblicke keine Partei mehr. Es stand vor ihm der kategorische Imperativ seines schottisch­­protestantischen Glaubens: du mußt nach der eige­nen Norm handeln, du bist deinem inneren ■- Gesetz; verantwortlich. i Wäre es ihm sonst schwer gewesen, vor der all­zu sichtbaren Mißbilligung seiner Parteiangehörigen sich einfach zu beugen und die politischen Geschicke des Landes ganz seinen Gegnern zu überlassen?, Nach dem Gesetz der politischen Gravitation wäre ein Rücktritt unter solchen Umständen weniger ein Verzicht gewesen, als es das Verbleiben in einem aussichtslosen und politisch „freischwebenden“ Amte ist. Macdonald wußte dies sehr wohl; er wußte, worauf er verzichtet hat. Die Verantwortungsethik seines Glaubens zwang ihn, auf seinem Platz zu ver­bleiben: weil, wie er erkannte, das Gebot der Stunde eine große, vereinte nationale Aktion, ein schweres nationales Opfer war. Ganz auf diese Notwendigkeit der Stunde eingestellt, hat er das spätere umfassende Werk der Erneuerung der Grundlagen der englischen Wirtschaft vielleicht weniger beachtet — oder er überließ dieses Werk bewußt den jungen, unver­brauchten Kräften einer Zukunft, an der er keinen führenden Anteil mehr haben kann. Wie sich diese Zukunft gestalten wird, das hängt jetzt in erster, Reihe von der nächsten politischen Entwicklung ab. Sowohl das liberale, als auch das konservative Pro­gramm steht im Zeichen einer umfassenden Reform Feuilleton. Silhouetten. Von NADEJDA v. KOWALEWSKY. Miß Mary. Wir nannten sie in unserem kleinen Kreis Miß Mary — weil die englischen Schiffsoffizierc, die unsere Flüchtlingsbälle, Kabarettabende und Kon­zerte in einem kleinen kaukasischen Hafen be­suchten — Marja in Mary verwandelten. Das ver­edelte dieses einfache Mädchen, das in drei geschrie­benen Worten sechs Fehler machte. Marjas Äußeres .—. für uns Russen wenigstens — war unbedeutend: sie glich einer weißen, schläfrigen Küchenkatze; hatte kleine, schiefgestellte graue Äuglein; einen rosablassen, breiten Mund; Stulpnase; hellbraune, spärliche Haare. Sie war auch manierlich. Aber die Ausländer fanden sie eigenartig interessant, und Kapitän Wold war sogar in sie verliebt. Er brachte ihr täglich seine besten Keeks, Schokolade; auch Blumen; sogar eine britische Fahne, die das ganze Klavier bedeckte. Neunzehn Tage zappelte der Gentleman in einem Netz, das ihm ein grobes Bauernkind lachend zugeworfen hatte. Eine hochgestellte, schöne Generalin, die gern von den Süßigkeiten haben mochte, da im Ort keine Kon­ditoreien existierten, fragte einmal ironisch in ihrem gepflegten Englisch: — Können Sie uns erklären, was Sie an dieses Mädchen fesselt? Es wäre eine lehrreiche Studie für uns. —- Ich weiß es nicht, gestand Wold ehrlich, sie ist sehr „atractive“ — und er ging unbekümmert mit seiner Auserwählten weiter in das armselige Kino. Er veranstaltete für sie Teeabende, und da Frau Nossowa, Marys Majna, „nicht gern ihre; .Tochter ........ i "i- ........ 111 - ■ ■■■'( — Was bist denn du, brauste plötzlich die er« bostc Stimme des bis jetzt schweigenden Vaters auf; eine Barisc'nnja? Aha. Darum ist Haus und Küche so schmutzig? Das Fräulein schützt seinr Händchen! Daß mir das ein Ende nimmt, Mar’ Du weißt, wenn ich einmal böse bin, so habe für dich — eine schwere Faust. Die Tür wurde krachend zugeschlagen. It hörte Miß Mary schimpfend in die Küche rennen. Nach einer Stunde scheuerte, rieb, wusch sie, plätscherte mit dem Wasser, mit einer schäumen« den, wütenden Urenergie, die an einen wild galop« pierenden Kalmücken erinnerte. In diesem Augen« blick kam auch Herr Nossow in die Küche, sah seine Tochter mit einem ironisch befriedigten Lächeln an und verschwand. Das Mädchen warf eine Bank hef« tig um und sagte verbissen: — Sein eigenes Haus!... Der Gutsbesitzer, bei dem er diente, hat ihn nicht ohne Ursache weg­gejagt . .. — Sie vergessen, daß Sie von Ihrem Vater sprechen. — Vater? Dessen kann man nie sicher sein. — Sie sind erbost und ungerecht, Sie werdeit; Ihre Worte bereuen. — Wold wird sie von Ihnen nicht erfahren? Nicht wahr, er ist hübsch? Viel hübscher als dieser verfluchte Giuseppe. •— Wie kann ich es beurteilen, da ... — Ein italienischer Schiffsoffizier. Er war int vorigen Sommer hier — und hatte um meine Hand angehalten. — Kennen Sie den Roman: „Eine Frau in jedem' Hafen“? Miß Mary beantwortete meine indirekte Frage direkt: — Erstens bin ich keine Gans, zweitens habe ich meine Mädchen ehre! ... dann — nach einer ge« danken vollen Weile, traurig: ^ , und den Roman

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