Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1932. június (79. évfolyam, 119-143. szám)

1932-06-01 / 119. szám

iMittwoch, 1« Juni 1931 • 5 • PESTER LLOYD Das Ulatt fügt dann noch die Feststellung hinzu, daß das Fehlen einer verantwortlichen und verhandlungs­fähigen Regierung selbst für den Zeitraum weniger Tage ■nicht zu erwarten sei und daß es deshalb gerade für die Aufrechterhaltung der finanziellen Ordnung notwendig sei, ohne Verzug zu wichtigen Entscheidungen zu ge­ilangen. Interessanterweise enthält diese Ausgabe der Germa­nia auch bereits die Mitteilung, daß Papén zu einer Aus­sprache über die Regierungsbildung vom Reichspräsi­denten empfangen worden sei. In politischen Kreisen äst auch schon vorher nicht «Seht unbekannt geblieben, daß das Zentrum einer Kan­didatur Papens keineswegs zustimmend gegenüberstände. Unter diesen Umständen ist es wohl anzunehmen, daß Papén sich zunächst formell von seiner Fraktion lösen wird, ähnlich wie ja auch Dr. Goerdeler seinerzeit aus der Deutsohnationalen Volkspartei ausgetreten ist, als er sich dem Ruf des Reichspräsidenten ins Amt des Preis­senkungskommissars nicht entziehen zu können glaubte. Die Entscheidung darüber liegt aber naturgemäß beim Zentrum selbst, dessen maßgebende Instanz sich morgen, Mitwoc-h, mit der neuen Lage beschäftigen wird. (Telegramm des Pester Lloyd.) Berlin, 31. Mai. Falls es Papén gelingt, sein Kabinett in der vorher erwähnten Weise aufzustellen, würden diesem Kabinett drei Mitglieder des bisherigen Rechtskabinetts angehören, nämlich Reichspostminister Schätzet, der bekanntlich der Bayrischen Volkspartei angehört, Justizminister Joel und Reichswirtschaftsminister Warmbold, der Anfang dieses Monats dieses Ministeramt niedergelegt hat. Der als Arbeitsminister in Aussicht genommene Leipziger Ober­bürgermeister Dr. Goerdeler war der sogenannte Preis­kommissar. Der für den Posten des Innenministers >s in Aussicht genommene Freiherr v. Gayl war preußischer Offizier und gehört der Leitung der ostpreußischen Land­gesellschaft, einer gemeinnützigen provinziellen Siedlungs­gesellschaft an. Nach dem Kriege war er Reichs- und Staatskommissar bei der Abstimmung in Ostpreußen. Der ebenfalls für den Posten des Innenminister, s in Be­tracht kommende Herr von der Osten-Warnitz ist Land­rat a. D., 70 Jahre alt, Besitzer eines nahezu 3300 Hektar großen Rittergutes in Vorderpommern und gehört der Deutschnationalen Partei an. (Telegramm des Pester Lloyd.) Berlin, 31. Mai. Die Deutsche Allgemeine Zeitung behauptet, daß für das neu zu bildende Kabinett als Reichsernährungs­­minister der Präsident des Reichslandbundes Graf Kalch­reuth in Frage komme und daß von den bereits genann­ten Vorschlägen General Schleicher als Reichswehrmini­­ister, Botschafter Freiherr v. Neurath als Außenminister und Graf Sckwerin-Grosigkh als Finanz-minister außer i&weifel stehen dürften. ln (Wirklichkeit, gibt das Ergebnis der -Besprechun­gen des Reichspräsidenten mit den Pareiführern für eine solche Kombination durchaus noch keine Grundlage. Die Haupt Schwierigkeiten rühren von den Nationalsozialisten her, die allem Anschein nach auch noch die Aufhebung des Verbots der nationalsozialistischen Formationen ver­langen. So erklärt Dr, Goebbels im Angriff die Auf­hebung dieses Verbots als Mindestforderung der Natio­nalsozialisten. Weiter schreibt Dr. Goebbels, daß die Na­tionalsozialisten Dr. Brüning in keiner Weise, sei es als Außenminister oder sonst mit irgendeinem Einfluß, be­halten wollen. Die Nationalsozialisten wollen ferner nicht, daß irgendein Mann des Kabinetts Brüning wiederkehre, gleichgültig, ob Dr. Dietrich, Dr. Groener oder sonst wer. (Hierin gebe es keinerlei Anknüpfungspunkte an Ver­gangenes. Berlin, 31. Mai. Der heute abend -mit der Kabinettsbildung beauftragte Kentriumsaibgeordnete Franz v. Papén, der im Jahre 1921 ■m Wahlkreis Westfalen-Nord in den preußischen Landtag gewühlt wurde -und seit dieser Zeit Mitglied des Landtages ist, gehört dem rechten Flügel des Zentrums an. Er wurde am 29. Oktober 1879 in Werl (Westfalen) geboren und hatte ursprünglich die Of fi zierslauf hah n ei ngesch lagen. Während des Krieges war er Militärattache bei der deut­schen 'Botschaft in Washington. Nach seiner Abberufung von diesem Posten wurde er Oberstleutnant und General­stabschef der 4. türkischen Armee. Er ist Auf-sichtsrats­­vorsitzender der Germania und außerdem Vorstand zahl­reicher landwirtschaftlicher Berufsorganisationen, sowie Mitglied des deutsch-französischen Studienkomitees. Berlin, 31. Mai. Der Ältestenrat des Reichstages lehnte heute abend Anträge der Kommunisten, der Nationalsozialisten und der Deutsch nationalen ab, die die Reichstagseinberufung für den 6. Juni verlangt batten. Der Präsident wurde vielmehr ermächtigt, den Reichstag einzuberufen, sobald der neue Reichskanzler bereit sei, eine Regierungserklä­rung abzugeben. Berlin, 31. Mai. Der Reichsrat hält seine nächste Vollsitzung Don­nerstag nachmittag ab. München, 31. Mai. Zum Rücktritt des Kabinetts Brüning schreibt Dr. Goebbels im Völkischen Beobachter, eine halbe Lösung komme nicht mehr in Frage. Brüning sei nicht nur als Kanzler, sondern auch als Außenminister unmöglich ge­worden. Der Reichspräsident wolle auf dem üblichen parlamentarischen Wege zu einer Neubildung des Kabi­netts kommen. Das könne nichts anderes bedeuten, als daß die nationale Opposition, geführt und repräsentiert durch Adolf Hitler und seine Bewegung, die Dinge ent­scheidend bestimmen. Ein Kabinett des besonderen Ver­trauens des Reichspräsidenten hätte zuerst keine andere Aufgabe zu lösen, als den Reichstag nach Hause zu schicken, Neuwahlen auszuschreiben, die Organisations-, Pnblikations- und Demonstrationsfreiheit für die natio­nalsozialistische Bewegung wiederherzustellen und durch den Appell an die Nation Übereinstimmung zu schaffen zwischen dem Willen des Volkes und seiner parlamenta­rischen Vertretung. Auch Alfred Rosenberg nimmt im gleichen Blatte rum Rücktritt des Kabinetts Brüning Stellung und spricht lie Überzeugung aus, daß Brüning Hitler Platz machen müsse, gleichwie schnell sich der Übergang auch voll­ziehen möge. '(Telegramm de* Fetter Lloyd.) Berlin, 31. Mai. Der Rücktritt des Kabinetts Brüning hat an der heu­tigen Börse ein starkes 'Echo gefunden. Publikum und Tägesspekulalion engagierten sich in großem Umfang auf dem Aktienmarkt, wobei es infolge Materialknappheit zu einer stürmischen Aufwärtsbewegung kam, so daß Kurssteigerungen von 4 bis 5 Prozent nicht zu den Sel­tenheiten gehörten, während die Mehrzahl der Industrie­papiere Tagesgewinne zwischen 7 und 10 Prozent erziel­ten. Im Gegensatz hiezu lagen festverzinsliche Werte, die gegen Industrieaktien getauscht wurden, um 1 bis 2 Prozent schwächer. Die Lausanne? Konferenz. London, 31, Mai. Wie ‘Reuter von maßgebender Washingtoner Stelle erfährt, werden die Vereinigten Staaten wahrscheinlich bereit sein, sich bei einer nach der Lausanner Konferenz abzuhaltenden Nachkonferenz vertreten zu lassen. Amerika würde einer Einladung zu dieser Nachkonferenz Folge leisten, wenn die Konferenz der europäischen Mächte eine Einigung zwischen Deutschland und den Reparations­gläubigern herbeiführen könnte. Press Association widerlegt auf Grund einer Ermäch­tigung von zuständiger Stelle das Gerücht, als würde die deutsche Krise zu einer Aufschiebung der Lausanner Konferenz führen. Was die dem Ministerpräsidenten Macdonald zugeschriebene Absicht betrifft, die Lausanner Konferenz zu einer allgemeinen Beratung über die Wie­deraufriehtung der Weltwirtschaft zu erweitern, so wird in wohlinformierten Kreisen betont, daß eine solche Er­weiterung nicht notwendig sei, da die Konferenz sich auch nach der ursprünglichen Konzeption außer der eigent­lichen Reparationsfrage mit den Gründen der Wirtschafts­depression zu befassen habe. Der amerikanische Bot­schafter Mellon führte unlängst offizielle Unterredungen über eine internationale Preissturzkonferenz, die die eng­lische Regierung mit Freude begrüßen würde. FRANKREICH. Die Kabinettsbildung. (Telegramm des Pester Lloyd.) Paris, 31. Mai. Der sozialistische Kongreß hat Forderungen aufge­stellt, die die Bildung einer Linksregierung als ausge­schlossen erscheinen lassen. Der Kongreß nahm die von den Parteiführern inspirierten Resolutionen nahezu ein­stimmig an. Die sozialistischen Forderungen werden, wenn es überhaupt die Radikalen wünschen, diesen heute vorgelegt werden. Die Radikalen werden darauf mit Ja oder Nein zu antworten haben. Daß sie mit Nein antwor­ten werden, steht schon jetzt fest. Der Versuch, eine große Linksregierung zu bilden, erscheint daher als gescheitert. cTclegramm des Pester Lloya.) Paris, 31. Mai. Morgen mittag tritt die am 1. und 8. Mai neu­gewählte Kammer zu ihrer ersten Sitzung zusammen, die durch eine Ansprache des Alterspräsidenten, des Sljähri­­gen Abgeordneten Groussau von der Gruppe Marin, er­öffnet wird. Der Alterspräsident wird auch des iragischen Todes des Präsidenten Dourner gedenken. Der übrige Teil der Sitzung wird durch die Wahl des Bureaus ausgefüllt sein, das die Wahlresolutionen nachzuprüfen haben wird. 45 Wahlbeschwerden liegen vor. Freitag wird die Kam­mer ihren Präsidenten wählen, der wahrscheinlich wie­der der Sozialist Buisson sein wird, der voraussichtlich mit einer sehr großen Mehrheit ohne Gegenkandidaten ge­wählt werden wird. Alle Augen richten sich von Freitag ab auf die Be­mühungen Herriots, der wahrscheinlich Freitag offiziell vom Präsidenten der Republik mit der Regierungsbildung beauftragt werden wird. GROSSBRITANNIEN. Das Hoover-Moratorium. London, 31. Mai. In seiner Antwort auf eine Interpellation erklärte Unterstaatssekretär Eden, daß seines Wissens alle inter­essierten Regierungen bereit seien, über die Bezahlung ihrer infolge des Hoover-Moratoriums aufgeschobenen Schnldenraten mit Amerika ein Abkommen zu unter­zeichnen. Mit Deutschland, Griechenland und Finnland sei dieses Abkommen bereits zustandegekommen. Eine weitere Frage, ob das diesbezügliche englisch-amerikani­sche Abkommen die Hand der englischen Regierung in Lausanne nicht binden würde, hat der Unterstaatssekre­tär nicht beantwortet, sondern verlangte die schriftliche Aufstellung der Frage. Ebenso verweigerte Unterstaats­sekretär Elliott die Beantwortung der Frage, ob der im genannten Abkommen festgesetzte Zinsfuß von vier Pro­zent einseitig oder in freier Vereinbarung festgesetzt worden sei. ÖSTERREICH. Lärmszeilen im Nationalrat. Wien. 31. Mai. Der Nationalrat war heute nachmittag zeitweise der Schauplatz bewegter Auftritte. Zu Beginn der Sitzung, als der Bundeskanzler gegen über den sozialdemokratischen Behauptungen feststellte, daß die österreichische Staatsbürgerschaft des neuen Handelsministers Jaconcig einwandfrei fcststehe, beant­worteten die Sozialdemokraten diese Erklärung immer wieder mit lärmenden Zwischenrufen. In Fortsetzung der Debatte über die Regierungs­erklärung stellte Dr. Straffher namens der Großdeutschen fest, daß sie von. der Regierungserklärung nicht restlos befriedigt seien, daß sie aber gegen den Mißlrauensantrag *l£aas €^u(op der Sozialdemokraten, sowie gegen deren Antrag über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Über­prüfung der Staatsbürgerschaft Jaconcigs stimmen werden. Zu stürmischen Szenen kam es während der Rede des Heimatblockabgeordneten Huebcr, der sich u. a. gegen die politischen Methoden Otto Bauers wandte, den er einen „bolschewistischen Juden“ nannte. Die Sozialdemokraten protestierten lärmend und unter fortwährenden Schimpfworten gegen diese Äuße­rung und ließen den Redner minutenlang nicht sprechen, bis er vom Vorsitzenden zur Ordnung gerufen wurde. Sodann nahm Dr. Otto Bauer das Wort, um nochmals gegenüber den Feststellungen des Bundeskanzlers die italienische Staatsbürgerschaft des Ministers Jaconcig zu dokumentieren. Er wurde vom Heimatblock fortwährend unter­brochen. Die Sozialdemokraten erwiderten mit den Rufen; Jaconcig soll selbst herkommen und sich nicht hinter seine Partei verstecken! Auf diese Zwischenrufe verließen die Mitglieder des Heimatblocks ihre Plätze, um sich gegen die Mitte des Saales vorzuschieben. Gleichzeitig sah man von der an­deren Seite des Hauses die sozialdemokratischen Abge­ordneten näherkommen. Abgeordnete der Mehrheit, die einen Zusammenstoß herankommen sahen, drängten sich zwischen die beiden Gruppen, konnten aber nicht verhindern, daß es verein­zelt zum Handgemenge kam. Größere Ausschreitungen wurden schließlich verhindert. Die Saaldiener hatten in­zwischen alle beweglichen Gegenstände, die Stenographen­­tische, die Ministerbänke und die Stühle entfernt, damit sie nicht als Wurfgeschosse verwendet werden. Während dieser Lärmszenen erklärte der Präsident die Sitzung für unterbrochen und stieg in den Saal hinab, um beruhigend einzuwirken, was ihm nach längeren Be­mühungen halbwegs gelang. Nach Wiederaufnahme der Sitzung forderte der Präsident die Abgeordneten auf, sich von der Mitte des Saales fernzuhalten und diesen Platz den Ordnern zu überlassen. Sodann erteilte er dem Abgeordneten Otto Bauer wie­der das Wort, Nachdem dieser unter Zwischenrufen wieder zu sprechen begonnen hatte, rief plötzlich von der Galerie eine schrille Frauenstimme in den Saal hinunter: Im Namen Gottes und des Volkes, löset das Parlament auf! iDie Ruferin wurde sofort von Ordnern umringt. Sie schrie noch im Abgehen, während ihr von unten Beifall geschenkt wurde: Ihr seid die Mörder unseres Volkes! Allmählich trat soweit Ruhe ein, daß Otto Bauer seine Ausführungen fortsetzen konnte. Er forderte alle Parteien des Hauses auf, gemäß seinem Anträge sich auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu eini­gen, um die Frage der Staatsbürgerschaft des Ministers Dr. Jaconcig zu klären. Wien, 31. Mai. Auch der weitere Verlauf der Sitzung war nicht frei von Unruhe, namentlich die Rede des Heimatblockabgeord­neten Werner, der die Vorfälle von Hötting bei Innsbruck mit ihren Todesopfern zur Sprache brachte und von den Sozialdemokraten fortwährend durch lärmende Zurufe unterbrochen wurde. Der Redner erklärte, daß die Schuld an diesen Ereignissen nicht, wie immer gesagt werde, den Kommunisten, sondern den Sozialdemokraten zufalle. Er forderte die Regierung auf, endlich das Schutzbundnest auszuräuchern. Nach Abschluß der Debatte über die Regierungs­erklärung wurde die Abstimmung über die beiden sozial­demokratischen Anträge vorgenommen. Der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsaus­schusses zur Klarstellung der Staatsbürgerschaft des Hän­de Iministers Jakoncig wurde mit 86 Stimmen der Christ­lichsozialen, des Landbundes, des Nationalen Wirtschafts­blocks und des Heimatblocks gegen die 69 Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt. Der sozialdemokratische Mißtrauensantrag gegen die Regierung wurde mit 82 Stimmen der Christlichsozialen, des Landbundes und defs Heimatblocks gegen 69 Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt. Die Großdeutschen, die gegen den ersten Antrag ihre Stimme abgegeben hatten, verließen vor der Abstimmung über den Mißtrauensantrag den SaaL Die Studcntenkrawalle. (Telegramm de* Pester Lloyd.) Wien, 31. Mai. Zur Verhütung von weiteren Unruhen hat die Polizei heute vor den Hochschulen umfangreiche Vorkehrungen getroffen. Die Universität konnte nur mit dem Passier­schein des Rektors betreten werden. Drei Postenketten von Polizisten hielten die Rampenaufgänge sowie die Haupttreppe der Universität besetzt. In den Mittags­stunden spazierten auf der Ringstraße vor der Universität hakenikreuzlerische Studenten in großer Zahl, es kam je­doch zu keinen ernsteren Zusammenstößen. Äuch an der Hochschule für Welthandel und an der Technik war vom Rektorat strenger Legitimationsziwang verfügt worden. Vor der Technik waren zeitweilig ebenfalls größere An­ BUDAPEST^. VÖRÖSMARTY-TÉR1

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