Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1935. szeptember (82. évfolyam, 198-222. szám)
1935-09-01 / 198. szám
Sonntag, 1. September 1935 PESTER LLOYD 5 nyson oder Anatole France wäre heute undenkbar. Sie war denn auch eine Ausnahme, der man wohl nachweinen, sie aber ebensowenig fordern kann, wie man gegen den Golfstrom vergebens eine Klage anhängig machen wollte, wenn er sich nun von den Küsten abbiegt, die er bis dahin — eigentlich gegen die Natur — wohltemperiert erhalten hatte. Merkwürdig ist nur, daß man die Dichter, obschpn es mit ihrem Brot nicht richtig geklappt hat, in der Theorie und moralisch ziemlich hochhielt. Der Dichtung war in Europa eine organisch nicht leicht erklärbare Sonderstellung angewiesen. Heutzutage geht es mit ihr, wie gesagt, zusehends bergab, doch noch vor einem halben Jahrhundert galt man für höchst gebildet, wenn man, über das eigene Metier hinaus, auch noch um einige sogenannte Klassiker Bescheid wußte. Die Dichter mußten, um als auf den Höhen der Menschheit einhergehend bestaunt zu werden, kaum von anderem wissen als von den Dichtern, die ihnen vorangegangen waren. Das kann als eine Besonderheit Europas gelten — sogar bei den Persern ist es anders gewesen, obzwar bei diesen die Dichter sehr geschätzt wurden. Erklären läßt sich dies vielleicht daraus, daß als in Europa die Barbaren die Antike abgelöst hatten: die Kenntnisse dieser Alten, ihre Fertigkeiten und was im antiken Wissen Praktisches enthalten gewesen, zumeist in den Schriften ihrer Dichter aufgezeichnet zu finden waren. Die Europäer zu Anfang des Mittelalters waren im Durchschnitt Halbwilde. Aus den Wäldern oder von den Steppen hergekommen, sich über Rom ergießend, reichte ihr Schwung wohl hin, um das Vorgefundene Herrliche umzustürzen und die Marmorbilder zu Kalk zu verbrennen. Doch die Wald- und Steppenanfänglichkeit langte nicht zum Errichten eines neuen Daseins aus. Ruinen, die noch in ihrer Zerstörung Zeugenschaft von einem höheren und besseren und reicheren Leben ablegten, als daß der Zerstörer in der Urheimat gewiesen und das sie aus eigener Erfahrung aufzubauen imstande waren. Die Wildheit konnte sich zwar in ihrem Triumphe, so Hehres und Mächtiges bezwungen zu haben, recken und strecken. Doch auch der Erkenntnis konnte sie sich nicht verschließen, die sie aus jedem Säulenkopf, an dem sie anstieß, aus jeder Glasscherbe, an der sie sich den Fuß wundschnitt, immer wieder herausbekommen mußte: daß jene Weichlinge von Griechen und Römern immerhin und von unsäglich Vielem mehr gewußt haben, als sie in ihrer dumpfen Unwissenheit auch nur zu ahnen vermögen. Der Barbar bekam Sehnsucht nach dem Wissen der Alten, uni mit dessen Hilfe sein Leben zu bessern — und dieses Wissen war in den alten Dichtern, war in Homer, in Virgil vorzufinden, die nicht nur Ergötzen boten, sondern auch Geographie und Geschichte enthielten. Aus den Georgica lernte der Barbar Ackerbau, Gärtnerei, Imkerei und Geflügelzucht. Aus Lukrez Naturwissenschaften und Philosophie. Dem kleinen Deutschen oder Gallier, Engländer oder Niederländer, auch dem kleinen Ungar und Polen gaben die guten Mönche, indem sie ihnen lateinisch Lesen und Schreiben beibrachten, auch vom Baume der Erkenntnis, und dazu ungestraft, zu kosten. Wer um die alten Poeten Bescheid wußte, war so gelehrt und beschlagen, wie heute ein Doktor dreier Fakultäten, der überdies Technik und Handelshochschule hinter sich hat. Darum standen die alten Poeten so hoch in Ehren, welche Ehren dann wie von selbst überhaupt auf Poesie und Poeten, auch auf neue und zeitgenössische, übergingen. Gleichwie der Priester im Anfang nicht nur Stellvertreter Gottes, sondern in einem auch Lehrer und Arzt gewesen, und Lehrer wie Arzt im Laufe der Zeiten sich aus ihm herausschieden, so bedeutete der Dichter lange, lange noch in einer Person, was heute der Dichter, der Weise und der Gelehrte zusammen, und sein Ansehen blieb, nach dem Gesetze der Trägheit, auch als Wissenschaft und Philosophie sich von der Dichtung abgeschieden hatten, und die Wissenschaft überdies in die verschiedenartigsten Kenntnisse, unter diesen in das Wissen um die zur Meisterung des Lebens unumgänglichen Fertigkeiten zerfallen war. Wie gesagt: auch für die germanisch-europäischen Dichter war es, um in der Kultur zu führen, genug, wenn sie sich in den Dichtern, die ihnen vorausgegangen waren, auskannten: etwas Theologie, ein wenig zeitgenössischer Klatsch und viel Virgil langten, damit Dante zum Dante werde, und von der Hölle hinauf und hinein ins Paradies alle Sterblichkeiten und Ewigkeiten unter sein Richtmaß und Strafmaß nehmen könne. Um heutzutage über Lebende und Tote zu richten und seine Nase in alles, was ihn nichts angeht, hineinstecken zu dürfen, muß der Dichter ein Polyhistor sein — ein Alleswisser, wenn er sich der Lächerlichkeit und der Gefahr nicht aussetzen will, auf den von ihm unzuständig berührten Gebieten jeweilig von den geprüften Fachleuten Lügen gestraft, gut, wenn nur der Oberflächlichkeit geziehen zu werden. Ein Goethe war dagegen nicht gefeit, obwohl er Goethe war, daß die Physiker ihn, was seine Optik anlangt, damals auslachten, und auch heute, wiewohl seine Gesichtspunkte immerhin mehr einleuchten, den Mund über ihn nicht verziehen. Dagegen läßt sich auch von persönlich interessierter Seite nicht aufkommen — an mir selbst mache ich die Beobachtung, daß ich mich, will ich Wirtschaftliches und Gesellschaftliches durchdenken, lieber an den schlichten Franz Oppenheimer als an den strahlenden, alten Bernard Shaw oder den schillernden jungen Aldous Huxley halte, — und wo schlaglichtartig auch die Josefs- Romane Thomas Manns die alten Judenzeiten neu be- ! leuchten, so wähle ich mir, um den Weg in sie zurückzutun, doch eher Eduard Meyer zum Reiseführer. Man wäre nicht vom Metier, würden in einem nicht ständig neue Anteilnahmen erwachen, neue Ahnungen aufsteigen, von denen man in den Büchern keine Spur findet, obschon man ihre Richtigkeit nicht gern von sich weist. Man wird aber immer feiger und den Verdacht nicht los, daß man vielleicht nur aus Unwissenheit zu jenen Ansichten gekommen war. Die Dichter sind thronverlustig geworden, und ihre Usurpatorenmacht zerteilt sich in Hunderte von legitimen Zuständigkeiten. Im Grunde ist es ja nicht ungerecht, daß, wie so manche alten Mächte: Feudalismus, Theologie, Säbelschwingen und anderes mehr, um Macht und Bedeutung gekommen sind, auch die Dichtung ihre Vorrechte verliert. Doch wie es dem Sultan Abdulhamid nicht zu verübeln war, daß er, als man ihn stürzte und einsperrte, dies nicht mit Freuden hinnahm, so kann man es den Dichtern schon nachfühlen, daß sie von der Dämmerung ihrer einstigen Herrlichkeit nicht vollends entzückt sind. SSI örömhír YlM fogyasztóknak Bestätigung des abessinischen Hönzes sionsvertrages: Grossmadit 01 greiit ein. Transaktion des Privatkapitals oder englisch-amerikanisches Einschüchterungsmanöver? — Die englische Regierung will dem Negus von der Konzession abraten« — Auch U. S. A. distanziert sich vom Geschäft. — Entrüstung in Italien« Staatssekretär Hull bestätigt. Washington, 31. August. (DNB) Unterstaatssekretär Hull teilte in der heutigen Pressekonferenz mit, daß die amerikanische Gesandtschaft in Addis Abeba den Abschluß eines gigantischen Pacht- und Ausbeutungsvertrages für eine englisch-amerikanische Interessengesellschaft telegraphisch bestätigt hat. Auf die Frage, ob die amerikanische Regierung vorher konsultiert worden sei, antwortete Hüll, daß dieses unter det Regierung Roosevelt nictii üblich sei. Die Regierung lehne es ab, ihren Landsleuten in alle Erdteile zu folgen und sich um Dinge zu kümmern, die rein privater Natur seien. Aus diesem Grunde befürchte er auch keine Hereinziehung der amerikanischen Regierung in eventuelle aus dem Vertrag resultierende Streitfragen. Im übrigen könne er sich nicht äußern, solange ihm noch Einzelheiten fehlten. Washington, 31. August. (Inf.) Das amerikanische Staatsdepartement bestätigt heute nachmittag, daß das Konzessionsgeschäft in der in der Presse mitgeteilten Form durchgeführt worden ist. Standard Oil dementert. New York, 31. August. (Inf.) Der Direktor der Standard Oil Company W. F. Farish erklärte heute nachmittag, daß er nichts über eine Beteiligung seiner Gesellschaft an dem abessinischen Konzessionsvertrag wisse. Die Standard Oil Company habe bisher weder über abessinische Konzessionen verhandelt, noch überhaupt solche erwogen. Foreign Office erklärt Verhandlungen mit Frankreich und Italien notwendig. London, 31. August. (Inf.) Heute abend wurde vom Foreign Office eine Mitteilung herausgegeben, in der es zu den sensationellen Meldungen über die Vergebung umfangreicher abessinischer Konzessionen an ein angloamerikanisches Konsortium Stellung nimmt. Es heißt in der Mitteilung, die englische Regierung habe noch keine Bestätigung für die heute in der Presse erschienenen Berichte über die Gewährung einer Konzession für öl- und Mineralrechte in Abessinien erhalten. Sie halte es jedoch für notwendig, den englischen Gesandten in Addis Abeba davon zu unterrichten, daß eine solche Konzession zweifellos eine Angelegenheit vorheriger Besprechungen der englischen Regierung mit der französischen und der italienischen Regierung gemäß Artikel 2 des Dreimächtevertrages von 1906 sein müßte. Unter diesen Umständen ist Sir Sidney Barton, der britische Gesandte in Addis Abeba, ermächtigt worden, für den Fall, daß der Bericht richtig ist, den Kaiser von Abessinien zu informieren, daß die englische Regierung ihm für ihren Teil den Rat geben möchte, die Konzession zurückzuziehen. Vor der Ausgabe dieser Mitteilung war zunächst von den zuständigen Stellen erklärt worden, daß noch keine Bestätigung über den Abschluß des Vertrages. yorliege, und daß daher den Meldungen darüber keine große Bedeutung beizumessen sei. Weiter war erklärt worden, daß der Beauftragte der African Exploitation and Development Company, Ricket. weder offiziell, noch inoffiziell von der Regierung unterstützt worden sei, und daß die Regierung verschiedentlich darauf hingewiesen habe, daß sie außer dem Tana-See in Abessinien keine wirtschaftlichen Interessen habe. Selbst im Falle des Tana- Sees — so wurde weiter erklärt — habe die Regierung davon abgesehen, mit Abessinien ein Abkommen abzuschließen, um nicht die gegenwärtig bestehende Spannung zwischen England und Italien noch zu verschärfen. Auch von der abessinischen Gesandtschaft in London wurde heute offiziell erklärt, daß sie noch keine Kenntnis von der Vergebung der Konzession habe. Auch in Amerika hat die Meldung von der Vergebung der abessinischen Konzession nach den hier vorliegenden Nachrichten ungeheures Aufsehen hervorgerufen. In den Vereinigten Staaten scheint die Tendenz vorzuherrschen, sich von dem internationalen ölkapital, das auf so drastische Weise in den Kampf um die abessinische Beute eingegriffen hat, sich zu distanzieren. In London hält man sich, wie aus den obigen halbamtlichen Äußerungen hervorgeht, noch zurück. Doch scheint auch hier keineswegs die Neigung vorzuherrschen, das Ülkapital zu unterstützen. Ganz abgesehen davon werden in unterrichteten Kreisen die Meldungen Über Ölvorkommen in Abessinien als stark übertrieben bezeichnet Wie Evening Standard meldet, werde die englische Regierung den an der Konzession beteiligten englischen Staatsangehörigen die Versicherung geben, daß sie auf eigene Gefahr vorgehen. Der geheimnisvolle Rickett. London, 31. August. (United Press.) Weder die abessinische Gesandtschaft, noch britische amtliche Stellen waren bisher in der Lage, das Geheimnis des Konzessionsvertnages zu lüften. Eine Reihe britischer Ölgesellschaften beharrt darauf, daß sie in diese Angelegenheit nicht verwickelt seien. Bei dem Zustandekommen des Konzessionsvertrages scheint Rickett eine ähnliche geheimnisvolle Rolle gespielt zu haben, wie seinerzeit der berühmte Lawrence in und nach dem Kriege. Rickett, einen jovialen Manne, anfang der vierzig, der seine Hände bei mehreren Konzessionen im Nahen Osten im Spiele hatte, ist es gelungen, seine Tätigkeit als Unterhändler und Berater hinter den Kulissen zum Abschluß zu bringen. Er ist nicht in die Liste der Direktoren der britischen Gesellschaften eingetragen, so daß es sehr schwierig ist, herauszufinden, für welche Konzerne er tätig war, oder ist. Es besteht kein Zweifel darüber, daß die neugegründete African Exploitation Corporation eine Gesellschaft ist, als deren Gesellschafter nur vorgeschobene Persönlichkeiten eingetragen sind, während die eigentlichen Konzessionäre im Dunkeln bleiben. Man ist erstaunt, daß sich kein englischer Untertan für das Zustandekommen dieses Konzessionsvertrages