Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1932. október (79. évfolyam, 221-246. szám)

1932-10-01 / 221. szám

Samstag, 1. Oktober 1932 • 3 • PESTER LLOYD tierungsmaßnahmen nicht geeignet sind, die Not der deutschen Landwirtschaft zu beheben, weil sie den Binnenmarkt durch Preiserhöhungen zuschnü­ren, den deutschen Exportindustrien aber weiteren Schaden zufügen. Diese Entwicklung wird die Män­ner rechtfertigen, die, wie Trendelenburg, ihr war­nendes .Wort gegen die Überspannung des Bogens (erhoben haben. Und in dem Augenblick', als der Bankrott dieser 'Politik die Verfehltheit der gesamten Agrarschutz­politik der letzten Jahre vor aller Augen demonstriert haben wird, wird die Stunde der Revision der gesam­ten deutschen Zollpolitik schlagen. Wir hoffen im Interesse Deutschlands, Ungarns, aber auch der gesamten europäischen Wirtschaftsentwirrung, daß diese Stunde nicht mehr fern ist. Die Genier Tagungen. Europäische Studienkommission. (Xelegramm unseres Sonderberichterstatters.) Genf, 30. September. Man mag nocff so skeptisch die Ergebnisse der Konferenz von Stresa in Genf beurteilt haben: das dumpfe Gefühl, Europa könne nicht mehr weiter mit verschränkten Armen den drohenden finanziel­len Zusammenbruch der ost- und mitteleuropäischen Staaten abwarten, war zu stark. Im großen Kon­­ferenzsaale des Völkerbundes fanden sich heute abend nicht bloß die Vertreter aller europäischen Staaten ein, um den Bericht des Vorsitzenden der Beratungen in Stresa anzuhören; es war die gesamte diplomatische und publizistische Welt anwesend, und der schweizerische Bundespräsident Motta konnte diesmal in einem dichtbesetzten Saale die Sitzung eröffnen. Motta nahm als Vizepräsident den Stuhl ein, in dean als erster Vorsitzender Briand die Beratun­gen der Europa-Konferenz geführt hatte, und seine ersten Worte galten denn auch dem Manne, dem unvergessenen Politiker des Friedensgedankens, dessen ruheloser und von Zukunftssorgen geplagter Geist diese Kommission ins Leben gerufen hatte. Auf die schöne und in ihrer Einfachheit ergrei­fende Rede Mottas gab Harriot im Namen der fran­zösischen Delegation eine würdige Antwort, und seine Rede war ein kleines Meisterwerk französischer Eloquenz, der Eindruck auch bedeutend größer als der seiner gestrigen Rede in der Assemblée des Völ­kerbundes. Nachdem auf Vorschlag Mottas Herriot zum , Nachfolger Briands als Präsident der Europa- Kommission mit Akklamation gewählt worden war, erstattete Georges Bonnet seinen Bericht über die Entschlüsse und Empfehlungen der Konferenz von ! Stresa, Herr Bonnet verzichtete auf alle oratorischén ;Mittel. Seihe Rede war kurz, sachlich, klar; er schwang sich mir in emotionelle Höhen, als er von der quälenden Not der ost- und mitteleuropäischen Staaten sprach. Er faßte die Beschlüsse von Stresa in gutformulierten Sätzen zusammen, beleuchtete ■ ihren Sinn, hob die Einmütigkeit hervor, mit der die meisten gefaßt waren, unterließ aber auch nicht, 'bei bestimmten Punkten auf die Vorbehalte der ein­zelnen Mächte hinzuweisen. Lange und eingehend ; sprach er von diesen Entschlüssen und Empfehlun­gen, und von politischer Bedeutung ist es immerhin, daß Frankreichs Vertreter ein offenes Wort an die Überseestaaten richtete und sie zu beruhigen suchte, daß der im Interesse der europäischen Agrarländer geplante europäische Getreidefonds ihre berechtig­ten Ausfuhrinteressen keineswegs bedrohe. Den ■ größten Teil seiner Ausführungen widmete Georges Bonnet den in Stresa behandelten Finanzfragen. Aus seinen Darlegungen konnte man herausfühlen, daß der Vertreter der größten kontinentalen Finanz­macht sich sehr wohl dessen bewußt ist, daß ohne eine Neuregelung der erdrückenden Schuldenlasten der notleidenden Agrarstaaten und ohne systemati­sche sowie gemeinsame Stützung der wankenden iWährungen eine Wiederaufrichtung der euro­päischen Gesamtwirtschaft unmöglich ist. Um seine eigenen Worte zu gebrauchen: „Selbst die stärksten und mächtigsten Staaten sind vor den zersetzenden Ausstrahlungen der Krise nicht gefeit.“ Das mag Herrn Bonnet bewogen haben, mit besonderem Nachdruck und mit äußerst einleuchtenden Argu­menten die Idee zu erörtern, mit Hilfe eines gemein­samen Fonds aller europäischen Staaten sowohl den bedrohten Agrarstaaten zu Hilfe zu eilen, wie auch die schwankenden ost- und mitteleuropäischen Währungen zu festigen. Diese in Stresa entworfenen Doppelfonds bezeichnete Herr Bonnet als die Krö­nung des Werkes der Konferenz und wies darauf hin, daß die psychologischen Auswirkungen einer solchen systematischen und international organi­sierten Hilfsaktion die unmittelbaren und handgreif­lichen Vorteile bedeutend übertreffen würden. Seine Rede schloß Herr Bonnet mit einer genauen For­mulierung der Fragen, auf die die europäische Stu­dienkommission Antwort erteilen müsse. Diese Fra­gen lauten: 1. Wie hoch sollen die Zuschüsse der einzelnen europäischen Staaten zu den geplanten in­ternationalen Hilfsfonds bemessen werden? 2. Soll ein einziger gemeinsamer Fonds errichtet oder sollen besondere Fonds für die Getreiderevalorisierung und für die Währungsstützung gebildet werden? Dabei wies Herr Bonnet darauf hin, daß die in den Ge­treidefonds einzuzahlenden Beträge als fonds perdu betrachtet werden müßten, während die Zuschüsse in den Währungsstützungsfonds bloß Vorschüsse bilden würden, die mit Wiederherstellung normaler Verhältnisse zurückfließen werden. Als einstimmi­gen Wunsch der Konferenz von Stresa verkündete Herr Bonnet, daß die beiden Fonds mit Ausschal­tung aller politischen Momente der bewährten Ge­stion der BIZ in Basel anvertraut werden sollen. Das wäre das Maximum des heute Erreichbaren, schloß der französische Delegierte. Sein überaus nüchterner und logischer Vortrag, endete mit einem Appell an das Gewissen der europäischen Völker, in dieser letzten Stunde ihrer Pflichten gegenüber der europäischen Gemeinschaft eingedenk zu sein. Der Eindruck der Rede Georges Bonnets war zweifellos sehr groß. Man hatte ihn mit gespannter Aufmerksamkeit und in einer in Genf seltenen Stille angehört. Dieser Eindruck kann sich aber bis mor­gen sehr leicht verflüchtigen. Morgen nachmittag wird die Debatte über den Stresa-Bericht beginnen; die Stimmen des Mißtrauens und des Neides werden sich erheben. Der Beschlußantrag, der die Grundlage der mor­gen einsetzenden Debatte bildet, hat kurz gelautet: Die europäische Studienkommission beschließt, den Bericht der Stresaer Konferenz an den Rat weiter zu leiten mit dem Ersuchen, die darin enthaltenen Beschlüsse und Empfehlungen durch den Experten­ausschuß der Wirtschafts- und Finanzkonferenz und durch die kompetenten Organe des Völkerbundes untersuchen zu lassen, insbesondere die Frage, wie man den Getreidefonds mit dem geplanten Währungs­unterstützungsfonds kombinieren könnte. Der von den Experten ausgearbeitete Entwurf soll dann den einzelnen Regierungen bis zum 15. November vor­gelegt werden, um dann in der nächsten Sitzung der Europakommission zur Verhandlung zu gelangen. Jene Mitgliederstaaten, die bilaterale Abmachungen bevorzugen, erklären sich bereit, solche Abmachun­gen abzuschließen und zu fordern, daß diese in den Rahmen des in Stresa entworfenen Getreide-Revalo­risierungsfonds eingeschaltet werden. Die Europa- Studienkommission hofft, daß sie in der Lage sein werde, in ihrer Dezember-Session Beschlüsse zu fassen, die eine praktische Verbindung der beiden Fonds ermöglicht, - * Dr. Desider Kiss. «£ Sit OAS VW»IM«W»WPW'«WiMKÜIIAlMFnniillihfR _ «a Ä V«®* * . \ WEILi das MIRA-Bitterwasser keine Krämpfe verursacht, angenehmen i l \ Geschmack hat, von klarer Farbe ist, billigen Preis besitzt und schon \ __ d« hB Iwk MK& \ innerhalb von 55 Minuten wirkt. «1111 Hi . • \ |||a f||| \ Das Glaubersalz enthaltende MIRA-Heilwasser hat eine fünfmal \ 1 lila g|l| TM \ grössere Heilwirkung als das Karlsbader Wasser. Man \ % jBbS. rvcM? \ braucht nicht noch separat Salz dazu zu geben. 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In dér Debatte des politischen Ausschusses der Assemblée über die Mitwirkung der Frauen an der Frie­denspolitik hielt Gräfin Albert Apponyi eine wirkungs­volle Rede, in der sie ausführte, daß die Mitarbeit der Frauen dem Völkerbunde unentbehrlich sei. Obwohl die Völkerbundsatzung die vollkommene Gleichstellung beider Geschlechter in der Besetzung von Ämtern und Stellun­gen statuiere, seien einstweilen noch wenig Frauen zu finden, die einen höheren Posten beim Völkerbunde be­kleiden. Eine systematische Heranziehung dér Frauen zu den Arbeiten des Völkerbundes tue not. Eine Reihe vön Ländern, darunter auch Ungarn, habe guie Erfahrungen damit gemacht, daß bei offiziellen Enqueten und Konfe­renzen sozialer und humanitärer Natur regelmäßig auch Vertreter der Frauenorganisationen herangezogen werden. Die Rednerin regte an, die Assemblée solle beschließen, allen Regierungen nahezulegen, die Vertreter der Frauen­organistionen bei offiziellen Bespechungen über alle Fra­gen, die den Wirkungskreis des Völkerbundes berühren, zur Mitarbeit heranzuziehen. Die Mitwirkung der Frauen bei der Lösung dieser Regierungsaufgabe würde, schloß Gräfin Apponyi, keineswegs eine Verdrängung der Männer durch die Frauen bedeuten, sondern hat bloß den Zweck, den sozialen Geist, die Friedensliebe und den Ordnungs­sinn der Frauen für das Wohl der menschlichen Gesell­schaft zu verwerten. Die Abrüstungsfrage. Genf, 30. September. Heute vormittag ist das vom Bureau der Abrüstungs­konferenz eingesetzte Komitee, das in Ausführung der Resolution vom 23. Juli die Frage der Heeresstärken weiter Zu behandeln hat, zusammengetreten. Zum Vor­sitzenden wurde wiederum der belgische Senator De Brouckére gewählt. Der Vertreter der Vereinigten Staaten, Wilson, for­derte,- unterstützt vom italienischen Delegierten Rossot die sofortige Beratung der Hoover-Vorschläge über die Herabsetzung der Heeresstärken. Paul-Boncour widersprach mit dem Vorwände, daß man sich zunächst über die genaue Bedeutung des Wor­tes „Heeresstärken“ klar sein müsse. Der amerikanische Vertreter erklärte daraufhin, daß er dem Komitee morgen detaillierte Vorschläge über­geben werde. Die kurze Kontroverse bat gezeigt, daß, genau so wie in den Beratungen der technischen Sachverständigen­ausschüsse, auch heute noch die Ansichten über die kon­kreten Fragen der Abrüstung sehr auseinandergehen, Berlin, 30. September. Reichsaußenminister Freiherr v. Neurath äußerte sich heute mittag vor Vertretern der Presse über seine Genfer Tätigkeit. Bei den Arbeiten des Völkerhundes habe der Minister seine besondere Aufmerksamkeit den Wirtschaftsfragen gewidmet. Diese Arbeiten, führte der Minister aus. scheinen mir deswegen von besonderer Be­deutung, weil ja auch der Völkerbund an der kommenden AVeltwirtschaftskonferenz und ihrer Vorbereitung be­sonders beteiligt ist. — Sehr wichtig erscheint mir auch nach meinen Genfer Eindrücken, daß die Frage der Reorganisierung der obersten Leitung des Sekretariats in einer Weise ge­löst wird, die den Grundsatz der Gleichberechtigung aller Mitgliedstaaten auch innerhalb des Sekretariats des Völ­kerbundes besser als bisher verwirklicht. Die Frage des Nachfolgers des Generalsekretärs wird erst ini November zur Sprache kommen. Der Reichsaußenminister berichtete dann über die Gespräche, die er mit verschiedenen Delegationsführern über politische Fragen geführt hat, die an sich nicht auf der Tagesordnung der Bundesversammlung standen. Diese Gespräche bezogen sich natürlich in erster Linie auf die Abrüstungslage. Der Minister wies darauf hin, daß der Hergang des Kampfes um die deutsche Gleich­berechtigung ja bekannt sei. Solange Aussicht bestand, daß die allgemeine Abrüstung sich nach dem Muster der deutschen Abrüstung vollziehen würde, war die Frage der deutschen Gleichberechtigung nicht akut. Sie wurde akut durch die bekannte Vertagungsresolution vom 23. Juli, durch die eindeutig klar wurde, daß die anderen Mächte nicht daran dachten, so weitgehende Bindungen in der Wehrfreiheit zu übernehmen, wie Deutschland sie trägt. Die Frage, fuhr der Minister fort, um die es sich für Deutschland handelt, ist: Welche Anwendung finden die Ergebnisse der Abrüstungskonferenz auf uns? Zur Klärung dieser Fragen haben wir Frankreich Verhand­lungen angeboten. Die französische Regierung hat aber die von uns vorgeschlagene Verhandlungsform der ver­traulichen Vorbesprechungen zu zwei abgelehnt und hat auch unsere klar gestellte Frage nicht beantwortet.­­Sie ist dieser Frage vielmehr ausgewichen und hat uns gleichzeitig des Willens zur Aufrüstung bezichtigt. Ich habe in Genf dem französischen Ministerpräsidenten gegenüber meine Meinung über die Antwortnote Frank­reichs auf unser Memorandum vom 29. August nicht verheimlicht und klar gesagt, daß wir ihre juristische Deduktion nicht, anerkennen können. Ich habe ferner ihm und den anderen Vertretern keinen Zweifel darüber gelassen, daß ohne eine einwandfreie Klarstellung der Frage unserer Gleichberechtigung von unserer Wieder­beteiligung an den Arbeiten der Abrüstungskonferenz nicht die Rede, sein kann. Die Unterhaltungen mit dem italienischen Vertreter Aloisi haben gezeigt, daß Italien großes Verständnis für unsere Forderungen hat. Herr Henderson bemüht sich in sehr anerkennenswerter Weise darum, eine Verständigung herbeizuführen, es ist jedoch kaum anzunehmen, daß er damit Erfolg haben wird. Ich werde einem Gespräch mit Herriot selbstverständlich nicht aus dem Weg gehen. Wenn Herr Herriot mir etwas zu sagen gehabt hätte, so mußte er wissen, daß ich ihm zur Verfügung stand. In seiner gestrigen Rede in der Völker bund Versammlung hat Herr Herriot erneut zum Ausdruck gebracht, daß Frankreich die diplomatischen Verhandlungen ablehnt. Es liegt nun an den anderen, uns Angebote zu machen. Etwas neues haben wir nicht ,zu sagen. Was wir wollen, ist in unserem Memorandum vom 29. August mit aller Deutlichkeit gesagt. — Inzwischen wird der Versuch gemacht, uns in der Welt anzuschwärzen. In Amerika werden aus französi­schen Kanälen Enthüllungen über unsere angeblichen Ge­­heimrüstungen veröffentlicht. Man droht uns mit der Ver­öffentlichung des Dossiers und versucht uns damit bange zu machen. Mit keinerlei Manöver kann jedoch die Tat-' Sache der erfolgten deutschen Abrüstung in Zweifel ge­setzt werden. Mit keinerlei angeblichen Verletzungen Deutschlands gegen die Entwaffnungsbestimmungen von; Versailles kann die Tatsache ver pickt werden, daß die■ (■llgemeine Abrüstungskonferenz ohne nennenswerte posi­tive Resultate nach sechsmonatigen Verhandlungen aus­einandergegangen ist. Mit nichts kann die Tatsache der: einseitigen deutschen Entwaffnung und der Überrüstung anderer Staaten wegdiskutiert werden, ebensowenig die Verpflichtung der anderen Staaten, auch ihrerseits abzu­lüsten. AVer mit den angeblichen Verstößen Deutschlands gegen die Versailler Entwaffnungsbestimmungen operiert, vergiftet die Atmosphäre. Die Haltung der deutschen Re­gierung in der Gleichberechtigungsfrage kann durch ähn­liche Manöver in keiner Weise beeinflußt werden, Wir verlangen im Rahmen der Abmachungen über eine allge­meine Abrüstung, die diese Abrüstungskonferenz treffen soll, die gleiche Freiheit in der Wehr frage wie andere Staaten. Mit der einseiligen Diskriminierung Deutschlands muß es endlich ein Ende haben. Keine deutsche Regie­

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