Pester Lloyd - esti kiadás, 1935. június (82. évfolyam, 124-145. szám)

1935-06-01 / 124. szám

Samstag, 1» ihm? 1936 • 5 • PESTER E&OYR Ersartanitgfiedec De. Endre De&c, Dr. Emil Dctmár, Dt, Emarmd Epstein, Körnet Netrholz, De. Stefan iWeicnherz. JnbUäumsfest des Landes-Kinderschutevereins. In 'Anwesenheit vieler Festgaste feierte gestern der Lanäes- Kinderschutz- und Fräbeiverein das vierzigjährige Jubi­läum seines Direktorpräsidenten, des Senatspräsidenten d. R- an der 'königlichen Tafel Dr. Koloanan Bakonyi. Im mit Blumengewinden geschmückten großen Saal des Ver­­«inshanses waren zur 46. Generalversammlung des huma­nitären Vereins außer den Gästen fast sämtliche Mitglieder und auch seine (Beschützten versammelt, um dem ausge­zeichneten Mann, dem unermüdlichen Philanthropen, zu huldigen. In den vierzig Jahren des Landesvereins unter seiner Führung sind im Vereinsheim 1300 Mädchen für den Lebenskampf tauglich erzogen und unterrichtet wor­den. Im jetzt a'bgelaufenen Verwaltungsjahr halben nn Ver­­ernshaus 92 mittellose, junge Mädchen, arme Kinder, Heim und Schutz gefunden. Die Festversammlung begann mit der Verlesung von Begrüßungsschreiben, darunter das des Vizebürgeraneisters Andreas Über, der die Verdienste des Präsidenten auf dem Gebiet des Kinderschutzes mit war­men Worten würdigte. Die Festrede sprach Dr. Ignaz Fekete, der Generalsekretär des Vereins, der selbst seit vier Jahrzehnten ein opferwilliger Mitarbeiter Bakonyis ist. Ergreifend waren seine Erinnerungen an die Zetten ge­meinsamer Adbeit und die Worte, die der Wirksamkeit des Gefeierten galten. Vertreter anderer humanitärer Ver­einigungen und Institutionen verdolmetschten dann die Grüße ihrer Auftraggeber. Mit einigen Danksagungen ka­men auch Schützlinge des Vereins, jetzige und einstige, zu Worte. Die Absingung des Hymnus und des Kredo schloß die Feier, der die eigentliche Generalversammlung folgte, um den administrativen Teil der Tagesordnung mit Ein­helligkeit zu erledigen. Otto Herman-Gedenkfeier. Die Naturwissenschaft­liche Gesellschaft hat gestern aus Anlaß der hundertsten Jahreswende der Geburt des großen ungarischen Natur­forschers Otto Herman eine Gedenkfeier veranstaltet. Der Feier wohnte auch Ackertbamninister Dr. Darányi an. In der Eröffnungsrede schilderte der Vizepräsident der Natarwliilsemschalflliehen Gesellschaft, Uoiiversitäteprofessor Dr. August Zimmermann die Beziehungen, die Herman mit dieser (Gesellschaft verbanden. Sodann hielt der Di­rektor des Natianaiknuseums Dr. Zoltán Szila ly einen Vortrag über Herman. Er zog eine Parallellé -zwischen Herman und seinem englischen Zeitgenossen Ruskin. Beide waren, so sagte er, Gelehrte und Schriftsteller zu­gleich, die sich für das Í Schöne, für die Natur begeisterten. Otto Herman lebte wohl in Budapest, aber die Großstadt vermittelte ihm nur Erfolg und Ruhm, er wurzelte in der Provinz, in der Natur. Er arbeitete ungemein viel, nahm Anteil an der Förderung des Gewerbes, der Landwirt­schaft, des Dorfes, wie auch an der Organisierung der verschiedensten wissenschaftlichen .Anstalten. Er war der Fahnenträger und erste Apostel der sozialen Reform­generation. In seinen Artikeln und Reden vertrat er im­mer dem mutigsten und extremsten ungarischen Stand­punkt. Vortrag. Über die Pubertät hielt im Rahmen der „Tagung der Ungarischen Kinderärzte“ Chefarzt Ernö Deutsch einen überaus interessanten Vortrag. Die Puber­tät sei kein Übergang zwischen Kindesalter und Adoles­zenz, sondern ein biologisch selbständiges Lebensalter, ;das ganz speziellen Satzungen und Gesetzen unterworfen sei. Der Vortragende wies experimentell, illustriert durch künstlerisch ausgeführte Bilder und Graphika nach, daß das Tempo des Entwicklungsalters durch die Revolution der innersekretorischen Drüsen bedingt ist: Regulierung des Größenwachstunis, Entwicklung der sekundären Ge­schlechtsmerkmale und dem seelischen Gebiet eine alles negierende Phase, eine herzerquickende Dreistigkeit, eine sich oft zeigende Tagträumerei, das Vorherrschen unlustbetonter Erlebnisse und ein Bewegungsluxus, der sich in allen körperlichen und seelischen Darbietungen zeigt. Der Vortragende zitierte Ernst Haase, dessen An­sicht er weitgehend teilt: „Wo alles im Werden ist, kann man nicht Ausgeglichenheit und Harmonie erwarten.“ Besondere Aufmerksamkeit schenkt Dr. Deutsch den Ubergangssymptomen der Pubertät. Der ganze Organis­mus sei in Aufruhr und zeige besonders vom Standpunkt des Seelischen und Sexuellen vieles, was pathologisch scheine, sich aber in der Adoleszenz spurlos verliere; doch zeigen sich oft Veränderungen, besonders von sei­ten des zentralen Nervensystems und der Psyche, die für das ganze Leben von großer Bedeutung seien. Ein­gehend beschäftigte sich der Vortragende mit der Erotik des Pubertätsalters: er vertiefte sich in das Problem der platonischen Liebe des Pubertierenden, dessen Mitteil­samkeit nach einem Ausspruch Gruhles „das beste Hcil­­und Bewahrungsniittel vor dem Selbstmord ist.“ Onanie, Homosexualität und Hermaphroditismus wurden kritisch beleuchtet und dem Arzt und den Eltern zu beherzigende Weisungen erteilt. Interessante Bemerkungen über Ju­gendbewegung, Lektüre, Kino, Turnen und Sport ver­dienten allgemeine Aufmerksamkeit. Am Ende seiner Ausführungen dachte Dr. Deutsch der seelischen Ver­fassung des Jugendlichen der Nachkriegszeit, die eine schwer überbrückbare Kluft zwischen Eltern und Kin­dern überaus tragisch konstruierte. Mit dem Ausspruch Kants „Viele Leute denken, ihre Jugendzeiten seien die besten und angenehmsten ihres Lebens gewesen. Es sind die beschwerlichsten, weil man da sehr unter der Zucht ist, selten einen eigentlichen Freund und noch seltener Freiheit haben kann,“ schließt Dr. Deutsch seinen Vor­trag. Todesfälle. Im Alter von 67 Jahren ist nach langem Leiden der a. o. Univ.-Prof., Obermedizinalrat Dr. Josef Laurich, Direktor a. D. der staatlichen Hebammen­bildungsanstalt, gestorben. Die Beerdigung findet Sonn­tag, 2. d., nachmittag 5 Uhr in der Familiengruft des Farkasréter Friedhofes statt. Die Seelenmesse wird Dienstag, 4. d., vormittag 10 Uhr in der Innerstädter Hauptpfarrkirche gelesen. Mit Professor Lovrioh schei­det ein hervorragender ungarischer Gynäkologe aus dem Leben. Nach Abschluß seiner Universitätsstudien, die er in Budapest sowie in Paris fortsetzte, arbeitete er längere Zeit am dortigen Pasteurinstitut. Heimgekehrt, wurde er leitender Adjunkt an der gynäkologischen Universitäts­klinik des Professors Bársony. Später wurde er zum Eirektor der Hebammenbildungsanstalt ernannt, an der es- lange Jahre in bahnbrechender Weise wirkte. — Heute nachmittag 4 Uhr hat im Friedhöfe Farkasrét die Be­erdigung der Gemahlin des Staatssekretärs a. D. Michael Pap géb. Ama Walter stattgefunden. Die Seelenmesse wird Montag, 3. d., vormittag 9 Uhr in der, Krönungs­kathedrale gelesen. Gratisbrotverein. Unter dem Vorsitz seines Präsidenten, des Senatspräsidenten d. R. an der Tafel Dr, Kodoman Bakonyi, hielt gestern der Gratisbrotucrein seine General­versammlung ab. Der Verein . bat im abgelaufenen Jahr fast 7500 Kilogramm Brot und 1600 Kilogramm Mehl an Mittellose verteilt. Er wendet sich an die Opferwilligkeit der guten Menschen mit der Bitte um weitere Unter­stützung seiner humanitären Tätigkeit. Mit einem Defizit von 165 Pengő hat er das vorige Jahr geschlossen, konnte jedoch mdhr als 2300 Pengő für Brot verausgaben, für Brot, das Hunger stillte. Die (Generalversammlung, an der sich die Vereinsmitglieder in großer Anzahl beteiligten, nahm die Jahresberichte einhellig zur Kenntnis und vo­­terte den Vereinsleilern Dank. Schiffsausflug. Der für heute abend angesetzte Schiffsausflug des Pester isr. Fraueiwereáns findet heule wegen der ungünstigen Witterung nicht statt und ist auf den 19. d. M. verschoben worden. Isr. Gottesdienste. In den Tempeln der Pesler isr. Kul­tusgemeinde finden die Gottesdienste m den nächsten Tagen wie folgt statt: Sonntag, 2. d-, Neumond Siwan. Schewuoth- Festgottesdienste: Donnerstag, 6. d.: Vorabend, überall Y\8; Freitag, 7, d., I. Tag: früh 7, Hauptsynagoge und Páva-ucca yt 7, Csáky-ucca A1\ vormittags 9, Hauptsynagoge X> 10, Csáky-ucca 10; II. Vorabend: überall 7: Samstag, 8. d.t (See­lenandacht) früh A7, Csáky-ucca 6, Páva-ucca 'A 7; vormit­tags 9, Hauptsynagogc und Csáky-ucca A10; mittags Haupt­synagoge %12, Csáky-ucca Al?; nachmittags Hauptsynagoge 7, Csáky- und Páva-ucca 7.50 Uhr, sonst 5 Uhr. Festesaus­gang: 8.25 Uhr. .An Wochentagen früh %7, Hauptsynagogc 7, Csáky-ucca Y:7; abends Hauptsynagoge Yi8, sonst Yz8 Uhr. Literarische Rundschau Ernst v. Fináczy: Didaktik. Noch zu Lebzeiten des kürzlich verstorbenen Universitätsprofessors Ernst v. Fi­náczy wurde in pädagogischen Kreisen öfter der Wunsch geäußert, daß die didaktischen Vorträge, die dieser her­vorragende Gelehrte an der Budapcster Universität zu wiederholten Malen gehalten hatte, auch in Buchform veröffentlicht werden sollten. Mit Zustimmung Prof. Fináczys übernahmen seine Schüler, die Professoren Bruno Balassa, J. Béla Nagy und Ludwig Prolmszka, die Arbeit der Herausgabe. Es war Prof. Fináczy nicht be­­schieden, das Erscheinen seines Werkes zu erleben, das uns nun, von dem pietätvollen Eifer der Herausgeber aufs beste besorgt, in hübscher Ausstattung vorliegt (Didaktika. Fináczy Ernő egyetemi előadásai kéziratából sajtó alá rendezték tanítványai: Balassa Brúnó, Nagy J. Béla, Prohászka Lajos. A „Studium“ kiadása. Buda­pest, 1935). Dieses posthume Werk zeigt dieselben Vor­züge, die alle Schriften Fináczys auszeichnen; inhaltlich: gediegene, auf der Höhe der Zeit stehende Wissenschaft­lichkeit, formell: vollkommene Übersichtlichkeit in der Anordnung des Stoffes, Klarheit und Eleganz der Gedan­kenentwicklung. Die Didaktik ist der Teil der Pädagogik, der die intellektuelle Erziehung zum Gegenstände hat, die intellektuelle Erziehung aber faßt Fináczy von vorn­herein in weiterem und höherem Sinne als zielbewußten Unterricht auf, der dem idealen Endziel der ganzen Er­ziehung, der Ausbildung des sittlichen Charakters, der Persönlichkeit dienlich ist. Die Persönlichkeit kann nur in der Kulturgemeinschaft gedeihen. Deshalb hat Fináczy bei der Behandlung der didaktischen Probleme ebenso die Gesichtspunkte der Gemeinschaft wie die des Einzel­nen vor Augen. Die Hauptprobleme der Didaktik be­ziehen sich auf die Auswahl des Bildungsstoffes und auf die Art und Weise ihrer Übermittlung. Es wird also einerseits das Bildungsmaterial festgestellt, das für den Einzelnen wie für die Nation, ja für die ganze Mensch­heit als das wertvollste beurteilt wird; und es ist anderer­seits Gegenstand der Besinnnung, wie dieses Material dem Zögling beigebracht werden kann, um ihn zur Per­sönlichkeit heranzubilden und durch ihn eine Kultur­­gemeinschaft zustandezubringen. Beide sind zugleich Ziel und Mittel: die Kulturgemeinschaft ist ebenso für den Einzelnen da wie der Einzelne für die Kulturgemein­­schaft. In der Lösung der didaktischen Probleme kommt Fináczys harmonische, sorgfältig abwägende, aller Ein­seitigkeit abholde Geistigkeit vollends zur Geltung. Seine tiefe historische Bildung läßt ihn den Wahrheitskern eines jeden Standpunktes erkennen und die Gegensätz­lichkeiten in einer höheren Einheit aufheben. Dies zeigt sich auch in der Bewertung der didaktischen Theorien selber. Denn wie hoch er auch die Kenntnis der metho­dischen Prinzipien einschätzt, wie unentbehrlich ihm auch die theoretische Begründung des Unterrichtsver­fahrens erscheint, so betont er doch andererseits die unermeßliche Wichtigkeit der suggestiven Lehrerpersön­lichkeit. Das posthume Werk Fináczys ist gleichsam das Vermächtnis eines Mannes, der vom Bewußtsein der hohen Bedeutsamkeit des Lehrerberufs für die Konti­nuität und Weiterentwicklung der nationalen Kultur be­seelt ist und dieses Bewußtsein vor allem in den Lehr­beflissenen selber erwecken und kräftigen möchte. Alle Leser werden die klärende, erhebende Wirkung dieses Werkes dankend empfinden. Dr. Samuel Szemere. Dr. Emma Lederer: Egyetemes művelődéstörténet. (Káldor-Verlag, Budapest, 1935.) Es ist eine schwere, aber äußerst nützliche Aufgabe, die Geschichte der uni­versellen Kultureutwicklung in einem kurzen Band für das gebildete Publikum zu schreiben. Dr. Emma Lederer, deren Name aus verdienstvollen wirtschaftsgeschichtlichen Werken bekannt ist, hat diese Aufgabe trefflich gelöst. In einer leichtflüssigen Darstellung, der zu folgen keine Mühe, sondern angenehmer Zeitvertreib ist, faßt sie das Wichtigste zusammen, was der moderne Kulturmensch über die bewegenden Kräfte und die bleibenden Ergebnisse einer sechstausendjährigen Kulturentwicklung wissen muß. Die Gefahren eines solchen Unterfangens liegen auf der Hand. Der Verfasser muß dafür Sorge tragen, bei aller gebotenen Kürze nicht unverständlich zu werden, dabei alles Unwesentliche wegzulassen; er muß sein ganzes Material mit wissenschaftlicher Gründlichkeit be­herrschen, dem Leser aber nur den einwandfreien Ex­trakt der wissenschaftlichen Forschungsarbeit bieten. Dr. Emma Lederer hat diesen Erfordernissen ihrer Ar­beit in erstaunlich hohem Maße Genüge getan. Ihre Fest-Stellungen verraten solide wissenschaftliche Kritik und treffen fast immer das Wesentliche. Vor allem muß ihr weiter Gesichtskreis hervorgehoben werden; sie be­herrscht weit auseinanderliegende Felder historischer Forschung mit gleicher Überlegenheit. Sie bietet in zwölf knappen Kapiteln einen äußerst verläßlichen Leitfaden durch die Epochen der allgemeinen Kulturgeschichte von den prähistorischen Zivilisationen über orientale Früh­kulturen, griechische, griechisch-römische, früh- und hochmittelalterliche, Renaissance- und moderne Kultur, wobei man nur hedauern kann, daß die Schilderung der Neuzeit vom 19. Jahrhundert an aus räumlichen Gründen zu knapp ausfallen mußte, Ihre wirtschaftshistorisch be­gründete Darstellungsweise verrät, in welchen Bezirken der historischen Wissenschaft sie am heimischsten ist; dabei wird sie aber nie abstrakt oder dogmatisch, und ihre Darstellung bleibt immer anschaulich und konkret. Daß in einzelnen Abschnitten die Ereignisse der allge­meinen Geschichte zu ungunsten der eigentlichen Kultur­geschichte (namentlich auch der Kunstgeschichte) etwas zu viel Raum einnehmen, kann ihr auch nicht als we­sentlicher Fehler angerechnet werden, denn sie weiß selbst in der Darstellung von Kriegen und staatspoliti­schen Intrigen den beherrschenden Gesichtspunkt des Kulturhistorikers zu wahren. Was ihre Grundanschauung anbelangt, so lehnt sie den „materialistischen“ Ökono­mismus ab und faßt die geistige Entwicklung in ihrer komplexen, ideologischen und sozialen Bedingtheit auf. Das Werk, das in unserer populärwissenschaftlichen Literatur eine empfindliche Lücke ausfüllt, wird sicher große Verbreitung finden im Kreise der Leser, die sich ohne schwerfälligen Apparat, aber wissenschaftlich ge­nau über die großen historischen Fragen der Menschheit aufklären lassen wollen. Somit kann Dr. Emma Lederers „Universelle Kulturgeschichte“ als eine der willkommen­sten Gaben des diesjährigen Büchertages begrüßt werden, —i. Merényi Oszkár: „Irodalomtanítás.“ In der Bücherei „Probleme des Unterrichts“ (redigiert von Ladislaus Vajihó) ist als jüngste Nummer eine Broschüre von Oskar Merényi erschienen über den Unterricht der Lite­ratur in den Mittelschulen und höheren Handelsschulen, Merényi ist ein begeisterter und kundiger Pädagoge, der seinen Beruf als eine Kunstübung auffaßt und der in den ihm amverfrauten Schülern nicht Untergeordnete, son­dern in der Entwicklung stehende Menschen sieht, sie zu sich, auf seine eigene Geisteshöhe emporzuheben trachtet. Als den geeignetsten Stoff für diese erzieherische Arbeit betrachtet er die Literatur, in deren Didaktik Merényi neu Methoden vorschlägt und neue Gesichtspunkte zu bringen versteht. Für Lehrer, Eltern und Lehramtskandidaten ist die Broschüre eine nützliche Lektüre. Karinthy Frigyes: Barabbás. Der kräftige Formsinn des immer interessanten Schriftstellers Friedrich Ka­rinthy schuf sein neuestes Buch, den von der Hungária Hirlapnyomda R.-T. herausgegebenen und vornehm aus­gestatteten Prachthand „Barabbás“. Gedanklich tief und sprachlich künstlerisch, im ganzen zehn Quart-Druck­seiten und zwei knorrige, farbige Holzschnitte von Géza Maróti. Eine Art Fortsetzung des Evangeliums. Jesus, der Auferstandene, erscheint vor dem Lanupfieger von der Schar der Unglückseligen begleitet, die auf dessen Frage: Welchen wollt ihr unter diesen Zweien, den ich euch soll losgeben? „Barabbas“ gerufen hatten. Reuevoll folgen sie jetzt dem Auferstandenen, um des Landpflegers neue Frage mit dem Ruf „Den von Nazareth“ zu beantworten. Doch wieder gellt es Pilatus zu: Barabbas. Jeder einzelne rief „Den von Nazareth“, als Massengeschrei jedoch lau­tete es „gibt uns Barabbas los‘‘. Die geradezu pomphafte und dabei künstlerisch feine Zurichtung des Buches ge­reicht der Hungaria-Druckerei zur Ehre. g. Alfred Uöblin: Pardon wird nicht gegeben, ((fucrido- Verlag.) Hart und unerbittlich schreitet das Geschehen in diesem Buche dahin, hart und unerbittlich wie unsere Zeit, deren Chronik, deren Analyse Döbiin gibt, aufgelöst in dem Auf und Ab einer Familie. Arm und elend kommen die Provinzler in die Hauptstadt, wo der älteste Sohn, mag er sich noch so wehren, in das Bürgertum hineingezwängt wird, mit dem er nun äußerlich wächst, während er see­lisch zerbricht. Die Krise packt am Ende auch ihn und vernichtet den hoch Anfgestiegenen, bringt mit dem Tode des Kör|>ers Leib und Seele wieder auf die gleiche Ebene. Pardon wird nicht gegeben in dieser unserer Zeit, die Döbiin mit Meisterschaft eingefangen hat. Es ist jene Meisterschaft, die uns zuletzt in seinem „Berlin Alexander­­platz“ gefangen nahm. Aber Döbiin ist indessen in seiner (Entwicklung weitergegangen: das Ringen um die Sprache, das bisher in allen seinen Werken ersichtlich war, ist einem souveränen Können gewichen. In gleichmäßigem Fluß strömt seine Sprache dahin, und doch wird jeder Kiesel, jede Untiefe spürbar, die von der scheinbar glatten Oberfläche überdeckt ist. Kein eigentlich politisches, kein wirtschaftliches Buch: aber politisch-wirtschaftliche Pro­bleme unserer Zeit offenbaren sicli in ihren verborgenstep Zusammenhängen in diesem Gegenwartsroman, in dem — höchste Kunst — das Schicksal von ein paar armseligen Menschen ein paar Jahrzehnte Weltgeschehen spiegelt. Jahrzehnte notahene, in denen wir mitten drin stecken, und in denen wir noch lange verbleiben werden. Höchste Aktualität des Döblinschen Buches ist darum für geraume Zeit gewährleistet. Die Geschichte ist die wahre nationale Wissenschaft. Durch diese Erwägung ließ sich der Käldor-Buchvcrlag leiten, als er sich entschloß, zum diesjährigen Büchertag historische Werke herauszugeben. Das ungarische Publi­kum interessiert sich nicht allein für die ungarische Ge­schichte, sondern auch einerseits für die weitere, anderer­seits für die engere Welt. Das eine Buch befaßt sich mit dem allerbreitesten Kreis: mit der Kulturgeschichte der ganzen Menschheit, das andere mit einem viel engeren Kreis, der aber schon bei seiner bloßen Erwähnung alle ungarischen Herzen höher schlagen läßt: mit der Ge­schichte Siebenbürgens. In einem dritten Buch überreicht der Verlag dem Publikum in klassischer Zusammenfassung die ungarische Geschichte, während ein viertes die Ge­schichte der ungarischen Literatur in anziehender Dar­stellung zum Gegenstand1 hat. Der Buchverlag Káldor hätte für den ungarischen Büchertag keine würdigeren Gegen­stände finden können, Themen, die in der heutigen ernsten. Zeit wirklich des Nachdenkens würdig sind: die Geschichte der Welt, die Geschichte Ungarns, die der ungarischen Literatur und Siebenbürgens.

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