Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1936. január (83. évfolyam, 1-25. szám)

1936-01-01 / 1. szám

Mittwoch, t. Jaxruar 1936 sieht der englische Zeitung sleser, wie parallel die Angriffe der japanischen Kwantungarmee im Juni und im November in Nordchina mit der italienischen Aktion in Abessinien verliefen, und sicherlich hat auch diese Öffentlichkeit den Zusammenhang be­merkt, der zwischen der revolutionären Aktion der Wafd-Partei in Ägypten und der Schwächung der englischen Position durch die Bedrohung im Mittel­­meerc bestand. Ist die englische Haltung so starr ge­worden, weil England — und nicht nur die engli­sche Diplomatie, sondern auch das englische Volk — in imperialen Zusammenhängen zu denken vermag? Weil man sich angesichts des japanischen Vordrin­gens bis zum Hoangho vorzustellen vermag, wie weit der japanische Imperialismus sich vorwagen wird, wenn einmal die Verbindungswege zwischen Indien und Großbritannien, die Küsten des Roten Meeres nicht gesichert sind? Und weil man sich die Ge­fahren zu schildern vermag, die ein Vordringen der ägyptischen Nationalisten nach dem Sudan nach einem geglückten Feldzug Italiens in Abessinien ha­ben könnte? Sicherlich wirken an der Völkerbund­­und Friedenspolitik Englands die Interessenmotive des britischen Imperialismus mit. Aber die britischen Interessen stellen nur die List der Vernunft dar, mit deren Hilfe sich der höhere Sinn der Weltgeschichte entfaltet: die Verwirklichung des organisierten Frie­dens. Wenn dieses Jahr nichts anderes gebracht hätte, als für alle potentiellen Angreifer der Zukunft gezeigt zu haben, daß der Völkerbund eine Realität ist, dann sind seine Leiden nicht vergeblich ge­wesen. Und dann kann an diesem schwarzen Sil­vestertag, da der Glaube an die elementarsten Ge­bote der menschlichen Moral wankend werden muß, dennoch die Zuversicht in uns aufsteigen, daß die „Entscheidung“, der Durchbruch der ganzen Welt­öffentlichkeit zur Verachtung und Brandmarkung der Gewalt, zur Sicherung und Realisierung der Friedenspolitik als einer Machtpolitik des Völker­bundes nicht mehr fern ist. Der Stern des Friedens leuchtet schon in der Welt. Er muß zum Stern des Bundes werden, des Bundes aller Menschen, die gu­ten Widens sind. Zypern. Von ADOLF GRABOWSKY. Otto, der erste König der neuen griechischen Monarchie, Sohn Königs Ludwigs I. von Bayern, war gestürzt. Durch sein Eingreifen auf russischer Seite im Krimkrieg hatte er sich bei England unbeliebt gemacht. Als sein Nachfolger bestieg der dänische Prinz Wilhelm unter dem Namen Georg 1. mit engli­scher Hilfe den griechischen Thron. England mußte etwas tun, um dessen Stellung zu befestigen, und brachte ihm die Ionischen Inseln als Morgengabe dar. Wird auch sein Enkel Georg II. ein so schönes Geschenk von England erhalten? Daß er hauptsäch­lich durch England zur Macht gekommen ist, wird nicht zu bezweifeln sein. Das Foreign Office wollte Schluß machen mit der unstabilen griechischen Re­publik, es begehrte im Ostmittelmeer ein verläßliches Griechenland, als Gegengewicht insbesondere gegen den italienischen Anspruch auf Hegemonie in diesen Gewässern. Es könnte sein, daß diesmal die Morgengabe nicht kleiner ausfällt als 1863: man spricht von Zypern. Seine Bedeutung ist für England nicht mehr erheblich, seitdem Haifa in Umwandlung zu einem Kriegshafen ersten Ranges sich, befindet, dieser palä­stinensische Stützpunkt, der Port Said und dem Suez­kanal sehr viel näher liegt als Zypern. Als Ölbunker­station, das sein Erdöl jetzt durch die großartige Pipeline bequem von Mossul her empfängt, wird Haifa bald nicht seinesgleichen haben. Auf Zypern dagegen hat sich England nur einen recht geringen Stützpunkt geschaffen: in Famagusta ist eine Station für Wasserflugzeuge eingerichtet worden und an Truppen stehen durchschnittlich 200 bis 300 Mann auf der Insel, die auch noch häufig ausgewechselt werden, da Zypern als klimatische Zwischenstation für nach Indien bestimmte Einheiten betrachtet wird. Dazu kommt, daß die politischen Zustände für Eng­land nicht gerade behaglich sind. Achtzig Prozent der Bevölkerung sind Griechen von stark nationali­stischem und aggressivem Gepräge. Als England 1928 den fünfzigsten Jahrestag seiner Okkupation feier­lich zu begehen sich anschickte, boykottierte die grie­chische Bevölkerung die Festlichkeiten. Sie veranstal­tete gerade an dem bewußten 26. März große Sport­feste, so daß ein Teil der englischen Veranstaltungen wegen Mangels an Besuchern abgesagt werden mußte. Außerdem fanden in sechshundert griechischen Kir­chen Gottesdienste statt, wobei für die Vereinigung mit Griechenland gepredigt wurde. Eigentlich hätten die Zyprioten Ursache, sich bei England für anständige Verwaltung zu bedanken. Als Großbritannien die Insel von der Türkei über­nahm, war die Volkszahl halb so groß wie heute, die Verkehrsverhältnisse waren elend, die Sicherheit miserabel. Heute hat Zypern Eisenbahnen und vor­zügliche Autostraßen und die Rechtspflege ist gesund, wenn auch England die merkwürdige asoziale Natur der Zyprioten bisher noch kaum ändern konnte. Auch wirtschaftlich steht die Insel ganz gut: die Ausfuhr überwiegt die Einfuhr und hiebei sind die ausgezeich­neten Asbestlager wesentlich. Freilich, zieht man einen Vergleich mit dem Wirtschaftsleben Zyperns in der Antike, so kommt das heutige schlecht weg. Damals war die Insel berühmt wegen ihres Kupfers -f- auch heute finden sich noch abbauwürdige Kupfer­erze —, damals entwickelte sich auf Grundlage der reichen Wirtschaft jene eigentümliche orientalisch­­griechische Mischkultur, die der griechischen Welt die Göttin Aphrodite schenkte. Auch spätere Zeiten sollte man bei der Schilderung des Heute besser bei­seite lassen. Famagusta etwa, heute noch nicht 10.000 Einwohner zählend, war zur Zeit der Lusignans, also im Ausgang des Mittelalters, glänzende Residenz und Hauptsitz des europäischen Levantehandels, wie überhaupt Zypern zwischen der Beendigung der Kreuzzüge und dem Beginn der Neuzeit als letztes Stück christlicher Erde vor den Toren des Morgen­landes kulturell und ökonomisch gleich bedeutend war. Damals erweckte schon der Begriff Zypernwein die Vorstellung südlicher Herrlichkeit. Als die Tür­ken die ungeheuere Barrikade in der Levante errich­ kezdje meg ezt az uj esztendőt, vásároljon inget, kalapot, nyakkendőt Károly-körut 3, sarokiizlet tétén und als damit für Jahrhunderte der Orienthan­del abstarb und das Mittelmeer verödete, war auch die große Zeit für Zypern vorbei. Nun lag es plötz­lich nicht mehr im Übergang zum Morgenland, son­dern in einer versteckten, verwunschenen Ecke. Sein Schicksal ist, daß es diese Ecklage auch bei der Wiedergeburt des Mittelmeeres behalten hat. Im Ostmittelmeer ist neben Ägypten Palästina führend geworden, dies Land, das bis zum Weltkrieg noch im toten Winkel lag, das aber jetzt den Landweg nach dem Yörderen Orient und nach Indien eröffnet. Die Syrische Wüste ist in einer Epoche der Kraftwagen und der Flugzeuge keine Schranke mehr, ja sie er­leichtert sogar wegen des einfachen Terrains die Ver­bindungsmöglichkeiten. Wäre die äußerste nordöst­liche Bucht des Mittelmeeres, der Golf von Alex­­andrette, das geworden, was er in der deutschen Begeisterungszeit für die Bagdadbahn, also kurz vor dem Kriege, zu werden versprach, so hätte sich auch das Schicksal ZyperÄ.V günstiger gestaltet. Damals wollte Deutschland Killkien, gleichsam das klein­­asiatische Hinterland von Zypern, zu einem mäch­tigen Baumwollgebiet entwickeln, zu einer Rohstoff­quelle ersten Ranges. Heute kommt mehr Syrien als Hinterland in Frage, ja man darf sagen, daß die materielle Entfaltung Zyperns geradezu von der Sy­riens abhängt. Nun ist es interessant, daß dier Zionismus im Zusammenhang mit seinen Plänen, die jüdische Siedhingstätigkeit nach Syrien hin auszudehnen und das engbegremzte Palästina auszuweiten, auch Zypern in seine Kalkulation eingeschlossen hat. Man redet davon, daß Zypern imstande sei, im Laufe der nächsten Jahre ungefähr 6000 bis 8000 jüdischen Siedlern eine neue Heimat zu bieten, ohne daß die ansässige Bevölkerung durch den Zustrom leidet. Größere Landkäufe von zionistischer Seite scheinen bereits vorgenommen worden zu sein. Es kann kein Zweifel herrschen, daß der Zionismus eine Erwerbung Zyperns durch Griechenland nicht eben begrüßen würde. Zwar ist die Lage der Juden in Griechenland leidlich, die Hoffnungen aber des Zonismus auf Zypern sind doch nicht zuletzt mit der Tatsache verknüpft, daß es dem großhritischcn Zollverband angehört. Auch ist die Verbindung mit Palästina sehr viel leichter, wenn beide Länder mi Empire vereinigt sind. Der Zionismus darf jedoch nicht erwarten, daß England sich bei seinen Zypernplänen von solchen Erwägungen stören lassen wird. Auch nicht von den Wünschen der 70.000 Türken auf Zypern, die noch weniger gern an Griechenland kommen wer­den. England gibt, wenn sich die Gerüchte bewahr­heiten,. einen mäßig bedeutenden Außenposten auf, um sehr viel Wichtigeres zu erhalten. Keineswegs nämlich wird es Zypern einfach verschenken. Die Gerüchte wöllen wissen, daß es sich dafür von Griechenland drei Stützpunkte ausbedingen wird: die Sudabucht an der Nordküste Kretas, die Bucht von Navarino im südlichen Peloponnes am Eingang des Ionischen Meeres und schließlich die Bucht von Argostoli auf dem zu den Ionischen Inseln gehörigen Kephallenia. Man erinnert sich dabei, daß Navarino, auch Pylos genannt, im griechischen Befreiungskrieg eine große Rolle spielte: hier wurde am 20. Oktober 1827 durch die vereinigten Geschwader Englands, Frankreichs und Rußlands die türkisch-ägyptische Flotte vernichtet, die entscheidende Tat zur Be­freiung Griechenlands von der TiirkenherrschafL Kein Zweifel, daß britische Stützpunkte in Kephallenia und Novarino einen wirksamen Puffer zwischen Italien und Griechenland bilden sollen. Im guten wie im bösen hat sich das faszistische Italien gerade Griechenland genähert — das soll vorbei sein. Auch wäre Kephallenia ein Vorposten vor der Straße von Otranto und würde damit auch die TUNGSRAM (MAtytciAfrLsaLMÖuipa­ * 5* PESTER IXÖYD Die neuen Bücher» des neuen Jahres finden Sie in der fünf sprachigen Leihbibliothek Dr. NORBERT LARGER! Gräfin Larisch-Wallersee: Kaiserin Elisabeth und ich Hermann Kesten: Ferdinand und Isabella von Spanien Hans Natonek: Der Schlemihl (Komán über Chamisso) Emil Ludwig: Der Nil (Lebenslauf eines Stromes) Hans Fallada: Märchen vom Stadtschreiber D. H. Lawrence: Der weisse Pfau Romain Rolland: Die Geburt. Florentinischer Mai Felix Salten: Kleine Brüder Joe Lederer: Blatt im Wind Viktoria Wolf: Gast in der Heimat Paul Oskar Höcker: Die verbotene Liebe Hans Heuer: Susis grosse Fahrt Helene Halnschka: Das Liebeslied der Frau Marquise Joseph Delmont: Fräulein Bandit Inagaki Sugimoto: Eine Tochter der Samurai Theodor Plivier: Das grosse Abenteuer Henry Oyen: Faustrecht am La Croix Sven Hédin: Die Flucht des „Grossen Pferdes“ J. Stoye: U. S. A. lernt um! (Die Roosevelt-Revolution) R. Troeltsch: Schlüssel im Meer (Gibraltar, Suez etc.) Stefan Pollatschek: John Law (Roman der Banknote) J. Peyré: Sang et lumiéres (Prix Goncourt) Andre Maurois: Voltaire Robert Graves: Claudius the God and Messalina C. B. Kitchin: Crime at Christmas Gabriele d’Annunzio : Maia (Laudi del cielo) nsw. usw. Andrássyut 58 Monatlich nur P 1.50 Zustellung ins Haus! (Tel.)

Next